Protocol of the Session on September 27, 2019

Das heißt also, an dieser Stelle ist eine Chance vertan worden, wie ich meine. Deshalb, meine Damen und Herren, würde ich es begrüßen, wenn wir uns erneut mit dem Thema Sprachstandsfeststellung auseinandersetzen und die aktuellen Ergebnisse der Studie einbeziehen.

Damit wir keine weitere Zeit verstreichen lassen, könnten wir uns vorstellen, dieses Anliegen bereits zu Beginn des nächsten Kita-Jahres umzusetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sprachkompetenz der Kinder und Jugendlichen ist der Schlüssel für schulischen Erfolg und für eine erfolgreiche Ausbildung. Die Fraktion DIE LINKE misst daher der Entwicklung der Sprachkompetenz eine zentrale Bedeutung bei. Wir alle wissen, dass die Beherrschung der Sprache schon sehr früh über Teilhabechancen und Bildungserfolg entscheidet. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Hohmann für die Einbringung des Antrags. In der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht die Ministerin Frau Grimm-Benne. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich hätte nicht gedacht, dass unsere Koalitionsvereinbarung nach drei Jahren Regierungsarbeit noch einmal so geflöht wird und dass man es gerade an der Seite 71 festmacht. Über frühkindliche Bildung haben Conny Lüddemann und ich verhandelt. Claudia Dalbert, die noch für Bildungspolitik zuständig war, hat sich damals aus irgendwelchen Gründen darüber geärgert, dass wir das DelfinVerfahren aufgegeben haben, sodass sie versucht hat, es an dieser Stelle, im Bildungsbereich, noch einmal anzuführen.

Die regierungstragenden Parteien waren sich aber die ganze Zeit darin einig, es bei dem zu belassen, was wir bereits im Jahr 2013 gemacht haben, dieses Sprachstandsfeststellungsverfahren abzuschaffen. Darin waren wir uns in der Anhörung über alle Parteien hinweg einig. Auch für die LINKE stellte sich die Frage, was bringt uns ein

Verfahren, das kurz vor der Schule feststellt, dass die Kinder Sprachschwierigkeiten haben. Es ist ein Verfahren, das viel zu spät den Sprachstand festgestellt und die Kinder dann kategorisiert hat.

Es ging damals im Wesentlichen darum zu sagen, ob wir nicht andere Ansätze in der frühkindlichen Bildung finden müssen, um Sprache in einem so frühen Stadium zu fördern, dass es wirklich zielführend ist.

Frau Hohmann, Sie waren damals auch schon dabei. Sie haben alle diese Anhörungen mitbekommen. Ich denke, wir sollten feststellen, es ging die ganze Zeit um dieses Sprachstandsfeststellungsverfahren.

Es ist richtig, wir haben dieses Verfahren abgelöst, wir wollen § 5 Abs. 3 des Kinderförderungsgesetzes, die sogenannte alltagsintegrierte

Sprachentwicklungsbegleitung, durch das verbindliche Bildungsprogramm „Bildung elementar“ umsetzen. Die alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbegleitung ist mit einer integrierten regelmäßigen Beobachtung und Dokumentation der kindlichen Sprachentwicklung verbunden, die für alle Kinder in den Tageseinrichtungen erfolgen.

Wir haben verschiedene Programme, die uns dabei zusätzlich unterstützen, zum Beispiel die Schlaumäusepakete oder die Sprach-Kitas, die Sie selbst angesprochen haben. Dazu will ich sagen, es ist nicht ganz richtig, wir haben uns von 2016 bis 2019 sehr dafür eingesetzt, dass wir daran teilnehmen. Wir haben es auch erreicht, dass es weiter finanziert wird, weil wir uns sicher sind, dass es wichtig ist, Sprachförderung zu betreiben.

Im Augenblick haben wir im Land 214 Einrichtungen, die an diesem Programm teilgenommen haben. Wir erwarten im August einen Zwischenbericht des Bundes, der auch in unserem Land gegenüber der Fachwelt bekannt wird.

Der Antrag wird, glaube ich, an den Ausschuss überwiesen werden.

(Angela Gorr, CDU: Ja!)

Dort haben wir die Möglichkeit, noch einmal ausführlich zu diskutieren. Aber tun Sie nicht so, als ob wir im Land nichts für die Sprachförderung tun würden, Frau Hohmann.

(Beifall bei der SPD)

Fragen sehe ich keine. Dann danke ich der Ministerin Frau Grimm-Benne für den Standpunkt der Landesregierung. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Gorr das Wort. Frau Gorr, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Vizepräsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Erlernen der eigenen Sprache im Kindesalter ist für unsere Jüngsten der erste Schritt, um sich mit ihrer Umwelt auch verbal auseinanderzusetzen, nicht nur für deutsche Kinder, sondern für alle Kinder, die in unserem Land in die Kindereinrichtungen gehen oder in Familien leben.

Immer häufiger kommt es aber leider zu Sprachentwicklungsstörungen. Der Zeitpunkt, ab dem ganze Wörter oder sogar Sätze klar und deutlich ausgesprochen werden können, rückt auf der Lebensaltersschiene bei vielen Kindern immer weiter nach hinten.

Über die Gründe und Ursachen kann ich als Laie natürlich nur spekulieren. Genau dies will ich aber nicht tun, weil leider auch Ärzte nicht immer rechtzeitig erkennen, dass gezielte Sprachförderung eines kleinen Kindes notwendig und sinnvoll ist. Insofern stimme ich der Ministerin ausdrücklich zu, indem ich die Bedeutung der Sprachförderung in den Kindertagesstätten durch das Programm „Bildung elementar“ unterstreiche und seine Notwendigkeit betonen möchte.

Ich kann mich noch an die Diskussionsprozesse seinerzeit unter Minister Bischoff erinnern, als über das Programm „Bildung elementar“ mit den Praktikerinnen und Praktikern intensiv diskutiert wurde, auch unter dem Aspekt Sprachförderung.

Die Kindertageseinrichtungen sind häufig der einzige Ort, an dem eine kontinuierliche und gezielte Sprachförderung zum Tragen kommt; denn wenn Eltern zum Beispiel aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht permanent im Gesprächskontakt mit ihrem Kind sein können, dann geht auch ein wesentliches Stück von Sprachförderung in den Familien verloren. Dann ist es gut, wenn in der Kindertagesstätte gezielt und persönlich gegengesteuert und geholfen werden kann, insbesondere auch in den von Frau Ministerin Grimm-Benne genannten Sprachkitas.

Als Bildungspolitikerin halte ich es für außerordentlich wichtig, die Sprachentwicklung unserer Kinder nicht zu vernachlässigen, damit diese Vernachlässigung anschließend nicht in der Schule greift. Ich freue mich an dieser Stelle ganz besonders darüber, dass es auch ehrenamtliche Initiativen gibt, denen sich auch Abgeordnete anschließen können, die sich den Kindern zum Beispiel durch Vorlesen zuwenden und ein gutes Beispiel geben.

Ich schließe mich der Ministerin bei diesem für uns einhellig zu vertretenden Anliegen an und bitte um Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration.

(Unruhe)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Dann danke ich Frau Gorr für den Redebeitrag. Für die AfDFraktion hat der Abg. Herr Daniel Rausch das Wort.

(Anhaltende Unruhe)

- Verehrte Abgeordnete, ich bitte darum, den Geräuschpegel etwas zu senken. Hier bilden sich mittlerweile kleine Grüppchen. Auch der Herr Ministerpräsident. - Herr Ministerpräsident! - Das hört er gar nicht. Er ist so vertieft. - Ich habe nur gesagt, den Geräuschpegel allgemein etwas zu senken, weil es doch sehr stark stört. - Herr Rausch, Sie haben jetzt das Wort.

Werter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Lippmann! Ich sehe, Sie haben den Antrag unterschrieben. Ich frage mich schon: Sind Sie eigentlich Abgeordneter der LINKEN oder sind Sie Abgeordneter der GEW?

Auf der einen Seite beschweren Sie sich darüber, dass die Erzieher ständig mit mehr Arbeit belastet werden, und auf der anderen Seite stellen Sie einen solchen Antrag, in dem eine verbindliche Sprachstandsfeststellung gefordert wird, was eine enorme Arbeitsbelastung für die Erzieher bedeutet.

Was glauben Sie eigentlich, warum die Regelungen im Jahr 2013 abgeschafft wurden? Ich kann es Ihnen sagen: Die Regelungen waren zu teuer und haben letztendlich nichts gebracht.

Eines hat die Kleine Anfrage von Frau Hohmann aus der vergangenen Wahlperiode gezeigt: Die Sprachstandsfeststellung in den Kindertageseinrichtungen hat nicht den Anspruch und ist auch nicht dafür geeignet, die Notwendigkeit einer sprachtherapeutischen und logopädischen Behandlung zu erfassen. Die Zahlen in der Antwort auf die Kleine Anfrage sprechen eine deutliche Sprache: Lediglich 10,65 % der Kinder zeigen entsprechende Symptome.

Die Zahlen mögen nicht ganz aktuell sein. Sie sprechen heute davon, dass etwa jedes dritte Kind Auffälligkeiten zeigt. Darum sollte man schon in die Tiefe gehen.

Fest steht, seit dem Jahr 2015 haben wir verstärkt Kinder mit Migrationshintergrund in den Einrichtungen. Aber um diese Kinder, Frau Hohmann, müssen wir uns keine Sorgen machen. Die Eltern und deren Kinder genießen zumeist subsidiären Schutz und sind somit nur zeitlich begrenzt in Sachsen-Anhalt.

Die GEW möchte das Problem anders lösen. Ich zitiere:

„Es fehlt an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund, die beim Spracherwerb den kulturellen Zusammenhang ermöglichen können.“

Das - davon bin ich überzeugt - ist genau der falsche Weg.

Werte Frau Hohmann, sprechen Sie eigentlich einmal mit den Erziehern vor Ort oder nur mit der GEW? Ich habe mir die Mühe gemacht und im Vorfeld dieser Debatte zwei verschiedene Kindergärten besucht und mit den Leiterinnen über dieses Thema gesprochen. Sie waren, gelinde gesagt, nicht gerade erfreut darüber, dass schon wieder über eine verbindliche Sprachstandsfeststellung diskutiert wird, von der Sinnhaftigkeit ganz zu schweigen.

Im Kindergarten wird die Entwicklung der Kinder durch die Erzieher genau beobachtet. Sie versuchen, Defizite spielerisch zu beseitigen. Eines ist aber klar: Die Erzieher können nicht die mangelnde Erziehung und frühkindliche Bildung im Elternhaus nachholen. Die Kinder sind im sogenannten Fragealter und die Eltern sind in der Pflicht, mit ihren Kindern zu kommunizieren und sie frühkindlich zu bilden.

Im Prinzip ist es ganz einfach: Liebe, Fürsorge, gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsames Spielen, Vorlesen und eine Gutenachtgeschichte, damit kann man die Kinderherzen gewinnen und eine frühkindliche Bildung erreichen. Man muss sich einfach mit seinen Kindern beschäftigen und darf sie nicht vor dem Fernseher parken.

Werte Frau Hohmann, wenn Sie den Kindern und den Erziehern etwas Gutes tun wollen,

Herr Rausch, bitte kommen Sie zum Schluss.

dann ziehen Sie Ihren Antrag zurück. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Rausch für den Redebeitrag. Für BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Frau Lüddemann das Wort. - Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Grenzen

meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt. So hat es der Philosoph Ludwig Wittgenstein formuliert. Diese intellektuell daherkommende, aber tatsächlich erkenntnistheoretische Setzung kann aktuell politisch ganz einfach übersetzt werden: Sprache ist der Schlüssel zur Teilhabe. Damit ist die Gewährleistung guter Sprachkenntnisse aller Kinder im Land eine Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit.

Genau deshalb findet sich die von der Fraktion DIE LINKE genannte und eingeforderte Vereinbarung in unserem Koalitionsvertrag.