Protocol of the Session on July 5, 2000

(Beifall bei der CDU)

Und dann kommt noch das Argument "Tanken für die Rente", das man nur als böse Täuschung bezeichnen kann. Für wessen Rente wird denn dann von wem getankt? Wer begünstigt denn dann bei diesem System wen? Die Folge dieses Finanzierungssystems ist: Es wird ein System konserviert, das nicht mehr finanzierbar ist, und dies kann auf Dauer nicht gut gehen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist dem Antrag des Landes Baden-Württemberg und anderen beigetreten mit dem Ziel, zu erreichen, dass die bereits vorgenommenen Erhöhungen der Ökosteuer rückgängig gemacht und auf die bereits beschlossenen Maßnahmen bis zum Jahr 2003 endgültig verzichtet wird. Damit aber noch nicht genug: Man muss sicherlich auch über die Besteuerung insgesamt im Energiebereich und Fahrzeugbereich reden. Wir haben eine Kraftfahrzeugsteuer, wir haben eine Mineralölsteuer, jetzt die Ökosteuer und wir bekommen möglicherweise bald noch eine entfernungsabhängige Abgabe für den Schwerlastverkehr. Meine Damen und Herren, das ist doch kein vernünftiges Steuersystem mehr, was hier im Laufe der Zeit aufgebaut wurde. Es muss doch überprüft werden, wie in Zukunft die Energiebesteuerung und wie die Kfz-Besteuerung sein soll. Aber eine solche Frage kann man nicht im nationalen Alleingang klären; man kann sie nur europaweit klären. Nationale Alleingänge bei der Energiebesteuerung sind genauso wenig sinnvoll, wie nationale Alleingänge beim Ausstieg aus der Kernkraft, zumal, wenn man nicht weiß, wo man dann anschließend einsteigt. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Zum Tagesordnungspunkt 21 a liegen keine weiteren Redemeldungen vor. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 21 a und komme zum Aufruf von Tagesordnungspunkt 21

b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: "Auswirkungen des Personalentwicklungskonzepts der Landesregierung auf die Weiterentwicklung der Thüringer Schule" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/751

Als erste Rednerin hat sich zu Wort gemeldet Frau Abgeordnete Dr. Stangner, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, vor drei Wochen traten der Finanz- und der Innenminister vor die Presse und verkündeten Eckwerte des von der Regierung beschlossenen Personalentwicklungskonzepts. Von einem tatsächlichen Entwicklungskonzept ist bislang allerdings wenig zu erkennen, weil wesentliche Elemente eines solchen Konzepts, das diesen Namen auch verdient, fehlen. Ich nenne hier besonders eine gründliche Aufgabenanalyse in Verbindung mit einer Aufgabenkritik und inhaltlicher Prioritätensetzung für künftige Entwicklungen. Solange diese Aspekte aber keine Rolle spielen, wird aus rein fiskalischen Gründen gekürzt, legt die Landesregierung kein Personalentwicklungskonzept vor, sondern einen Abbauplan, bei dem wieder einmal der einfachste Weg gegangen und der größte Bereich, der Schulbereich geschröpft werden soll.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Eine solche Vorgehensweise, meine Damen und Herren, ist bildungspolitisch falsch und zugleich eine Missachtung der Wählerinnen und Wähler. Diese sind auf einen gut funktionierenden öffentlichen Dienst angewiesen und haben hierbei besonders auch ein Recht auf eine in guter Qualität funktionierende Schule. Auch bei sorgfältiger Einbeziehung aller Gesichtspunkte der Regierungserklärungen ist heute nur festzustellen, der Stellenabbau im Bildungsbereich in der beabsichtigten Dimension ist durch die 9. Bevölkerungsprognose und neuere Berechnungen von Schülerzahlen nicht zu begründen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Dazu, meine Damen und Herren, im Einzelnen Folgendes: In den Nachwendejahren von 91 bis 94 sind die Geburtenzahlen in Thüringen in der Tat dramatisch zurückgegangen. Erst seit 1995 ist wieder ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Der Rückgang in den vier Jahren hat zur Folge, dass die Schülerzahlen sukzessive seit 1997/1998 sehr stark sinken. Das ist jedoch nichts Neues, das ist seit Jahren bekannt. Wenn man 97er Schülerprognosen zu den allgemein bildenden Schulen aus dem Thüringer Kultusministerium mit denen vergleicht, die das Ministerium gegenwärtig im Internet veröffentlicht hat, zeigen sich bis zum Jahr 2006 - und das ist ja wohl der Zeitraum,

über den wir hier in etwa zu reden haben - fast keine Unterschiede. Das heißt, mit Schülerzahlenentwicklungen bis zum Jahre 2006 ist der Stellenabbau in der vorgesehenen Dimension nicht begründbar. Eher soll wieder einmal Stellenabbau betrieben werden, der durch den Schülerrückgang noch nicht gedeckt ist. Daran ändert auch die etwa 20-prozentige Zulage im Verhältnis zum Schülerrückgang am Ende des Abbauzeitraums nichts. Sollten die Pläne vom Juni 2000 umgesetzt werden, dann würden von 1995 bis zum Jahre 2005 im Bereich des Kultusministeriums, insbesondere in den Schulen, etwa 11.400 Stellen gestrichen worden sein. Die Schäden für Schulstandorte, für die Qualität von Bildung, die Unterrichtsversorgung sind gegenwärtig gar nicht absehbar, aber wenn sie sich zeigen, sind sie kaum oder nur schwierig korrigierbar; auf jeden Fall würde ihre Behebung verhältnismäßig teuer.

Meine Damen und Herren von der Regierung, ich kann Sie heute nur auffordern, Ihren Abbauplan zu korrigieren. Wer heute an Bildung spart, spart an der Zukunft Thüringens und stellt nicht die Weichen für ein Silicon Valey, wie Herr Ministerpräsident Vogel mit Verweis auf Thüringen in Korea bemerkte, sondern er stellt die Weichen für neue Täler der Ahnungslosen, bloß dieses Mal um Thüringen herum. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Emde, CDUFraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, ich möchte gleich mal erwidern auf die Worte von Frau Dr. Stangner, aus denen sehr deutlich die Gewerkschafterin zu hören war. Frau Dr. Stangner, Zahlen muss man nicht ignorieren, man muss sie zur Kenntnis nehmen und dann vernünftige Dinge daraus ableiten. Und wenn Sie immer wieder wiederholen, dass der Stellenabbau in der Größenordnung nicht gerechtfertigt wäre, dann wird es dadurch nicht wahrer. De facto ist es doch so, dass wir nach diesem Zeitraum 20 Prozent mehr Lehrer haben werden als die jetzige Lehrer-Schüler-Relation ist. Das ist ja wohl mehr als positiv und das ist doppelt positiv, wenn man die heutigen Zahlen schon kennt, wo wir als Thüringer wesentlich besser dastehen als alle anderen Bundesländer insgesamt, was die Lehrer-Schüler-Relation angeht. Aber wir stehen auch gut, was die Klassengrößen angeht. Das muss man doch einfach eben dann auch mal zur Kenntnis nehmen und nicht einfach nur blindlings darauf losschlagen.

Nun hat ja die SPD-Fraktion diesen Antrag zur Aktuellen Stunde gestellt und ich muss sagen, mir war es schwierig, überhaupt erstmal Argumente zu sehen und vielleicht darauf mal einzugehen, die die Opposition bis hierher vor

getragen haben könnte. Denn es ist doch so, Herr Döring, im Ausschuss da stellen Sie maximal Fragen an den Minister und dann nicken Sie auch noch geflissentlich auf die Antworten des Ministers und dann war's das. Aber mal konkrete Dinge haben wir von Ihnen nie gehört, im Gegenteil, man liest immer nur wilde Pressemitteilungen mit wüsten Beschimpfungen, wie z.B. die Wörter "chaotisch" oder "dilettantisch", für die Schulpolitik. Insofern kann ich mich, was konkrete Dinge angeht, auch nur auf einen Presseartikel beziehen, der heute in der TA veröffentlicht war. Da ist z.B. dann zu lesen, trotz Schuljahresende sei noch immer unklar, welche Einsparungen welche Schularten betreffen. Also, Herr Döring, für dieses Schuljahr muss ich Ihnen ganz klar sagen, wir haben einen Haushaltsplan, da steht alles drin. Und für die kommenden Jahre wird ein Haushaltsplan verabschiedet und da ist dann zu verhandeln. Was die Personalreduzierung betrifft, wird die sicherlich sich in den Haushaltsplänen so widerspiegeln, wie der Schülerrückgang da ist, und es wird auch mit Sicherheit nicht so sein, dass wir dann im Herbst plötzlich ein paar hundert Lehrer entlassen, nur weil irgendwelche Zahlen geschrieben würden, die nicht relevant wären.

Des Weiteren sagt Herr Döring, der Bestand jeder zweiten Regelschule sei gefährdet. Herr Döring, das ist für mich Panikmache und Angstmache, weil Sie genau wissen, dass es nicht so ist, sondern die Zahlen, was das Personal angeht, wird der Herr Minister nachher noch mal darstellen, sie sind ja auch schon wiederholt gesagt worden, die sagen ganz etwas anderes. Aber es ist ja auch so, dass die Praxis schon zeigt, dass wir auf der Suche nach Wegen sind. Da sage ich nur als Beispiel Verbünde von Schulen oder integrative Klassen oder auch die kleinen Regelschulen. Da geht es ja genau um den Erhalt von Schule in der Fläche. Dann fordert die SPD eine Richtlinie für Schulschließungen. Ich nehme mal an, dass die Reporter das vielleicht falsch dargestellt haben. Das will ich Ihnen nun nicht unterstellen, dass Sie eine Richtlinie der Schulschließungen haben wollen, soweit gehen Sie sicherlich auch nicht. Aber dann muss ich Ihnen sagen, Sie fordern diese Richtlinie, nur die Schulträger und auch die anderen Beteiligten erklären die heute gültige Richtlinie für praktikabel. Es ist doch so, dass wir aus pädagogischer Verantwortung vor Ort diese Dinge entscheiden und dort ist es ganz einfach so, dass die Schulträger, aber auch die vor Ort ansässige Schulaufsicht, aber natürlich auch die Eltern mitreden bei diesem Schulkonzept. Das halte ich allemal für richtig, denn es geht um Akzeptanz dieses Schulkonzepts und des Schulnetzes. Das können Sie nicht dadurch erreichen, dass Sie sagen, das ist das Schulnetz und das drücken wir jetzt vom Land nach oben runter und den Leuten drauf, sondern das funktioniert nur so, dass wir gewisse Rahmenvorgaben geben und die Leute dann vor Ort Schule gestalten und inhaltlich leben, dann kommen wir auch zu einem vernünftigen Schulnetz. Ich möchte dazu sagen, dass das Ziel der CDU-Bildungspolitik in Thüringen bleibt: Schule mit einer hohen Anforderung an Qualität. Dass dem auch die Quantität Rechnung trägt, zeigen die Zahlen im nationalen Vergleich: Spitze bei den

Lehrer-Schüler-Relationen, Spitze in den Klassengrößen. Und wesentlich sollte man dazu auch einmal sagen: Keines der SPD-regierten Länder kommt an diese Zahlen heran.

Herr Abgeordneter Emde, würden Sie bitte zum Schluss kommen?

Sofort.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch den letzten Satz dazu zu sagen, dass es keinen Grund gibt zur Panikmache, denn in den letzten Jahren hat das Thüringer Kultusministerium nachgewiesen, dass es verantwortungsvoll mit diesen Dingen umgeht. Ich nenne einmal die über 20 Möglichkeiten zum freiwilligen Ausscheiden oder auch das verhandelte Floatingmodell oder auch den Einstellungskorridor. Eines möchte ich noch anregen: Über Bedarfskündigungen möchten wir so gut wie gar nicht reden oder dieses Instrument nicht in die Hand nehmen, denn es nimmt uns dann die Möglichkeit von Neueinstellungen, denn die können wir dann vor Gericht nicht rechtfertigen. Das dürfte wohl das allerletzte Mittel sein.

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Döring, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zuerst einmal recht herzlichen Dank, Herr Kultusminister Krapp, herzlichen Dank für Ihre bahnbrechende Presseerklärung vom 14. Juni dieses Jahres. Endlich können wir schwarz auf weiß lesen, was die CDU-Landesregierung umtreibt, wenn es um die Thüringer Schule geht. Schon die Überschrift lässt aufhorchen: "Unterrichtsqualität sichern" und mit unübertroffener Logik wird uns dann aufgezeigt, wie man dies zu realisieren gedenkt. Der für 2001 bis 2005 bereits geplante Personalabbau von 2.760 Stellen im Kultusbereich wird auf 7.259 - ich wiederhole, auf 7.259 Stellen aufgestockt. Das ist ein bildungspolitisch wirklich starkes Stück und es ist absolut irreführend, wenn solche weit überzogenen Abbaupläne unter die Überschrift "Schulqualität sichern" gestellt werden. Vielmehr ist das ein Schlag gegen die Schulqualität und durch den Abbau in dieser Größenordnung wird ein weiterer Unterrichtsausfall billigend in Kauf genommen.

Herr Minister Krapp, ich will Ihnen zugute halten, dass Sie nicht genau wussten, was Ihnen hier Ihre Amtskollegen eingeschenkt haben, aber eines will ich Ihnen klar

und deutlich ins Stammbuch schreiben: Ihre Logik hinkt nicht nur, sie hat Plattfüße.

Meine Damen und Herren, wenn man den gemeinsamen Verlautbarungen von Innen- und Finanzminister glauben darf, hat die Landesregierung ihr Bestes gegeben, und genau das ist ihr Problem. Das Personalkonzept ist ein Offenbarungseid

(Beifall bei der SPD)

der Konzeptionslosigkeit dieser Landesregierung. Man beschließt den Stellenabbau nach Rasenmähermethode und stellt gleichzeitig fest, dass eine umfassende Strukturreform der staatlichen Verwaltung erforderlich ist. Wie ein solches Vorgehen unter der Überschrift "Personalentwicklungskonzept" stehen kann, wird wohl allein das Geheimnis der Landesregierung bleiben. Es gibt kein Personalentwicklungskonzept, sondern lediglich eine äußerst fragwürdige Abbauzielgröße. Natürlich, die Schülerzahlen in Thüringen sinken und das ist seit Jahren bekannt. Wir haben in der großen Koalition darauf mit einem Abbaupfad reagiert, der auch auf einem fundierten Gutachten beruhte und der dennoch problematisch war. Ein Abbauvorlauf führte in den letzten Jahren zu verstärkten Unterrichtsausfällen, die immer von berechtigten Protesten der Eltern begleitet waren. Nach dem bisherigen Konzept hätte sich dies im kommenden Schuljahr endlich zum Positiven geändert; nun sind diese Hoffnungen zerstört, bleibt alles Makulatur. Schlimmer noch: Die Schulentwicklung wird für lange Zeit aufs Abstellgleis geschoben und der Erhalt eines wohnortnahen Bildungsangebots wird mehr und mehr zur Illusion.

Meine Damen und Herren, die CDU-Landesregierung hat die Bildung als den Sparstrumpf entdeckt, getreu dem Motto: "Wir müssen sparen, koste es was es wolle, und sei es die Zukunft unserer Kinder". Es ist schon richtig, das Land darf nicht Zukunftsinvestitionen blockieren, aber gibt es eine wichtigere Investition in die Zukunft als die in die Bildung? Deshalb begreifen wir den Schülerrückgang eher als Chance, den Stundenausfall zu reduzieren, wohnortnahe Schulen zu erhalten, den naturwissenschaftlichen Unterricht zu stärken, Arbeitsgemeinschaften und auch zusätzliche Sprachausbildung auszubauen und geben vor allen Dingen den Klassenleitern mehr Zeit, sich ihren Schülern widmen zu können.

Meine Damen und Herren, wir werden weder die CDULandesregierung noch die CDU-Landtagsfraktion aus ihrer Verantwortung entlassen und Lippenbekenntnisse und Sonntagsreden nützen hier wenig. Der geplante Stellenabbau darf so nicht Realität werden. Wir werden gemeinsam mit Schülern, Eltern, Lehrern und Gewerkschaften in einem Aktionsbündnis für eine starke Thüringer Schule streiten. Ich denke, noch ist es nicht zu spät. Danke.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die Landesregierung hat sich nun Minister Dr. Krapp zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Personalentwicklung im Geschäftsbereich des Thüringer Kultusministeriums ist natürlich zurzeit von dem Naturereignis der weiter zurückgehenden Schülerzahlen stark geprägt.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Naturereig- nis - ist das ein Witz?)

Trotz des Rückgangs der Schülerzahlen an den allgemein bildenden Schulen auf 61 Prozent des laufenden Schuljahres im Schuljahr 2005/2006 steht die Sicherung der pädagogischen Qualität von Schule im Mittelpunkt jeglichen Handelns der Thüringer Landesregierung.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Naturereig- nis - da brauchen wir uns über die Bildungs- situation nicht wundern!)

Das Thüringer Kultusministerium hat bereits im Jahr 1995 ein Grundschulgutachten von der Pädagogischen Hochschule Erfurt erarbeiten lassen und vor dem Hintergrund, dass die geburtenschwachen Jahrgänge zeitversetzt auch die anderen Schularten erreichen werden, eine Fortschreibung für die Realschulen und Gymnasien in Auftrag gegeben. Diese beiden Gutachten - letzteres wurde 1999 fertig gestellt - hat die Thüringer Landesregierung zur schulfachlichen Grundlage der Personalentwicklung im Geschäftsbereich des Thüringer Kultusministeriums gemacht. In diesem Gutachten ist bereits berücksichtigt, dass sich mit dem Rückgang der Schülerzahlen, vor allem auch im ländlichen Bereich, die Spezifik der Thüringer Schullandschaft verändern wird. Statt einer formalen Ausdünnung des Schulnetzes wurde der Fortbestand auch kleinerer Schulen sowie die Entstehung kleinerer Klassen bereits dem Gutachten zugrunde gelegt. Damit wurde einer Verschlechterung der pädagogischen Rahmenbedingungen insofern vorgebeugt.

Eine weitere Grundlage für die Personalentwicklung im Bereich des Thüringer Kultusministeriums ist die Prognose zur Entwicklung der Schülerzahlen auf der Basis der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistisches Bundesamtes und der Statistischen Landesämter. Die Entwicklung der Schülerzahlen im Personalentwicklungskonzept der Thüringer Landesregierung aus dem Jahr 1995 wurde damit fortgeschrieben. Zum damaligen Zeitpunkt lag den Berechnungen die Prognose auf der Basis der 8. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung zugrunde. Die 9. Vorausberechnung hat leider den Trend der 8. Vorausberechnung bestätigt. Es gibt weiterhin einen gravierenden Rückgang der Schülerzahlen, der zeit

lich versetzt alle Schularten erreicht.

Meine Damen und Herren, folgende Eckpunkte seien zur Verdeutlichung des Rückgangs der Schülerzahlen beispielhaft dargestellt: Werden in diesem Schuljahr an Grundschulen noch 80.337 Schüler unterrichtet, so sind es im Schuljahr 2002/2003 gerade noch ca. 51.800 Schüler. Die Zahl der Schüler wächst bis zum Schuljahr 2005/2006 wieder an, jedoch nur auf ca. 59.600. Damit ergibt sich an den Grundschulen ein prozentualer Rückgang auf 64 Prozent für 2002/2003 bzw. 74 Prozent im Schuljahr 2005/2006. In allen anderen Schularten ist ein stetiger Rückgang der Schülerzahlen zu verzeichnen. Für die Regelschulen bedeutet dies, dass die Schülerzahlen im genannten Zeitraum auf 51 Prozent sinken, an den Gymnasien auf 63 Prozent und an den Förderschulen auf 52 Prozent. Alle allgemein bildenden Schulen betrachtet, ergibt dies einen Rückgang auf 61 Prozent im Vergleich zum Schuljahr 1999/2000, bei den berufsbildenden Schulen auf 86 Prozent, ebenfalls berechnet für das Schuljahr 2005/2006.

Meine Damen und Herren, der dargestellte Rückgang der Schülerzahlen verursacht auch einen Rückgang des Bedarfs an Stellen für Lehrer, sonderpädagogische Fachkräfte und Erzieher. Auf der Grundlage der bereits erwähnten Gutachten der Pädagogischen Hochschule wurde der Bedarf an Stellen für Lehrer an Grund- und Regelschulen sowie an Gymnasien ermittelt. Für alle übrigen Schularten sowie für den Bedarf an sonderpädagogischen Fachkräften und Erziehern wurde bei der Bedarfsermittlung das Sockelfaktorenmodell des Thüringer Kultusministeriums mit Stand der Verwaltungsvorschrift zur Vorbereitung und Durchführung des Schuljahres 2000/ 2001 zugrunde gelegt. Die so ermittelten Bedarfszahlen beinhalten also bereits eine pädagogische Zulage, die voll in das Personalentwicklungskonzept der Landesregierung übernommen wurde. Bei der Erstellung des Personalentwicklungskonzepts hat die Thüringer Landesregierung über den so berechneten Bedarf hinaus eine organisatorische Zulage vorgesehen, um Mehraufwand infolge massiver Teilzeitarbeit auszugleichen. Im Ergebnis ergibt sich eine Stellenentwicklung im Lehrerbereich der allgemein bildenden Schulen von 22.665 Lehrerstellen im Haushaltsjahr 2000 auf 16.358 zu Beginn des Schuljahres 2005/2006. Gegenüber dem Absinken der Schülerzahl auf 61 Prozent sinkt im betrachteten Zeitraum also die Lehrerstellenzahl nur auf 72 Prozent und das sind fast 20 Prozent über dem Bedarf, ausgehend von der heutigen Schüler-Lehrer-Relation. Im gleichen Zeitraum sinkt im Bereich der Erzieher und sonderpädagogischen Fachkräfte auf der gleichen Berechnungsgrundlage die Stellenzahl von 2.482 auf 1.610, also auf 65 Prozent. Für die berufsbildenden Schulen sind derzeit 3.441 Stellen etatisiert. Hier ist bis zum Schuljahr 2005/2006 lediglich ein Rückgang um 60 Stellen, also weniger als 2 Prozent, vorgesehen, obwohl die Schülerzahl in diesem Bereich auf 86 Prozent sinkt. Dies ist dem derzeit nicht gedeckten Bedarf an Berufsschulpädagogen geschuldet. Daran erkennt man, meine Damen und Herren, dass das Personalentwicklungs

konzept im Geschäftsbereich des Thüringer Kultusministeriums keinen proportionalen Abbau der Haushaltsstellen zum Verlauf der Schülerzahlen vorsieht, sondern bereits die Spezifik der durch den Schülerrückgang entstehenden Thüringer Schullandschaft, der Erhaltung von Schulstandorten und der Entwicklung der durchschnittlichen Klassengröße berücksichtigt. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung zur Qualitätssicherung und -entwicklung im Schulwesen des Freistaats Thüringen.

Entsprechend dem Kabinettsbeschluss zum Personalkonzept ist der Stellenabbau dadurch zu realisieren, dass soweit wie möglich derzeit nicht besetzte Stellen gestrichen werden und dass frei werdende Stellen gestrichen werden. Soweit diese Maßnahmen nicht ausreichen, sind Bedarfskündigungen auszusprechen. Solche Maßnahmen sollen möglichst sozialverträglich gestaltet werden. Für den dem Thüringer Kultusministerium nachgeordneten Bereich bedeutet dies: Zum 1. Januar 2001 entfallen nach Realisierung notwendiger Einstellungen freie Stellen. Durch das Wirken des Floatingmodells reduziert sich die Stellenzahl im Zeitraum bis zum 1. August 2005 planmäßig. Es wird übrigens oft vergessen, dass das Floatingmodell nach wie vor wirkt. Durch den zunehmenden Wegfall der Notwendigkeit von planmäßiger Mehrarbeit und von dienstlichen Hinderungsgründen entsprechend Floatingmodell ist mit dem Freiwerden weiterer Stellen zu rechnen. Durch natürliches Ausscheiden, altersbedingt oder auf Wunsch der Bediensteten, reduziert sich die Stellenzahl ebenfalls. Weitere Stellen sollen durch Altersteilzeit sowie durch freiwilliges Ausscheiden freigesetzt werden. Darüber hinaus und das habe ich heute bei den Mündlichen Anfragen schon einmal feststellen müssen - sind Bedarfskündigungen leider nicht auszuschließen. Ergänzend möchte ich auf die Vereinbarungen mit Hessen und Niedersachsen hinweisen, die fortgeschrieben werden und die es für einige Kolleginnen und Kollegen möglich machen wird, dort Stellen zu finden.

Meine Damen und Herren, wie bereits dargestellt, kann von einer Verschlechterung der pädagogischen Rahmenbedingungen nicht die Rede sein. Unbestritten ist jedoch, dass der Rückgang der Schülerzahlen eine zusätzliche Herausforderung sowohl für die Schulaufsicht als auch für jede einzelne Lehrkraft darstellt, insbesondere im Hinblick auf die organisatorische Gestaltung von Schule und auf die Methodenvielfalt im Unterricht. Es ist also erforderlich, dass Lehrer und Schüler, aber auch die Eltern die durch den Schülerrückgang bedingte neue Situation konstruktiv annehmen, damit keine nachteiligen Auswirkungen auf den Prozess Schule zu verzeichnen sind. Die Tatsache, dass gut die Hälfte aller Bediensteten das Floatingmodell angenommen hat, bildet die Basis für eine kontinuierliche Entwicklung der Thüringer Schulen. Gleichzeitig ist mit der vertraglichen Bindung des Ansteigens der Beschäftigungsumfänge im Rahmen des Floatingmodells dem späteren Wiederanstieg der Zahl der Schüler bereits Rechnung getragen.

Darüber hinaus streben wir an, auch in den kommenden Jahren Möglichkeiten zur Einstellung junger Lehrer zu finden. Dies ist einerseits erforderlich wegen des in bestimmten Fachrichtungen noch nicht fachgerecht abgedeckten Bedarfs, andererseits aber auch im Hinblick auf die Altersstruktur und nicht zuletzt wegen der Modernität und Innovation, die durch neu ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer in die pädagogische Arbeit hineingetragen werden. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)