Protocol of the Session on June 7, 2000

Meine Damen und Herren, wir hoffen deshalb hier und heute, in dieser Aktuellen Stunde von der Landesregierung eine klare verbindliche Aussage zur Perspektive eines Fachhochschulstandorts in Ostthüringen zu bekommen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich würde jetzt gern den Abgeordneten Schwäblein dem Wirtschaftsminister entreißen. Bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werter Herr Kollege Botz, ich weiß nicht so richtig, was Sie hier heute veranstaltet haben. Eine Fachhochschule in Ostthüringen gibt es; Sie selber haben es erwähnt, oder gehört Jena plötzlich nicht mehr zu Ostthüringen? Das wäre die erste Frage, die zu beantworten wäre. Zum Zweiten: Ostthüringen ist strukturell nicht vernachlässigt, ist wirtschaftlich ziemlich stark, dort liegen wirtschaftlich starke Kreise und dies sollten Sie gelegentlich zur Kenntnis nehmen. Des Weiteren gab es in den Zeiten der großen Koalition eine Kommission, vom damaligen Wissenschaftsminister eingesetzt, die sich über weitere Standorte für Fachhochschulen in Thüringen Gedanken machen sollte, was sie auch getan hat. Im Ergebnis wurde festgestellt, es gibt derzeit keinen Bedarf. Sollte der Bedarf steigen, empfiehlt sie, eine weitere Fachhochschule nach Ostthüringen zu legen. Diesem Votum hat sich die Regierung damals angeschlossen, zumindest dem zweiten Teil, dem ersten Teil nicht, den fehlenden Bedarf hat sie ziemlich ignoriert. Die Prognosen des damaligen Wissenschaftsministers Dr. Schuchardt, heute hier anwesend, zu den Studentenzahlen haben sich als nicht ganz zutreffend erwiesen. Wir sind mit den Studentenzahlen ein Stück hinter diesen Prognosen zurückgeblieben, wir können das gemeinsam bedauern, aber es ist ein Umstand, so dass der Wissenschaftsrat, der vermutlich dieses erste Gutachten auch gelesen hat, wahrscheinlich gar nicht anders entscheiden konnte, als zu sagen, derzeit sieht er für Thüringen keinen weiteren Bedarf. Deswegen halten wir trotzdem an dem Ziel fest. Damit dieser Bedarf durch Zustrom junger Leute aus ganz Deutschland steigt, sollten Sie den Standort gutreden und nicht schlechtreden, wie Sie es gemacht haben. Wenn Sie also mehr junge Leute

(Beifall bei der CDU)

nach Thüringen bringen und sie davon überzeugen, dass es sich lohnt, hier zu studieren - und wir sind davon überzeugt, ich hoffe, Sie auch, aber davon habe ich nichts gehört -, dann werden wir tatsächlich auch eine weitere Fachhochschule finanziell begründen können. Denn sie kostet Geld, sie kostet Kraft, es müssen Leute auf lange Zeit eingestellt werden und man muss einem solchen Fachhochschulstandort auch eine sichere Perspektive geben. Die wäre im Moment bei einer Ausweitung unserer Fachhochschulstandorte nicht gegeben und deshalb handeln wir seriös und erklären, die nächste Fachhochschule kommt tatsächlich nach Ostthüringen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Klaubert, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lieber Herr Schwäblein, ich achte ja Ihre freie Rede in der Aktuellen Stunde wirklich, aber wenn Sie sagen, dass die wirtschaftlich stärksten Kreise in Ostthüringen liegen

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Starke Kreise habe ich gesagt.)

oder wirtschaftlich starke Kreise in Ostthüringen liegen, dann müssen Sie sich schon mal genau hinter dem Hermsdorfer Kreuz anschauen, wie dort aufgrund von Strukturentscheidungen oder nicht gefällten Strukturentscheidungen die tatsächliche Lage ist. Dazu gehört übrigens auch die Frage eines Fachhochschulstandorts und das wissen Sie sehr genau, eines fünften Fachhochschulstandorts in Thüringen, der nicht Jena ist. Denn jeder, der sich seit einigen Jahren damit beschäftigt hat, weiß sehr wohl, dass damit ein Standort jenseits des Hermsdorfer Kreuzes, um keine Einzelstandorte zu nennen, gemeint ist. Das zum Punkt 1. Ich muss allerdings auch sagen, dass die Aktualität des Themas natürlich in der letzten Plenarsitzung wesentlich höher war, weil in dem Zusammenhang und in dem zeitlichen Zusammenhang Aussagen gefallen sind, die doch sehr verwundern ließen. Und da, Herr Schwäblein, haben Sie natürlich an der jetzigen Stelle wieder mehr verwirrt als aufgeklärt, denn die Aussage zu einer Fachhochschule - zu einer fünften sage ich immer wieder - in Ostthüringen haben alle Parteien in ihren Wahlprogrammen enthalten und genügend strapaziert im Wahlkampf. Ein Wahlprogramm ist eins, welches nicht ein Grundsatzprogramm für das nächste Jahrtausend ist, sondern über eine Wahlperiode zu erfüllen ist. Da hat es die regierende Partei in jedem Falle leichter, eine solche Entscheidung umzusetzen, als die Oppositionspartei. Das müssen wir erst mal so feststellen. Also läge es durch

aus in Ihrer Entscheidungskraft, die Mehrheiten zu organisieren, jenseits des Hermsdorfer Kreuzes eine neue Fachhochschule zu installieren. Nun bin ich lange genug dabei, mir ist das Gutachten sehr wohl bekannt, welches durch die Strukturkommission unter Prof. Glockner gefertigt worden ist und mir ist auch sehr wohl bekannt, dass es dort Aussagen gab, a) zur Entwicklung der Studierendenzahlen in Thüringen und b) natürlich auch zur Entwicklung der Finanzen für die Hochschulen und Fachhochschulen. Also wurde gesagt, bleibt die Entscheidung eine politische Entscheidung, eine Entscheidung, die man ganz bewusst treffen muss. Danach haben alle Parteien in ihren Wahlprogrammen das trotzdem so verankert, wie es heute drinsteht. Und nun kommt Frau Ministerin Schipanski von einer Beratung des Wissenschaftsrats, in der die erfreuliche Nachricht bekannt gegeben worden ist, dass die Nordhäuser Fachhochschule in das Bund-Länder-Finanzierungsprogramm aufgenommen worden ist, aber man möge nun bedenken, dass man sich die Ostthüringer nicht mehr leisten kann. Schön für Nordthüringen, sage ich, peinlich natürlich für Ostthüringen und etwas sehr verwunderlich in Bezug auf die Stellung der Ministerin gegenüber dem Wissenschaftsrat. Meines Erachtens, Frau Ministerin, sollten Sie nicht das Votum des Wissenschaftsrats als politische Alternative darlegen, sondern Sie sollten als Politikerin beim Wissenschaftsrat die entsprechenden Forderungen aufmachen, dass Thüringen als Bildungs-, Wissenschaftsund Forschungsland eben diese weitere Entscheidung bezogen auf einen Fachhochschulstandort braucht. Das wäre das richtige Votum in diesem Zusammenhang. Aber dann, weil Herr Ministerpräsident jetzt hereinkommt, wird in der Zeit zwischen der Wahl und der Stichwahl im Ostthüringer Raum auch verkündet, dass die Ostthüringer Fachhochschule natürlich kommt, dass man natürlich bei der Entscheidung bleibe und dass der Wissenschaftsrat auch gegen Erfurt votiert habe und dass der vorherige Minister Dr. Schuchardt ja noch nicht so ganz den Zug aufs Gleis geschoben habe, er hätte ja damals die Macht gehabt. Daraus entnehme ich, die Landesregierung über den Ministerpräsidenten will die Fachhochschule in Ostthüringen und da kann ich eigentlich nur sagen: Frau Ministerin Sie werden ja sicher auch gleich in der Aktuellen Stunde reden -, schaffen Sie Klarheit in diesem Sinne, sagen Sie, wir kriegen eine Fachhochschule nach Ostthüringen, dann beraten wir kreativ weiter, wie und unter welchen Modalitäten das zu organisieren ist.

(Beifall bei der PDS)

Will die Ministerin gleich, ansonsten haben wir den Abgeordneten Carius mit einer Rede aus den Reihen der Abgeordneten.

Sehr verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte mich doch gegen einen Eindruck wehren, der in

Ihrer Rede, Frau Dr. Klaubert, aufgekommen ist, nämlich dass Ostthüringen mit der Westgrenze von Altenburg schon beendet ist, Ostthüringen ist weitaus größer.

(Beifall bei der CDU)

Zum anderen: Natürlich stehen wir nach wie vor hinter dem Fachhochschulstandort in Ostthüringen. Deshalb ist die Entscheidung des Wissenschaftsrats zu bedauern, obwohl, da möchte ich Ihnen auch danken, Frau Dr. Klaubert, Sie haben darauf aufmerksam gemacht, dass der Wissenschaftsrat deswegen nicht zu schelten sei, sondern dass er eben auch noch eine günstige Entscheidung für Nordthüringen, insbesondere für die Fachhochschule Nordhausen, gefällt hat. Ich möchte auch daran erinnern, dass bereits 1992, als die Frage nach der Universität Erfurt stand, die Wiedergründung der Universität Erfurt abgelehnt wurde durch den Wissenschaftsrat und später derselbe Wissenschaftsrat der Wiedergründung zustimmte. Es besteht also keinerlei Grund zur Panikmache, ganz abgesehen davon, dass, meine lieben Genossen von der SPD, nun nach den Stichwahlen in Altenburg es sich noch weniger lohnt, dieses Thema wirklich hochzukochen.

Und Ihnen, Herr Gentzel - leider nicht da -, möchte ich ebenfalls noch ins Stammbuch schreiben, dass das, was Sie in Ihrer Kritik zur Regierungserklärung im Oktober 1999 losgetreten haben, ein reines Luftschloss war. Sie haben behauptet, die Studentenzahlen würden dauerhaft so steigen, dass sich eine neue Fachhochschule in Ostthüringen wirklich lohnen würde. Dabei wissen Sie wie auch ich, dass wir uns 2002 und auch derzeit auf einem Kulminationspunkt der Studentenzahlen befinden und von diesem ab mit einem rapiden Rückgang der Studentenzahlen zu rechnen haben, der auch relativ lange andauert. Eine dauerhafte und nachhaltige Steigerung der Studentenzahlen ist mithin ebenso wahrscheinlich, wie es wahrscheinlich ist, dass wir in die Verfassung schreiben, die SPD sollte dauerhaft die Oppositionsrolle genießen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, PDS: Mit solcherart Festschreiben gibt es ungünstige Erfahrungen aus DDR-Zeiten.)

Es bleibt daher zu konstatieren, wir treten nach wie vor für die FH in Ostthüringen ein, wir haben aber kein Votum des Wissenschaftsrats, wir haben zurzeit auch keine Studenten und aus beidem folgend haben wir zurzeit auch nicht die finanziellen Mittel, um eine solche Hochschule bauen zu können. Danke.

(Beifall bei der CDU)

So, jetzt Frau Wissenschaftsministerin.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wie sich bereits aus der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten vom Oktober des vergangenen Jahres ergibt, hat das Thema der heutigen Aktuellen Stunde für die Landesregierung einen hohen Stellenwert. Die Landesregierung hat sich in der Vergangenheit für die Errichtung einer weiteren Fachhochschule in Ostthüringen eingesetzt. Sie wird dies auch zukünftig weiter tun, trotz der zweifellos schwierigeren Rahmenbedingungen, die sich aus dem aktuellen Votum des Wissenschaftsrats für Thüringen ergeben.

Wie Sie wissen, hat der Wissenschaftsrat in seiner Stellungnahme zur Fachhochschule Nordhausen dem Land nachdrücklich davon abgeraten, eine weitere selbständige Fachhochschule Ostthüringen zu gründen. Ich bedauere diese Entscheidung, zumal ich mich noch bis unmittelbar vor diesem Beschluss für ein für Thüringen günstigeres Votum eingesetzt habe. Aber auch Sie, Frau Dr. Klaubert, müssten genau wissen, dass sich reale Zahlen nicht in fiktive Zahlen umwandeln lassen. Der Wissenschaftsrat hat seine Kriterien und hat aufgrund dieser Kriterien die Entscheidung gefällt, die meiner Meinung nach gerechtfertigt ist. Gleichwohl müssen wir es also akzeptieren, dass als Konsequenz dieser Entscheidung vorerst keine anteilige Finanzierung der Hochschulbaumaßnahmen durch den Bund möglich ist, denn nicht mehr bedeutet dieses Votum des Wissenschaftsrats. Außerdem muss diese ablehnende Haltung zur Gründung einer weiteren Fachhochschule in Ostthüringen nicht das letzte Wort des Wissenschaftsrats sein. Hier erinnere ich auch noch einmal an die frühere Stellungnahme zur Universität Erfurt: Im Jahr 1992 hatte der Wissenschaftsrat für die Gründung einer Universität in Erfurt keinen Bedarf erkennen können, stattdessen empfahl er, die für die Universität Erfurt vorgesehenen Mittel zunächst für die Sanierung der bestehenden Hochschulen und den Aufbau der Fachhochschulen zu verwenden. Letztlich befürwortete er aber in seiner Stellungnahme vom Oktober 1995 die Aufnahme der Universität Erfurt in die gemeinsame Hochschulbauförderung nach einer intensiven gemeinsamen Diskussion des Landes mit dem Wissenschaftsrat.

Unbeschadet des fortbestehenden Engagements der Landesregierung für eine weitere Fachhochschule in Ostthüringen sollte in unserer aktuellen Diskussion auch nicht verkannt werden, dass das Land in der Planungsregion Ostthüringen drei weitere Bildungseinrichtungen des tertiären Sektors unterhält und ständig weiterentwickelt. Neben den beiden etablierten Hochschulen, der FriedrichSchiller-Universität, die erfreulicherweise schon 17.000 Studierende hat, und der Fachhochschule Jena, gilt die besondere Aufmerksamkeit der Landesregierung dem Ausbau der Berufsakademie Thüringen. Deren Ostthüringer Standort, die Staatliche Studienakademie Gera, hat sich bisher erfolgreich entwickelt und wird durch die Landes

regierung mit unverändert großem Einsatz weiter ausgebaut. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass z.B. ab Oktober dieses Jahres in Gera erstmals ein neuer Studienschwerpunkt "Praktische Informatik - Multimedia" angeboten wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern, dass die Landesregierung auch in Zukunft unter anderem durch ihr Eintreten für eine weitere Fachhochschule in Ostthüringen alles in ihren Kräften Stehende für den weiteren bildungs- und strukturpolitischen Ausbau der Region Ostthüringen tun wird.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, dann können wir diesen Teil der Aktuellen Stunde schließen und kommen zum zweiten Teil

b) auf Antrag der Fraktion der PDS zum Thema: "Keine Studiengebühren in Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/704

Als erste Rednerin spricht Frau Dr. Kaschuba von der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es geht um die Erhebung von Studiengebühren und modernes Regieren im 21. Jahrhundert. Robert Jung hat 1952 sein Buch mit dem Titel "Die Zukunft hat schon begonnen" erscheinen lassen und, ich glaube, wir können auch heute sagen, die Zukunft des 21. Jahrhunderts hat begonnen. Dort ist die Frage, ob modernes Regieren in Bezug auf Bildung und Hochschulpolitik zuallererst heißt Erhebung von Studiengebühren. Wir wissen alle, es wird immer wieder diskutiert um die Zukunft der Gesellschaft als Informations-, Wissens- oder Kommunikationsgesellschaft und alle sind sich darin einig, Innovation ist notwendig, aber für Innovation braucht man Bildung, braucht man Ausbildung und gut ausgebildete Menschen.

Wir haben erst kürzlich darüber diskutiert, welchen Mangel wir zu verzeichnen haben, wenn es um IT- und Computerfachleute geht, und, ich denke, in diesem Zusammenhang sollten wir noch einmal darüber nachdenken, was Bildung eigentlich wirklich sein soll und sein kann. Es muss sicher neue Wege geben für die Bildungseinrichtungen und auch für den Erwerb von Bildung. Das liegt aber sicher auch zuallererst in der Verantwortung der Kultusministerkonferenz und wir müssen fragen, wie nimmt sie ihre Verantwortung wahr. An den Beschlüssen in Meiningen konnten wir beobachten, dass man zu keiner rich

tigen Lösung kommt, sondern dass man den Dissens als Kompromiss hingenommen hat. Jedem Bundesland wird erlaubt, so weiterzumachen wie bisher, denn schon bisher galt, dass das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss gebührenfrei ist, was auch bei konsekutiven Studiengängen bis zum zweiten berufsqualifizierenden Abschluss gelten soll.

Neu ist jetzt freilich, Hochschulen dürfen von Langzeitstudierenden eine Gebühr einfordern. Den entsprechenden Modus legen die Bundesländer selbst fest und die Studiengebühren werden von ihrer Begründung her zuallererst als Strafgebühren für Bummelanten und faule Studenten definiert; dadurch finden sie natürlich auch in der Öffentlichkeit eine gewisse Akzeptanz. Die Frage, die sich aber tatsächlich erhebt, ist: Sind wirklich alle Langzeitstudenten faul oder gibt es noch andere Gründe, die zur Verlängerung von Studienzeiten führen können? Diese Fragen möchte ich hier noch einmal ansprechen. Es gibt Studierende, die einer Arbeit nachgehen müssen, um ihr Studium zu finanzieren, Studierende nehmen Auslandssemester wahr, es geht um die Betreuung eigener Kinder oder um eine Kombination der genannten Gründe in unterschiedlichen Fällen. Dazu hat sich die KMK bisher nicht geäußert. Zum anderen wird dann auch wieder darauf hingewiesen, dass der Wettbewerb zwischen den Hochschulen verbessert werden soll und die Finanzierung der Hochschulen. Hier frage ich Sie: Ist es tatsächlich so, dass durch eine Einnahme über Studiengebühren die Finanzierung der Hochschulen verbessert werden kann? Es ist erstens nicht gewährleistet, dass die Hochschulen diese Gelder bekommen oder ob sich nicht der Finanzminister darüber freut und die Hochschulen bei ihrer Unterfinanzierung bleiben, zum anderen ist auch nicht gewährleistet, dass die Studiengebühren dann eine Höhe erreichen, die tatsächlich die Finanzausstattungen der Hochschulen verbessern.

1998 wurde das Hochschulrahmengesetz novelliert und es soll, so § 5, eine leistungsorientierte Hochschulfinanzierung auf den Weg bringen. Viel adäquate Regel- und Steuerungsmechanismen waren gefordert, mehr Wettbewerb zwischen den Hochschulen. Und hier darf ich Sie fragen, die Sache ist meiner Meinung nach wirklich ein bisschen pikant, wenn man das mit dem Finanzierungsmodell verknüpft, denn dann sind die Hochschulen, die die meisten Langzeitstudierenden haben, im Wettbewerb im Vorteil, weil sie mehr Studiengebühren erheben können. Da beißt sich die Katze eigentlich in den Schwanz. Die Hochschulen mit Langzeitstudierenden würden eigentlich mehr Geld bekommen. Ich denke, die KMK hat darüber ein bisschen wenig nachgedacht. Man könnte auch fragen, ob die KMK in Schilda oder in Meiningen war. Die Bildungsstudie der OECD hat für Deutschland festgestellt, dass es zu wenig Studierende gibt. Es ist vorhin schon gesagt worden, auch Thüringen hat zu wenig Studierende. Ich glaube, wir liegen noch 9.000 unter dem ermittelten Anspruch für Thüringen. Ich denke, um das zu verbessern, muss man zuallererst darüber nachdenken, dass

Hochschulen und Studierende nicht neue Fesseln und Reglements brauchen, sondern mehr Geld, mehr Flexibilität und neue Ideen. Ich denke, eine neue, moderne Hochschulpolitik sollte sich nicht zuallererst der Erhebung von Studiengebühren widmen, sondern sie sollte darüber nachdenken, wie mehr Hochschulbildung garantiert werden kann und deren Notwendigkeit steht ja wohl außer Zweifel. Studierende und Hochschulen sollten meiner Meinung nach stärker gefördert werden, aber man sollte nicht zuallererst bei Bildungswilligen kassieren und bei den Hochschulhaushalten kürzen. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Ehe ich dem Abgeordneten Schwäblein das Wort gebe, möchte ich noch den neuen Innenstaatssekretär Herrn Brüggen herzlich hier im Plenarsaal des Thüringer Landtags begrüßen, Ihnen alles Gute auch noch einmal im Namen des Landtags wünschen für das wahrlich nicht einfache Amt, was Sie angetreten haben.

(Beifall im Hause)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dem eben schon erwähnten erfreulichen Ereignis eines neuen Innenstaatssekretärs darf ich zumindest Genugtuung darüber zum Ausdruck bringen, dass sich die hartnäckigste und schwerfälligste Kommission, die ich in Deutschland kenne, so erstaunlich gut bewegt hat, wie das die KMK tatsächlich in Meiningen getan hat. Bedenkt man, dass diese Beschlüsse noch einstimmig gefasst werden müssen, so muss doch einiger Bewegungsdruck entstanden sein, um diese, wie ich zugebe, sehr zarte Bewegung überhaupt zu Stande gebracht zu haben. Mittlerweile ist es unumstritten, dass für Bildung mehr Geld in Deutschland ausgegeben werden muss, wenn wir nicht abgehängt werden wollen. Es ist unumstritten, dass das Geld, was man im Moment für Bildung einsetzt, auch möglichst effektiv verwendet werden muss. Was ich jetzt sage, trifft - das betone ich bewusst - nicht auf Thüringen zu. Aber in der Bildungslandschaft Deutschlands gibt es doch viele - ich sage, zu viele - Hochschulen, die an ihrer Übergröße fast ersticken, an ihrer Überlast fast ersticken und die Leistungsfähigkeit unserer Bildungseinrichtungen nachhaltig beschränken. Jetzt kann man die entweder weiter aufbohren oder man schaut nach, wie es zu dieser Überlast kommt. Ein Aspekt dieser Überlast sind tatsächlich die - ich will mich nicht ganz genau festlegen, in Baden-Württemberg waren es auf einmal einige Tausend, als man da nachfasste -, die über Gebühr lange studieren. Für dieses "über Gebühr" hat die Kultusministerkonferenz ein Maß gefunden, nämlich vier Semester über die Regelstudienzeit hinaus. Sie hat aber auch gleichzeitig angedeutet, sollte es zu der Gesetzgebung in den einzelnen Ländern kommen, wird man, Frau Dr. Kaschuba,

nicht das machen, was Sie jetzt schon mal wieder als Gespenst an die Wand gemalt haben, dass man nämlich in sozialen Härtefällen ungebührlich hinlangt, sondern auch dort wird man wie immer, wenn soziale Aspekte in Deutschland zu wahren sind, das Augenmaß finden. So finde ich es gut und richtig, dass es erst einmal den Ländern eingeräumt wird. Ich hoffe, dass die Länder in einen zeitlichen Gleichschritt kommen, bei Langzeitstudierenden, die keinen plausiblen Grund dafür vorgeben können, dann tatsächlich einen finanziellen Beitrag abzufordern. Denn es belastet unser aller Kassen und es hindert uns bei der Entwicklung auch der Hochschulen, wenn einige sich auf Kosten der anderen unberechtigt Vorteile verschaffen. Dies kann im Sozialwesen nicht ungestraft hingenommen werden; dies darf auch im Hochschulwesen nicht ungestraft hingenommen werden. Ich bin sehr froh darüber, dass es in dieser Frage keine klare Ausrichtung mehr nach SPD- oder CDU-Positionen gibt, sondern dass mittlerweile eine Debatte ausgebrochen ist, die am Ziel orientiert ist. Da gibt es SPD-Minister, die sehr weit vorprellen. Da gibt es CDU-Minister, die noch ein Stück hinterherhinken. Ich hoffe, dass wir in Thüringen jetzt nicht gleich das Gesetz anfassen - da gibt es keine hohe Not, sie ist nicht zu erkennen -, dass wir aber bei passender Gelegenheit, wenn wir uns eh wieder mit dem Hochschulgesetz zu befassen haben, das mit einbauen - da fällt mir auch gleich noch die Möglichkeit ein, private Hochschule tatsächlich auch mit Leben zu erfüllen - und dass wir bis dahin geklärt haben, dass diese Minimalmehreinnahmen, die werden unsere Finanznöte an den Hochschulen nicht beheben, dann aber auch wirklich bei den Hochschulen bleiben. Da muss der Finanzminister vorher noch etwas bearbeitet werden. Da bitte ich um Ihrer aller Unterstützung.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es wird nötig sein, natürlich. Der Finanzminister zieht erst einmal alles ein. Aber wir müssen an dieser Stelle tatsächlich dieses Brutto-Prinzip durchbrechen, so wie wir das bei Hochschulen sowieso zunehmend häufiger und heftiger diskutieren müssen. Hochschulen, wenn sie denn Zusatzeinnahmen haben - da denke ich wahrlich nicht nur an diese Langzeitstudentengebühren, sondern auch an zusätzliche Drittmittel und Engagements der Wirtschaft -, sollten auch dann auf Dauer über diese Mittel verfügen dürfen. Da wird das Engagement sich auch steigern lassen. Also die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz gehen in die richtige Richtung. Damit ist weiterhin gesichert, dass jeder in Deutschland ein Erststudium ohne finanziell ungebührliche Belastung absolvieren kann, und alle Kassandrarufe von links außen und teilweise auch von links sind unberechtigt. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Botz, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, keine Studiengebühren in Thüringen. Nun, im Freistaat Thüringen herrscht Studiengebührenfreiheit und das ist gut so und gut ist auch, dass die Kultusministerkonferenz am 25. Mai in Meiningen nach harten Verhandlungen einen Kompromiss gefunden hat, der das Erststudium innerhalb der Regelstudienzeit in Deutschland, und ich denke doch ziemlich auf Dauer, von Studiengebühren freistellt. Das ist, auch in Richtung an meinen Vorredner, schon ein wirklicher Erfolg, denn es gab - und das sagen Sie ganz richtig - aus einigen, aus allen wichtigen politischen Bereichen Vertreter, die das aufbrechen wollten. Dabei sind die aufeinander aufbauenden Studiengänge mit Bachelor- und Master-Abschlüssen, also bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss, ausdrücklich einbezogen. Den Bundesländern wird, das ist eben neu, nun allerdings im kommenden Staatsvertrag freigestellt, bei Überziehung der in den Studienordnungen festgelegten Fristen um mehr als vier Semester Gebühren zu erheben.

Meine Damen und Herren, so wie der Anteil der so genannten Langzeitstudenten in den Bundesländern sehr verschieden ist, so unterschiedlich wird auch die Neigung in den Bundesländern sein, derartige Anreize zu nutzen. In Thüringen überschreiten gegenwärtig nur weniger als 4 Prozent der Studierenden eine Karenzzeit von x plus 3 Semestern. Daher sehen wir zurzeit überhaupt keinen Handlungsbedarf, Regelungen zu treffen, die über die gegenwärtige Praxis in Thüringen hinausgehen. Und, meine Damen und Herren, der normale Anreiz, zügig Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten zu erwerben, um sie im Beruf anzuwenden, man kann es auch noch deutlicher sagen, endlich Einkommen erwirtschaften zu können, das wollen die allermeisten unserer jungen Mitbürger. Das ist bei uns im Osten stärker ausgeprägt und das ist gut so. Das wird unserer Auffassung nach auch in der nächsten Zeit so bleiben.