Protocol of the Session on June 21, 2019

Vielen Dank, Herr Abg. Aldag. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldungen. - Die nächste Debattenrednerin ist für die CDU-Fraktion die Abg. Frau Gorr. Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Fraktion DIE LINKE hat zum wiederholten Mal das Thema Lehrermangel zum Gegenstand eines Antrags in diesem Hause gemacht. Als Opposition ist das natürlich ihr gutes Recht. Ich möchte allerdings gleich bemerken: Durch ständiges Wiederholen kreiert man noch keine Lösungen.

Die Landesregierung hat mit Unterstützung der Koalitionsfraktionen in den zurückliegenden zwei Jahren den ernsthaften Versuch unternommen, dem Lehrermangel durch eine deutlich erhöhte Zahl von ausgeschriebenen Stellen in allen Schulformen zu begegnen. Wir sind nur leider absehbar an einem Punkt angelangt, an dem uns auch die größten Kapazitätsaufwüchse an unseren Universitäten und staatlichen Seminaren für Lehrämter zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Garantie liefern können, genügend Bewerberinnen und Bewerber für unsere Schulen in Sachsen-Anhalt zu gewinnen. Das ist nicht schön, aber es ist so.

Diese Feststellung gilt gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Ausschreibungsrunden durch das Ministerium für Bildung. Wir müssen schlicht und einfach konstatieren, dass es derzeit - und nicht nur bei uns, der Minister bemerkte es - nicht mehr genügend ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer gibt, die nach ihrer Ausbildung zur Stellenbesetzung in unserem Land infrage kommen.

(Zustimmung bei der CDU)

An der Stelle möchte ich die Bemerkung machen, dass Sachsen-Anhalt aus meiner Sicht unter anderem auch deshalb relativ wenig Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger hat, weil wir gerade diesen Prozess in Gang gesetzt haben, aber auch, weil wir im Gegensatz zu anderen östlichen Bundesländern immer noch sehr viele ausgebilde

te Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land haben.

Ich möchte festhalten, dass die Landesregierung, besonders in Person des Bildungsministers, alles ihr Mögliche unternommen hat, um dem Mangel entgegenzutreten und um die Unterrichtsversorgung annähernd bei 100 % oder darüber zu sichern. Leider sind wir von dem zugesagten 103Prozentsatz wieder ein Stück weit entfernt.

Maßnahmen wie eine Erhöhung der Arbeitszeit können nur das wirklich allerletzte Mittel sein, um dieses Ziel zu erreichen. Es ist aber absehbar, dass es im kommenden Schuljahr sehr schwierig sein wird, das für die Unterrichtsversorgung gesteckte Ziel zu erreichen. Wir müssen leider eher davon ausgehen, dass die Unterrichtsversorgung sinken wird.

Unter dieser Voraussetzung ist es wichtig, gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Lehrerverbänden den Schulterschluss zu suchen und für ein Miteinander und nicht für ein Gegeneinander einzutreten. Das halte ich für außerordentlich wichtig. Es klang in der Rede des Ministers schon an, dass man über Arbeitszeitkonten nachdenkt. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit.

Einige Ansätze im Antrag der Fraktion DIE LINKE, zum Beispiel zur Ausschreibungspraxis oder zum Modellversuch für Schulassistentinnen und

Schulassistenten, sind unter fachlichen Gesichtspunkten zu diskutieren. Deshalb bitte ich um Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Bildung und Kultur. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Abg. Gorr. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldungen. - Herr Lippmann hat zum Schluss der Debatte noch einmal das Wort. Sie haben das Wort. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf hier noch einmal versichern, dass ich mir diese ständigen Wiederholungen nicht aussuche, sondern mir aufgrund der Entwicklung schlicht nichts anderes übrig bleibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir können doch nicht schweigend wegsehen, wenn die Entwicklung weiter den Bach hinuntergeht. Wir wissen natürlich um die Dimension der Probleme, und wir wissen auch, woher sie kommen. Wir wissen auch, dass das, was wir als Lösungen vorschlagen, nicht sofort alle Probleme löst. Denn die ganze Zeit über liegen ja Lösungsvorschläge auf dem Tisch. Wir legen nicht nur den Finger in die Wunde, sondern wir sagen auch, wie es geht. Wir glauben dennoch nicht, dass sich da

durch alle Probleme von allein lösen. Das ist doch eine billige Retourpolemik.

Wir sind aber überzeugt davon, dass die Lücke kleiner werden würde, wenn unseren Lösungsvorschlägen gefolgt worden wäre, und zwar schon seit zwei, drei Jahren. Auf dem von Ihnen eingeschlagenen Weg wird sie jedoch größer. Sie werden im nächsten Schuljahr zum Ende der Legislaturperiode eine Unterrichtsversorgung von 93 % erreichen und nicht das Ziel von 103 %, wenn wir nicht endlich irgendwie umkehren.

Ich will einmal mehr Folgendem entgegentreten. Es ist nicht der Bewerbermangel in der ersten Phase im Studium, und es ist auch nicht die Attraktivität des Lehrerberufes, die hier an erster Stelle stehen, sondern es sind die fehlenden Kapazitäten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe unmittelbar vor der Debatte in meinem E-Mail-Postfach wieder eine dieser Mails vorgefunden, die einen umtreiben, und zwar eine E-Mail vom Schulelternratsvorsitzenden der LessingGrundschule in Salzwedel. Dort ist die Schulleiterstelle seit einem Jahr unbesetzt, und es ist klar, dass in diesem Sommer, also in wenigen Tagen, eine Kollegin ausscheiden wird. Man kennt eine Kollegin, die in Niedersachsen arbeitet, die nach Salzwedel kommen will und auch zum 30. Juni eine Freigabeerklärung hat. Das steht alles in dieser E-Mail. Die fängt natürlich nicht an. Warum? - Weil diese Stelle nicht ausgeschrieben ist, weil wir immer und immer wieder nur an diesen einzelnen Stellenausschreibungen hängen.

Alle paar Monate eine Ausschreibung zu machen ist nicht eine permanente Ausschreibung. Wenn auf dem Server steht, dass Initiativbewerbungen nicht möglich und nicht erwünscht sind, dass man sich auf diese Ausschreibungen konzentrieren soll, dann sage ich noch einmal: Macht das in drei Teufels Namen weiter, aber nur als eine Säule und macht eine zweite Säule, damit ihr zwischendurch andere Einstellungen vornehmen könnt.

(Beifall bei der LINKEN)

Solange immer noch Mails auf meinem Tisch liegen, nach denen Leute mit voller Lehrerausbildung, die hier arbeiten wollen - ich rede jetzt nicht über die Seiteneinsteiger -, einfach nicht ankommen, weil wir aufgrund unserer Ausschreibungssystematik nicht dazu in der Lage sind, werde ich weiter hier vorn stehen und das einfordern.

(Beifall bei der LINKEN)

Da ich noch etwas Redezeit habe - die ist ja verlängert -, würde ich diese gern an den Bildungsminister abgeben, weil ich doch die Hoffnung

hatte, dass er sagt, die Streichung der Altersermäßigungen ist vom Tisch. Sagt das den Leuten!

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Lippmann. Auch hierzu sehe ich keine Anfragen. - Doch, jetzt habe ich eine Frage. Herr Diederichs möchte eine Frage stellen. Wenn Sie bereit sind, zu antworten, dann bitte ich Sie noch einmal nach vorn.

Es ist nur eine Intervention.

Auch dafür können Sie nach vorn kommen.

Herr Lippmann, ich habe Ihnen genau zugehört, gerade zu dem Thema „länger arbeiten“. Wissen Sie, wenn ich das mit meinen Kollegen in den JVA vergleiche, die im Dreischichtsystem arbeiten müssen, die Frühschichten, Spätschichten, Nachtschichten machen, die jedes zweite Wochenende ihre Zwölfstundendienste schrubben müssen, die jeden Feiertag arbeiten,

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

die sich die Ferien mit ihren Familien teilen müssen, die einen Haufen Überstunden vor sich herschieben und im Verdienst teilweise 500 bis 1 000 € netto weniger verdienen, dann, so muss ich sagen, jammern Sie hier auf einem sehr hohen Niveau.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD - Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Herr Lippmann, Sie können natürlich erwidern.

Herr Diederichs, ich antworte Ihnen jetzt einmal genauso polemisch, wie Sie es vorgetragen haben. Sollte die Streichung der Altersermäßigung, die keine soziale Geschichte war, sondern die einfach vernünftiges Arbeitgeberhandeln ist, nämlich um die Kolleginnen und Kollegen, die noch arbeiten können, auch am Arbeiten zu halten - - Wir hatten vor 20 Jahren 280 Kolleginnen und Kollegen über 60 Jahre. Jetzt haben wir 2 500. Das sind die, die das System tragen und die das System durchgezerrt haben

(Beifall bei der LINKEN)

und die das arbeiten können, was organisiert wird. Wenn das nicht vom Tisch kommt, wird es eine

weitere GEW-Demo geben, vielleicht mit 3 000 oder 4 000 Teilnehmern. Dann kommen Sie herunter und tragen das dort einmal vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrter Herr Lippmann, es gibt noch eine weitere Wortmeldung. Sind Sie noch einmal bereit? - Frau Abg. Gorr, bitte.

Herr Lippmann, in Ihrem Antrag steht nichts von der Erhöhung der Ausbildungskapazitäten an den Universitäten. Sie haben es aber in Ihrer Rede erwähnt. Stimmen Sie mit mir überein, dass wir erstens dieses Thema in großer Ernsthaftigkeit im Bildungsausschuss diskutiert haben und auf meinen Wunsch hin sogar die Chefs der Universitäten zu dem Thema eingeladen worden sind? Und stimmen Sie mit mir überein, dass durch die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten für das nächste Schuljahr nicht ein einziger Lehrer mehr im System ist?

Herr Lippmann, bitte.

Sehr geehrte Kollegin Gorr, selbstverständlich stimme ich Ihnen zu. Ich habe es ja selber initiiert, dass wir im Bildungsausschuss mehrfach und intensiv - ich darf daran erinnern, wer das initiiert hat - sowie mit großer Verzweiflung darüber diskutiert haben. Denn es ist bisher festzustellen, dass sich gegenüber der geringen Kapazitätserhöhung vom letzten Wintersemester, die eben dazu führt, dass in den Fächern, die ich erwähnt habe - ich habe ja die Vorlage gemacht -, nur etwa die Hälfte von dem immatrikuliert wird, was wir brauchen, dass es mit Blick auf das nächste Wintersemester kein Signal gibt, dass es diesbezüglich irgendwelche weiteren Schritte gibt, dass es keine Signale gibt, dass sich in Magdeburg etwas tun wird, weil es notwendig ist.

Wir werden also dabei bleiben, dass wir weiterhin sehenden Auges viel zu wenig ausbilden. Ja, das sind die zu wenigen Lehrkräfte, die nicht nächstes Jahr fehlen. Das sind die zu wenigen Lehrkräfte, die in zehn Jahren fehlen werden. In zehn Jahren werden deswegen hier immer noch Leute stehen, die dann mit dem Finger auf uns zeigen, darauf, was wir hier veranstaltet haben.

Deswegen gehören die Probleme zusammen. Wir müssen das für morgen klären, aber wir müssen eben auch die Ausbildung für übermorgen klären. Deswegen muss ich auch immer beides ansprechen.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Angela Gorr, CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Lippmann. Es gibt keine weiteren Fragen.

Somit steigen wir in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 7/4487 ein. Ich habe vernommen, dass dieser Antrag in den Ausschuss für Bildung und Kultur überwiesen werden soll. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind offensichtlich fast alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? - Eine Gegenstimme. Gibt es Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung von einem fraktionslosen Mitglied. Damit es korrekt ist, erwähne ich der Ordnung halber: Auch ein fraktionsloses Mitglied hat der Überweisung in den Ausschuss zugestimmt. Damit ist der Tagesordnungspunkt 2 erledigt.

Bevor wir in die Beratung zu Tagesordnungspunkt 3 einsteigen, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren des Bildungs- und Beratungsinstitutes Zeitz recht herzlich bei uns hier im Hohen Hause zu begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!