Protocol of the Session on September 2, 2016

(Unruhe - Swen Knöchel, DIE LINKE: Wer liest das schon!)

Ich nehme zur Kenntnis, DIE LINKE hat die besonders genau gelesen und hat heute auch wieder eine Seite gefunden, Seite 70 nämlich, auf der wieder bedeutungsschwere Sätze stehen.

(Unruhe)

Jetzt will ich etwas ernster werden. Wir können uns darauf verständigen, das so zu machen. Das ist auch richtig so. Aber wir müssen trotzdem ein paar Parameter dabei berücksichtigen. Wir wissen, wir haben seit Jahren ein paar Problemlagen in der Abgleichung von Zahlen zwischen dem Kultus-, jetzt Bildungsministerium und dem Finanzministerium. Wir haben ein paar Themen zu klären, was zum Beispiel an Datenbanken vorhanden ist, was wir an Lehrkräften im Unterricht wirklich einsetzen. Da geht es gelegentlich archaischer zu, als wir das hier alle im Hause denken.

Deswegen müssen noch einige vorbereitende Maßnahmen laufen. Wenn wir uns darauf verständigen, dass die Erkenntnisse, die wir dafür brauchen, die Faktenlage, ein Stück weit in die Arbeitsgruppenvorbereitungen eingehen, will ich gern auch hierbei dem Koalitionsvertrag entsprechend agieren und möchte gemeinsam mit Ihnen die Frage aufwerfen, welcher Teilnehmer in welcher Expertengruppe dabei ist. Ein paar wurden hier genannt. Ich denke, ein paar andere fallen uns an der Stelle auch ein.

Am Ende steht aber immer eine Frage. Wir können immer ganz viele Expertengruppen bemühen und Erwartungshaltungen formulieren. Letztlich müssen wir hier politisch die Fragen klären, was

für uns an Bildungspolitik wichtig ist, was finanzierbar ist und was am Ende für unsere Kinder die beste Grundlage für Lehrerbildung ist.

In diesem Zusammenhang würde ich mich jetzt darauf beschränken. Ich freue mich auf die Diskussionsbeiträge und auf die Dinge, die dann folgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Tullner. Anfragen sehe ich nicht. - Somit steigen wir in die Dreiminutendebatte ein. Wir beginnen mit Frau Prof. KolbJanssen von der SPD-Fraktion. Sie haben das Wort. Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die Fraktion DIE LINKE den Koalitionsvertrag begrüßt und auf eine zügige und effiziente Umsetzung gerade im Hinblick auf die Lehrerversorgung in Sachsen-Anhalt hinwirken will und der zuständige Minister, der gerade nicht

(Minister Marco Tullner: Der ist da!)

an seinem Platz war, das auch begrüßt, kann man dazu nicht mehr viel sagen.

Richtig ist, wenn man sich die Unterrichtsversorgung aktuell anschaut, dass wir aus den letzten Jahren gelernt haben, dass wir nicht immer nur für ein Schuljahr planen können, um dann festzustellen, dass es für bestimmte Regionen oder für bestimmte Schulformen nicht die Lehrer gibt, die man braucht, um die freien Stellen zu besetzen.

Man braucht vielmehr eine langfristige Planung, die bei den Kapazitäten für die Lehrerausbildung, für die Lehramtsausbildung anfängt und die dann durch geeignete und geschickt eingesetzte Instrumente sicherstellt, dass auch an den Schulen in den Gebieten und Regionen, die im Moment von jungen Leuten nicht unbedingt präferiert werden, die Fachlehrer ankommen, die wir dringend brauchen.

Wir können heute schon absehen, dass insbesondere in den sogenannten Mint-Fächern, also Mathe, Physik, Biologie, zu wenig Lehrer da sind, um die freien Stellen zu besetzen. Insoweit wird sich auch die SPD-Fraktion aktiv an dieser Arbeitsgruppe beteiligen und nach Möglichkeiten suchen, um die Probleme, die wir im Moment noch im Hinblick auf eine ausreichende Lehrerversorgung haben, zu lösen. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Minister Marco Tullner)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Frau Prof. Dr. KolbJanssen. - Jetzt fahren wir in der Debatte fort. Für die AfD-Fraktion Herr Dr. Tillschneider. Bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf den ersten Blick könnte man den vorliegenden Antrag der LINKEN einfach nur für überflüssig halten, ein Antrag um des Antrags willen. Sie fordern, dass eine schon im Koalitionsvertrag festgeschriebene Arbeitsgruppe zur Bestimmung des längerfristigen Lehrerbedarfs den längerfristigen Lehrerbedarf bestimmt und dabei auf regionale Ausgewogenheit achtet, wobei der regionale Aspekt auch schon im Koalitionsvertrag erwähnt wird.

Der einzige Punkt, der die Auseinandersetzung wirklich lohnt, ist die Forderung nach einer Erweiterung und Umstrukturierung dieser Gruppe. Sie wollen zusätzlich zu den Vertretern der Ministerien Vertreter der Hochschulen, des LehrerHauptpersonalrates, der kommunalen Spitzenverbände, des Verbandes Deutscher Privatschulen und des Landesinstitutes für Schulqualität in diese Gruppe entsenden.

Angeblich ist die Arbeitsgruppe im vorgesehenen Zuschnitt, also als interministerielle Arbeitsgruppe, nicht in der Lage, der Komplexität der Sachverhalte gerecht zu werden.

Es scheint Ihnen ja Freude zu bereiten, für alles Mögliche Räte zu gründen und diese dann mit allen möglichen Vertretern aufzublähen. Aber wissen Sie, es gibt einen Unterschied zwischen Komplexität und Kompliziertheit. Was Sie vorhaben, wird keiner Komplexität gerecht, sondern erschwert nur unnötigerweise einen Prozess, der bei den Ministerien ganz gut aufgehoben ist.

(Zuruf von der LINKEN: Leider nicht!)

Sie sprechen von einer Expertengruppe, im Grunde sollen aber verschiedene Lobbygruppen versammelt werden, die eben nicht nur Wissen, sondern auch ein ganz spezifisches Interesse mitbringen. Das wiederum wird zu viel unproduktivem Gerede und letzten Endes nicht zu wirklich besseren Entscheidungen führen.

Wenn man sich die jeweiligen Expertengruppen etwas genauer anschaut, dann erkennt man recht schnell, dass es sich um Gruppen handelt, die mit der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft zusammenhängen und tief im Gedankengut des Einheitsschulwesens verwurzelt sind.

(Beifall bei der AfD)

Der Lehrer-Hauptpersonalrat ist mehrheitlich durch die GEW dominiert. Die Universitäten und Hoch

schulen sind bei den Personalvertretungen ebenso durch die GEW dominiert. Das Landesinstitut für Schulqualität hatte maßgeblichen Anteil an der Förderung und inhaltlichen Gestaltung der neuen Gemeinschaftsschulen.

(Matthias Höhn, DIE LINKE, lacht)

Sieht man die Sache so, gewinnt dieser bei oberflächlicher Betrachtung redundante Antrag auf einmal Sinn. Sie sprechen von einem demokratischen Konsens. In Wahrheit geht es Ihnen mit Ihrem Antrag aber um die Einflussnahme auf künftige Schulstrukturen aus der Oppositionsrolle heraus.

(Lachen bei der LINKEN)

Die Einschätzung des längerfristigen Lehrerbedarfs ist bei einer rein ministeriellen Arbeitsgruppe auf jeden Fall besser aufgehoben als in einem solchen Gremium, in dem die GEW den Ton angibt. Niemand soll sagen, dass das Ministerium das nicht kann. Im Grunde brauchen wir nicht einmal eine eigene ministerielle Arbeitsgruppe. Ein Abgleich der Verordnung zur Unterrichtsorganisation der einzelnen Schulformen mit der fünften regionalisierten Bevölkerungsprognose des Landes Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2025 und eine Bestandsaufnahme der Lehrkräfte, die zurzeit an den Schulen vorhanden sind, ermöglicht ohne viel Mühe eine recht verlässliche Einschätzung des längerfristigen Lehrerbedarfs. Das ist kein Hexenwerk.

Summa summarum: Wir brauchen kein als Expertengruppe getarntes Einfallstor für Linkspartei und GEW in die längerfristige Schulplanung. Die Experten sitzen im Ministerium, sind gut qualifiziert, werden ordentlich besoldet und sollen zeigen, was sie können.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Tillschneider. - Der nächste Debattenredner ist Herr Aldag von der Fraktion der GRÜNEN.

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grunde kann ich nicht viel hinzufügen. Herr Minister und Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen haben eigentlich das Wesentliche gesagt.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann ich deshalb wiederholt unterstreichen, dass die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, eine interministerielle Arbeitsgruppe „Personalbedarfe Schule 2025“ einzurichten, den Willen und die Bereitschaft zur strukturellen Veränderung in der Bildungslandschaft darstellt. Uns ist ebenfalls be

wusst, dass diese Arbeitsgruppe möglichst schnell in den Arbeitsmodus versetzt werden muss, um die anstehenden Herausforderungen anzupacken.

Herr Lippmann, Sie haben es angesprochen: Vor der Sommerpause hatte die GEW zu einem Expertengespräch eingeladen. Ich war damals noch ganz neu hier im Landtag und auch in dem Fach. Was ich aus diesem Gespräch mitgenommen habe, war für mich, dass die einzelnen Akteure - es waren sehr viele dort - ganz unterschiedliche Ansätze haben, wie man das Problem lösen kann. Deswegen, glaube ich, herrscht tatsächlich ein immenser Gesprächsbedarf bei der Thematik der kurz- und langfristigen Kapazitätsentwicklung.

Klar ist, es müssen regionale Interessen der Akteure berücksichtigt werden, wie auch die regionalen Bedarfe bei der Planung. Aber, ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir bei diesem Thema alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Ich begrüße es daher ausdrücklich, wenn Expertinnen und Experten - Sie haben einige genannt; wir können durchaus darüber diskutieren, welche es sein sollen - in die Arbeitsgruppe aufgenommen werden, um gemeinsame Lösungswege zu erarbeiten, die und die Ergebnisse daraus dann zeitnah dem zuständigen Ausschuss für Bildung vorgelegt werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und von Ministe- rin Prof. Dr. Claudia Dalbert)

Vielen Dank, Herr Aldag. - Die nächste Debattenrednerin ist Frau Gorr für die CDU-Fraktion. Sie haben das Wort, Frau Gorr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE „Expertengruppe zur Bestimmung des längerfristigen Lehrkräftebedarfs“ bezieht sich aus meiner Sicht als bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion und Mitglied der Koalitionsverhandlungsgruppe Bildung wie auch aus der Sicht von Herrn Lippmann - wir haben es gehört - erfreulicherweise auf eine Passage im Koalitionsvertrag, die lautet - wohlgemerkt im Original -:

„Es wird eine Arbeitsgruppe zur Beschreibung der ‚Personalbedarfe Schule 2025‘ unter Federführung des Kultusministeriums“

- jetzt Bildungsministeriums -

„eingerichtet. Die Arbeitsgruppe muss die Lehrkräftebedarfe über die Legislaturperiode hinaus insgesamt und regional, schulform- und fachbezogen beschreiben.“

Weiterhin wird darin auf die Aspekte der Seminar- und Hochschulplanung eingegangen und somit

auf die Verbindung zwischen den Ausschüssen für Bildung und Kultur und für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung hingewiesen. Damit erklärt sich Punkt 4, dass in beiden Ausschüssen berichtet werden soll.

Werte Fraktion DIE LINKE! Herr Lippmann sprach gestern in seinem Beitrag zu Tagesordnungspunkt 13 von der großen Weisheit, die im Koalitionsvertrag ihren Niederschlag gefunden habe. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Ihre Fraktion diese Weisheit offenbar Schritt für Schritt in Anträge gießt.

Da Sie in Ihrem Antrag die Mitglieder der oben genannten Arbeitsgruppe unter Punkt 3 explizit benennen, haben Sie sicherlich ein gewisses Verständnis dafür, dass die Koalitionsfraktionen ihre eigenen Vorstellungen sowie auch die Vorstellungen des Ministeriums mit berücksichtigt finden wollen. Insgesamt gesehen können wir dem Antrag also zustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der LIN- KEN)