Protocol of the Session on September 27, 2019

Dazu fehlen mir wirklich die Worte. Diese Verfahrensverschleppung, wahrscheinlich gewollt, ist ein Schlag in das Gesicht der Eltern des Opfers.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

Können Sie, verehrte Frau Justizministerin, uns erklären, warum Ihre Staatsanwaltschaft nicht an diese Menge von Originaldokumenten herankam, die es angeblich geben sollte? Und wenn sie ihr vorliegen, warum hat sie diese dann nicht mit der Anklageschrift an das Gericht weitergereicht, sodass dieses jetzt arbeitsfähig ist?

Der Beschuldigte jedenfalls, der hier Asyl bekommen hat, weil es sich in Syrien vor der Einberufung zum Wehrdienst fürchtete, war nicht eine einzige Minute in Haft. Unmittelbar nach der Tat entzog er sich der Polizei durch eine Reise nach Berlin, wie zumindest seine Schwester den ermittelnden Polizeibeamten an der Wohnungstür sagte. Im Gespräch mit der linken „taz“ - das wird der eine oder andere vielleicht gelesen haben - gab er zu verstehen, wie egal ihm das Geschehene ist. Lapidar meinte er nur: „Das ist passiert. Das ist das Leben.“

Wir jedoch werden das Opfer nicht vergessen. Darauf können Sie sich verlassen, Frau Ministerin.

Wenn Sie, Frau Keding, ebenso wie Ihr feiner Herr Ministeriumssprecher Detlev Kiel am

17. September 2018 in der „MZ“, auch der Meinung sind, der Einsatz für Opfer von Migrantengewalt, für das Recht und gegen Lügen und Falschmeldungen sei nur „Klamauk“, dann beantworte ich Ihnen meine eingangs an Sie gestellte Frage selbst.

Sie würden ebenso wie wir den Rücktritt der Justizministerin fordern. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann können wir in die Dreiminutendebatte eintreten. Für die Landesregierung spricht der Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff. - Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits in der Sitzung am 22. November letzten Jahres mussten wir uns mit einem ähnlichen Antrag der AfD-Fraktion beschäftigen. Gewiss ist es wünschenswert, wenn Gerichtsverfahren zu einem zügigen Abschluss gebracht werden können.

(Beifall bei der AfD)

Dies liegt allerdings allein in der Verantwortung der Gerichte selbst. Ich darf daher die Mitglieder der AfD-Fraktion erneut daran erinnern, dass in einem freiheitlichen Rechtsstaat diese Gerichte in Ihrer Arbeit unabhängig und nicht etwa Befehlsempfänger der Justizminister sind, wie es der Antrag der AfD suggeriert.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Die rechtsprechende Tätigkeit, zu der auch verfahrensvorbereitende Maßnahmen wie die Festlegung von Verhandlungsterminen zählen, unterliegt der richterlichen Unabhängigkeit. Sie ist damit politischer und parlamentarischer Kontrolle entzogen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Es ist bezeichnend, dass die AfD dies offensichtlich erneut infrage stellt.

Zur Entlassung der Ministerin für Justiz und Gleichstellung besteht kein Anlass. Frau Keding besitzt mein volles Vertrauen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, bitte warten Sie noch. Herr Roi hat offensichtlich noch eine Frage. - Bitte sehr, Herr Roi.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Ministerpräsident, das Thema Marcus H. beschäftigt uns schon seit sehr langer Zeit. In der ersten Anfrage stellte ich zusammen mit meinem Kollegen auch Anfragen an die Landesregierung. Und ich möchte Sie nur noch mal darauf hinweisen, dass Ihre Landesregierung damals auf die Frage nach einer Altersfeststellung und nach dem Antrag antwortete: „Dieser Antrag wurde abgelehnt mangels Erfordernis.“

Wir haben gehört, dass es fünf weitere Anträge gab. Und wenn Sie sich immer fragen, warum die Wut und das Unverständnis, auch die Kritik gegenüber rechtsstaatlichen Institutionen wächst, dann sind es genau diese Vorgänge, dass man erst fünf- oder sechsmal solche Anträge ablehnt und dann das Gericht selbst feststellt, dass jetzt das Alter festgestellt werden muss, weil man hier offensichtlich Bedenken hat.

Genau diese Fragen beschäftigen uns. Deswegen sitzen wir hier und stellen diese Anträge, denn all das, was die Regierung und die Minister uns bisher vorgelegt haben, widerspricht sich. Das fängt an mit der damaligen ersten Pressemitteilung des Oberstaatsanwaltes B., der davon schrieb: „Notwehr und mutmaßliche Ausländerfeindlichkeit.“ Diese Mitteilung hat die Polizei vor Ort nicht einmal unterschrieben. Das sind die Punkte, die wir kritisieren und warum wir fordern, dass die Ministerin zurücktreten sollte. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich denke, ich habe mich klar positioniert, dass wir alle ein gemeinsames Interesse daran haben,

dass die Akzeptanz des freiheitlich-demokratischen Grundsystems unserer Bundesrepublik Deutschland in der Bevölkerung ein Maximum darstellt und uneingeschränkt vorhanden ist; darin sind wir uns einig. Aber genau diese Dinge, die Sie möglicherweise jetzt als Fragen hier umtreiben, werden jetzt in einem ordentlichen Verfahren vor einem unabhängigen Gericht geklärt und auch zur Entscheidung gebracht; das sollten wir abwarten.

Es gehört dazu, dass man in einem Rechtsstaat akzeptiert, dass es eine Gewaltenteilung gibt; für die stehen wir. Wir sind hier Legislative und Exekutive und wir haben, wie gesagt, die unabhängige Justiz. Dort wird die Sache behandelt. Es wird dann eine Entscheidung oder ein Urteil gefällt; das haben wir dann zu akzeptieren. Dann gibt es immer noch den Instanzenweg, wie Sie wissen.

Es gibt kein ausgefeilteres System als das der Bundesrepublik Deutschland, um die Rechtsstaatlichkeit zu sichern. Darüber bin ich froh, zumal ich in der ersten Hälfte meines Lebens etwas anderes erlebt habe.

(Beifall bei der AfD)

Danke. - Wir befinden uns in einer Dreiminutendebatte mit einer Frage pro Fraktion; das ist soweit erledigt. Jetzt kommen wir zur Debatte der Fraktionen. Für die SPD steht bei mir ein Redeverzicht. Bleibt es dabei? - Offensichtlich. Okay. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau von Angern.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ich verzich- te!)

- Okay. Dann spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abg. Herr Striegel. Da steht bei mir in Klammern: „für die Koalition“.

Herr Präsident, das ist korrekt, ich darf hier für die Koalitionsfraktionen sprechen.

Meine Herren von der AfD, die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland teilt sich in drei Gewalten: Exekutive, Judikative und Legislative. Diese Gewalten sind voneinander getrennt. Es ist ihnen grundsätzlich untersagt, in die Geschäfte der anderen Gewalten einzugreifen. Das sollte in diesem Hohen Hause allgemein bekannt sein. Der vorliegende Antrag macht es jedoch nötig, noch einmal an den Grundsatz der Gewaltenteilung zu erinnern.

Von Ihnen wird der Justizministerin des Landes Sachsen-Anhalt im Grunde zum Vorwurf gemacht, dass sie die Unabhängigkeit der Justiz geachtet und sich nicht in ein Strafverfahren eingemischt

hat. Dafür muss eine Ministerin in Sachsen-Anhalt mit Sicherheit nicht zurücktreten. Vielmehr muss man die Frage stellen, welches Staatsverständnis sich hinter einem solchen Antrag wie dem Ihren verbirgt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Politisch messen lassen muss sich die Ministerin für Justiz und Gleichstellung an der Frage, ob sie es schafft, die Personalsituation in der Justiz des Landes signifikant zu verbessern. Das ist das einzig wirksame Mittel, um überlange Verfahrensdauern zu verhindern und die qualitativ hochwertige Justiz zu gewährleisten, die der Ministerpräsident hier auch noch mal dargestellt hat. Hierzu hat das Justizministerium ein Personalkonzept vorgelegt, das nun durch uns - wir, der Haushaltsgesetzgeber, sind in der Verantwortung - auch im Budget abgebildet werden muss.

Lassen wir die Ministerin und auch die Gerichte ihre Arbeit machen und werden wir selbst unserer Verantwortung gerecht, Haushaltsmittel so zu verteilen, dass auch ein funktionierender Rechtsstaat gesichert ist.

Das Prinzip der politischen Verantwortung ist in einem demokratischen Staatswesen wichtig - keine Frage. Es darf jedoch nicht für das durchschaubare und mittlerweile hinlänglich bekannte Spiel populistischer Skandalisierung benutzt werden.

Der Antrag der AfD wird daher von uns, den Koalitionsfraktionen, abgelehnt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Aus dem letzten Satz des Herrn Striegel ergibt sich auch, dass die CDU-Fraktion einen Redeverzicht avisiert hat. Jetzt spricht als fraktionsloser Abgeordneter der Herr Poggenburg. - Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Ministerin Keding, ich denke, Sie wissen, dass ich Sie als sachliche, konstruktive Person und Ministerin schätze, als eine Person, die sich eine gewisse Toleranz auch im Umgang mit anderen bewahrt hat, was man nicht jedem hier attestieren kann, und als eine Person, die sich auch einen gewissen Humor bewahrt hat, was ich sehr gut finde. Deswegen bin ich bei diesem Tagesordnungspunkt ein bisschen in einem Gewissenskonflikt. Aber, Frau Keding, Sie haben sich in dieser Angelegenheit vor einen politischen und ideologischen Karren spannen lassen, der Ihnen als Person nicht zu Gesicht steht und der Ihnen als Ministerin auch nicht zusteht.

Wir haben hier einen Mord auf offener Straße im Zusammenhang mit Multikulti und illegaler Masseneinwanderung zu beklagen, einen Mord, der die Bürger draußen erschüttert hat, der für viel Aufregung gesorgt hat. Es wäre notwendig und zu erwarten gewesen, dass alle Beteiligten, auch Ihre Behörde, konstruktiv, zielstrebig die Angelegenheit bearbeiten und verfolgen.

Das ist nicht geschehen und man muss auch Ihrem Haus entweder unheimliche Schlamperei vorwerfen oder im Grunde genommen vorsätzliche Verzögerung und Verschleppung. Ich weiß nicht, was nun besser oder schlechter ist. Und natürlich fällt das auch auf Sie als Person, als Ministerin letztendlich zurück.

Wir müssen festhalten: Die Angelegenheit ist auch eine Angelegenheit des öffentlichen Interesses geworden. Viele Augen haben darauf geschaut und man hat versucht, herauszufinden, wie hier reagiert wird, wenn ein Mord geschieht, der mit gewollten politischen Aktionen wie der Flüchtlingspolitik im Zusammenhang steht. Gerade deshalb hätten Sie konsequenter handeln müssen.

In der Erwartung, dass Sie trotz des Antrages der AfD-Fraktion heute nun Ihren Posten nicht räumen werden und müssen, bin ich aber aus Gewissensgründen dazu verpflichtet, dem Antrag der AfD stattzugeben, ihm zuzustimmen; denn das sind wir dem Mordopfer Marcus H., dessen Familie bzw. Hinterbliebenen und den Bürgern

draußen schuldig. - Vielen Dank.

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Lehmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank. - Sehr geehrte Kollegen! Ich habe den wenigen Beiträgen gelauscht, einmal dem vom Herrn Ministerpräsident Haseloff und zum anderen dem vom Herrn Regierungssprecher Striegel, die hier auf die Einbringung durch meinen Kollegen Höse gekommen sind. Sie reden hier von Skandalisierung des Ganzen durch die AfD und halten uns auf Klippschulenniveau Vorträge über Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung sowie über die Unabhängigkeit der Justiz.

Das ist der eigentliche Skandal, wie Sie das Ganze ins Lächerliche ziehen. Der eigentliche Skandal sind Sie mit der Verweigerung des Diskurses, der Diskussion zu diesem Skandal, dass ein Mensch vor zwei Jahren totgeschlagen worden ist, der Täter noch frei herumrennt und Sie das als einen Erfolg des deutschen Rechtsstaates verkaufen. Sie sind der Skandal und nicht wir.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)