Protocol of the Session on February 27, 2020

Wir müssen feststellen, dass die von Wildbiologen prognostizierten Anstiege der Population in der Realität eingetroffen sind.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Mit mehr als 1 000 Wölfen in Deutschland ist der Grund für den gegenwärtigen Schutzstatus des Wolfes, nämlich der günstige Erhaltungszustand der Art, eigentlich entfallen. Deswegen müssten wir folgerichtig auch bei der EU beantragen, so wie es der Kollege Barth hier schon vor einiger Zeit erklärt hat, den Wolf von Anhang IV in Anhang V der FFH-Richtlinie zu übertragen.

Mit der nun erfolgten Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes und der Zustimmung im Bundesrat, um nun auch die Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen zu vereinfachen, haben wir eine neue Situation. Wir begrüßen das als CDU ausdrücklich. Es ist ein wichtiger kleiner Schritt in die richtige Richtung hin zu einem wissenschaftlich begründeten, zeitgemäßen Wolfsmanagement, das wir noch vermissen.

Der Bund hat mit der Bundesratsentscheidung vom Februar dieses Jahres einen Schritt getan. Die entscheidende Botschaft ist erstens, dass die Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen, die wiederholt Schaden verursachen, ja, sogar ganzer Rudel, nunmehr vereinfacht möglich wird, dass aber zweitens die erleichterte Entnahme von Wölfen - das ist das Entscheidende - europarechtskonform ist. Ansonsten hätte der Bundesrat nicht zugestimmt. Insofern sind viele Behauptungen in dieser Richtung vom Tisch.

Wir brauchen aber mehr, und zwar mehr Rechtssicherheit im Sinne von Tierwohl und Jägerschaft. Das ist noch nicht erreicht. Es muss noch nachjustiert werden. Deswegen müssen wir uns ganz unaufgeregt die Leitlinie Wolf anschauen, gerade den Punkt 7, was die Rechtssicherheit betrifft, im Tierwohlinteresse; denn wer anders soll dann fach-, sach- und tierwohlgerecht entnehmen dürfen, wenn es dann ansteht, als die, die es fachlich können, nämlich die Jäger.

Momentan sind in Fällen von Verletzungen beispielsweise der Kreisveterinär und der Polizist damit beauftragt zu euthanasieren oder zu töten und nicht der Jäger, der vielleicht gerade im Revier ist, der das könnte und vielleicht eher dafür geeignet wäre.

Zum Schluss noch etwas zum Antrag der AfDFraktion ganz konkret. Ich habe noch einmal nachgelesen, wie Sie sich darüber lustig gemacht haben, dass andere hier das Wolfsthema thematisiert haben. Mittlerweile haben Sie es selbst auf der Agenda. Ich könnte das alles zitieren.

Ich kann Ihren letzten Punkt nicht nachvollziehen. Sie fordern uns dazu auf zu beschließen,

die Landesregierung dazu aufzufordern, dass die Entschädigungen für Schäden und Folgekosten bei den Nutztierhaltern „in einer Frist von mindestens zwei Monaten“ auszureichen sind. Das heißt auf gut Deutsch, während die Tierhalter sagen, es muss so schnell wie möglich gehen, wir wollen nicht so lange warten, sagen Sie, es darf auf keinen Fall schneller als zwei Monate sein.

Insofern ist das eine oder andere hier noch zu besprechen. Das machen wir dann im Ausschuss. Die CDU-Fraktion empfiehlt die Überweisung.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Gürth. Hierzu sehe ich auch keine Fragen. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich.

(Unruhe)

- Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dass das auch ein ganz wichtiges Thema ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb würde ich darum bitten, wenn die Rednerinnen und Redner hier vorn stehen, dass Sie den Geräuschpegel bitte etwas senken und, wenn Sie Absprachen treffen wollen, dann bitte vielleicht auch zur Seite gehen. Das stört dermaßen und ist den Rednerinnen und Rednern hier vorn auch nicht angemessen. - Vielen Dank. - Frau Eisenreich, Sie haben jetzt das Wort. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst im Mai 2019 haben wir hier im Plenum über einen Antrag zur Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht debattiert. Heute kommt der Antrag nun in einer neuen Gestalt daher.

Ja, unzweifelhaft gibt es Probleme und betroffen sind insbesondere Weidetierhalter und Weidetierhalterinnen. Die Forderung nach zügiger unbürokratischer Hilfe bleibt aktuell, sei es bei Rissen, bei der Anschaffung von Schutzzäunen und Schutzhunden oder bei deren Unterhaltungskosten.

Im Rahmen der Haushaltsverhandlungen wurde deutlich, dass sich im Bund hier etwas tut und künftig auch mehr Möglichkeiten zur Förderung von Folgekosten bestehen. Das ist wichtig. Wichtig ist jedoch auch, wo dies möglich und sinnvoll ist, weitere Alternativen, Ferche und Gatter und Ähnliches, in Betracht zu ziehen; denn schließlich liegt das Hauptaugenmerk auf der

Prävention. Wichtig wären aus unserer Sicht auch bundesweit einheitliche Regelungen für Entschädigungen.

Dann stellt sich die Frage zum Antrag, welchen Vorteil soll denn die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht überhaupt haben. Aus unserer Sicht wäre es ein fatales Signal;

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Wolfgang Aldag, GRÜNE)

denn die Wahrnehmung wäre, der strenge Schutz, den der Wolf nach internationalem, europäischem und deutschem Recht genießt, wäre nicht mehr notwendig. Das ist jedoch mitnichten so.

Die Schutzkategorie zum Aufbau eines langfristig lebensfähigen Bestandes ist zu erhalten. Dies gründet sich auf wissenschaftlichen Monitorings und Erkenntnissen. Ob und gegebenenfalls ab wann die Größe von Wolfspopulationen zu regeln wäre, muss ebenfalls absolut wissenschaftlich fundiert begründet sein.

Ausnahmeregelungen für Sonderfälle zur Entnahme bestehen. Die Frau Ministerin hat es hier noch einmal angeführt. Auch mein Vorredner hat das getan.

Mit der Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht würde jedoch aus unserer Sicht eine Hintertür eingerichtet, die im Bedarfsfall sehr schnell aufgemacht werden könnte. Zudem muss man sich klarmachen, dass die Aufnahme in das Jagdrecht eine Pflicht zur Hege sowie Haftungsfolgen für die Jägerinnen und Jäger nach sich zieht.

Mit einer Diskussion über Obergrenzen und über den Abschuss tritt zudem das ungleich wichtigere Thema - das hat Frau Ministerin hier auch herausgearbeitet - Herdenschutz in den Hintergrund. Das darf nicht sein.

Die LINKE steht daher zu dem Dreiklang aus Beraten, Schützen und Entschädigen und lehnt den Antrag ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Der Abg. Herr Barth spricht für die SPD-Fraktion. Bitte, Herr Barth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich jetzt hier über die Wölfe rede, dann rede ich über die Wölfe in Sachsen-Anhalt und nicht über die 1 000 Wölfe, von denen Herr Gürth geredet hat. Das möchte ich kurz voranstellen.

Der Antragsteller stellt fest, dass sich der Bestand des Wolfes in Sachsen-Anhalt nach dem Monitoringbericht erhöht hat, und leitet daraus eine höhere Gefahr für Nutztiere ab.

Dieser Zusammenhang lässt sich nicht bestätigen. Zahlen zeigen eher, dass die Herdenschutzmaßnahmen wirken. Die Nutztierrissstatistik vom vergangenen Jahr weist zum Beispiel für das Jahr 2017 179 Risse, für das Jahr 2018 174 Risse und für das Jahr 2019 vorläufig 151 Risse aus. Aus dem Monitoringbericht ist auch zu ersehen - Zitat -:

„Im vorangegangenen Monitoringjahr 2017/ 2018 lag die Zahl der Vorfälle und getöteten Nutztiere spürbar höher, obwohl in diesem Monitoringjahr mehr Wolfsterritorien nachgewiesen wurden. Diese positive Entwicklung könnte im Zusammenhang mit insgesamt verbesserten Herdenschutzmaßnahmen stehen.“

So viel dazu. Die Maßnahmen, die das WZI anbietet, will ich bloß noch ganz kurz erwähnen, damit sie jeder ein bisschen verinnerlicht. Das ist zum einen die kostenlose und individuelle Herdenschutzberatung für die Tierhalter. Zum anderen kann für die Errichtung von Schutzmaßnahmen eine finanzielle Unterstützung beantragt werden. Außerdem wird für Schadensfälle Entschädigung geleistet.

Was ist jetzt neu? - Die Beschlüsse im Bundestag und im Bundesrat. Geändert wurde unter anderem § 45 Abs. 7 des Naturschutzgesetzes. Die Entnahme des Wolfes wird erleichtert. Sie ist jetzt zur Abwendung ernster Schäden zulässig. Bisher war es so, dass sie nur zur Abwendung erheblicher Schäden erlaubt war. Ausdrücklich wird geregelt, dass der Abschuss zukünftig auch dann erfolgen kann, wenn unklar ist, welcher Wolf Herdentiere angegriffen hat. Hören die Nutztierrisse nicht auf, dann wird mit dem Gesetz ermöglicht, weitere Rudeltiere zu töten. Im Endeffekt bedeutet das, dass das komplette Rudel entnommen werden könnte. Wichtig ist hierbei zu wissen: Es muss einen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den Rissereignissen geben. - So viel zum Recht.

Herr Gürth hat darauf hingewiesen, dass es aber noch ein paar Dinge gibt, die nicht ganz geklärt sind. Ich möchte als Jäger sagen: Ich wüsste keinen Jäger, der aufgrund dieser rechtlichen Grundlage hier bei uns einen Wolf - auch auf Anweisung einer Behörde hin - tötet. Ich glaube nicht, dass das jemand macht. Deswegen müssen wir uns nach wie vor der Fauna-Flora-HabitatRichtlinie der EU zuwenden, um Rechtssicherheit zu schaffen. Über die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht haben wir schon so oft diskutiert. Sie nutzt uns allein überhaupt nichts, solange der

Wolf streng geschützt ist. Vor diesem Hintergrund ist das eine Scheindiskussion.

Ich sage abschließend noch einmal: Solange keine Rechtssicherheit gegeben ist, wird es so bleiben, wie es ist. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD - Detlef Gürth, CDU, meldet sich zu Wort)

- Herr Gürth, Sie haben eine Frage? - Bitte.

Vielen Dank, Herr Abg. Barth. Ich denke aber, die Worterteilung übernehme ich. Ich hatte die Wortmeldung beim Vorredner nicht wahrgenommen, aber jetzt habe ich Herrn Gürth gesehen. - Sie haben jetzt natürlich die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen. Bitte.

Geschätzter Kollege Barth, ich habe zwei Fragen. Sie haben erwähnt, dass wir uns mit der FFHRichtlinie befassen müssen. In dieser wurde der Schutzstatus des Wolfes im Wesentlichen und grundsätzlich mit dem damals vorherrschenden Zustand begründet, dass noch kein günstiger Erhaltungszustand der Wolfspopulation vorhanden sei. Das war zu einem Zeitpunkt, zu dem wir in Deutschland null Wölfe hatten. Inzwischen wurden nach Aussagen des Deutschen Jagdverbandes angeblich 1 000 bis 1 300 Wölfe nachgewiesen.

Die erste Frage: Müsste jetzt nicht jemand aktiv werden und den Erhaltungszustand dieser Wolfspopulation feststellen, damit wir eine Übertragung des Wolfes von Anhang IV in Anhang V beantragen können?

Die zweite Frage: Wer sollte denn die jetzt durch den Beschluss des deutschen Bundesrates und des Bundestages ermöglichte leichtere Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen umsetzen, wenn nicht die dafür ausgebildeten Jäger? Wer soll das denn tun? - Wenn gewollt ist und wenn das nur Jäger können, dann müsste man doch schlussfolgernd die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit sie das auch tun.

Herr Abg. Barth, bitte.

Zu der ersten Frage. Ich denke, es befassen sich schon ganze Heerscharen von Wissenschaftlern mit der Frage, wann der gute Erhaltungszustand erreicht ist. Also, ich selbst kann nicht beurteilen, ob dafür 1 000 oder 1 300 Tiere reichen. Die

Wissenschaftler sollten uns einmal sagen, wie sie das sehen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das haben Sie uns schon gesagt!)

- Ich kenne das nicht.