Protocol of the Session on July 6, 2000

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zunächst eine Vorbemerkung: Die Entschließung der Präsidenten und Präsidentinnen der deutschen Landesparlamente zur Reform des Haushaltsrechts ist uns als Unterrichtung mit der Drucksachennummer 3/728 zugegangen. Dieses Papier hätte der rote Faden bei der Beratung der Änderung der Landeshaushaltsordnung sein können. Aus mir unverständlichen Gründen wurde die Drucksache aber mit dem Datum vom 6. Juni erst am 28. Juni gedruckt. Zur abschließenden Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss stand sie den Abgeordneten jedenfalls nicht zur Verfügung. Schade eigentlich, denn der Inhalt der Entschließung der Präsidentenkonferenz deckt sich nach unserer Auffassung mit den Änderungsanträgen meiner Fraktion und ist eigentlich eine Untersetzung dieses Entschließungsantrags. Aber es ist ja noch möglich, unserem Än

derungsantrag zur Beschlussempfehlung zuzustimmen.

Meine Damen und Herren, bei der Novelle der Landeshaushaltsordnung war eins der Ziele, gesetzgeberisch bessere Voraussetzungen zu schaffen, um die öffentlichen Mittel effektiver und flexibler einzusetzen. Das erfordert vor allem einen wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der Mittel und ein hohes Kostenbewusstsein bei den Verantwortlichen. Die Budgetierung und auch eine Erweiterung der Deckungsfähigkeit sind wohl taugliche Mittel, um diesem Ziel näher zu kommen, aber doch, meine Damen und Herren, nicht losgelöst von Maßnahmen, die die Risiken einschränken. Nach Risiken und Nebenwirkungen fragten wir in diesem Fall unter anderem - der Berichterstatter hat es dargestellt - den Rechnungshof, die Landtagspräsidentin, den Bund der Steuerzahler usw. Nur sollte man sie eben nicht nur fragen, sondern ihre Vorschläge auch aufgreifen. Das taten wir und zogen auch die Entschließung der Präsidentenkonferenz zu Rate, in der es heißt, meine Damen und Herren: "Die Präsidentenkonferenz hält es für erforderlich, die größere Freiheit der Exekutive bei der Verausgabung der Mittel zu kombinieren mit geeigneten Instrumenten der Kontrolle und Steuerung, die die Verantwortlichkeit der Exekutive gegenüber dem Parlament, die Transparenz des Ausgabenverhaltens und die Rechte der Rechnungshöfe sichern und sogar effektiver als bisher gestalten." Und hier sehen wir noch dringenden Nachbesserungsbedarf an der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses. Deshalb haben wir einen entsprechenden Änderungsantrag, gegliedert natürlich in mehrere Teilanträge, vorgelegt.

Meine Damen und Herren, offensichtlich hinreichend wurde mit dem Gesetzentwurf das Problem der Erweiterung des Spielraums, besser der Freiheiten der Exekutive gelöst. Die Einflussnahme des Parlaments muss doch wohl aber selbstverständlich, sozusagen im Gegenzug zu den größeren Freiheiten beim Haushaltsvollzug angepasst werden, wenn man das Budgetrecht des Parlaments nicht aushebeln will. So, wie die Landeshaushaltsordnung jetzt geändert werden soll, bedeutet sie eine Einschränkung der Rechte des Parlaments und das sind schließlich nicht irgendwelche Rechte, nein, das sind Rechte, die in der Verfassung des Freistaats Thüringen verankert sind. Ich denke, wir sollten nicht die Befugnisse vom demokratisch gewählten Parlament zu einer einzelnen Person, nämlich dem Finanzminister, verschieben. Wir wollen doch wohl am Ende nicht die Monarchie wieder einführen. Aber noch - ja, der Finanzminister fände das gut, das kann ich mir recht schön vorstellen, aber wir fänden es nicht so gut - ist der Entwurf ja nicht beschlossen die Krone und der Hermelinmantel würden ihm auch gut passen, glaube ich -, lassen Sie uns deshalb noch ein paar wichtige Details einbauen, um einerseits die flexiblere Handhabung der Landeshaushaltsordnung für die Landesregierung zu sichern, aber andererseits die Einflussnahme des Parlaments auf die Erstellung und den Vollzug des Haushalts zu sichern. Mit den Vorschlägen, die

wir Ihnen in unserem Änderungsantrag unterbreiten, haben wir die Anregungen des Landesrechnungshofs, des Bundes der Steuerzahler und der Landtagspräsidentin aus der im Haushalts- und Finanzausschuss vollzogenen Anhörung aufgegriffen und bitte ersparen Sie uns doch in diesem Fall einmal bei der Auseinandersetzung mit unserem Änderungsantrag den Hinweis auf 40 Jahre Planwirtschaft, das trifft es dann einfach nicht. In aller Kürze zu unseren Vorschlägen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das hätte ich nie gemacht.)

Ja, ja, Herr Dr. Zeh. Bekanntlich sind Einnahmen und Ausgaben in voller Höhe getrennt voneinander zu veranschlagen. Aber hier soll ohne Not bei Krediten und Tilgungsausgaben eine Ausnahme gemacht werden. Geldbewegungen in Milliardenhöhe sind doch wohl schon interessant. Übrigens ist auch der Bund der Steuerzahler der Auffassung, der dem Ausschuss seine Auffassung unterbreitete, dass die Schuldendienstbelastungen im Etat offen sichtbar bleiben muss. Wir schließen uns dieser Meinung an und beantragen deshalb in Nummer 1 unseres Antrags die Streichung der vorgeschlagenen Änderung.

Zu unserem Änderungsvorschlag Nummer 2: Bisher sind die Erläuterungen im Haushaltsplan, die der Ergänzung der Zweckbestimmung dienen, verbindlich. Diese Verbindlichkeit soll jetzt aufgehoben werden und offenbar sollen unverbindliche Empfehlungen diese ersetzen. Das ist unserer Ansicht nach eine Einschränkung des Budgetrechts des Parlaments oder auch der gezielten Einflussnahme des Parlaments auf den Haushaltsvollzug, die wir nicht hinnehmen wollen. Damit diese Verbindlichkeit gewahrt bleibt, beantragen wir die Aufnahme in unserer Nummer 2, das können Sie ja nachlesen, und sinnverbindlich in die Neufassung.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Dann ist aber die Flexibilität wieder weg.)

Zum Änderungsvorschlag Nummer 3: Die Flexibilität ist dann nicht so breit, wie Sie sie gerne wünschen würden, aber wir denken, das geht einfach zu weit.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Sie woll- ten doch gerade die Flexibilität unterstützen.)

Das geht zu weit, Herr Dr. Zeh. Aber wir können uns ja dann nachher noch streiten.

Hier geht es um die Inanspruchnahme der Deckungsfähigkeit. Richtig ist, dass die Flexibilität erhöht wird. Zwingend jedoch, so auch die Präsidentin in der Anhörung, dass gleichzeitig eine das Budgetrecht des Parlaments berücksichtigende Regelung eingeführt wird. In der Stellungnahme der Präsidentin, die Sie in der Vorlage 3/274 nachlesen können, heißt es: "Bloße Berichte der Landesregierung über die Inanspruchnahme der Deckungsfähigkeit stellen

kein ausreichendes Instrumentarium zur effektiven Parlamentskontrolle dar." Dem ist unserer Auffassung nach einfach nichts hinzuzufügen. Unser Antrag übernimmt wörtlich den vorgeschlagenen Formulierungsvorschlag, so dass künftig die Inanspruchnahme der Deckungsfähigkeit bei einer Größenordnung von mehr als 20 Prozent eines Titels der Zustimmung des Haushalts- und Finanzausschusses bedarf.

Zum Änderungsvorschlag Nummer 4 - Thema "Nachtragshaushalt": Die vorgesehene Änderung des § 37 - über- und außerplanmäßige Ausgaben - zeugt wirklich von hoher sprachlicher Genialität, denn dieses Wortspiel "beabsichtigter Nachtragshaushalt" lässt in seiner Unklarheit nichts zu wünschen übrig.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das ist Ihnen aber erklärt worden.)

Eine über- und außerplanmäßige Ausgabe ist nicht unabweisbar oder wäre nicht unabweisbar, wenn sie bis zu einem beabsichtigten Nachtragshaushalt zurückgestellt werden kann. Der Finanzminister - das hat er erklärt hat im Haushalts- und Finanzausschuss dargestellt, dass ein Nachtragshaushalt eigentlich nie beabsichtigt ist, höchstens absehbar, aber in der Regel ist ein Nachtragshaushalt eben immer eine Reaktion auf unbeabsichtigt eingetretene Ereignisse. Insofern können wir mit dieser sprachlichen Regelung nun wirklich nicht mitgehen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie diese Änderung so in Kraft setzen, wie es die Beschlussempfehlung beinhaltet, dann könnte der Finanzminister jegliche über- und außerplanmäßige Ausgabe allein entscheiden. Er muss sie nur für unabweisbar erklären. Das Parlament kann dann noch zuschauen oder es kann überhaupt nach Hause gehen, das wäre vielleicht für den Steuerzahler hin und wieder billiger. Der Thüringer Landesrechnungshof schlug nun vor, den § 37 in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Bundes und anderer Länder zu bringen. Wir haben diesen Vorschlag übernommen und stellen ihn also hier in Nummer 4 heute zur Abstimmung.

Zum Änderungsvorschlag Nummer 5: In § 45 wird die Übertragbarkeit von Ausgaben geregelt. Der Absatz 4 ermächtigt den Finanzminister, das Parlament zu vertreten. Eine Vertretung, meine Damen und Herren, ist aber doch wohl nur dann sinnvoll, wenn der zu Vertretende abwesend ist; das Parlament ist in der Regel nicht abwesend. Wozu also muss das Budgetrecht des Landtags abgetreten werden, wegen der vielen kleinen Einzelpositionen und weil es den Landtag und den Ausschuss unnötig mit Arbeit zuschütten würde? Wir sind der Auffassung, dass sich der Ausschuss diesen Mühen unterziehen muss, um das Budgetrecht des Parlaments zu gewährleisten. Deshalb halten wir den Formulierungsvorschlag der Präsidentin für richtig, der beinhaltet, dass es bei mehr als 100.000 DM pro Titel der Zustimmung des Haushaltsund Finanzausschusses bedarf, und dies haben wir hier

in unserem Änderungsantrag in Nummer 5 beantragt.

Zum Änderungsantrag Nummer 6 in der Drucksache, die Ihnen vorliegt, ist es Nummer 6 x. Der Rechnungshof soll die Regierung bei ihrem Finanzgebahren kontrollieren. Deshalb ist er unabhängig nach dem Rechnungshofgesetz. Unabhängigkeit bedeutet aber auch, selbst zu entscheiden, was in seinen Bericht aufgenommen wird und was nicht. Eine Pflicht zur Aufnahme der Erwiderung der Landesregierung, also von dem, der geprüft wurde, ist es eine nicht hinnehmbare Einschränkung dieser Unabhängigkeit. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Sie dies wirklich wollen. Deshalb sollten Sie also auch in diesem Fall unserem Änderungsantrag folgen.

Zum Änderungsvorschlag Nummer 7 in der Drucksache, 6 y: Die überörtliche Rechnungsprüfung lässt weiter auf sich warten. Warum die Einführung immer wieder zurückgestellt wird, ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar. Der Bund der Steuerzahler unterbreitete nun den Vorschlag, mit einer einfachen Streichung der Gemeinden in der Negativliste des § 111 der Landeshaushaltsordnung den Weg frei zu machen für eine sofortige Übertragung der überörtlichen Rechnungsprüfung an den Rechnungshof. Die PDS hält diesen Weg für gangbar und beantragt deshalb die entsprechende Änderung der Landeshaushaltsordnung.

Zum Änderungsantrag Nummer 8, in der Drucksache ist das 6 z - Entlastung der Landesregierung: Die Änderung des § 114 soll laut Begründung der Anpassung an Artikel 102 Abs. 1 der Verfassung dienen und diese lautet ich zitiere, Frau Präsidentin: "Die Landesregierung hat durch den Finanzminister dem Landtag über alle Einnahmen und Ausgaben sowie die Inanspruchnahme der Verpflichtungsermächtigungen jährlich Rechnung zu legen. Sie hat die Haushaltsrechnung mit einer Übersicht über das Vermögen und die Schulden des Landes im nächsten Rechnungsjahr dem Landtag vorzulegen." Im Gesetzentwurf der Landeshaushaltsordnung steht aber z.B. nicht, dass die Haushaltsrechnung im nächsten Rechnungsjahr vorgelegt werden muss, aber das nur am Rande. Nicht nur, dass die Anpassung an Artikel 102 Abs. 1 der Verfassung verunglückt ist, die Absätze 2 und 3 werden offensichtlich überhaupt nicht ernst genommen. In Absatz 3 heißt es: "Der Landtag beschließt über die Entlastung der Landesregierung aufgrund der Haushaltsrechnung und der Berichte des Landesrechnungshofes." Also sind Grundlage für das Entlastungsverfahren die Haushaltsrechnung und der Rechnungshofbericht. Die Stellungnahme der Landesregierung sollte natürlich und wird es ja auch, seit es sie überhaupt gibt, vom Landtag in die Beratung einbezogen werden. Eine Grundlage für die Entlastung jedoch kann sie nach unserer Auffassung nicht sein.

Die PDS-Fraktion beantragt die Verfassung des Freistaats Thüringen zu beachten und den Formulierungsvorschlag des Thüringer Landesrechnungshofs bezüglich der Änderung des § 114 wörtlich zu übernehmen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Die Landeshaushaltsordnung ist zu ändern, das ist richtig und auch nach unserer Auffassung notwendig. Aus unserer Sicht müssten die Änderungen in zwei Richtungen gehen - einmal abgesehen von redaktionellen Anpassungen -, zum einen in Richtung Steigerung der Effektivität der Flexibilisierung. Dies ist nach unserer Auffassung ganz gut umgesetzt worden. Zum anderen wäre aber im gleichen Zusammenhang die Anpassung der Vorschriften der Landeshaushaltsordnung zur Wahrung des Budget- und Kontrollrechts des Landtags dringend notwendig. Dies ist unserer Auffassung nach ungenügend geschehen. Einerseits die Leine zu lockern, aber auf Kontroll- und Sicherungsmechanismen zu verzichten, wäre aus Sicht der PDSFraktion verantwortungslos, deshalb werden wir der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren, uns liegt viel an einem soliden Haushalt, uns liegt viel an politischer Mitgestaltung durch das Parlament und uns liegt viel an Demokratie, deshalb fordern wir Sie auf, den von der PDS vorgelegten Änderungsanträgen, die ausschließlich auf Vorschläge des Landesrechnungshofs, des Bundes der Steuerzahler Thüringens und der Präsidentin des Landtags zurückgehen, zuzustimmen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Auch da sind nur Menschen, die sich irren können!)

Wir halten sie für so notwendig und wichtig, dass sie keinesfalls unter den Tisch fallen dürfen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Höhn, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich gebe zu, das anstehende Thema, die Novellierung der Landeshaushaltsordnung, mag nun bestimmt nicht jeden hier im Hause vom Hocker reißen angesichts der doch zum einen recht schwierigen und zum anderen auch ziemlich trockenen Materie. Aber nichtsdestotrotz haben wir uns als Landtag mit dieser Novelle zu beschäftigen, denn geredet und daran gebastelt wird bereits seit mehr als vier Jahren. Und warum nun Thüringen als letztes der neuen Bundesländer endlich seiner Pflicht nachkommt, das hat nun wiederum verschiedene Ursachen, aber eine ganz spezielle, darauf komme ich später noch zu sprechen. Handlungsnotwendigkeit bestand spätestens seit dem 1. Januar 1998. Da zu diesem Zeitpunkt nämlich das Haushaltsrechtsfortentwicklungsgesetz - ein Wortungetüm - des Bundes

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Was hat die große Koalition denn da gemacht?)

in Kraft trat - Entschuldigung, Herr Dr. Zeh, das kommt alles noch dran -, dieses Gesetz, das den Weg zu mehr Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Verwaltung frei machen sollte. Der Verkündung dieses Bundesgesetzes waren umfangreiche Diskussionen zwischen Bund und Ländern vorangegangen. Damals - trotz der relativ unpolitischen Materie - war auch ein Vermittlungsausschussverfahren notwendig. Letztendlich erhielten die Bundesländer durch die Rahmengesetzgebung die Auflage, ihr Haushaltsrecht bis zum 31.12.2000 an die neue Gesetzeslage auf Bundesebene anzupassen. Soviel zur Historie.

Meine Damen und Herren, wie gesagt, da bekommen wir ja gerade so die Kurve, denn endlich kommt Thüringen dieser Verpflichtung nach. Die Änderung ist zum einen erforderlich, um die Thüringer LHO den Regularien dieses von mir genannten Haushaltsrechtsfortentwicklungsgesetzes des Bundes anzupassen, aber auch, um in den letzten Jahren gesammelte Erfahrungen, haushaltsrechtliche Erfahrungen in Thüringen in das Gesetz mit einfließen zu lassen. Ich möchte an dieser Stelle insbesondere an die in den Modellversuchen zur Erprobung von Budgetierungsverfahren gesammelten wichtigen Erfahrungen erinnern. Gemeinsam beschritt die große Koalition in der letzten Legislatur haushaltsrechtliches Neuland, als 1995 drei so genannte Modellbehörden benannt wurden, denen in § 5 des Thüringer Haushaltsgesetzes besondere Freiheiten bei der Bewirtschaftung ihrer Haushaltsmittel eingeräumt wurden. Diesen drei Modellbehörden folgten weitere. Die gesammelten Erfahrungen waren insgesamt positiv und umso selbstverständlicher ist es, dass dies sich natürlich auch in der Novellierung dieser LHO niederschlägt. Das war im Übrigen eine der Ursachen, warum Thüringen hier das Schlusslicht bildet, noch nicht mal eine schlechte, das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie das Haushaltsrechtsfortentwicklungsgesetz will auch die neue LHO in Thüringen die Verstärkung wirtschaftlicher Anreize in der Verwaltung ermöglichen, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung stärken. Eine wesentliche durch das Gesetz vorgesehene Neuerung ist die Neufassung des § 7 - Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Hier kommt zum bisherigen Gesetzestext die Verpflichtung hinzu, zu prüfen, ob Aufgaben durch private Anbieter wirtschaftlicher zu erbringen sind. Auch ein so genanntes Interessenbekundungsverfahren ist vorgesehen, bei dem ein Privater von sich aus darlegen kann, ob und wie er eine dienende staatliche Aufgabe oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeit nicht ebenso gut oder gar besser erbringen kann. Und die Novellierung der Haushaltsordnung beinhaltet die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in geeigneten Bereichen. Man wird allerdings hier abwarten müssen, wie diese Möglichkeit in die Praxis umzusetzen ist und welche Auswirkungen sie dann im Detail hat. Die Deckungsfähigkeit von Ausga

ben wird entsprechend der gesammelten Erfahrungen der letzten Jahre erweitert. Aber da ist die CDU-Fraktion nach meiner Überzeugung zu kurz gesprungen, kürzer jedenfalls, als es sich die Landtagspräsidentin gewünscht hätte. Sie waren nicht bereit, dem von SPD und PDS getragenen Vorschlag der Landtagspräsidentin zu folgen und das Budgetrecht des Parlaments nicht nur im jährlichen Haushaltsgesetz, sondern eben auch in der LHO zu verankern. Ich hoffe nur, das war nicht der Beginn der Anzeichen, genau dieses parlamentarische Recht peu à peu in der Versenkung verschwinden zu lassen.

Meine Damen und Herren, vorgeschriebene Inhalte der Jahresrechnung und des Haushaltsplans werden auch auf Forderung der SPD-Fraktion punktuell erweitert, z.B., Kollegin Neudert erwähnte das, auch die Darstellung der Angestelltenstellen für Landesbetriebe als einen Ausdruck von Haushaltsklarheit und -wahrheit. Und, meine Damen und Herren vom Haushalts- und Finanzausschuss, ich denke, ich kann hier mit Fug und Recht behaupten, dass die SPD-Fraktion sich sehr konstruktiv an dieser Beratung zur Änderung der LHO beteiligt hat. So wurde auf unseren Antrag - im Übrigen einem alten Vorschlag des Rechnungshofs folgend und nach unserer Auffassung einer der wesentlichen Punkte dieser Novellierung - der definierte mögliche Kreditrahmen für Neuverschuldung schärfer abgegrenzt. Wir alle kennen ja den verfassungsmäßig definierten Rahmen der Nettoneuverschuldung. Er darf nicht höher sein als die Höhe der Investitionen. Nun bekommt Thüringen - Bund und EU sei Dank Investitionszuschüsse. Werden diese bei den Investitionen hinzugerechnet erhöht das faktisch automatisch den Spielraum für Neuverschuldung. Wir, die SPD-Fraktion, wollten sozusagen eine um diese Zuschüsse dritte bereinigte Investitionshöhe. Demnach darf die Höhe der Neuverschuldung nunmehr auch nach dem klaren Wortlaut die eigenfinanzierten Investitionsausgaben nicht übersteigen. Und im Übrigen denke ich, dass diese Klarstellung auch den Bemühungen des Finanzministers entgegenkommt, die Neuverschuldung zurückzufahren.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, wir haben uns redlich bemüht, die allgemein notwendigen Sparbemühungen - im Interesse des Landes natürlich - zu unterstützen. Aber trotz punktuellen Entgegenkommens der CDU bei der abschließenden Beratung des Gesetzentwurfs im Haushalts- und Finanzausschuss hat es die die Regierung tragende Fraktion versäumt, den Gesetzentwurf auf eine breitere parlamentarische Basis zu stellen, wie es sich normalerweise für dieses so genannte Grundgesetz der Haushälter gehören würde. Das hätte Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, und natürlich dem Land Thüringen sicher gut zu Gesicht gestanden. Aber das Thema hatten wir wirklich schon öfter. Aber erstaunlich bzw. bemerkenswert ist es schon, dass die Fraktion der CDU die Änderungsvorschläge der SPD, die fast ausschließlich auf in der Anhörung Rechnungshof, Landtagspräsidentin, Bund der Steuerzahler und ÖTV gegebenen Hinweisen beruhten, so gut wie gar nicht berücksichtigte oder so

weit abschwächte, dass ein Papiertiger geradezu zum zahnlosen Dackel mutiert. So geschehen bei den Neuregelungen bei den über- bzw. außerplanmäßigen Ausgaben, wo die Präsidentin aus gutem Grunde eine weiter gehende Einbindung des Parlaments eingefordert hatte.

Meine Damen und Herren, Thüringen ist zumindest unter den neuen Ländern das Schlusslicht bei der Anpassung seiner LHO. Ich erwähnte das bereits. Hierfür trägt jemand die Verantwortung, der diese Tatsache mit Sicherheit verschweigen würde. Aber dafür gibt es ja u.a. auch in einer Demokratie die Opposition. Ja, ich kann und will es Ihnen nicht ersparen, Herr Trautvetter, denn ohne Ihre Blockadehaltung wäre das Gesetz noch zu Zeiten der großen Koalition beschlossen worden.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Wer hat hier was blockiert?)

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Das ist doch immer dasselbe.)

Und ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, dass Ihre damalige sprichwörtliche Sturköpfigkeit zu einer ausgewachsenen Koalitionskrise geführt hat. Denn sogar der Koalitionsausschuss musste sich mit diesem Thema befassen. Der Hintergrund des Ganzen: das von Ihnen gewünschte Vetorecht über Maßnahmen von grundsätzlicher und erheblicher finanzieller Bedeutung. Sie wollten sich das Eingriffsrecht in die Haushaltsaufstellung sämtlicher Ressorts sichern; so eine Art Pappenheimer Landrecht, nehme ich mal an. Und zum Glück für Ihre damaligen Ministerkollegen aus Ihrer eigenen Partei hat sich die SPD damals mit aller Vehemenz dagegen gewehrt. Und heute? Ja, heute ist von diesem für Sie damals so grundsätzlichen Vetorecht noch nicht einmal im Entwurf ein Buchstabe zu finden. Ich bin mir sicher, Sie haben im Kabinett den erneuten Versuch unternommen, denn sonst wären Sie nicht der, für den sie alle halten. Aber noch nicht einmal Ihre Kabinettskollegen wollten sich von Ihnen in ihre Ressorts mehr reinreden lassen, als das ohnehin auf dem üblichen Wege schon der Fall ist. Man kann es allerdings auch anders ausdrücken, Herr Finanzminister, Sie sind mit dem für Sie fundamentalen Anliegen im Kabinett gescheitert und das ist eine Tatsache.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das ist keine Tatsache.)

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich resümieren: Die Notwendigkeit der Novellierung der LHO ist unbestritten. Die SPD hat ihre Bereitschaft zur Konstruktivität zu diesem Thema mehrfach unter Beweis gestellt. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sind den Empfehlungen von Rechnungshof, Landtagspräsidentin, Bund der Steuerzahler, die nun wahrlich und sicher unbestritten keine sozialdemokratischen Presseorgane dar

stellen, in wesentlichen Punkten nicht gefolgt. Deshalb wird die SPD-Fraktion dem hier vorliegenden Entwurf zur Novellierung der LHO nicht zustimmen. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Dr. Zeh, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, als Erstes möchte ich nicht verhehlen, dass einen nostalgische Gefühle überkommen bei diesem Gesetz. Nicht etwa, weil der Inhalt nostalgisch ist, sondern weil die Landeshaushaltsordnung eines der ersten Gesetze war, die in diesem Landtag überhaupt auf den Weg gebracht worden sind, nämlich im Dezember 1990. Das, meine ich, verdient schon Erwähnung.

Wenn man das Archiv weiter befragt, findet man, dass das Gesetz ohne Aussprache verabschiedet worden ist man höre und staune, ohne Aussprache. Waren das nun goldene Zeiten oder nicht? Ich weiß es nicht, warum der Bedarf zum Aussprechen nicht größer war, es wurde eben einfach verabschiedet. Aber so ändern sich die Zeiten, wir haben nun fast zehn Jahre Erfahrung mit diesem Gesetz, das in seinem Grundgehalt trotz einiger kleiner Änderungen bis heute erhalten geblieben ist. Wir haben in den Jahren bald erkannt, wo die Schwierigkeiten in diesem Gesetz liegen, dass die Kameralistik, die alte klassische Rechnungsführung der Parlamente, nicht immer hilfreich ist. Wir haben diese Erkenntnisse auch auf Bundesebene verfolgt. Es gab eine lange und ausführliche Diskussion des Bundes mit den Ländern - Herr Höhn, Sie haben das dargestellt -, es gab Streit mit den Ländern und es gab einen Vermittlungsausschuss und es gab auch ein Vermittlungsergebnis und letztlich führte das zum Haushaltsrechtsfortentwicklungsgesetz des Bundes. Ein tolles Wort, aber es besagt nichts weiter, als dass die Haushaltsgesetze der Länder mehr Flexibilität und mehr neuere Entwicklungen auch hinsichtlich der, nicht der Kameralistik sozusagen verwirklichen sollen, sondern mehr der kaufmännischen Buchhaltung. Damit war der Weg frei letztlich auch für die Novellierung der Haushaltsordnung hier in Thüringen. Die CDU hat sich seit Jahren dafür ausgesprochen, dass die Haushaltsordnung modernisiert werden muss. Die CDU hat das auch in ihrem Wahlprogramm von 1999 noch einmal bekräftigt. Wir brauchen heute ein modernes Haushaltsrecht, das sich den Erfordernissen eines sich rasant entwickelnden und verändernden Umfelds anpassen kann. Wir brauchen mehr Flexibilität statt Erstarrung, wir brauchen mehr Eigenverantwortung statt Bürokratie, wir brauchen mehr Dynamik statt Stillstand. So gesehen, meine Damen und Herren, ist dieses Gesetz, auch wenn es im Interesse der Öffentlichkeit nicht so im Mittelpunkt steht, ein echtes Re