Protocol of the Session on August 30, 2019

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/3491

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 7/4765

Änderungsantrag Fraktion AfD - Drs. 7/4834

(Erste Beratung in der 57. Sitzung des Landtages am 24.10.2018)

Berichterstatter für den Ausschuss für Inneres und Sport ist der Abg. Herr Kohl. Herr Kohl, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag von SachsenAnhalt hat den Entwurf eines Zweiten Gesetzes

zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften der Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 7/3491 in der 57. Sitzung am 24. Oktober 2018 zur federführenden Beratung und Beschlussfassung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen. Mitberatend wurden die Ausschüsse für Finanzen sowie für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung beteiligt.

Der vorliegende Gesetzentwurf soll insbesondere die Pflicht der Kommunen zur Beitragserhebung für leitungsgebundene Einrichtungen abschaffen und die Beitragserhebung in das Ermessen der Gemeinden und Landkreise stellen. Außerdem soll der Begriff „Kurtaxe“ in einen moderneren „Gästebeitrag“ überführt werden. Nicht zuletzt sollen Verweisungen auf die Abgabenordnung überarbeitet werden.

Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich erstmals in der 29. Sitzung am 8. November 2018 mit dem Gesetzentwurf und verständigte sich darauf, gemeinsam mit den mitberatenden Ausschüssen eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

Zu dieser Anhörung im Rahmen der 31. Sitzung am 10. Januar 2019 wurden neben den kommunalen Spitzenverbänden unter anderem einzelne kommunale Vertreter, Vertreter der Industrie- und Handelskammern, der Interessenvertretungen für den Tourismusbereich sowie der kommunalen Unternehmen eingeladen.

Zur nächsten Beratung in der 32. Sitzung am 7. Februar 2019 lagen dem Ausschuss für Inneres und Sport neben der Niederschrift über die mündliche Anhörung zahlreiche schriftliche Stellungnahmen sowie die mit dem Ministerium für Inneres und Sport einvernehmlich abgestimmten Empfehlungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor.

Im Ergebnis dieser Beratung verabschiedete der Ausschuss für Inneres und Sport eine vorläufige Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse und empfahl mit 6 : 0 : 5 Stimmen die Annahme des Gesetzentwurfes unter Berücksichtigung der vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst vorgelegten Änderungsempfehlungen.

Der Ausschuss für Finanzen befasste sich in der 60. Sitzung am 13. März 2019 mit diesem Gesetzentwurf und schloss sich mit 8 : 3 : 1 Stimmen der vorläufigen Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses an.

Die Behandlung des Gesetzentwurfes im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung war zunächst für die 26. Sitzung am 21. März 2019 vorgesehen. Aufgrund umfangreichen Beratungsbedarfs innerhalb der Koalitionsfraktionen wurde der Beratungsgegenstand

zu Beginn der Sitzung jedoch von der Tagesordnung abgesetzt.

Um den weiteren Beratungsverlauf nicht zu verzögern, wurde für den 2. April 2019 eine zusätzliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung anberaumt. Er behandelte in der 27. Sitzung neben dem Gesetzentwurf und der vorläufigen Beschlussempfehlung auch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. Im Ergebnis der Ausschussberatung wurde Letzterer jedoch zurückgezogen und die vorläufige Beschlussempfehlung mit 8 : 0 : 5 Stimmen bestätigt.

Die für die 35. Sitzung des federführenden Ausschusses für Inneres und Sport am 11. April 2019 vorgesehene abschließende Beratung des Gesetzentwurfes wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Als Begründung hierfür wurden ein erwartetes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt zu einer Schmutzwasserbeitragssatzung sowie weiterer Abstimmungsbedarf mit verschiedenen Akteuren genannt. Für die weitere Beratung wurde eine zusätzliche Sitzung am 9. Mai 2019 vereinbart.

Jeweils zu Beginn der 36. Sitzung am 9. Mai 2019 sowie der 37. Sitzung am 6. Juni 2019 musste die Behandlung des Gesetzentwurfes erneut verschoben werden.

In der 38. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport am 15. August 2019 fand die Beratung zu dem Gesetzentwurf schließlich statt. Hierzu legten die Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen gemeinsamen Änderungsantrag vor. Dieser zielte darauf ab, in § 9 des Kommunalabgabengesetzes einen weiteren Absatz aufzunehmen, der es den ganz oder teilweise als Kur- oder Erholungsort staatlich anerkannten Gemeinden ermöglichen soll, den Gästebeitrag weiterhin unter der Bezeichnung Kurtaxe zu erheben. Ferner soll § 9a des Kommunalabgabengesetzes und damit die Ermächtigung zur Erhebung von Tourismusbeiträgen gestrichen werden.

Der Änderungsantrag wurde zur Abstimmung gestellt und fand mit 6 : 0 : 5 Stimmen die erforderliche Mehrheit. Mit dem gleichen Abstimmungsergebnis wurde die so geänderte vorläufige Beschlussempfehlung als Beschlussempfehlung an den Landtag verabschiedet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Ergebnis der Beratungen zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in den Ausschüssen für Inneres und Sport, für Finanzen sowie für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung wurde die Ihnen in der Drs. 7/4765 vorliegende Beschlussempfehlung erarbeitet. Im Namen des Ausschusses für

Inneres und Sport bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann können wir in die Debatte einsteigen. Es handelt sich um eine Fünfminutendebatte. Zu Beginn spricht für die Landesregierung der Minister Herr Stahlknecht. - Der Herr Minister verzichtet für die Landesregierung. Dann können wir in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Für die SPD-Fraktion spricht zuerst die Abg. Frau Schindler. Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns innerhalb der Fraktion den Redebeitrag geteilt. Ich werde vordergründig zu der beabsichtigten Änderung des § 6 des Kommunalabgabengesetzes sprechen.

Schon in der Einbringungsrede habe ich auf die Motivation zu dieser Gesetzesänderung hingewiesen. Der Berichterstatter hat dies eben gerade wiederholt. Es geht um die Änderung der bestehenden Mussregelung in eine Kannregelung, sodass für die leitungsgebundenen Investitionen, vor allen Dingen im Wasser- und Abwasserbereich, zukünftig keine Beitragserhebungspflicht mehr besteht. Wir kehren mit dieser Änderung zu einer Regelung zurück, die bis 1996 im KAG bestand. Die entscheidende Änderung des KAG bestand damals in der Einführung der Beitragspflicht.

Insbesondere vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Urteils des Oberverwaltungsgerichts vom 21. August 2018 ist die nunmehr vorgeschlagene Änderung jetzt dringender als vorher gedacht. Auch in den Anhörungen haben alle diese Änderung begrüßt.

In den Anhörungen sind uns auch viele weitere Hinweise zu Änderungen im Bereich der Beitrags- und Gebührenerhebungen zugegangen, so zum Beispiel von den kommunalen Spitzenverbänden Änderungsvorschläge in Bezug auf die Straßenentwässerung. Hiervon wird aber nicht das Kommunalabgabengesetz berührt, sondern das Straßengesetz, sodass diese Änderungen in diesem Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt werden können. Ich denke, uns werden zukünftig noch viele Fragen und Probleme im Bereich der Kommunalabgaben begegnen, sodass wir heute nicht zum letzten Mal über das Kommunalabgabengesetz sprechen werden.

(Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle möchte ich auch auf den Änderungsantrag der AfD eingehen. Sie halten uns mit dem Vorschlag zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge natürlich das Stöckchen vor. Sie wissen genau, dass wir uns dazu innerhalb der Koalitionsfraktionen in einem Gesprächsprozess befinden, an dessen Ende wir - die Hoffnung gebe ich nicht auf - zu einer guten Entscheidung und zu einem guten Beschluss kommen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Alexander Raue, AfD)

Herr Raue, ich würde die Frage zunächst zurückstellen; denn jetzt erst einmal Herr Hövelmann an der Reihe. Das ist sonst schwierig mit der Zeiterfassung. Sie bekommen danach die Chance, eine Frage zu stellen. - Herr Hövelmann, Sie haben das Wort.

Vielen herzlichen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte im Namen der SPD-Fraktion etwas zu den Regelungen in § 9 und zu § 9a, den es künftig nicht mehr geben wird, sagen. Ich bin sehr froh darüber, dass es uns nun doch gelungen ist, innerhalb der Koalition einvernehmlich eine klare Regelung zu finden, die nun in der vorgeschlagenen Fassung des Gesetzentwurfs enthalten ist.

Dass wir den Gästebeitrag an den Orten, an denen das bereits geübte Praxis ist, auch als Kurtaxe bezeichnen lassen können, hilft all denen, die das vor Ort bereits so praktizieren, damit sich auch Gäste weiterhin an Gewöhntes gebunden fühlen und das nicht neu aufnehmen müssen.

Wichtig ist uns gewesen, dass wir die Einnahmen, die die Kommunen durch die Erhebung dieses Gästebeitrages bzw. der Kurtaxe erzielen, auch zweckgebunden für touristische Leistungen zur Verfügung stellen können, sodass touristischer Service und öffentlicher Personennahverkehr durch die Touristen kostenfrei genutzt werden können. Ich bin sehr dankbar dafür, dass uns das gelungen ist.

Gestatten Sie mir eine Bemerkung zur Streichung des § 9a. Dabei geht es um die betriebliche Tourismusabgabe bzw. um die Tourismusbeiträge. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, auf diese Einnahmemöglichkeit zu verzichten, weil wir der Ansicht sind: Es darf nicht ein Sammelsurium von Dingen geben, die am Ende niemand mehr überblicken kann und die der Kommunalaufsicht am Ende auch oft dazu dienen,

Haushaltssanierung und Einnahmeerzielung zu generieren.

Ich hoffe, dass mit der Streichung des § 9a auch die kommunalaufsichtliche Kreativität zur Schöpfung neuer Abgaben eingegrenzt bzw. ausgebremst wird. Ich erinnere hierbei an die Bettensteuer, die in Wittenberg erhoben werden sollte. Ich bin den Wittenbergern dankbar dafür, dass sie auf selbige verzichtet haben, nachdem wir angedeutet haben, dass wir diese heute beabsichtigte gesetzliche Regelung treffen wollen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt können wir einen Wechsel vornehmen. - Herr Raue, Sie haben das Wort.

Frau Schindler, Sie haben den Bürgern wieder eine richtige Handvoll Schlafsand ins Gesicht geschleudert. Ich frage Sie: Warum betonen Sie in Ihrer Rede eigentlich so sehr, dass es keine Beitragspflicht mehr geben kann, lassen dabei aber weg, dass weiterhin Beiträge erhoben werden können? - Denn die Kommunen können darüber nun frei entscheiden. Sie stellen es so dar, als seien die Bürger damit von Lasten befreit. Das ist aber nicht so. Entweder gibt es Beiträge, ganz klassisch, durch die Gemeinde erlassen, oder es gibt Gebühren, ganz klassisch, oder es gibt - jetzt neu - eine Mischfinanzierung. Doch Sie stellen es so dar, als gäbe es gar nichts mehr. Das waren Ihre Worte.

Sie hätten das, wenn Sie das hier vernünftig vorstellen wollten, in Ihrer Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf umfänglicher darstellen müssen. Das haben Sie jedoch nicht getan. Das ist eine Täuschung der Bürger. Warum machen Sie das so?

Nein, das ist keine Täuschung der Bürger. Ich habe, weil meine Redezeit begrenzt ist, auf das verwiesen, was ich in der Einbringungsrede zu dem Gesetzentwurf gesagt habe. Das war mein einleitender Satz. Damals habe ich das ausdrücklich und sehr umfangreich beschrieben. Das war heute im Rahmen der kurzen Redezeit nicht möglich.

Zu Ihrem Änderungsantrag. Sie schlagen darin auch lediglich die Änderung der Mussregelung in eine Kannregelung vor. Ich hoffe, Sie behaupten in Ihrer Rede nachher nicht, dass Sie die Beitragspflicht abschaffen wollen.

(Zustimmung bei der SPD)

Das werden wir nicht tun.

Das werden wir sehen. Der Redner muss seine Rede jetzt einmal genau überprüfen.

Gut. Dazu haben alle die Gelegenheit. Nun fahren wir in der Debatte fort und kommen zu dem Redebeitrag von Frau Eisenreich von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerichtliche Entscheidungen zeigen dem Gesetzgeber immer wieder einmal auf, dass nicht alles bedacht wurde und dass etwas in entfernter Zukunft von der Rechtsprechung durchaus anders als ursprünglich beabsichtigt ausgelegt werden kann.

Ein Beispiel dafür ist - das hat meine Kollegin Frau Schindler schon genannt - das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes vom 21. August 2018, in dem es in Bezug auf zu niedrig festgesetzte Beitragssätze in der Schmutzwasserbeitragssatzung der Abwasserbeseitigung Weißenfels urteilte, dass diese nicht zulässig seien. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Dies war Anlass und Motivation für die Regierungskoalition, in § 6 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes die bisherige Beitragserhebungspflicht für leitungsgebundene Einrichtungen in eine Kannregelung umzuwandeln, um somit neben dem allgemeinen Ermessen bei der Erhebung dieser Beiträge auch ein Ermessen bei der Festsetzung von Beitragssätzen sowie eine teilweise Finanzierung über Gebühren zu ermöglichen.