Protocol of the Session on February 28, 2020

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ah! Das wun- dert mich!)

Sie haben richtigerweise auch auf die protokollierten Versprechungen abgestellt, die damals gemacht wurden. In dem Sinne kann man sagen, dass Russland natürlich vom Westen betrogen worden ist.

Sollte man jetzt aber nicht, wenn man das als Voraussetzung nimmt, die aktuelle Außenpolitik Russlands differenzierter betrachten und beispielsweise auch bei der sogenannten Annexion der Krim überlegen, ob es nicht wirklich eine Sezession war und direkt eine Folge dieser eben hier genannten Politik ist? Und sollte man damit die Russland-Sanktionen generell als ungenügend und sogar falsch erklären? - Danke.

Ich will Ihnen kurz darauf antworten: Erstens. Wir sind ausdrücklich schon damals politische Kritiker der NATO-Osterweiterung gewesen, sind es auch heute noch, und zwar mit genau den gleichen Argumenten, die der ehemalige US-amerikanische Verteidigungsminister an Bill Clinton im Jahr 1997 in einem Brief aufgeschrieben hat. Alle diese vier Thesen sind ja eingetroffen. Genau

diese fatalen Folgen hatte die NATO-Osterweiterung.

Punkt 2. Natürlich ist es so, dass auf der russischen Seite Völkerrechtsverbrechen oder ein Verstoß gegen das Völkerrecht, wie die Bombardierung von Belgrad, natürlich als Argument herangezogen werden, um selbst wiederum Völkerrecht zu brechen. Das bedeutet aber nicht, dass es entschuldbar ist, dass die russische Seite Völkerrecht bricht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist genauso wenig entschuldbar wie der Bruch des Völkerrechts durch Deutschland bei der Bombardierung von Belgrad oder wie der Bruch des Völkerrechts durch die Türkei bei der Besetzung von syrischem Territorium.

(Zustimmung bei der LINKEN - Matthias Büttner, AfD: Richtig!)

Eines dürfen wir uns nicht erlauben, nämlich zu sagen: Völkerrecht bricht der eine, dann bricht es der andere, und dann legitimieren sie sich das gegenseitig. Nein, das Problem ist, dass das Völkerrecht löchrig geworden ist, weil genau diese Denke existiert.

Es ist ein Recht des Stärkeren, deswegen dürfen wir das. - Nein, Völkerrecht hat Bestand zu haben und man muss jeden Bruch des Völkerrechts verurteilen, den deutschen Bruch des Völkerrechts genauso wie den türkischen und den russischen.

Ich sage Ihnen noch einmal ganz deutlich: Die russische Position ist an der Stelle übrigens völlig widersprüchlich. Putin begründete, dass er das Recht hatte, die Krim zu annektieren, damit, dass vorher die NATO inklusive Deutschland in Serbien das Völkerrecht gebrochen hat.

Welches war damals die Argumentation Deutschlands und der NATO? - Man müsse dafür sorgen, dass der Kosovo sich abspalten dürfe. Das ist im Grunde genommen genau das Gleiche, was Putin mit der Krim in der Ukraine gemacht hat. Beide Male handelt es sich aber um einen Bruch des Völkerrechts. Ich kann das eine nicht heranziehen, um das andere zu legitimieren. Darin unterscheiden wir uns grundsätzlich, Herr Poggenburg. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Gallert - -

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ich habe noch eine Frage!)

- Ach so, Entschuldigung.

Sie konnten ihn nicht sehen, weil ich davor stand, Herr Mittelstädt.

Herr Borgwardt, Sie haben jetzt das Wort.

Ich komme wieder auf den Außenminister zurück, in spe natürlich.

(Oliver Kirchner, AfD, lacht)

Ich sage es einmal so, Herr Borgwardt: Ich wäre in meiner Partei wahrscheinlich dafür nicht mehrheitsfähig. Aber okay.

Wenn ich Ihre Berliner Truppe sehe, dann wird das wohl so sein.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Ob das klug beraten ist, müssen Sie Ihre Genossen fragen.

Ich habe aber eine konkrete Frage: Ich will eine Geschichte vorausschicken, weil ich nicht weiß, wo das noch war. Aber die sehr verehrte, auch von mir geschätzte Kollegin von Angern hatte wie wir das Vergnügen, mit der Konsulin Frau Norris

Aus Leipzig.

vom Generalkonsulat Leipzig zu reden.

(Zuruf von Eva von Angern, DIE LINKE)

- Ja, ja. Das mit der Friedenstaube im Mund, sehr geehrte Frau von Angern, habe ich gesehen; alles klar.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Stimmt!)

Der Sinn des Besuches war nicht, ihr in die blauen Augen zu gucken oder unsere Plätzchen zu essen, sondern sie wollten wissen, wie wir das einschätzen, und zwar schon sehr weit im Vorfeld des „Defender 2020“-Manövers. Das sei einmal vorausgeschickt.

Ich gehe davon aus, dass sie auch nicht in eure blauen Augen geguckt hat und eure Plätzchen gegessen hat, sondern mit euch darüber geredet hat.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Bei uns gab es nur Kaffee!)

Da ist jetzt meine Frage an Sie, weil Sie in dem letzten Absatz ganz hinten zu dem kommen, was Sie gerne hätten; das andere sind mehr oder weniger Appelle oder sonst irgendetwas: Wie denken Sie denn, dass die Landesregierung SachsenAnhalt, vorausgesetzt sie würde das machen wollen, das wirksam unterbinden könnte? - Ich gehe davon aus, dass Sie einen Vorschlag haben, wie das gemacht werden sollte.

Ich habe diese Frage auch der Frau Norris gestellt. Die Antwort war für mich relativ schlüssig: Das geht vom Land Sachsen-Anhalt aus nicht. Jetzt frage ich Sie, ob Sie dazu eine Idee haben, die wir möglicherweise nicht haben.

Wir sagen ausdrücklich und formulieren als Opposition klug: Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf, sich hierfür mit all den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dies zu unterbinden.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Bundesrats- initiative, oder was?)

Nun sage ich: Da spekulieren wir natürlich auf die Fantasie und die Kreativität der Landesregierung.

(Tobias Krull, CDU: Aha! - Siegfried Borg- wardt, CDU: Das geht nicht!)

Ich sage Ihnen aber auch ausdrücklich: Es gibt schon ganz andere Reaktionen darauf. Es gibt zum Beispiel die Überlegung - in anderen Landtagen hat das schon eine Rolle gespielt -, die nicht unerheblichen Schäden an der Infrastruktur, die unter anderem durch die Benutzung der Infrastruktur - - Ich meine, einen Panzer auf einem Tieflader durch die Gegend zu kutschieren, das hat schon eine besondere Geschichte.

Ich sage auch ausdrücklich: Ich finde es schon interessant, dass die A 2, deren Elbebrücke demnächst wegen ihrer desolaten Situation ein halbes Jahr lang saniert werden soll, vorher sechs Wochen lang schwerste Militärtransporte aushalten soll, die sechs Wochen lang jede Nacht über diese Brücke geführt werden sollen, obwohl sie angeblich so kaputt ist und über ein halbes Jahr lang sofort repariert werden muss.

Da könnte man auch intervenieren und sagen: „Nein, liebe Leute, dieses Risiko müssen wir nicht eingehen.“ Das wäre zum Beispiel eine kreative Antwort, die ich allerdings - das gebe ich ganz gern zu - von unserem Verkehrsminister nicht auf Anhieb erwarten würde. Insofern haben Sie recht.

Herr Borgwardt hat noch eine Nachfrage. - Herr Borgwardt, Sie haben das Wort.

Herr Gallert, das sind wieder zwei Aspekte. Der eine Aspekt ist - ich habe mir auch ein paar Kollegen mit dazugenommen; so etwas mache ich ungern allein und ich weiß, dass Sie es auch so gemacht haben -, dass ich Frau Norris die Frage gestellt habe, ob sie denn dann für mögliche Schäden aufkommen würde. Dazu hat sie gesagt, es seien ausdrücklich Gummiketten. - Aber ich gehe jetzt nicht auf jedes Detail ein.

Natürlich sind die bereit, diese Schäden zu begleichen, wenn der Nachweis erbracht wird.

(Thomas Höse, AfD: Da gibt es Sonder- rechte!)

Das ist aber eine nachrangige Geschichte.

Die Frage, die ich eigentlich habe, lautet: Wie soll die Landesregierung das unterbinden, sofern sie das machen würde? Soll sie eine Bundesratsinitiative ergreifen? Was soll die Landesregierung machen? Soll sie Polizisten hinstellen, die niemanden durchlassen? - Das darf sie aber auch nicht. Was soll sie also machen,

(Zuruf von der CDU)