Herr Präsident! Geehrte Damen und Herren! Ja, dieser Gesetzentwurf könnte die passende Form für einen Nachteilsausgleich für die Verbandsgemeinde Flechtingen und die Gemeinde Ingersleben und damit auch für den gesamten Landkreis Börde darstellen.
Dieser Gesetzentwurf ist unter Mitwirkung der Kreisverwaltung erstellt worden und wird von ihr befürwortet. Wir sind uns da einig. Es bestehen bei den Gemeinderäten und bei den Einwohnern vor Ort sehr hohe Erwartungen hinsichtlich der künftigen Möglichkeiten, die sich aus dem vermeintlichen finanziellen Füllhorn, was nun Jahr für Jahr über Ingersleben ausgekehrt werden könnte, ergeben.
Nur, sehr geehrte Damen und Herren, es droht eine bittere Enttäuschung. Sie haben es gehört und der Minister hat bestätigt, dass der Bund beabsichtigt, jährlich 400 000 € zu überweisen. Das Gesetz wird festlegen, dass diese Mittel nicht angetastet werden dürfen, dass sie also „ungeschmälert“ bleiben müssen. Das steht in § 4 Abs. 2.
So wird es dauern, bis aus einem Stiftungskapital tatsächlich Erträge zur Verfügung stehen. Nun wird die Niedrigzinspolitik in 100 Jahren vielleicht zu Ende sein. Aber wenn wir 100 Jahre und 400 000 € pro Jahr annehmen, können wir uns ausrechnen, wann eventuell wirklich Erträge fließen, die dann zur Verfügung stehen. Das ist den Leuten vor Ort so nicht bekannt. Ich habe einfach die große Sorge, dass Enttäuschung eintritt.
Das ist ganz gefährlich. Sie wissen, dass Menschen, die enttäuscht werden, böse und schlechtestenfalls wütend werden. So.
Nur, ich habe die große Sorge, dass ich eine finanzielle Wirkung dieses Gesetzes zu meinen Lebzeiten nicht mehr erlebe, wenn es nicht zu erheblichen Zustiftungen kommt oder der Bund sich außerstande sieht, seine jährlichen Zuwendungen erheblich zu erweitern. Dabei geht es nicht um mich. Dabei geht es um die Leute vor Ort. Das muss uns bewusst sein. Ich möchte auch mit Blick auf die Stiftung für die Asse auch keinen Neid schüren. Da waren andere Beträge im Spiel. Aber das sollte irgendwo die Orientierung sein.
Und wir sollten daran arbeiten, gegenüber dem Bund darauf hinzuwirken - Sie sehen, Frau Präsidentin, ich werde jetzt konstruktiv -, dass wir für die Menschen vor Ort wirklich etwas erreichen.
- Guido, in 100 Jahren sehen wir uns beide wieder. Ich meine, du wirst unten sitzen und ich bin dann oben. Dann werden wir sehen, was dabei herausgekommen ist.
Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Henke für den Redebeitrag. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Meister das Wort. Herr Meister, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Erfreulich ist es, dass die Landesregierung nach der Bereitstellung der Mittel für einen Morsleben-Fonds zügig nun die Umsetzung vorlegt. Aus dem Bundeshaushalt werden dafür in den kommenden Jahren jeweils 400 000 € bis zu einem Höchstbetrag von insgesamt 1,6 Millionen € bereitgestellt. Die Errichtung einer staatlichen Stiftung des öffentlichen Rechts „Zukunftsfonds Morsleben“ ist eine zwingende Bedingung, damit wir die Bundesgelder vor Ort tatsächlich
Mit dem Stiftungsfonds können Projekte angeschoben werden, die die Entwicklung der Region unterstützen. Sinnvoll erscheint mir zum Beispiel der Vorschlag des Landkreises zum Bau eines Radweges entlang der B 1 zwischen Morsleben und Helmstedt. Aber auch Tourismusförderung, Stärkung des bürgschaftlichen Engagements etc. wären sinnvoll. Beim Vergleich der Summe des Fonds und der Kosten, die beispielsweise der Bau eines solchen Radweges erfordern würde, wird deutlich, dass der Fonds tatsächlich sehr klein bemessen ist und hier erst mal nur anschiebend wirken kann.
Der Fonds soll dazu beitragen, die strukturellen Nachteile des Standortes infolge der Nutzung als unterirdische Atommüllkippe abzufedern. Gerade im Hinblick auf den strahlenden Grund des Morsleben-Fonds ist das Stiftungskapital ausgesprochen gering. Hinzu kommt, dass die erst im Bundeshaushalt 2020 vorgesehenen Summen für den „Zukunftsfonds Morsleben“ nur die Hälfte des Volumens des Asse-Fonds und noch weniger im Vergleich zum Schacht Konrad betragen. Das sind die anderen Standorte mit ähnlichen Problemen.
Das sehr kleine Volumen wird es schwierig machen, den Fonds sinnvoll zu bewirtschaften und Projekte sinnvoll zu fördern. Herr Henke ist völlig korrekt darauf eingegangen. Insofern meine ich, der Bund kommt seiner Verantwortung für das Atommüll-Endlager im Vergleich zu den anderen Fällen nicht gleichwertig nach, und das auch noch um Jahre verspätet. Diese Ungleichbehandlung ist nicht nachzuvollziehen und sie müsste verbessert werden.
Die Nachteile sind übrigens auch mit Blick auf die neuere gesamtdeutsche Geschichte nicht nachvollziehbar. Rund 60 % des eingelagerten Atommülls sind nach der Wiedervereinigung eingelagert worden. Insbesondere im Zeitraum von 1994 bis 1998 ist die Einlagerung gegen alle objektiven Sicherheitsbedenken, die damals schon bestanden haben, wieder aufgenommen worden. Die Bundesregierung in der Person der damaligen Umweltministerin Angela Merkel hat den Einlagerungsstopp der damaligen grünen Landesumweltministerin Sachsen-Anhalts Heidrun Heidecke augehoben und negierte jegliche Gefahren, die vom Endlager ausgehen.
Anstatt das Endlager stillzulegen, ist damals mit der Einlagerung weiterer atomarer Abfälle die Hypothek dieser Risikoanlage noch erhöht worden. Die Planungen sahen sogar einen Betrieb des Endlagers bis zum Jahr 2005 vor. Dieses Handeln wurde im Jahr 1998 gerichtlich gestoppt.
Ich möchte jetzt nicht wieder die alten Schlachten schlagen, die wir in der Vergangenheit gefochten haben. Die sind ausgekämpft. Aber wir müssen uns tatsächlich Gedanken darüber machen, wie wir den Morsleben-Fonds auf einen vernünftigen Weg kriegen. Heute erfolgt der erste Schritt. Aber über die Summe, die da eingestellt wird, müssen wir tatsächlich reden. Da sehe ich den Bund in der Verpflichtung.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Meister für den Redebeitrag. - Für die CDU hat jetzt Herr Heuer das Wort. Herr Heuer, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! In den Gruben Marie und Bartensleben, die das heutige Endlager Morsleben bilden, wurden bis zum Jahr 1998 radioaktive Abfälle eingelagert. Im Jahr 2001 verzichtete die zuständige Behörde unwiderruflich auf die Annahme und Endlagerung weiterer radioaktiver Abfälle.
Im Endlager sind knapp 37 000 m³ schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus Kernkraftwerken, Industrie und Forschungseinrichtungen, Landessammelstellen und sonstigen Anwendern endgelagert. Das mit der Umgebungsüberwachung betraute Landesamt für Umweltschutz hat keine erhöhten Radioaktivitätswerte aufgrund des Betriebes des Endlagers feststellen können.
Unabhängig von allen Fragen der Stilllegung stellt die Schachtanlage für die Bevölkerung in ihrem Umfeld jetzt und in Zukunft eine spürbare Belastung dar. Hinzu kommen wirtschaftliche Auswirkungen wie beispielsweise eine erhöhte Wegzugneigung, sinkende Immobilienpreise und negative Effekte etwa im Fremdenverkehr infolge eines erheblichen Imageschadens der Region.
Die Initiative, dass die mit dem Endlager verbundenen Belastungen finanziell ausgeglichen werden müssen, ist vom kommunalen Bereich ausgegangen. Es gab unzählige Gespräche zwischen
den kommunalen Akteuren und dem für Umwelt und nukleare Sicherheit zuständigen Bundesministerium mit der Zielrichtung, ähnlich wie beim Asse-Fonds jährliche Zuweisungen im Bundeshaushalt zu veranschlagen.
Unser Dank gilt all denjenigen, die sich wie unser Landrat Martin Stichnoth, Bürgermeister Thomas Crakau und Herr Kollege Frank Oesterhelweg aus Niedersachsen engagiert für die Sache eingebracht haben. Auch Mitglieder dieses Hauses, wie unsere Landtagspräsidentin, und Mitglieder der Landesregierung haben sich auf der Bundesebene für entsprechende Unterstützung in den Haushaltsberatungen eingesetzt. Wir alle sind positiv überrascht, dass nunmehr im Bundeshaushalt 2020 ein finanzieller Ausgleich für die Belastungen der Menschen in der Region um Morsleben zur Verfügung gestellt worden ist.
Es ist für mich aber nicht nachvollziehbar, warum es eine Unwucht zwischen Morsleben und den beiden Endlagern auf der anderen Seite der früheren DDR-Grenze gibt.
Für die Region um das Endlager Asse zahlt der Bund bis zum Jahr 2032 jährlich 3 Millionen €. Für den Schacht Konrad bei Salzgitter, wo nachweislich noch nichts eingelagert wurde, werden jährlich 700 000 € gezahlt. Die Ungleichbehandlung ist für mich aus dem Grund nicht nachvollziehbar, dass der größte Teil der in Morsleben eingelagerten Abfälle aus westdeutschen Kernkraftwerken stammt.
Die Höhe der Zahlungen muss daher bei den nächsten Haushaltsberatungen im Bund neu verhandelt werden. Dabei geht es dann nicht nur um die Höhe der Zahlungen, sondern auch um die Laufzeit, weil die Zahlungen für Morsleben erst einmal bis zum Jahr 2023 befristet sind.
Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf zur Errichtung einer staatlichen Stiftung öffentlichen Rechts „Zukunftsfonds Morsleben“ soll den rechtlichen Rahmen bieten, um es dem Bund zu ermöglichen, aus dem Bundeshaushalt die Haushaltsmittel als Nachteilsausgleich für die mit der Einlagerung von schwach- bis mittelradioaktivem Müll verbundenen Belastungen einzusetzen.
Um mit diesen Mitteln einen dauerhaften Mehrwert erzielen zu können, sollen sie vor Ort in die regionale Landesentwicklung investiert werden. Mit der Schaffung einer staatlichen Stiftung des öffentlichen Rechts als Träger des Zukunftsfonds ist es ohne Weiteres möglich, neben den Vertretern der öffentlichen Hand wie Bund, Land und Kommunen auch Bürger und Vertreter der regionalen Wirtschaft und der Wohlfahrtspflege in die Entscheidungen über Projekte einzubeziehen.
Welcher Erfolge letztendlich mit Projekten als Belastungsausgleich erzielt werden können, wird maßgeblich von den Handelnden vor Ort abhängen. Es wäre meiner Auffassung nach natürlich richtig, die Bereiche Infrastruktur, Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Mobilität besonders zu fördern. Der Zukunftsfonds wird ein Erfolg. Davon bin ich überzeugt.
Abschließend bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um die Überweisung in den Innenausschuss. - Vielen Dank.