Jedes Steuergesetz kennt zwei Grundlagen. Zum einen wird die Bemessungsgrundlage ermittelt. Dabei stellt sich die Frage, wie viel Wert der Besteuerungsgegenstand hat. Zum anderen gibt es einen Steuersatz, der erhoben wird. Das ist in der Regel der Hebesatz, den die Gemeinde erhebt. So auch hier.
Bei der Bemessungsgrundlage kommt es vor allem darauf an, dass sie vergleichbar ist, dass der Nachbar erkennen kann, was der Nachbar an Steuern zahlt, und dass es gerecht zugeht.
Beim Hebesatz, also beim Steuersatz selbst, ist natürlich auch das Sozialstaatsgebot zu beachten. Aber bereits über die Bemessungsgrundlage die Steuerhöhe steuern zu wollen, wird bei der Grundsteuer dazu führen, dass wir in die Verfassungswidrigkeit kommen.
Der Gesetzentwurf, den der Bundesfinanzminister vorgelegt hat, sieht eine Werteermittlung in „blau“ vor. Werte werden dort weiter verwässert.
Kleine lustige Randbemerkung: Auch für Einfamilienhäuser soll in Zukunft ein Ertragswertverfahren zugrunde gelegt werden. Das kann man vielleicht
in städtischen Räumen machen, aber stellen Sie sich bitte eine Gemeinde vor, in der es keine Mieter gibt. Man muss dort eine fiktive Miete ermitteln, weil es keine Mieter gibt. Sei es drum, Typisierungen sind im Steuerrecht möglich.
Was Bayern in dieser Frage abgezogen hat, ist allerdings bemerkenswert. Sie haben nämlich die Öffnungsklausel verlangt. Das heißt, in Zukunft soll jedes Land die Möglichkeit haben, ab dem Jahr 2025 neben dem Bundesgesetz ein eigenes Grundsteuergesetz zu erlassen. So weit, so lustig.
Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse sollte uns an dieser Stelle doch wichtiger sein als irgendein Steuerwettbewerb zwischen armen und reichen Ländern. Sachsen-Anhalt ist ein armes Land; bitte vergessen Sie das nicht.
Aber dann wird es noch verrückter. Wenn wir in den Gesetzentwurf hineinschauen, dann stellen wir fest, dass sich die ärmeren Länder wieder durchgesetzt und gesagt haben, dass dies keine Auswirkung auf den Länderfinanzausgleich haben dürfe. Das heißt, Bayern und alle anderen Bundesländer, die abweichende Gesetze haben wollen, wurden über das Bundesstatistikgesetz verpflichtet, genau die Daten von den Bürgern zu erheben, die für das Bundesgesetz erforderlich wären, damit der Grundsteuerwert in den Länderfinanzausgleich einfließen kann. Das heißt, die Bürger müssen die Werte dann in jedem Fall angeben.
Wenn die CDU mit der Aussage, sie wolle keine bürokratischen Monster erschaffen und es solle ganz einfach sein, argumentiert, schafft sie mitunter die fürchterlichsten bürokratischen Monster.
Was ist zu dem Gesetzentwurf im Weiteren zu sagen? Wir begrüßen die Einführung eines Hebesatzes C für baureifes Land, das nicht bebaut wird. Das wird vor allem in den Stadtstaaten Abhilfe schaffen.
Was uns fehlt, beruht auf einem Fehler der Grundsteuer, der in der alten Bundesrepublik eingeführt worden ist. Die Grundsteuer ist - das beklagen Konservative - eine Substanzsteuer. Durch einen Trick, nämlich indem sie in die Betriebskostenverordnung aufgenommen worden ist, ist aus der Substanzsteuer eine Mietersteuer gemacht worden. Dieser Blödsinn gehört aus unserer Sicht abgeschafft. Es soll tatsächlich der Vermögensgegenstand - -
(Beifall bei der LINKEN - Guido Heuer, CDU: Und gleichzeitig den Mietdeckel ein- führen, alles klar!)
Problematisch finden wir, wie gesagt, die Typisierung und den Umstand, dass kein Bundesland, wirklich kein Bundesland, auf die dann folgende
Veranlagung vorbereitet ist. Man hätte das mehrstufige Verfahren durchaus im Gesetzgebungsverfahren verändern können. Sie wissen, dass die Länderfinanzverwaltungen die Werte feststellen und die Gemeinden auf diese Werte die Steuer erheben. Mit einem verbesserten Verfahren hätte man sich diesen Zwischenschritt sparen können. Gut, das wird es jetzt nicht geben.
Herr Finanzminister, inwieweit ist unsere Finanzverwaltung auf die Verfahren vorbereitet? Die FDP hat es im Deutschen Bundestag ans Licht gebracht. Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sind die einzigen Bundesländer, die mit der Erfassung im bundesweiten Liegenschaftskataster, genannt Languste, noch nicht einmal angefangen haben.
Die Frage, inwieweit unsere Gutachterausschüsse fit sind, um die Bodenrichtwerte zu ermitteln, stellt sich und sie sollte tatsächlich Gegenstand der aktuellen Debatte sein.
Aber, meine Damen, meine Herren, auch die Bertelsmann-Stiftung hat der Grundsteuer eine gewisse Aktualität verliehen, weil sie nämlich eines deutlich gemacht hat: Die Kommunen sind durch die Landespolitik, zuvörderst durch die Kommunalaufsichtsbehörden, gezwungen worden, die Grundsteuer übermäßig anzuheben.
Wir haben im Land auch Debatten über die Anhebung, die die Kommunen vornehmen mussten, geführt. Die Hebesätze sind bundesweit im Durchschnitt von 410 % auf 470 % gestiegen.
Der Grund dafür, dass sich die Kommunen so verhalten, wie sie sich verhalten, ist nicht die Grundsteuer, sondern ein anderer. Der Punkt ist nicht, dass sie es können. Kein Bürgermeister und kein Gemeinderat erhöht gern Steuern. Das Problem besteht in der Unterfinanzierung der Kommunen.
Das trifft uns in Sachsen-Anhalt umso stärker. Ich will die Zahlen noch einmal nennen. Die Steuerkraft in der Fläche der Bundesrepublik Deutschland beträgt in den Kommunen 1 243 € und in Sachsen-Anhalt 808 € je Einwohner.
- Pro Jahr. - Das ist Steuerkraft je Einwohner. Das heißt, an dieser Stelle habe ich schon einen großen Abstand. Schaue ich auf die Grundsteuer, dann hat man bei uns im Land ein Problem. Denn die Grundsteuer B wird in der gesamten Bundesrepublik Deutschland im Durchschnitt mit 470 € je Einwohner bemessen. In Sachsen-Anhalt liegen wir bei 415 € je Einwohner. Das heißt, der Abstand ist deutlich geringer, obwohl man im Wertevergleich nicht sagen kann, dass sachsen-an
Das heißt, in Sachsen-Anhalt wurde durch das Sparen in den Kommunen den Bürgern deutlich stärker in die Tasche gegriffen als in anderen Bundesländern, unterstellen wir einmal, dass es in anderen Ländern tatsächlich auch andere Grundstückswerte sind. Das deckt die BertelsmannStiftung ganz eindeutig auf.
Das zeigt den Handlungsbedarf gar nicht so sehr bei der Grundsteuer. Wenn wir wollen, dass die Grundsteuer für die Grundstückseigentümer überschaubar bleibt, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Kommunen finanziell ordentlich ausgestattet sind.
Dann ist es kein Streit mehr um die Bemessungsgrundlage oder den Steuersatz, sondern dann kann man tatsächlich sagen, wir nehmen die Werte der Grundstücke und die Kommunen erheben darauf eine Steuer. Kein Bürgermeister wird sich vom Hof jagen lassen, weil er zu hohe Steuern erhebt.
Wir müssen es angehen. Die Stellschraube ist damit nicht die Grundsteuer, mit der alle die Welt zu retten glauben, sondern die Stellschraube wird das Finanzausgleichsgesetz sein, dass wir laut Koalitionsvertrag ja im nächsten Jahr beschließen wollen; denn darin geht es um die Finanzausstattung der Kommunen und um die Frage, inwieweit Gemeinderätinnen und Gemeinderäte den Bürgerinnen und Bürgern in die Tasche greifen müssen, um Defizite in ihren Haushalten zu finanzieren.
Sachsen-Anhalt greift den Bürgerinnen und Bürgern überdurchschnittlich in die Tasche. Das haben die Zahlen der Bertelsmann-Stiftung eindeutig aufgedeckt. - Vielen Dank, meine Damen, meine Herren.
Das hatte ich dann überhört. Herr Heuer hat sich noch zu Wort gemeldet, Herr Knöchel. - Herr Heuer, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Herr Knöchel, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie fordern, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Miete abzuschaffen?
Sie wird also auf die Mieter umgelegt. Das finden wir systemwidrig, ja, klar, weil nicht der Mieter das Grundvermögen hat, sondern der Grundbesitzer.