Protocol of the Session on October 12, 2000

(Beifall bei der CDU)

Aber es ist an der Zeit, dass wir einmal laut aussprechen, dass bei allen Bemühungen wir hier wahrscheinlich nicht erreichen, dass alle Jugendlichen auch dort sich bemühen, die Möglichkeiten, die ihnen geboten werden, zu nutzen. Es kann ganz einfach nicht sein, dass sich die einen bemühen und die anderen zur Jagd getragen werden und sich auf Knochen derer, die arbeiten, das sind nämlich die Steuerzahler, dort ausruhen und ein schönes Leben machen.

(Beifall bei der CDU)

Und die Wahrheiten müssen wir nämlich auch einmal ertragen. Ich bin dafür, dass wir langsam beginnen, eine Diskussion einmal zu eröffnen über Sanktionsmöglichkeiten, noch mehr Sanktionsmöglichkeiten für Jugendliche, denen solche Plätze angeboten werden, solche Möglichkeiten angeboten werden und die sie nicht nutzen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Heym, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Dittes?

Herr Heym, die Statistik, die Sie dargestellt haben, die wird von uns überhaupt nicht bestritten. Nur würde mich jetzt ganz speziell auch von Ihnen interessieren, wie Sie das interpretieren oder worin Sie die Ursachen dafür sehen, weil das ja gerade dafür entscheidend ist, welche Maßnahmen denn in Zukunft angewendet werden sollen, vielleicht auch Änderungen dieser Maßnahmen oder auch Änderungen der Art und Weise, wie an Jugendliche seitens des Arbeitsamtes herangegangen wird?

Zum ersten Teil Ihrer Frage sage ich Ihnen, dass es offensichtlich einigen genügt, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe vom Arbeitsamt zu kassieren, ein bisschen schwarz zu arbeiten und den Rest des Geldes noch vielleicht durch

andere Möglichkeiten einzutreiben.

(Beifall bei der CDU)

Da sind ja junge Leute nicht einfallslos. Und zum anderen kann ich das nur wiederholen: Wir müssen auch einmal hergehen und müssen langsam überlegen, ob wir uns das für die Zukunft noch gefallen lassen, dass sich Leute auf Kosten anderer in der Gesellschaft ganz einfach ausruhen. Das ist der Fakt.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Redemeldungen? Herr Abgeordneter Kretschmer, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, trotz der vorgerückten Stunde muss ich doch noch einige Bemerkungen zu dem, was Herr Huster hier auch zu meinem Vortrag von gestern gesagt hat, tätigen. Bemerkenswerte Rede, ich war schon ganz unsicher, aber Sie haben dann selbst auf Ihren gewohnten Kleingeist verwiesen, ich will das Zitat von Tucholsky von gestern Abend nicht wiederholen. Wissen Sie, die Wertung, die ich vorgenommen habe zu den 50.000 Abwanderern, habe ich einem Artikel einer großen deutschen Tageszeitung entnommen, das ist nicht von mir. Und die 50.000 waren bezogen auf Gesamtostmitteldeutschland und da ist nicht nur die CDU an der Regierung, sondern da ist auch die SPD an der Regierung und da ist auch die PDS zumindest mit im Boot. Also nur erst mal zu der Interpretation der Zahlen von gestern.

Aber wenn wir redlich mit Zahlen vom Ausbildungsmarkt umgehen wollen, und da weiß ich, Sie lieben das ja nicht, wenn ich Ihnen die Zahlen vortrage, dann will ich sie Ihnen aber nicht ersparen. Wissen Sie, man muss es differenziert sehen. Das betriebliche Angebot an Ausbildungsplätzen hat sich in den interessanten Berufen sehr erhöht, ich sage mal, die IT-Berufe und Medienberufe sind in diesem Jahr 222 betriebliche Stellen mehr, Büro- und Verwaltungsberufe 180 Stellen mehr, Zerspanungsmechaniker 53 Stellen mehr, Elektroberufe 52 Stellen mehr. Das, wo sie fehlen, und da muss man genau ansetzen, sind im Grunde genommen zwei große Bereiche, das ist einmal im Bereich der Landwirtschaft, da sind 26 Stellen weniger. Ich habe gleich Herrn Sklenar gefragt, was ist denn los. Im vorigen Jahr sind 200 Stellen nicht besetzt worden, da kann ich mir doch vorstellen, dass die Landwirte sagen, da brauche ich doch nicht wieder anbieten. Und die zweite große Säule, das sage ich insbesondere zu Frau Kollegin Pelke, ist der Bau und Baunebenberuf - minus 388 Stellen in dem Bereich - und das trotz, das ist unsere schon länger währende Diskussion, Ausbildungsplatzabgabe, minus 388 Stellen. Also wenn es dem Gewerk schlecht geht, kann man nicht ausbilden. Das ist so ein bisschen das Pendant auch zu

der These, dass Sie versuchen, mit Ausbildungsplatzabgaben diese Probleme zu lösen. Das gelingt uns nicht, wie diese Sache hier deutlich klar macht.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das wollte ich aber heute Abend nicht diskutieren.)

Nein, ich will ja auch nur die Zahlen sagen, weil wir hier auf Kürze der Zeit nur holzschnittartig durchgegangen sind, und dann bleibt das hier im Raum stehen und das möchte ich eigentlich nicht lassen. Ich werde Sie nicht länger malträtieren, nur noch zwei weitere Zahlen. Herr Heym hat sehr richtig gesagt, hier von einem Skandal zu reden, ist jenseits von allen Relationen. Wir haben in diesem Jahr, September 2000, die Zahlen aktuell: 36.939 Bewerber und davon sind derzeit 1.014 nicht vermittelt. Das ist bedauerlich, das gebe ich zu, aber es ist doch kein Skandal, wenn Sie einmal die Relationen sehen. Sie haben am Anfang des Jahres gesagt, was für ein Drama auf uns zukommen wird. Dieses Ritual führen Sie jedes Jahr durch und schimpfen dann auf die Wirtschaft und auf das Handwerk.

(Beifall bei der CDU)

Und jetzt eine letzte Zahl, weil auch das interessant ist, weil das auch ein bisschen mit einem Ruf einer Branche zu tun hat, die Metall- und Elektroausbildungsberufe: in diesem Jahr angeboten derzeit 1.277 Stellen und Bewerber sind 1.056, das sind also ca. 200, die offen stehen. Machen Sie vor allen Dingen die Anstrengungen für die Jugendlichen, die jetzt nicht vermittelt sind, dass man ihnen sagt, das sind interessante Berufe: Zerspanungsmechaniker, Konstruktionsmechaniker, Industriemechaniker, Automobilmechaniker. Ja, was will ich denn noch sagen, wo die Zukunft ist? Wir müssen es den jungen Männern und Frauen nur sagen, da ist Zukunft, bewerbt euch und lasst euch dort ausbilden. Und wenn wir das gemeinsam tun und nicht immer wieder dieses Horrorszenario wählen, ich glaube, dann werden wir auch am Ende des Jahres feststellen können, alle ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Leute haben einen Ausbildungsplatz bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es noch weitere Wortmeldungen? Frau Abgeordnete Neudert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Heym, zunächst möchte ich wirklich die Unterstellung zurückweisen, wir wären dankbar über jeden jungen Menschen, der hier in Thüringen keinen Ausbildungsplatz erhält.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Beim besten Willen, das ist eine bösartige Unterstellung und ich hoffe sehr, dass Sie das eigentlich gar nicht so meinen.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Trautvetter, CDU: Dann dürft Ihr nicht so populistisch argumentieren.)

Also, über populistische Argumentationen, sehr verehrter Herr Finanzminister - nein, jetzt sind Sie Abgeordneter, wo Sie da sitzen -, also, Herr Abgeordneter Trautvetter, darüber kann man trefflich streiten, wer hier populistischer ist, das muss ich einmal sagen. Im Umgang mit Zahlen, dazu werde ich mich mit Herrn Kretschmer einmal in der Pause unterhalten, hier will ich nicht unbedingt den Inhalt der Debatte verwässern.

(Unruhe bei der CDU)

Über Populismus können wir in dem Zusammenhang wirklich gern reden. Wann, Herr Wehner, wäre es Ihnen denn eigentlich recht, dass man sich ein Bild darüber verschafft, wie das Ausbildungsjahr 2000/2001 begonnen hat und wie viele junge Menschen eventuell noch keinen Ausbildungsplatz haben? Es geht doch hier nicht darum, auch der PDS-Fraktion geht es nicht darum, sich selbst zu beweihräuchern und Ihnen irgendwelche schwarzen Peter zuzuschieben. Wir wollen doch gemeinsam daran arbeiten, daran hat auch die PDS-Fraktion Interesse, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Auch wir reden mit jungen Leuten, auch wir reden mit Unternehmerinnen und Unternehmern und dazu braucht man ein Bild. Und bitte schön, das Ausbildungsjahr beginnt im September und da, denke ich, ist der 12. September nicht so der schlechteste Zeitpunkt, wo man sich darüber informieren kann, wie viel denn eigentlich noch gerettet werden muss. Ich weise einfach zurück, dass Sie meinen, das wäre noch viel zu früh. Wenn wir damit erst im Januar oder Februar anfangen, dann ist es wirklich zu spät.

(Beifall bei der PDS)

Über die Ursachen, Herr Heym, für das Fehlverhalten der jungen Leute, da hat Herr Dittes Sie ja schon befragt, ich denke, da muss man wirklich tiefgründig nachdenken. Natürlich haben Sie Recht und das beobachten auch wir, dass sich junge Leute in solche Überlebensstrategien zurückziehen. Man muss die Frage stellen: Warum ist das so? Warum haben die keine Motivation dafür, sich ins Arbeitsleben einzubringen? Das ist doch die Frage. Und wenn man darüber nachdenkt, Sanktionen zu verhängen, dann muss man zuerst die Ursachen erforschen - das wollte Herr Dittes eigentlich mit der Frage bezwecken -, um dann wirksame Maßnahmen dagegen in Gang zu setzen. Davon war allerdings von Ihnen nichts zu hören.

Herr Minister, zum Punkt 2 unseres Antrags haben Sie gar nichts gesagt. Ich gehe einmal davon aus, das ist Ihren

Kürzungen zum Opfer gefallen. Ich hoffe ja nicht, dass Herr Wehner, der dazu Ausführungen gemacht hat, Ihren Bericht sozusagen erweitern wollte. Insofern untestütze ich also den Antrag von Frau Pelke, und das war vorhin gemeint, Herr Wehner, da müssen Sie wirklich einmal richtig zuhören und nicht immer als Reizwortstratege, dafür sind ja viele Kollegen in der Mittelgruppe bekannt,

(Beifall bei der CDU)

nur auf bestimmte Worte zu achten und zu agieren. Herr Huster hat gesagt, er unterstützt das Anliegen der Überweisung an den Ausschuss und nicht grundsätzlich alle SPD-Anträge. Das ist doch wohl noch ein Unterschied. Also zum Punkt 2, denke ich, muss im Ausschuss dringend geredet werden. Ich glaube, das gehört einfach zur umfassenden Situationsanalyse und deshalb beantrage auch ich die Überweisung an die Ausschüsse, die Frau Pelke schon genannt hat.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Wehner, haben Sie eine Anfrage oder ist es eine weitere Redemeldung?

(Zuruf Abg. Wehner, CDU: Eine Rede- meldung.)

Dann bitte schön.

Ich möchte bloß ganz kurz auf die Fragen eingehen, die mir jetzt noch mal gestellt wurden. Sehr geehrte Kollegin, mir liegt eine Pressemitteilung der Bundesregierung vor vom 05.10.2000. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, werde ich daraus einen Satz zitieren: "Eine abschließende Bewertung werde erst im Dezember möglich sein," gemeint ist hier die Ausbildungssituation, "wenn die Gesamtzahlen der abgeschlossenen Ausbildungsverträge vorliegen." So steht es in dieser Pressemitteilung, herausgegeben vom Bundesministerium. Und eine zweite Zahl aus dieser Pressemitteilung möchte ich auch noch nennen, die Frage war doch, wann ich diese Zahlen für angemessen erachte, dass man sie auswertet. Und diesem kann ich mich nur anschließen, dass das erst im Dezember möglich ist. Die Frage haben Sie mir doch jetzt eben gestellt. Auf die Frage habe ich geantwortet.

(Beifall bei der CDU)

Dann möchte ich noch eine zweite Zahl aus dieser Pressemitteilung Ihnen kurz mitgeben. Die Zahl der unvermittelten Bewerberinnen und Bewerber beträgt in den neuen Ländern insgesamt 8.500, 1.000 davon hat Thüringen. Da können Sie sich jetzt leicht ausrechnen, wer auch bei dieser Zahl wieder Spitze ist. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung hat sich noch einmal Minister Schuster zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren, natürlich habe ich einige Ausführungen verkürzt, die Sie in Ihrem Antrag angefordert haben. Aber eines ist ganz klar, der Beginn des Ausbildungsjahres ist seit einigen Jahren die Stunde der Wahrheit, dies deshalb, weil dann deutlich wird, dass ein ganz beachtlicher Anteil von Ausbildungsverträgen nicht angetreten wird zu Beginn des Ausbildungsjahres. Im IV. Quartal kommen dann neue Angebote auf den Markt und dies erklärt, weshalb wir regelmäßig von September bis Dezember die Zahl noch deutlich absenken können. Endgültige Aussagen über den Erfolg des zurückliegenden oder beginnenden Ausbildungsjahres sind deshalb erst Ende Dezember möglich. Wir haben es mit einem Nachlaufeffekt zu tun. Und wenn man dann noch die Tatsache in Rechnung stellt, dass es ganze Sparten gibt in der Wirtschaft, die schon erst gar nicht mehr anbieten, weil sie längst resigniert haben auf der Suche nach einem Auszubildenden, dann wird unser zentrales Problem immer deutlicher. Das heißt, wir werden in diesem Jahr voraussichtlich das letzte Mal die Diskussion über ein mangelndes Angebot an Ausbildungsplätzen geführt haben. Wir werden die Diskussion in Zukunft anders führen müssen. Wir werden darüber zu reden haben, wie man in den Unternehmen den Bedarf an Auszubildenden noch decken kann.

(Beifall bei der CDU)

Das ist die Thematik, die vor uns steht, und die ist viel gewichtiger als die jetzt noch verbleibende Lücke an Ausbildungsplätzen. Gemessen an dem Bedarf und der Lücke an Fachkräften ist die jährliche Lücke an Ausbildungsplätzen inzwischen das kleinere Problem.

(Beifall bei der CDU)

Verspürt jetzt noch jemand einen Redewunsch? Das ist nicht der Fall. Wir haben einen Antrag auf Verschiebung, das heißt, auf Fortsetzung der Beratung in einem Ausschuss.