Und offenbar waren am Schluss oder in irgendeinem Bereich, den er weder einsehen noch einhören konnte, möglicherweise Provokateure dabei, möglicherweise auch Nazis, wer auch immer.
Wenn er solche Redewendungen gehört hätte, dann hätte er sich unverzüglich aus diesem Aufzug entfernt.
Ihm können Sie auf keinen Fall Ausländerfeindlichkeit vorwerfen. Sie können ihm keinen Antisemitismus vorwerfen.
Und er macht sich auch nicht mitschuldig an irgendwelchen israelfeindlichen Agitationen. Also, ich bitte Sie, an dieser Stelle nicht weiter darauf abzustellen. Herr Donatus Schmidt ist an dieser Situation, die in Halle durch irgendeine Person eingetreten ist, die auch die Polizei niemals auf dem Bildschirm hatte, völlig unschuldig. Er macht sich da nicht mitschuldig.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Abg. Herr Striegel das Wort. Herr Striegel, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein rechter Terroranschlag, wie ihn die Menschen in Halle am 9. Oktober erlitten haben, muss Konsequenzen haben. Denn Trauern und Gedenken reichen nicht. Wut über das, was durch einen Antisemiten und Rassisten in Halle verursacht wurde, ist wichtig, greift aber zu kurz.
Es braucht die Übernahme politischer Verantwortung; nicht zwingend durch Rücktritte, sondern durch aktives Zurückkämpfen von demokratischem Terrain und durch entschiedenes Vorgehen gegen alle, die den Humus bilden, aus dem solch eine Tat erwachsen konnte.
Staat und Zivilgesellschaft müssen wehrhafter werden gegen diejenigen, die Demokratie und Menschenrechte bedrohen.
Ja, aus heutiger Sicht hätte die Synagoge in Halle, zumindest an einem hohen jüdischen Feiertag wie Jom Kippur, bei dem über viele Stunden die gesamte jüdische Gemeinde im Gotteshaus versammelt ist, durch die Polizei im Rahmen stetiger Polizeipräsenz bewacht werden sollen; denn Präsenz kann Täter abschrecken. Die Abwägungsentscheidungen, die von der Bundesebene über das Land bis hin zur kommunalen Ebene getroffen wurden, waren in diesem Fall unzureichend, weil sie die Gefahr rechten Terrors systematisch unterschätzten.
Der Anschlag von Halle erinnert uns deshalb in drastischer Form daran, dass - der Innenminister hat es gesagt - eine abstrakte Gefahr jederzeit sehr konkret werden kann.
Mit der Entscheidung, den Schutz für alle Synagogen und Moscheen des Landes zu verstärken, wurde sicherheitspolitisch ein erster richtiger Schritt gemacht. Die aktuellen Sicherheitsmaßnahmen sind nun kurzfristig in nachhaltig wirkende Schutzkonzepte für diese gefährdeten Gebetsorte weiterzuentwickeln.
Der antragstellenden Fraktion will ich dabei Folgendes sagen. Sie betonen hier regelmäßig - die Rücktrittsfolklore ist schon angesprochen worden - das Prinzip politischer Verantwortung, ein, ja, sehr wichtiges Prinzip im demokratischen Rechtsstaat. Aber wo ist denn Ihre politische Verantwortung angesichts des Terroranschlags von Halle zu sehen? Wann hält die AfD in Sachsen-Anhalt und in ganz Deutschland denn einmal selbstkritisch inne? Wann stellen Sie sich selbst die Frage, wo Sie zu einem Klima des Hasses und der Gewalt beigetragen haben, das in letzter Konsequenz eine solche Tat hervorbringt?
In Ihrer Welt der Hetze werden Juden doch nur durch von Migrantinnen und Migranten importierten Antisemitismus bedroht. Dass Antisemitismus ein integraler Teil der deutschen Gesellschaft und vor allem der rechten Szene ist, das ignorieren Sie.
Ich habe keine Hoffnung, dass Sie sich Ihrer Verantwortung stellen. Sie waschen Ihre Hände in Unschuld und bleiben, was Sie sind: rechte Hass
prediger. Sie tragen eine Mitschuld an dieser und an ungezählten anderen rechten Gewalttaten in Deutschland, und keine - keine! - aufgesetzte Unschuldsmine kann darüber hinwegtäuschen.
Ihr Antrag ist der erneute hilflose und peinliche Versuch, sich anheischig zu machen. Sie stellen sich verbal an die Seite des Judentums, aber es gibt Formen des Antisemitismus, die kommen ohne das Wort „Jude“ aus.
Björn Höcke schrieb in einem Text über - ich zitiere - den „internationalen Geldmarktkomplex mit seiner krakenhaften Machtstruktur“. Kein „Jude“ im Text und dennoch: Es handelt sich um Antisemitismus in Reinform. Es wird das uns allen von Karikaturen aus der Zeit des NS bekanntes Bild des Juden als Krake bedient, der mit seinen Banken die Welt beherrscht. Die wirkmächtige Verschwörungsideologie der „Protokolle der Weisen von Zion“ lässt grüßen.
Vergegenwärtigt man sich noch einmal kurz, dass dieser Mann nicht anderes als - ich zitiere wieder - eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert hat, besteht kein Zweifel mehr daran, welch Geistes Kind er ist.
Die Juden in diesem Land bedürfen der Heuchelei der AfD nicht. Ich will die Erklärung des Zentralrates und anderer jüdischer Organisationen zu Ihrer rechtsvölkischen und verfassungsfeindlichen Partei zitieren:
Die AfD vertritt keinesfalls die Interessen der jüdischen Gemeinschaft. Eine Partei, die außer Hass und Hetze keinerlei gangbare Lösungen für die aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft anzubieten hat, kann für niemanden eine Alternative sein. Kein Bürger unseres Landes, dem unsere Demokratie am Herzen liegt, kann sich mit dieser Partei identifizieren.
Den demokratischen Fraktionen im Hause obliegt nunmehr die Verantwortung, das Gift des Antisemitismus, den Hass und die Hetze wirklich zu bekämpfen - mit den Mitteln der Polizei, den Mitteln
der Bildung. Schnelle Erfolge werden wir dabei nicht erzielen, den Kampf aber, den nehmen wir auf, auch gegen den parlamentarischen Arm des Rechtsterrorismus. - Vielen herzlichen Dank.