Wir fordern zuerst Unterrichtsgarantie für alle Schüler in allen Schularten gemäß der verbindlichen Stundentafeln mit fachgerechtem Lehrereinsatz und Maßnahmen zur Qualitätssicherung, also Kampf den Stundenkürzungen und dem Stundenausfall. Und wir erwarten die Rücknahme der Kündigungen und stattdessen sind unter Beteiligung der Gewerkschaften und Verbände erweiterte Regelungen zur Überbrückung des Schülertals zu verabreden, also neue Teilzeit- und Altersübergangsvereinbarungen und befristete Beurlaubungen. Hier haben wir, das wissen Sie, Herr Dr. Krapp, noch ein erhebliches Potenzial, allerdings müssen die Regelungen auch annehmbar sein.
Meine Damen und Herren, wir fordern, dass der Bildungshaushalt des Landes nicht auf Kosten von Schulentwicklung und Schulqualität zum Sparschwein des Finanzministers wird. Wenn berechtigte Sparzwänge schon nicht ermöglichen, dass die Ausgaben für die Schulen steigen, und das sehen wir ein, bleibt es dennoch unerträglich, wenn über 80 Prozent der Haushaltskürzungen im Doppelhaushalt die Schulen treffen.
Meine Damen und Herren, alle Beteuerungen über die Rolle der schulischen Bildung für die Zukunft Thüringens bleiben bloß Geschwätz, wenn zukünftig nicht im Landeshaushalt mindestens ebenso viel Mittel für Bildung bereitgestellt werden, wie das im Jahr 2000 der Fall war. Wir sehen diese Zahl am Anfang des neuen Jahrhunderts als Prüfkriterium für die wirklichen bildungspolitischen Absichten einer Landesregierung.
Meine Damen und Herren, "Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Feuer, die entzündet werden wollen.", so Revelier. Dazu brauchen wir aber motivierte und engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Diese Motivation, Herr Minister Krapp, haben Sie durch Ihre Personalpolitik nachhaltig zerstört. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe den Eindruck, dass sowohl Frau Abgeord
nete Dr. Stangner als auch Herr Abgeordneter Döring bei der Zeitungslektüre nur die Überschriften lesen.
Die Überschrift lautete in der Tat "Ich habe gewonnen". Wer das Interview gelesen hat, wird feststellen, dass dort stand: "Ich habe nichts verloren, sondern ich habe gewonnen." Noch mal: Ich habe nichts verloren, sondern ich habe gewonnen. Das bezog sich letztendlich auf die Schüler-Lehrer-Relation, die besser wird,
und das ist im Interesse der Schülerinnen und Schüler gewesen. Dass Sie das einfach umkehren, das halte ich für eine Zumutung, die dieses Hauses eigentlich nicht würdig ist.
Nun zu den anderen Argumenten, Frau Dr. Stangner: Das Angebot der Verbeamtung Ende der 90er Jahre widerprach nicht dem Floatingangebot. Weiterhin: Dass zunächst Eckdaten mit der Qualität eines Kabinettsbeschlusses beschlossen werden und danach erst Jahresscheiben mit der Qualität eines Haushaltsgesetzes beschlossen werden, liegt in der Natur der Sache. Sie haben, Frau Dr. Stangner, bezweifelt, dass der Verweis auf die Verwaltungsvorschriften ausreicht. Ich wiederhole hier noch einmal: Ich habe auf die Verwaltungsvorschriften hingewiesen mit der Intention, dass die schulfachlichen Kriterien auch für den Zeitraum, für den jetzt die Kündigungen gelten, nicht verschlechtert wurden und wollte Ihnen damit sagen, dass die schulfachlichen Qualitätsvoraussetzungen auch in Zukunft gehalten werden.
Ein Wort zum Altersdurchschnitt: Ich habe manchmal den Eindruck, dass die nicht mehr ganz so jungen Kolleginnen und Kollegen etwas unterbewertet werden. Meine Damen und Herren, wir müssen uns daran gewöhnen, dass unsere Gesellschaft älter wird. Und auch die nicht mehr ganz so jungen Lehrerinnen und Lehrer leisten ihren Anteil
bei der Ausbildung unserer Schülerinnen und Schüler. Das wird auch in den nächsten Jahren so sein. Ich traue diesen Kolleginnen und Kollegen mehr zu als offensichtlich Sie, Frau Dr. Stangner.
Sie haben, Frau Dr. Stangner, von 1,5 Prozent Stundenausfall an den Grundschulen gesprochen und dies beklagt. Schauen Sie in die anderen Bundesländer, wie hoch dort der Stundenausfall ist und Sie werden um eine Größenordnung höheren Stundenausfall feststellen.
Ein Wort zum Wiederanstieg der Schülerzahl: Ich habe schon im vorigen Jahr darauf hingewiesen, dass wir die Lehrerkapazität nicht proportional zur absinkenden Schülerzahl absenken werden. Damit ist verbunden, dass der leichte, auch von uns bemerkte Anstieg der Schülerzahlen selbstverständlich in den nächsten Jahren abgedeckt werden kann.
Ein Wort zum Schulnetz: Sie haben das ins Spiel gebracht unter Bezugnahme auf das PH-Gutachten. Das Gutachten der Pädagogischen Hochschule hat das Phänomen des Rückgangs der Schülerzahl bezogen sowohl auf die Bereitstellung von Personalkapazität als auch auf die Entwicklung des Schulnetzes. Wir haben deswegen diese Gutachten an alle Schulträger geschickt, damit sie bitte bei der Schulnetzplanung die Aussagen des wissenschaftlichen Gutachtens berücksichtigen, genauso wie wir bei der Planung der Personalkapazität dieses Gutachten berücksichtigen.
Übrigens, Frau Dr. Stangner, in die Schüler-Lehrer-Relation haben wir Stunden der Lehramtsanwärter nicht einbezogen.
Herr Döring, Sie haben beklagt, dass wir bei den Auswahlen zur Entlassung keine Qualitäts- und Leistungskriterien anrechnen. Sie müssten wissen, dass das Kündigungsschutzgesetz dies nicht erlaubt. Sie haben außerdem behauptet, dass keine kündbaren Lehrer übernommen werden, das ist falsch. In einigen Schulamtsbereichen zugegebenermaßen in der Minderzahl - werden kündbare Lehrer übernommen, weil Bedarf besteht. Dann haben Sie den Eindruck erweckt, dass nur in Thüringen solche Zwangsmaßnahmen, wie Sie gesagt haben, ergriffen werden. Ich verweise darauf, dass in der Vergangenheit in den anderen neuen Ländern auch Maßnahmen ergriffen wurden, die Sie als Zwangsmaßnahmen bezeichnen würden, dass Thüringen aber so lange wie möglich die freizügige Entscheidung der Lehrerinnen und Lehrer ermöglicht hat.
Abschließende Frage an die Redner der Opposition: Was würden Sie denn wohl den Kolleginnen und Kollegen sagen, die nun schon mehrere Jahre solidarisch am Floatingmodell teilnehmen und in dieser Zeit auch schon empfindliche Einbußen an ihrem Einkommen hinnehmen mussten?
Da der Minister ganz geringfügig sein Zeitkontingent überschritten hat, besteht die Möglichkeit noch mal für dreieinhalb Minuten. Herr Koch.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin von meiner Fraktion gebeten worden, zu den Lehrerkündigungen unter juristischem Gesichtspunkt etwas zu sagen. Ich werde das nicht tun, ich werde aber was sagen zu Menschen und Geld. Zu Menschen, weil sie betroffen sind und zu Geld, weil ich den Eindruck habe, dass mal wieder der Devise gehuldigt wird: "Sparen, koste es, was es wolle". Zunächst zu den Menschen: Die Kündigungen erfordern eine Personalauswahl, diese wiederum eine Sozialauswahl unter dem Gesichtspunkt des Kündigungsschutzgesetzes. Es scheiden von vornherein schon Personengruppen aus, zum einen die Personengruppen kraft Gesetzes, z.B. die Beamten und dann die Personengruppen kraft Vereinbarung, z.B. dieses Floatingmodell oder auch 55 PLUS. Wir haben schon von vornherein eine eingeschränkte Sozialauswahl. Die sich daraus entwickelnde Frage der Gleichheit ist nicht nur philosophischer Natur.
Für die Sozialauswahl gilt herauszufinden, für wen die sozialen Folgen des Verlusts des Arbeitsplatzes am geringfügigsten sind. Es sind naturgemäß die Jüngsten, weil die am ehesten unverheiratet, am flexibelsten sind und die größten Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Ich denke, in diese Richtung geht ja auch die Richtlinie des Kultusministers vom 04.01.2000 mit diesen verschiedenen Punkten. Das Ergebnis daraus wird aber zunächst sein, dass sich die ohnehin schon schlechte Altersstruktur weiter verschlechtern wird. Es sollen aber nach meinen Informationen nicht nur Jüngere, sondern auch die Altersgruppe 55 PLUS besonders betroffen sein. Das verstehe ich nicht, und zwar ist es mir unter dem Gesichtspunkt der Sozialauswahl unverständlich, aber insbesondere menschlich. Denn es ist doch, glaube ich, klar, diese Menschen haben nahezu keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt und das weiß auch die Landesregierung.
Zum Geld: Jeder Betroffene hat das Recht auf Überprüfung, nämlich auf Überprüfung dieser Kündigungen bezüglich der Vereinbarkeit der Kündigung mit dem Gesetz. Allein diese Tatsache kann Kosten auslösend sein für das Land. Wenn man betrachtet, welche Kosten sich entwickeln über zwei Instanzen für das Land und man sagt, das Land ist in erster Instanz nicht anwaltlich vertreten, sind wir bei 1,4 Mio. Wenn man davon ausgeht, das Land ist erstinstanzlich anwaltlich vertreten, sind wir
bei 2,4 Mio. Das sind Kosten, mit denen das Land rechnen muss. Ich weiß, die Haushälter bezeichnen so was als unabweisbare Kosten. Ich meine, zu allererst sind es vermeidbare Kosten.
Aber das sind ja noch nicht alle Kosten. Hinzu kommt, nämlich dann, wenn die Betroffenen ähnlich erfolgreich sind wie anlässlich dieser Kündigungswelle in der 1. Legislatur, dann werden sich die Kosten verdoppeln, weil nämlich die Kosten für den Gegner noch mit dazu kommen und die Personalkosten sind immer noch da.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich bin für eine menschliche Lösung, nicht nur aus meiner Grundüberzeugung heraus, sondern auch, weil angesichts der von mir ausgesprochenen fiskalischen Risiken der unmenschliche Weg über die unabweisbaren Kosten nicht zwangsläufig kostengünstiger ist. Danke.
Herr Abgeordneter Dr. Koch, würden Sie mir Recht geben, dass es vor der Ultima Ratio, also vor dem Ausspruch der finalen Kündigung, noch die Möglichkeit der Änderungskündigung gäbe?
Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Dr. Stangner, es gibt ein wunderbares deutsches Sprichwort, das heißt: "So, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus."