Protocol of the Session on December 19, 2019

Die Diskussion darüber, ob Kommunen bei der Vergabe reiner Aufsuchungskonzessionen für bergfreie Bodenschätze vorab zu informieren oder zu beteiligen sind, wurde hier in der Vergangenheit - damals gehörte ich diesem Hohen Hause noch nicht an - umfassend geführt, und zwar durch Kleine Anfragen, etwa in Sachen Kunrau - Kleine Anfrage in der Drs. 6/8649 -, und auch durch ein Schreiben meines Vorgängers Möllring an den Landrat Ziche im Jahr 2015.

Ich erinnere dazu an die Erlaubnisfelder Harz-Börde im Jahre 2010 und Kunrau im Jahr 2013. Bereits in diesem Zusammenhang wurde seinerzeit dargelegt: Durch die Beteiligung des Landkreises bzw. der Landkreise soll gewährleistet werden, dass Informationen zum Vorhaben auch an die betroffenen Gemeinden gelangen können.

Die Landkreise haben sich in dem vorliegenden Fall dagegen entschieden; das muss man zunächst so hinnehmen. Das LAGB hat aber auch von sich aus geprüft, ob die Gemeinden unmittelbar durch das LAGB informiert werden sollten, und sie teilten mir dazu mit, dass sie dies aus folgenden Gründen verworfen haben: Zum einen finden sich in dem Erlaubnisantrag keine konkreten Hinweise darauf, dass die Planungshoheit einzelner Gemeinden betroffen sein könnte, etwa durch Angaben zu möglichen Ansatzpunkten für eine Erkundungsbohrung, und zum anderen haben die genannten Vorhaben aus der Vergangenheit gezeigt - das gehört zu der ganzen Geschichte -, dass die Lizenzen zur Erkundung bereits nach der Recherche in den Archivunterlagen des LAGB zurückgeben wurden.

Insofern bitte ich um Verständnis dafür, dass ich die Aufregung um eine unterlassene Information der Gemeinden nicht ganz teilen kann. Selbstverständlich gilt: Die Gemeinden werden immer dann umfassend informiert und beteiligt, wenn sie auch unmittelbar betroffen sind.

Noch etwas zu der Geschichte, wie das eigentlich bekannt geworden ist. Meine Damen und Herren! Das Bergamt hat seinerseits für Transparenz gesorgt; es hat den Erlaubnisbescheid nämlich unmittelbar nach der Bekanntgabe gegenüber dem

Antragsteller auf seiner eigenen Internetseite der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Zusammenfassend darf man also feststellen: Das LAGB hat das Verfahren nach den §§ 6 bis 23 des Bundesberggesetzes ordnungsgemäß durchgeführt. Dementsprechend ist nach unserer Prüfung die Konzession rechtmäßig ergangen. - Meine Damen und Herren! Das sind die Fakten zu dem ganz konkreten Anliegen.

Nun aber zu den weiteren Ausführungen in Ihrem Antrag. Die potenziellen Gefahren der Erdöl- und Erdgasgewinnung, vor denen Sie warnen, lassen sich nicht leugnen. Nur, wir können nicht ständig den früheren Stand der Technik mit dem der heutigen zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen vergleichen.

(Zustimmung von Bernhard Daldrup, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

Meine Damen und Herren! Es gibt auch hierbei eine gewisse Dynamik und ein signifikant höheres Sicherheitsniveau als bei der Erdgasgewinnung zu DDR-Zeiten. Den meisten wird sicherlich noch die Fracking-Gesetzgebung aus dem Jahr 2016 in Erinnerung sein. Damals wurde ein ganzes Paket zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften verabschiedet, um eine Vielzahl bergrechtlicher Regelungen in verschiedenen Verordnungen auf aktuelle Umweltstandards zu bringen. Es ist nicht so, dass dort noch uraltes Bergrecht gilt, mit einem sehr eingegrenzten Rohstoffprivileg, auf das Sie abgestellt haben. Im Kern ging es um Untersagung und Risikominimierung bei dem Verfahren der Fracking-Technologie, aber eben auch des konventionellen Bohrlochbergbaus.

Meine Damen und Herren! Es ist insoweit sichergestellt, dass aktuelle Umweltstandards bei heutigen Aufsuchungs- und Gewinnungsvorhaben Anwendung finden.

Natürlich kann man auch klimapolitische Aspekte einbringen. Ich sage Ihnen das ganz offen: Ich persönlich halte das für einen durchaus nennenswerten und erwähnenswerten Aspekt. Nur, er ist im Moment nicht maßgeblich für die Verwaltung, die an Recht und Gesetz gebunden ist. Das muss für uns als Landtag auch eine wichtige Maxime sein. Wir können nicht unserer eigenen Verwaltung in den Rücken fallen, wenn sie das tut, was sie von Rechts wegen tun soll, nämlich das Recht anwenden. Die Gesetzesbindung der Verwaltung ist ein hohes Gut. Wir sollten es nicht immer wieder infrage stellen.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Bei dieser Entscheidung und bei der aktuellen Rechtslage - insoweit, Herr Höppner, haben Sie

es angedeutet - hatte die Bergbehörde in concreto keinen Ermessensspielraum. Auch darf sie dabei keine politischen Kriterien einbeziehen, etwa die Frage, ob etwas zeitgemäß oder wünschenswert ist. Insoweit bitte ich hier um Verständnis für die Entscheidung des LAGB, das in dem konkreten Fall an das Bundesberggesetz gebunden ist.

Ich möchte noch etwas erwähnen, weil auch das einmal gesagt gehört. Meine Damen und Herren! Es besteht auch kein Anlass, die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bergbehörde öffentlich zu diskreditieren, wie man dies gelegentlich lesen kann. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen nicht zur Besinnung kommen, wie ich es gelesen habe, weil sie ihr Amt - früher hätte man gesagt, ihre Pflicht - ordnungsgemäß wahrnehmen. Wir müssen nun einmal genau das von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der öffentlichen Verwaltung erwarten: ohne Ansehen der Person, ohne eine persönliche Bewertung in Anwendung des geltenden Rechtes zu einer Entscheidung zu kommen.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, von Bernhard Daldrup, CDU, von Siegfried Borgwardt, CDU, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Das, meine Damen und Herren, geschieht im LAGB und dafür kann ich nur dankbar sein. Wir sollten froh darüber sein, dass es so ist.

Meine Damen und Herren! Wir nehmen die möglichen Ängste und Sorgen der Bevölkerung selbstverständlich ernst. Aber wir sollten keine Geschichte aufbauschen, die zum jetzigen Zeitpunkt des Aufbauschens nicht bedarf. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Bernhard Daldrup, CDU)

Herr Minister, es gibt mehrere Fragen. - Herr Hövelmann als Erster. Herr Hövelmann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Willingmann, herzlichen Dank für die Klarstellung und auch für die Darlegung dessen, was bisher der Rahmen für die Entscheidung war. Daran schließt meine Frage an.

Ich halte es - vielleicht liege ich damit nicht richtig, deshalb möchte ich Sie nach Ihrer Meinung fragen - durchaus für bedenklich, dass irgendjemand - das meine ich jetzt überhaupt nicht negativ -, irgendeine Firma, irgendjemand, der ein wirtschaftliches Interesse an Bodenschätzen in Sachsen-Anhalt hat, einen Antrag stellen kann, und,

wenn dem förmlich nichts entgegensteht, einen Anspruch darauf hat, dass ihm dieser Antrag genehmigt wird. Halten Sie angesichts der aktuellen Diskussion, zu der Sie eben auch ausgeführt haben, das Bundesberggesetz an der Stelle für noch zeitgemäß? Oder gibt es dort Änderungsbedarf?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Darauf will ich gern antworten. Selbstverständlich besteht eine hohe Dynamik auch bei bundesrechtlicher Normensetzung und selbstverständlich

müssen wir unter den aktuellen Gesichtspunkten über eine Änderung solcher Rechtsregelungen reden. Ich bitte aber darum, zwei Dinge zu bedenken. Auf der einen Seite ist uns als Industrienation Nr. 4 auf der Welt sehr daran gelegen, dass wir in unserem Lande auch Rohstoffe nutzen und nutzen können.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Bernhard Daldrup, CDU)

Dass man dabei die Prüfverfahren möglicherweise verschärft, dagegen ist prinzipiell überhaupt nichts zu sagen. Das muss politisch entschieden werden. Aber im Moment steht in Rede, ob das Landesbergamt korrekt gehandelt hat - und das hat es in Anwendung des geltenden Rechtes nach meiner Auffassung uneingeschränkt.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Bernhard Daldrup, CDU)

Frau Frederking, jetzt haben Sie das Wort.

Herr Minister, auch wenn das Landesbergamt nach Recht und Gesetz gehandelt hat, kann man dennoch - zumindest sehe ich das so - die Empörung der örtlichen Bevölkerung und der betroffenen Gemeinden und Städte darüber verstehen, dass sie auch in dem Verfahren der Aufsuchungserlaubnis nicht beteiligt wurden.

Meine Frage ist: Ist Ihnen bekannt, dass es in anderen Bundesländern bereits Erlasse der Ministerien gibt, die bei den Landesbergbehörden durchgesetzt haben, dass die betroffenen Gemeinden auch bereits in dem Verfahren für die Erlaubnis zur Aufsuchung beteiligt werden? Wäre das nicht auch ein Weg, um für mehr Frieden in SachsenAnhalt zu sorgen?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Frederking, für Frieden sorgen wir dann, wenn wir Dinge nicht unnötig dramatisieren. Ich halte es für richtig - selbstverständlich, das müssen Sie mich nicht fragen -, Bürger angemessen zu beteiligen. Aber ich halte es für zwingend, dass wir dafür den vorhandenen Rechtsrahmen nutzen. Das LAGB geht davon aus, dass es in Anwendung des geltenden Rechtes keine andere Option hatte.

Lassen Sie uns politisch - der Antrag wird ja offenbar überwiesen werden - darüber diskutieren, ob wir unterschwellig in irgendeiner Weise Einfluss darauf haben. Aber wir sollten nicht so tun, als könnten wir eine bundesrechtliche Regelung von Magdeburg aus verändern,

(Zustimmung von Bernhard Daldrup, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

jedenfalls nicht durch ein einfaches Schreiben des Ministers. Deshalb - mit allem Respekt -: Wir können und wir sollten darüber diskutieren, was dort rechtlich zulässig sein mag, da bin ich gern dabei. Nach jetzigem Verständnis und in Anwendung des Bergrechtes war kein anderes Verfahren möglich.

Herr Gallert, jetzt haben Sie das Wort.

Herr Minister, wir befinden uns hier in einem Landesparlament. Auch die Landesregierung ist in der Lage, Gesetzentwürfe einzubringen. Die Landesregierung ist auch in der Lage, auf der Bundesebene für die Änderung von Bundesgesetzen einzutreten. Sie sind Chef einer Verwaltung, aber Sie sind auch Politiker. Deswegen noch einmal die Frage, ob denn die Dinge so, wie sie jetzt laufen, noch zeitgemäß sind.

Ich möchte Ihnen kurz ein Beispiel geben. Ich habe eben noch mit dem Verbandsgemeindebürgermeister von Seehausen telefoniert. Er hat mir ganz klar gesagt: Ich habe bis heute keinerlei Information darüber, welche Dinge dort wirklich passieren; ich erfahre nur durch Zufall, durch die BI, welche Ortsteile bei mir in der Verbandsgemeinde davon betroffen sind.

Das sind zumindest Dinge, bei denen ich mir die Frage stelle: Gibt es denn ein Gesetz dagegen, dass eine Landesbehörde, die eine Genehmigung erteilt, zumindest die kommunale Ebene in dieser Art und Weise sofort mit unterrichtet?

Denn, Herr Willingmann, das Problem besteht doch darin: Wir haben dort oben einen Erfahrungshintergrund. In dem Augenblick, in dem die

Leute den Eindruck haben, man verheimlicht ihnen etwas, geht die Welle erst richtig los.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Das ist genau das, was ich vorhin schon gesagt habe! Das ist das, was ich auch im Ausschuss ge- sagt habe!)

Das hätte man anders machen können, auch mit der eigenen Bergbehörde.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, jetzt haben Sie wieder das Wort.

Herr Abg. Gallert,

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Kein proakti- ves Handeln! Das ist nervig!)

- ach, Herr Lange - zu Recht würden Sie kritisieren, wenn hier ein Beteiligungsfehler passiert wäre. Aber ich habe Ihnen vorhin die beteiligten Institutionen aufgezählt. Von der kommunalen Ebene waren das immerhin die Landkreise. Denen steht es völlig frei, ihre Gemeinden zu unterrichten.