Protocol of the Session on June 19, 2019

Frau Ministerin, Sie haben jetzt das Wort.

Danke. - Erst einmal möchte ich sehr klar sagen, dass ich Ihre Zahl nicht bestätigen kann. Das ist eine irgendwie in den Raum gestellte Rechnung. Das möchte ich nur für das Protokoll sehr klar festhalten.

Ich kann es gern wiederholen: Sie können an dieser Stelle mindestens zwei Dinge tun. Das ist zum einen das, was der Ministerpräsident unseres Landes angesprochen hat und wofür er sich in Berlin auch verwendet, dass man die Steuerregelungen ändert und dass dort, wo Betriebssitze

sind, Steuern abgeführt werden müssen, und nicht nur am Hauptsitz.

Das ist ja das Anliegen des Ministerpräsidenten. Dafür kämpft er in Berlin. Das würde uns gut tun, weil wir eben an ganz vielen Stellen nicht die Hauptsitze der Unternehmen haben, sondern Niederlassungen der Unternehmen, und deshalb die Steuern nicht zu uns fließen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Wie Edeka in Minden!)

Das ist das Anliegen des Ministerpräsidenten. - Speziell bei den Windparks - das habe ich eben schon einmal gesagt - müssen wir schauen, dass mehr Erträge zu uns in das Land fließen. Das kann man zum einen regeln, indem die Windparkbetreiber verpflichtet werden, einen bestimmten Anteil ihrer Erträge zum Beispiel an die Kommunen abzuführen, in denen die Windparks stehen, damit die Kommunen mit dem Geld dann etwas Gutes für die Kommune tun können.

Natürlich müssen wir auch daran arbeiten, dass mehr Windparks in die Hand von SachsenAnhaltern und Sachsen-Anhalterinnen kommen.

Vielen Dank, Frau Dalbert. Herr Roi hat auch noch eine Wortmeldung. - Bitte, Herr Roi.

Ich habe zwei Fragen. Sie haben gerade gesagt, dass Herr Haseloff in Berlin kämpft, weil er 30 Jahre nach der Wiedervereinigung festgestellt hat, dass die Steuergesetze vielleicht einmal angepasst werden müssten. Wahrscheinlich hat er das im AfD-Grundsatzprogramm gelesen:

(Oh! von der Regierungsbank)

Versteuerung am Ort der Wertschöpfung. Meine Frage lautet aber ganz konkret: Gibt es schon eine Vorlage aus Sachsen-Anhalt? Wissen Sie das? Wann kommt die denn? Er hat es nicht nur jetzt gesagt, sondern schon im Neujahrsinterview. Das ist sechs Monate her. - Aber gut, das wäre jetzt die Frage: Wann kommt es oder gibt es das schon?

Dann komme ich noch einmal zu den Antworten auf die Kleinen Anfragen; es gab ja mehrere dazu. In den Antworten haben Sie sich auf die Offenbarung nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 der Abgabenordnung bezogen. Meine Frage ist: Weshalb sollte es kein öffentliches Interesse daran geben, diese Steuereinnahmen oder eigentlich den Gesamtsteuerverlust für unser Bundesland offenzulegen?

Warum beurteilen Sie es so, dass daran kein öffentliches Interesse besteht? - Das verstehe ich

nicht. Ich denke, die Bürger unseres Landes möchten schon wissen,

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Was los ist!)

warum sie sich einerseits damit abfinden müssen, dass hier überall die Windräder stehen, und andererseits nicht einmal wissen, wer davon eigentlich profitiert. - Das ist die Frage.

Frau Ministerin Dalbert, bitte.

Also, die Bürger und Bürgerinnen in SachsenAnhalt wissen in aller Regel, wer von den Windparks profitiert, weil sie wissen, wer der Windparkbetreiber ist, und der profitiert davon.

Der andere Punkt ist - ich kann mich nur wiederholen -, wir schauen nicht in die Geschäftsbücher von privaten Unternehmen und können daher keine Aussagen zu deren Gewinnen machen.

Zu Ihrer ersten Frage darf ich Ihnen versichern, dass sich der Ministerpräsident unseres Landes schon seit Jahren bei den Ministerpräsidentenkonferenzen dafür stark macht, dass wir eine Steuerregelung finden, die es eben ermöglicht, dass ein Teil der Steuern auch an die Standorte von Zweigniederlassungen von Unternehmen oder, wie es oft bei uns im Lande genannt wird, von verlängerten Werkbänken fließt.

Das macht man in aller Regel nicht mit Papieren, sondern dadurch, dass man die Kollegen und Kolleginnen in den Ministerpräsidentenkonferenzen immer wieder mit dem Thema konfrontiert, konkrete Vorschläge macht und Überzeugungsarbeit leistet.

Denn wir sind ein föderaler Staat. Er besteht aus 16 Bundesländern. Die 16 Bundesländer haben hierbei durchaus unterschiedliche Interessen, weil manche, wie wir, die Werkbänke haben und andere die Konzernzentralen. Insofern ist es vor allem eine Überzeugungsarbeit, die Sie zu leisten haben.

Herr Roi, Sie signalisieren eine Nachfrage.

Nur ganz kurz. - Der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt sprach Anfang des Jahres konkret davon - nicht, dass er dafür kämpft, was Sie uns gerade schön erzählt haben -, dass das Land Sachsen-Anhalt einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringt. Meine Frage war: Gibt

es den schon und, wenn nein, wann kommt er denn? - Sie sind ja Teil der Regierung.

Der Ministerpräsident hat signalisiert, dass er dazu gern selber reden möchte.

(Alexander Raue, AfD, meldet sich zu Wort)

Okay, das können Sie natürlich machen. - Herr Raue, Sie sind der Dritte, damit können Sie nicht mehr fragen; wir haben zwei vereinbart.

Ich kann es ganz kurz machen. Es gibt mehrere - -

Einen kleinen Moment, bitte. Ich habe Ihnen noch gar nicht das Wort erteilt, Herr Ministerpräsident. - Herr Raue, wir hatten schon zwei Wortmeldungen aus Ihren Reihen. - Jetzt dürfen Sie reden, Herr Ministerpräsident.

Ich kann es kurz machen. Wir können aber gern eine chronologische Darstellung schriftlich nachreichen.

Es gibt eine ganze Reihe von Aktivitäten zum Beispiel zur Windkraftproblematik, die auch in Bundesratsbeschlüsse einmündeten. Die Bundesregierung ist jetzt aufgefordert, ein schon mal thematisiertes, aber nicht ausreichend befriedigendes Konzept vorzulegen, damit genau dieser Missstand abgeräumt wird. Wir werden dranbleiben, damit dieser Bundesratsbeschluss entsprechend umgesetzt wird und die Bundesregierung darauf reagiert.

Des Weiteren gibt es mit dem Landkreistag eine gemeinsame Initiative, die das Land SachsenAnhalt und der Deutsche Landkreistag formuliert haben. Danach ist dieses Themenfeld, und zwar erweitert auf den Gewerbesteuerbereich, im Rahmen der Abarbeitung der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ nicht nur zu thematisieren, sondern einer entsprechenden Lösung zuzuführen.

Das betrifft den gesamten Gewerbesteuerbereich, der immer noch auf einer Rechtsgrundlage aus dem Jahr 1969 vollzogen wird. Zu diesem Zeitpunkt hat noch kein Mensch an Wiedervereinigung und an Transformationsprozesse in den Regionen Ostdeutschlands gedacht. Demzufolge können wir, um es einmal vereinfacht zu sagen,

die Gewerbesteueranteile nicht nach der Wertschöpfung am Ort bekommen, sondern nach den entsprechenden Verteilmechanismen, weil es im Jahr 1969 noch keine Rolle gespielt hat.

Das ist jetzt dringend zu ändern. Sie könnten genauso fragen, warum es erst jetzt geschieht. Wir sind im 30. Jahr nach dem Mauerfall und im nächsten Jahr 30 Jahre nach der Wiedervereinigung. - Ja, es ist so.

Dieser Punkt ist regelmäßig thematisiert worden. Es ist aber auch keine triviale Aufgabe, weil es schlicht und einfach ein bundesweiter Umfinanzierungsvorgang ist, der letztendlich angefangen bei den Kommunen bis hin zu den Ländern eine Umverteilung von Mitteln in Richtung Osten, aus dem Westen - Klammer auf - aus dem Süden - Klammer zu - in Richtung Osten ist. Aber es ist eine Frage der Gerechtigkeit.

Wir werden dieses Brett weiter bohren. Wir lassen uns dabei nicht mit den Argumenten, dass es kompliziert sei und dass das gesamte Steuersystem einer komplexen Überprüfung zugeführt werden müsse, abspeisen. Wir werden politisch dranbleiben, weil wir ansonsten nicht aus der Situation herauskommen, dass wir - ich nenne jetzt einmal ganz pauschale Zahlen - auf der einen Seite 80 % an Produktivität in unserer Volkswirtschaft haben - das ist immer noch ein Defizit von 20 %; wir wissen das; die Strukturen, die Unternehmensgrößen usw. spielen dabei eine Rolle - und auf der anderen Seite verglichen mit dem Westen im Durchschnitt aber nur 50 % der Gewerbesteuereinnahmen pro Kopf erzielen.

Die Differenz von 30 % muss einen systemischen Grund haben, und der liegt unter anderem genau in diesem Steuerverteil- und -veranlagungssystem. Das müssen wir aufbrechen, ansonsten werden wir die Angleichung der Lebensverhältnisse im Sinne von Chancengleichheit nicht hinbekommen und dann wird auch die Transformation nicht zu einem abschließend positiven Ende geführt werden können. Sie können sich darauf verlassen, dass ich an dem Thema sehr vehement dranbleiben werde.

(Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU)

Vielen Dank. - Wir kommen nunmehr zum nächsten Fragesteller. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Knöchel. Sie dürfen jetzt Ihre Frage stellen. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich habe eine Nachfrage zum Agieren der Landesregierung im Bundesrat. Mit dem Zensusvorbereitungsgesetz kommen auf die Länder erhebliche zusätzliche

Kosten zu. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass der Bund den Ländern diese Kosten zu erstatten hat und, wenn ja, wie? Unterstützt die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Anrufung des Vermittlungsausschusses?

Ich schaue in die Regierungsbänke. Herr Minister Schröder wird auf diese Frage antworten. Sie haben das Wort. Bitte, Herr Minister.

Die Aufwendungen bezüglich des angefragten Punktes spielen auch bei dem gegenwärtigen Aufstellungsverfahren für den Doppelhaushalt 2020/2021 eine Rolle. Sie waren auch Thema im Finanzausschuss des Bundesrates und auf der Finanzministerkonferenz.

Beide Fragen lassen sich mit einem Ja beantworten. Die Finanzminister der Länder erwarten einen Beitrag des Bundes und erwägen die Anrufung des Vermittlungsausschusses.

Herr Minister, ich sehe eine Nachfrage, zumindest eine diesbezügliche Wortmeldung. - Herr Knöchel, Sie haben das Wort.

Herr Finanzminister, dann interessiert mich natürlich, warum die Landesregierung hierbei einen Grund sieht, den Vermittlungsausschuss anzurufen, während sie bei dem kostenintensiven Geordnete-Rückkehr-Gesetz darauf verzichtet. Kann die Landesregierung ausschließen, dass mit diesem Gesetz, also dem Geordnete-RückkehrGesetz, zusätzliche Sach- und Personalkosten bzw. Investitionskosten auf das Land und seine Kommunen zukommen?

Herr Minister Schröder, bitte.

Zu den konkreten Kostenauswirkungen dieses jetzt zusätzlich in die Fragestellung eingeführten Gesetzes kann ich keine abschließende Aussage treffen. Ich kann aber die Frage mitnehmen und dazu eine schriftliche Antwort nachreichen.