Protocol of the Session on October 25, 2019

Stattdessen aber wirft die Schulverwaltung ihnen einen Knüppel zwischen die Beine, indem sie sich auf eine grob falsche Rechtsauffassung zurückzieht. Dieses Agieren einer Regierungsbehörde ist ungeheuerlich und das muss der Landtag verurteilen.

(Zustimmung bei der AfD)

Fakt ist, wenn sich die aktuellen Bevölkerungsprognosen bewahrheiten und die aktuell geltenden Regelungen zur Bestandsgefährdung von Schulen so beibehalten werden, werden in den nächsten zehn Jahren allein im Saalekreis 23 von aktuell 42 Grundschulen als bestandsgefährdet gelten. In vielen anderen Landkreisen wird es nicht anders sein. Wenn wir nicht wollen, dass Siersleben bald überall ist, dann müssen wir jetzt handeln und das Regelwerk lockern. Siersleben ist der Vorbote einer Schulschließungswelle, die sich langsam, aber gewaltig aufbaut.

Und was macht die Kenia-Koalition? - Die KeniaKoalition brüstet sich damit, dass in den vergangenen drei Jahren keine Schule geschlossen wurde. Das ist die Vollendung der Kunst, den Kopf in den Sand zu stecken.

(Zustimmung bei der AfD)

Es mag ja sein, dass in den letzten drei Jahren keine Schule geschlossen wurde. Aber das liegt doch nur daran, dass Sie in den Jahren davor so viele Schulen geschlossen haben, dass Sie auch mal eine Pause einlegen mussten. Was ist das überhaupt für eine Politik, die sich darauf ausruht, in einem vergangenen Zeitraum keine Schule geschlossen zu haben?

Der Anspruch der AfD ist jedenfalls, dass auch in den kommenden drei Jahren - und nicht nur in drei, sondern auch in zehn, in 30 Jahren - in Sachsen-Anhalt keine Schule mehr geschlossen wird.

(Zustimmung bei der AfD)

Deshalb appelliere ich an alle in diesem Haus: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Anders als beim Lehrermangel, bei dem mit Geld allein noch nicht viel ausgerichtet ist, weil es auf dem Markt nicht

genug gute Lehrer gibt, können wir Schulschließungen mit ein wenig Entbürokratisierung und ein wenig mehr Geld verhindern.

Vor allem aber appelliere ich diesmal an die LINKEN, die auch die Bürgerinitiative in Siersleben unterstützen und sich für den Erhalt der Schulen einsetzen. Wir sollten in dieser Sache das Kriegsbeil einmal nicht ausgraben. Wir werden deshalb Ihrem Alternativantrag zustimmen. Er geht zwar nicht weit genug, ist aber ein Schritt in die richtige Richtung.

Ich würde mich aber freuen, wenn Sie im Gegenzug unserem Antrag zustimmen könnten. Ich habe, um Ihnen die Zustimmung möglich zu machen, auf Ausführungen zu den weltanschaulichen Hintergründen gänzlich verzichtet. Die Frage eignet sich dafür auch nicht. Unser Antrag ist bewusst so formuliert worden, dass auch die Kollegen von der LINKEN zustimmen können. Wenn es Ihnen ernst damit ist, wenn Sie den Familien auf dem Land wirklich helfen wollen, dann können Sie unserem Antrag die Zustimmung nicht versagen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Dr. Tillschneider für die Einbringung des Antrages. - Für die Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Tullner das Wort. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu meinem eigentlichen Redebeitrag komme, kann ich mir eine Bemerkung nicht ersparen. Lieber Herr Tillschneider, wenn Sie hier mal eben so leichtfertig vom Pult aus verkünden, Sie wollten Schulen für die nächsten 30 Jahre festschreiben, dann muss ich sagen: Solche Ziele kann man haben, aber die sind einfach abenteuerlich und frei von jeder Substanz. Am Ende ist eine Schule für Kinder da. Wenn Sie heute schon wissen, wie sich die Bevölkerungsprognosen in 30 Jahren entwickeln,

(Zustimmung bei der CDU)

dann haben Sie da einen Wissensvorsprung. Aber ich unterstelle einmal, Sie haben den nicht, sondern Sie bringen hier eine Plattitüde vor und wollen die Fama aufbauen, Sie oder Ihre Fraktion seien die Retter des ländlichen Raumes.

In dieser Frage bedarf es Ihrer Fraktion nicht. Der ländliche Raum ist nicht nur bei der CDU, aber doch gerade bei der CDU und auch bei der KeniaKoalition fest im Blick. Da müssen Sie uns hier

keine Belehrungen oder Nachhilfeangebote machen.

(Zurufe von der AfD)

Die sind fade, öde und am Ende auch falsch, meine Damen und Herren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt komme ich zum Kern der Sache. Die Landesregierung tritt für ein stabiles Schulnetz ein. Unser Ziel sind langfristig bestandsfähige Schulen. Ein möglichst dichtes Grundschulnetz mit kurzen Wegen für kurze Beine zu erhalten ist auch mein Ziel.

Dies ist mit der Möglichkeit zur Bildung von Grundschulverbünden gelungen - das hat Herr Tillschneider richtigerweise auch angesprochen -; denn im Gegensatz zur bisher nur für den ländlichen Raum geltenden Ausnahmeregelung im Sinne des § 4 Abs. 2 der Verordnung über die Schulentwicklungsplanung stellt die Einrichtung von Grundschulverbünden eine deutlich flexiblere Lösung dar. So ist es Schulträgern möglich, Schulstandorte zu sichern, an denen weniger als 52 Kinder beschult werden.

Meine Damen und Herren! Es gibt aber auch Grenzen. Schulstandorte, an denen eine sinnvolle Unterrichtsorganisation nicht möglich ist und damit die Unterrichtsqualität nicht gewährleistet werden kann, sind auf Dauer nicht tragfähig. Das, Herr Tillschneider, ist der Kern. Am Ende ist die Schule nicht dazu da, da ein Gebäude vorzuhalten, vielmehr sollen die Kinder dort etwas lernen. Wir brauchen Lehrer und wir brauchen eine vernünftige Schulorganisation. Diesen Aspekt haben Sie völlig ausgeblendet.

(Zustimmung bei der CDU)

Die geltenden Mindestschülerzahlen für Grundschulen herabzusetzen, wie es im Antrag gefordert wird, würden dem Ziel, einen qualitativ hochwertigen Unterricht anzubieten, entgegenstehen. Wie Ihnen bekannt ist, besteht zwischen den zur Verfügung stehenden Lehrerwochenstunden und der Anzahl der zu beschulenden Kinder an einer Schule ein proportionaler Zusammenhang. Somit stünden den geforderten Kleinstschulen auch weniger Lehrer zur Verfügung.

An Kleinstschulen ist die Unterrichtsversorgung besonders gefährdet, wenn Lehrkräfte krankheitsbedingt ausfallen. Der Unterricht kann dann nur mit jahrgangsübergreifender Klassen- und Lerngruppenbildung abgesichert werden. Nach den Regelungen der Schulentwicklungsplanungsverordnung - ich erinnere mich an den Kollegen Gallert und spreche das jetzt immer aus, damit der Bürger draußen dann nicht allzu sehr mit Abkürzungen konfrontiert wird - und des Unterrichtsorganisationserlasses ist eine auskömmliche Stundenzuweisung für eine eigenständige Grundschu

le erst dann gegeben, wenn an einem Schulstandort mindestens 60 Schüler beschult werden.

Das Ministerium für Bildung ist bereit und daran interessiert, auf der Grundlage des § 11 des Schulgesetzes einzelne Vorhaben zur Weiterentwicklung der Grundschulen und zur Erprobung neuer pädagogischer Konzepte im Rahmen eines Modellversuches zu genehmigen. Die Führung eines Grundschulverbundes mit zwei Teilstandorten könnte beispielsweise ab dem Schuljahr 2020/ 2021 im Wege eines Schulversuches erprobt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Anlass für die heutige Debatte ist die Entscheidung der Stadt Gerbstedt, zum Schuljahr 2020/2021 die Grundschule im Ortsteil Siersleben und zum Schuljahr 2022/2023 die Grundschule im Ortsteil Heiligenthal zu schließen und die Schüler der Grundschule in Gerbstedt zuzuweisen, weil diese beiden Grundschulen in den kommenden Jahren die vorgeschriebene Mindestgröße von 60 Schülern nicht erreichen.

Die Einheitsgemeinde Stadt Gerbstedt hat ihre Entscheidung nicht leichtfertig getroffen und alle rechtlichen Möglichkeiten und Interessenlagen in ihren Entscheidungsprozess eingebunden. Innerhalb der Gemeinde wurden viele Gespräche geführt. Begleitet wurde dieser Prozess von Kleinen Anfragen und von einer Petition, die meines Wissens in der letzten Woche im Petitionsausschuss behandelt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der AfD erwähnt die vom Landkreis Mansfeld-Südharz bevorzugte Schulträgervereinbarung zwischen

Lutherstadt Eisleben und der Einheitsgemeinde Gerbstedt zur Rettung der Grundschule in Siersleben unter Verzicht auf wechselseitige Gastschulbeiträge. Vereinbarungen zwischen Schulträgern gemäß § 66 Abs. 2 des Schulgesetzes bedürfen der Zustimmung der Schulbehörde. Diese müssen mit der Schulentwicklungsplanung vereinbar sein.

Dieser Punkt ist für Siersleben aber nicht relevant. Hier geht es vor allem zur dauerhaften Sicherung des Standortes um einen gemeindeübergreifenden Schulbezirk. Nur dann hätte der Standort eine langfristige Perspektive in der Schulentwicklungsplanung. Hier greift dann allerdings § 70 Abs. 4 des Schutzgesetzes. Dieser definiert, wann eine Vereinbarung zur Beschulung von Kindern, die nicht in der Schulträgergemeinde wohnen, abzuschließen ist.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Nein, der greift nicht!)

- Wir können das in der Debatte gleich vertiefen. Aber ich bitte darum, dass man mich hier ausreden lässt, Kollege Lippmann.

Der gegenseitige Verzicht auf Beiträge in einer Schulträgervereinbarung ist gemäß § 70 Abs. 5 des Schulgesetzes zwar grundsätzlich möglich, der angedachte einseitige Verzicht auf Gastschulbeiträge dürfte aufgrund der Haushaltskonsolidierung der Gemeinde Gerbstedt und der Lutherstadt Eisleben aber der oberen Kommunalaufsichtsbehörde nicht gefallen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stadt- und Gemeinderäte machen es sich bei der Entscheidung, einen Schulstandort aufzugeben, alles andere als leicht, zumal die Aufhebung einer Schule, insbesondere einer Grundschule, ein sehr emotionales Thema ist. Einer besonderen Ermutigung der Entscheidungsträger vor Ort bedarf es nicht. - Vielen Dank.

Herr Minister, es gibt drei Wortmeldungen. - Als Erster ist Herr Roi an der Reihe. Herr Roi, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Mir war erst nicht klar, ob Sie jetzt für die CDU-Fraktion sprechen oder als Minister, weil Sie die Behauptung aufgestellt haben, die CDU hat den ländlichen Raum im Blick.

Ich will Sie nur darauf hinweisen, dass die CDU dort die Abwicklung der Grundschulstruktur mitbeschlossen hat. Das hat ja mein Kollege Tillschneider deutlich gesagt. Ich konnte auch nicht erkennen, dass irgendein Abgeordneter der CDU sich besonders dadurch hervorgetan hätte, dass er sich für die Grundschule in Siersleben eingesetzt hätte.

Wir als Abgeordnete der AfD, ich und mein Kollege Gehlmann, der aus dieser Region kommt, haben eine Kleine Anfrage in der Drs. 7/4337 schon am 9. Mai 2019 an Ihr Haus gerichtet. Ich will auf Frage 11 hinweisen. Da haben wir Sie gefragt, ob es zukünftig Möglichkeiten der Förderung von Grundschulen gibt, die in einem Grundschulverbund sind, da es in Gerbstedt vor allen Dingen darum geht, dass wir einen großen Investitionsstau in den Schulen haben. Da haben Sie geantwortet - ich zitiere aus der Antwort zu Frage 11 -:

„Ein gesondertes Förderprogramm zur Sanierung der Infrastruktur von Grundschulverbünden ist nicht vorgesehen.“

Das ist also der Plan der Kenia-Koalition, was die Infrastruktur von Grundschulverbünden angeht. Sie haben es nicht vorgesehen. Ich frage Sie jetzt einfach, weil ich es wissen möchte und es auch viele Eltern im ländlichen Raum wissen wollen: Warum ist ein solches Förderprogramm nicht

vorgesehen? Können Sie mir das erklären? - Danke.

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Lieber Kollege Roi, ich versuche es einmal. Erst einmal hoffe ich, dass es Ihnen nicht verborgen geblieben ist, dass ich Mitglied der CDU-Fraktion bin. Ansonsten könnte da ein Blick in das Handbuch des Landtages sicherlich helfen, sodass ich Ihre erste Einlassung nicht so richtig nachvollzogen habe.

Zu dem anderen Punkt: Wenn Sie sich den vorliegenden Haushalt zu Gemüte führen und den Doppelhaushalt, der davor gelaufen ist, dann könnten Sie feststellen - vielleicht erinnern Sie sich auch daran -, dass wir Dank der Hilfe des Bundes ein Schulbauprogramm im Haushalt implementiert haben, dass von meinem Haus administriert wird, das alle Schulformen einschließt und keine Schulform ausschließt. Es schließt auch keinen Grundschulverbund aus, sodass Sie sehen können, dass die Kenia-Koalition an dieser Stelle mithilfe des Bundes nicht nur ankündigt, sondern auch handelt. Das Programm läuft im Übrigen sehr gut und die Mittel fließen auch gut ab.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Herr Dr. Tillschneider, Sie haben eine Nachfrage?