Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, Ihr Kollege steht hier vorn und er wird sicherlich selbst antworten wollen. - Bitte, Herr Büttner.
Herr Hövelmann, Sie haben im Prinzip gerade bestätigt, dass sich Sachsen-Anhalt für Lastenfahrräder nicht eignet. Sie haben selbst gesagt, der Absatz finde außerhalb von Sachsen-Anhalt statt. Das liegt daran, dass wir keine Fahrradinfrastruktur haben,
die diese Lastenfahrräder zulässt. Es gibt teilweise Bereiche im Harz, zu denen im Ausschuss ausgeführt wurde, dass erst einmal der R 1 verlegt werden solle, weil er zu viele Berge habe und die Menschen ihn nicht fahren wollten, weil er zu bergig sei.
Wir können doch nicht das Pferd von hinten aufzäumen. Wir müssen erst einmal dafür sorgen, dass man mit Lastenfahrrädern unfallfrei und sicher fahren kann und nicht verkehrsbehindernd wirkt. Dann können wir uns von mir aus über andere Sachen unterhalten. Aber es gibt ein Bundesprogramm, und wir lehnen es auf jeden Fall ab, hier noch zusätzliche Programme in dieser Form zu machen. Es gibt viele andere Sachen, die die Menschen wirklich wollen und die die Menschen in diesem Land wirklich brauchen, und Lastenfahrräder gehören nicht dazu.
Vielen Dank, Herr Abg. Büttner. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Dr. Grube. Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Lastenrad hat Tradition in Deutschland. Lange bevor DHL, Hermes und Co. von uns allen in Massen in die Innenstädte gerufen wurden und damit selbige verstopfen, fuhr und fährt die Deutsche Post mit dem Postfahrrad oder Zustellrad von Briefkasten zu Briefkasten.
Seit 1896 tut sie das übrigens - Kollege Hövelmann hat das angedeutet - mit tatkräftiger Unterstützung aus Sachsen-Anhalt. Denn von 2006 bis 2011 waren auch die Mifa-Fahrradwerke einer der Lieferanten für die Posträder. Die Post ist beim Einsatz von Lastenfahrrädern kein Einzelfall. Auch private Zustellfirmen nutzen Posträder, dann nicht in gelb. Der Brief und die Postkarte sind längst nicht die einzigen Transportgüter. Längst erfolgt in vielen Städten, auch in kleineren, der Transport von Paket bis Pizza auch mit dem Fahrrad.
Warum ist das so? - Gerade in den dicht besiedelten Städten ist das Fahrrad eine umweltfreundliche und zeitsparende Alternative zum Auto. Auf dem Radweg gibt es selten Stau. Das Rad muss auch nicht in zweiter Reihe parken und damit selbst zum Stauauslöser werden. Es kann in der Regel direkt an den Briefkasten oder an die Haustür fahren - bequemer und effektiver kann man
vielerorts kleinere Güter auf der berühmten letzten Meile kaum an den Mann oder an die Frau bringen. Wer im Wahlkampf selbst einmal Flyer verteilt hat, weiß auch, wovon ich rede.
Als Faustregel gilt: Je dichter besiedelt ein Gebiet ist, umso größer ist der Effekt. Im Nationalen Radverkehrsplan 2020 des Bundes klingt das Ganze so - Zitat -:
„Zukünftig lassen sich im gewerblichen Bereich durch den Einsatz von Pedelecs bzw. Anfahrhilfen und neu entwickelten Sammel- und Verteilkonzepten vermehrt Logistikaufgaben mit dem Fahrrad abwickeln. Mit dem Fahrrad erreichen Zusteller gerade auf der „letzten Meile“ im Stadtverkehr - bei entsprechender Infrastruktur für Fahrräder - eine hohe Produktivität. Es profitieren aber auch die Kommunen, da die mit dem traditionellen Lieferverkehr verbundenen Probleme (zum Beispiel Halten in zweiter Spur, Lärm- und Schadstoffemissionen) verringert werden.“
Eines der Schlüsselworte war übrigens Fahrradinfrastruktur. Dazu möchte ich nicht in die Tiefe gehen; das würde die Redezeit von fünf Minuten deutlich sprengen. Ich gehe davon aus, dass wir das Thema bei Gelegenheit hier noch einmal aufrufen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das Lastenfahrrad ist keine Neuerfindung, sondern eine Wiederentdeckung. Es wurde Mitte des 20. Jahrhunderts durch den Siegeszug des Autos fast verdrängt. Heute geht es nicht um die Verdrängung des Autos, sondern um einen vernünftigen Verkehrsmix. Denn es ist doch überhaupt nicht sinnvoll, Abgase für eine Warenlieferung zu produzieren, wenn sie emissionsfrei und auch schneller ausgeführt werden könnte. Es ist überhaupt nicht sinnvoll, Straßen weiterhin zu verstopfen, wenn man auch den freien Fahrradweg nutzen kann.
Dabei ist die Frage, die in den Debatten um das Lastenrad immer wieder gestellt wird - wir haben es gerade erlebt - die, ob das Ganze überhaupt eine relevante Größenordnung erreichen kann. Ich muss zugeben: Als ich mich damit zum ersten Mal beschäftigt habe, war ich damals auch ziemlich überrascht. Ich will dazu auf etwas abheben, was das Bundesverkehrsministerium auf der Seite des Nationalen Radverkehrsplans schreibt. Das bezieht sich auf eine Studie von Reiter und Wrighton aus dem Jahr 2016, angefertigt im Rahmen des EU-Projektes Cycle Logistics.
Danach könnte - Konjunktiv - ein Anteil von 51 % aller motorisierten Transporte in europäischen Städten - in Städten, nicht im ländlichen Bereich - auf Fahrräder, Radanhänger oder Lastenräder
verlagert werden, da sie eine Streckenlänge von unter 700 m und ein Gewicht von weniger als 200 kg haben. Zwei Drittel der verlagerbaren Fahrten im Logistikbereich finden im Rahmen privater Tätigkeiten statt, also nicht gewerblich. So wurden während dieser Studie auch 6 000 Einkäufe an Super- und Baumärkten untersucht. Ein Anteil von 80 % der Einkäufe hätte mit dem Rad, ein Anteil von 14 % mit einem zusätzlichen Anhänger oder Lastenrad bewältigt werden können. Nur für den restlichen Anteil von 6 % wäre originär ein Pkw oder ein ähnliches motorisiertes Vehikel nötig gewesen.
Ja, dabei reden wir erst einmal ganz grundsätzlich von Potenzialen. Für die Realisierung kommen ein paar andere Faktoren hinzu, wie der Zustand der Radwege, Wetter etc. Aber selbst wenn man nicht einen Anteil von 51 % realisiert, sondern einen von 25 %, 20 % oder auch nur 10 %, wäre für alle etwas gewonnen: mehr Platz auf der Straße, bessere Luft und strammere Waden. Bei diesem Wetter sind alle drei Sachen hochgradig erstrebenswert. - Vielen Dank.
Morgen, Herr Dr. Grube. Sie müssen mir einmal erklären, warum eigentlich der Steuerzahler finanzieren soll, dass der Transport von Lasten, von gewerblichen Gütern für Unternehmen mit Lastenfahrrädern angeblich so günstig und so profitabel ist. Warum soll das der Steuerzahler jetzt mit bis zu 50 % vergüten?
Die zweite Frage ist: Sollten sich Lastenfahrräder denn nicht, wenn sie so effektiv sind, einfach aufgrund ihrer Effektivität am Markt durchsetzen und nicht etwa wieder durch Subventionen?
- Gut. Dann erwarte ich einen Antrag der AfD darauf, dass alle Kosten, die das Auto gesamtwirtschaftlich so trägt, in Zukunft auch bei Autofahrinnen und Autofahrern verortet werden. Ich glaube nicht, dass Sie das tun, vor allem nicht bei dem, was Sie an Wählerklientel so abschöpfen wollen.
Und wenn ich mir die ganze Diskussion, zum Beispiel zu den Fahrverboten, ansehe und auch, was es kosten würde, Fahrverbote durch andere Maßnahmen zu vermeiden, dann finde ich, ehrlich gesagt, 300 000 €, um den Impuls für den Erwerb von Lastenfahrrädern zu geben, sind nicht zu teuer und eine sinnvolle steuerliche Ausgabe.
Sie haben signalisiert, eine kurze Nachfrage zu haben. Bitte eine kurze Nachfrage. Herr Loth ist danach an der Reihe.
Jedes Unternehmen kann gewerbliche Güter kaufen und diese in seiner Bilanz als Kosten ausweisen. Das kann jeder auch heute schon. Jetzt müssen Sie mir einmal erklären, an welcher Stelle Autos in der Art gefördert werden, wie Sie jetzt Lastenfahrräder fördern wollen. Das erschließt sich mir nicht.
Die Neuerwerbsprämie nach der Finanzkrise 2008 ist mit Sicherheit sehr viel teurer geworden als die 300 000 € für die Lastenfahrräder, nur um eine Zahl zu nennen. Wenn wir das alles für Lastenfahrräder ausgeben würden, dann hätte jeder eines und könnte es zu 100 % gefördert bekommen.
Ich wollte kurz festhalten, dass die Kraftfahrzeughalter und -benutzer in unserem Land schon sehr viel zahlen in Form von Kfz-Steuer, Mineralölsteuer usw. Damit leisten sie auch ihren Beitrag
dazu, den Landeshaushalt zu sanieren und Ihnen im Zweifel auch diese 300 000 € für dieses sinnlose Projekt zur Verfügung zu stellen. Aber egal.