Protocol of the Session on October 24, 2019

(Unruhe bei der AfD - Zuruf von André Poggenburg, fraktionslos - Zuruf: Mikrofon!)

Sie haben aber eben nicht nur gesagt: „wenn wir das US-amerikanische Waffenrecht hätten“, sondern Sie haben gesagt: „wenn wir das hätten, so wie es die AfD gefordert hat“ - und das ist der Fehler.

Sie haben vollkommen recht, auch damals habe ich die Initiative maßgeblich unterstützt. Daher weiß ich ganz genau, dass wir ganz klar formuliert haben: Nein, wir wollen nicht das enthemmte USamerikanische Waffenrecht. Wenn Sie das jetzt hier behaupten, ist es eine Falschbehauptung und dann haben Sie sich nicht damit beschäftigt und machen nichts anderes als linken Populismus. - Danke.

Herr Erben, Sie haben noch einmal das Wort.

Herr Poggenburg, ich empfehle Ihnen die Lektüre des Antrags Ihrer früheren Fraktion, insbesondere den Antrag zum Thema „Recht auf Selbstverteidigung“.

(André Poggenburg, fraktionslos: Ja! - Zuruf von Robert Farle, AfD)

Sie werden darin genau das finden, was Sie hier wollten. Dann empfehle ich Ihnen, zusätzlich die Redebeiträge von Herrn Lehmann zu diesem Thema und zu diesem Antrag zu lesen. Sie werden ganz schnell zum Ergebnis kommen.

(Zuruf von André Poggenburg, fraktionslos)

Möglicherweise haben Sie nicht „US-amerikanisch“ dort hineingeschrieben. Aber wenn Sie wissen, wie das US-amerikanische Waffenrecht aussieht, dann werden Sie schnell zu den Parallelen kommen.

(André Poggenburg, fraktionslos: Das ist viel weitergehend!)

- Sehen Sie.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Erben für den Redebeitrag.

(Oliver Kirchner, AfD, meldet sich)

- Entschuldigung, Herr Kirchner hat sich als Fraktionsvorsitzender zu Wort gemeldet. Herr Kirchner, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Erben, Sie haben mich ja nun persönlich angesprochen und als geistigen Brandstifter mit meinem Namen hier genannt. Dazu muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich habe ja nun selbst jüdische Freunde in meiner Familie, nicht nur in Deutschland, auch in Ungarn.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Dann ist das jedenfalls jetzt vorbei!)

- Sie brauchen dazu gar nichts zu sagen, Herr Striegel, Sie sind einfach nur primitiv.

(Beifall bei der AfD)

Ihnen möchte ich das ganz kurz einmal sagen: Diese Äußerung, die Sie mir entgegen gebracht haben, sehe ich persönlich als primitiv und asozial an. Das muss ich hier einmal so deutlich sagen. Aber ich muss auch gestehen, es passt zu Ihnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Frau Quade das Wort. Frau Quade, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Farle, wenn Sie sagen, Sie können nachts nicht mehr ruhig schlafen, dann liegt das vielleicht daran, dass Sie das im Ausschuss tun, so wie bei der Sondersitzung des Innenausschusses, wie ich das beobachten konnte.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD - Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht)

Bevor ich etwas zu der Frage sage, was meine Fraktion von der Arbeit des Innenministers hält und ob er zurücktreten sollte, möchte ich etwas zur antragstellenden Fraktion und ihren Intentionen sagen. Die Initiierung der AfD ist in der Tat an Hohn und Heuchelei nicht zu überbieten.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Es ist ein Hohn gegenüber den Opfern des rechten Terrors in Halle und gegenüber allen Betroffenen rechter Gewalt, dass diese rechtsextreme Fraktion, die durch ihr ganzes Wirken rechtsextreme Täter ermutigt, sich hinstellt und behauptet, sie sei die wahre Schutzmacht der Jüdinnen und Juden.

Es ist verlogen, wenn man sich die durch Sie immer wieder geäußerten Relativierungen des Nationalsozialismus und der deutschen Schuld vor Augen führt. Und es ist der Versuch, genau davon abzulenken.

Denn dieselben Leute, in deren sozialen Netzwerken Angela Merkel gern als zionistische Agentin bezeichnet wird, und deren kommunale Mandatsträger Parolen wie „Nie wieder Israel!“ und „Wenn wir wollen, schlagen wir euch tot!“ auf Demonstrationen akzeptieren, tun jetzt so, als seien sie empört. Was Sie empört, ist, dass Sie als die Brandstifter bezeichnet werden, die Sie sind.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Herr Kirchner, nicht nur Sie, jeder Einzelne von Ihnen, die AfD in Gänze, trägt eine Mitverantwortung für das Erstarken rechten Terrors. Jede von Ihnen getätigte Äußerung des Entsetzens über Halle ist schlichtweg unglaubhaft, was sich auch an der Inszenierung dieses Rücktrittsspektakels hier zeigt.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD und von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Gleichwohl, meine Damen und Herren, sage ich sehr deutlich: Meine Fraktion hat deutliche Kritik an Innenminister Stahlknecht und an seinem Agieren im Zusammenhang mit dem Terrorakt in

Halle, und zwar in erster Linie und am vehementesten an seiner eigenen Kritiklosigkeit,

(Oliver Kirchner, AfD: AfD-Standpunkte!)

Kritiklosigkeit, die schon nach dem Tag des Anschlages selbstbewusst artikuliert wurde, statt Demut walten zu lassen, Kritiklosigkeit, die angesichts der offensichtlich falschen Sicherheitseinschätzung aller Sicherheitsbehörden nicht nachvollziehbar und deplatziert ist, und Kritiklosigkeit, die den Blick auf das Bedingungsgefüge rechten Terrors verstellt und verhindert, dass notwendige Schlüsse gezogen werden.

Es ist ein Offenbarungseid, wenn der Innenminister eines Landes angesichts einer systematischen Fehleinschätzung rechten Terrors auf das BKA zeigt und so tut, als sei die Verantwortung damit vom LKA und von seinem Ministerium genommen.

Dass das BKA keine Notwendigkeit sah, die Bewertung der Gefährdungslagen nach den Anschlägen von Pittsburgh und Christchurch zu aktualisieren, ist in der Tat nicht weniger als ein Skandal. Fakt ist aber, dass auch Innenminister Stahlknecht diese Anschläge nicht zum Anlass genommen hat, eine Neubewertung der Sicherheitslage in Sachsen-Anhalt zu veranlassen. Das wäre seine Verantwortung gewesen.

In anderen Bundesländern ist es selbstverständlich, dass Synagogen und Moscheen rund um die Uhr geschützt werden. In Sachsen-Anhalt war das bisher nicht der Fall. Das hat mit der Wahrnehmung von Verantwortung nichts zu tun, wenn ein Innenminister durch seine Äußerungen den Eindruck erweckt, die entscheidende Frage sei, ob die jüdischen Gemeinden auch um konkreten Polizeischutz gebeten hätten und sich hinter nicht vorhandenen Haushaltstiteln versteckt, wo es seine Aufgabe gewesen wäre, sie zu finden.

Die Sicherheit jüdischer Gemeinden und anderer von rechtsextremen Drohungen und potenziellen Anschlägen Betroffener war in Sachsen-Anhalt bisher nicht Chefsache. Angesichts des in Halle zutage getretenen dramatischen Versagens der Sicherheitsbehörden ernsthaft davon zu sprechen, dass sich niemand etwas vorzuwerfen habe, wie es der Innenminister tat, ist falsch und zeugt von bemerkenswerter Ignoranz.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit dieser Ignoranz ist der Innenminister wahrlich nicht allein, sondern in Gesellschaft der meisten anderen Innenminister. Auch der Blick auf die Regierungserklärung gestern und auf den zwar nicht falschen, aber dennoch zahnlosen Antrag der Koalitionsfraktionen zeigt doch: Solange sich an der Bereitschaft, Fehlstellen und Fehlausrichtungen der Sicherheitsbehörden zu benennen, sie

zu analysieren und sie zu beheben, nichts ändert, wird der Kampf gegen rechten Terror nicht gewonnen werden können.

Mein Kollege Jan Korte hat sehr treffend gesagt: Das beste Fernglas nützt nichts, wenn man in die falsche Richtung schaut. - Solange der Landtag die Regierung und die ihr unterstehenden Behörden nur bittet und sich für Strafverfolgung von Nazis ausspricht, aber keine konkreten Maßnahmen beschließt, bleibt die Bestürzung, die allen demokratischen Fraktionen angesichts des Anschlags von Halle anzumerken ist, hilflos.

Solange sich aber an diesem Zustand nichts ändert, macht auch ein Rücktritt des Innenministers nichts besser. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich danke Frau Quade für die Stellungnahme. - Herr Raue, Frau Quade hat ja schon einmal zum Ausdruck gebracht, dass sie für Fragen der AfD nicht zur Verfügung steht. Sie haben jetzt die Möglichkeit der Intervention.

Richtig, das habe ich mir gedacht. Das soll auch eine Zwischenintervention sein, weil mein Kollege Donatus Schmidt aus der Stadtratsfraktion in Halle jetzt schon mehrfach angesprochen wurde und herhalten muss für solche Zuschreibungen, wie Sie sie jetzt formulieren, er habe sich sozusagen gemein gemacht

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE - Unruhe bei der LINKEN)

- bitte halten Sie jetzt einmal die Klappe! - mit Äußerungen wie „Wenn wir wollen, schlagen wir euch tot!“ oder „Nie wieder Israel!“.

Ich habe ihn dazu befragt. Er war am Tag der Deutschen Einheit in Berlin bei einer Demonstration „Wir für Deutschland“. Das war ein lang gezogener Demonstrationszug. Da waren viele bürgerliche Patrioten dabei.