Protocol of the Session on May 23, 2019

Ein letzter Aspekt noch. Frau Ministerin, Sie haben es auch angesprochen. Ich denke, dass der Aktionsplan 2025 eine gute Grundlage für unsere zukünftige Arbeit zum Thema Forst- und Holzwirtschaft ist. Wir sollten zügig daran arbeiten, um diesen Plan dann später auch in die Tat umsetzen zu können. Denn der Bürger misst uns nicht an unseren Worten, sondern an unseren Taten. Die sollten wir folgen lassen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Holger Hövelmann, SPD, und von Guido Heuer, CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Barth. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Der nächste Debattenredner ist für die AfD-Fraktion der Abg. Herr Loth. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Der Wald ist das Ökosystem, mit dem sich die Bevölkerung unseres Landes am stärksten identifiziert und dessen Zustand daher von höchstem öffentlichen Interesse ist. Leider ist der Zustand des Waldes in unserem Land mehr als kritisch. Folglich ist er in den Fachausschüssen und hier im Plenum ein Dauerthema.

Leider geht es nicht primär um die Folgen von außergewöhnlichen Naturereignissen in Form von Stürmen, die eine auf Fichte und Kiefer ausgerichtete, den klimatischen Bedingungen nicht mehr gewachsene Baumkultur treffen, was in einer Verkettung wiederum die Grundlage für die geradezu explosive Vermehrung einiger Forstschädlinge darstellt, die letztlich zum großflächigen Tod der Bäume führen.

Bereits dieser Prozess alleine würde ausreichen, um Forst- und Waldbesitzer vollumfänglich zu beschäftigen. Aber es kommen noch weitere lösbare oder sogar unnötige Probleme hinzu. Das sind zum Beispiel die geplanten Umstrukturierungen im Landesforstbetrieb und die Sparpolitik im Ministerium in diesem Bereich, die Trockenheit in Verbindung mit Waldbränden, die invasiven Arten, die Baumkrankheiten sowie die verschiedenen Interessen, wie mit dem Wald umzugehen ist.

Damit sind wir beim Parteiengezänk angelangt. Auf der einen Seite steht die Partei, die den Wald zum Urwald umbauen, am liebsten nicht mehr bewirtschaften möchte und nur freiwillig umgefallene Bäume mit dem Pferd herausholen möchte. Auf der anderen Seite haben wir die Waldbesitzer in der CDU, die diesen Wald gern industriell bewirtschaften wollen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Nur in der CDU gibt es die!)

Die SPD dagegen fordert einen klimaresistenten Wald. Dann müssen wir eben einen Konsens finden. Die AfD hat zum Beispiel von Anfang an gefordert, die Forstbetriebsgemeinschaften ausreichend und damit mehr zu fördern, die privaten Waldbesitzer entsprechend der Schadenslage zu unterstützen und die Beratungskosten auch weiter zu erstatten. Die Regierung hat aber bisher leider keinen Weg gefunden, eine wirklich durchgreifende Regelung zu finden, um auch nur eines dieser lösbaren Probleme zu lösen.

Die Lagerung von Hundertausenden Festmetern staatlichem Holz kostet Zehntausende von Euro. Das Holz steigt nicht im Wert und die Kosten für Forstarbeiten sind von den Privaten mittlerweile nicht mehr zu schultern. Es liegt so viel Holz auf Halde, dass dieses nicht mehr kostendeckend verkauft werden kann. So bleibt das Holz eben liegen, um weiteren Generationen des Borkenkäfers ideale Lebensbedingungen zu schaffen.

Vor ein paar Monaten sahen wir ein Video, in dem ein Waldbesitzer minutenlang an Holzstapeln vorbeigefahren ist. Es war Windbruch, den er nicht verkaufen konnte, weil der Markt gesättigt ist. Vor wenigen Wochen sahen wir in einem Video, wie Raupen des Eichenprozessionsspinners über Eichen herfallen. Und vor wenigen Tagen sahen wir in einem Video, wie der Wald von Borkenkäfern zerstört wird.

Auch ich wandere ab und zu durch den Harz. Das letzte Mal, Ende 2018, war ich sogar auf dem Brocken.

(Guido Heuer, CDU: Mit der Brockenbahn!)

Beim Abstieg nutzen wir den abenteuerlichen Weg über Stämme und Steine hinab. Idyllisch ging es voran, doch plötzlich sah man keine Nadeln mehr an den Bäumen. Es war erschreckend, was dort stellenweise an Holz herumlag, nachdem der Sturm vorübergezogen war.

Es muss etwas getan werden. Es muss mit dem parteipolitischen Gezänk aufgehört werden, mit der Diskussion, welche Ausrichtung richtig für unseren Wald ist. Dazu muss endlich ein Konsens gefunden werden. Es muss auch auf die privaten

Waldbesitzer gehört werden. Denn diese wissen vor Ort oft besser Bescheid, welche Hilfen tatsächlich benötigt werden, als die Großwaldbesitzer vor mir.

(Siegfried Borgwardt, CDU, lacht)

Die von der CDU gestellte Frage, ob der deutsche Wald systemrelevant ist, ist schnell beantwortet: Ja. Denn - bitte verzeihen Sie mir die Plattitüden; wir haben es heute schon so oft gehört - er ist ein Ort der Erholung, ein Sauerstofflieferant, ein CO2Speicher, ein Rohstofflieferant sowie ein unverzichtbarer Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen. Er ist aber auch Heimat, Geschichte und Kultur.

Den Wald zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften muss ein Anliegen aller hier im Saal sein. Daher kann man den Akteuren im Wald nur dankbar sein, dass diese trotz der oft widrigen Umstände diese Generationenaufgabe für sich und uns alle wahrnehmen und täglich ihre Arbeit tun. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Loth. Es gibt keine Fragen. - Die nächste und letzte Debattenrednerin wird für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abg. Frau Frederking sein. Sie haben das Wort, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor 300 Jahren schrieb Hans Carl von Carlowitz sein Werk zur Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft. Anlass war der Raubbau am Wald für den sächsischen Bergbau. Darüber hinaus erlebte von Carlowitz bis zum Jahr 1710 Naturkatastrophen wie extrem niederschlagarme Sommer, Stürme und Borkenkäferbefall, die den Wäldern schwere Schäden zufügten.

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

- Genau. Was ist der Unterschied? - Doch damals kamen diese Wetterextreme längst nicht so häufig vor und waren nicht so heftig, sodass die Wälder sich erholen konnten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulrich Thomas, CDU: Sie waren doch gar nicht dabei da- mals!)

Auch wir haben es mit katastrophalen Schäden im Wald durch Stürme, die Dürre im Jahr 2018 und den Borkenkäferbefall zu tun. Aber anders als von Carlowitz wissen wir nicht, ob da, wo einmal Bäume standen, jemals wieder Wald wachsen wird. Wer jetzt so tut, als müssten wir alle

nur die Ärmel hochkrempeln und alles weiter ginge wie bisher - verbunden mit den Rufen nach mehr Personal sowie nach mehr Geld -, der verkennt die Problemlage.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer zudem der Ministerin Claudia Dalbert die Schuld für die Misere gibt und 53 000 private Waldbesitzer dazu verführt, dieses zu glauben, handelt fahrlässig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn solche Vorwürfe verstellen den Blick auf das Wesentliche und werden den Herausforderungen nicht gerecht.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Deshalb freue ich mich über den sachlichen Stil in der heutigen Debatte. Dieser sollte fortgesetzt werden. Dazu gehört auch, dass wir eine ehrliche Anerkennung der Schadensursache brauchen. Die liegt im Klimawandel und nicht bei Frau Dalbert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aufgrund des Klimawandels verändern sich die Ökosysteme so gravierend, dass wir mit ihren bisherigen Funktionen nicht mehr rechnen können. Auf das jahrhundertealte forstliche Wissen können wir uns nicht mehr gesichert verlassen. Alles ist im Umbruch, und zwar rasant schnell. Bisherige Gewissheiten brechen uns weg. Was früher einmal war, das gilt nicht mehr. Die Trockenperioden werden sich verstetigen. Wir müssen uns ehrlich die Frage beantworten, wo überhaupt noch Waldbau möglich ist, wenn das Wasser schwindet.

Die Dürre 2018 trocknet den Boden von unten aus. Mit welchen waldbaulichen Maßnahmen kann Waldbau noch erfolgreich betrieben werden? - Im Februar lernten wir bei unserem Fraktionsbesuch in Annaburg, dass der Waldboden, bevor die Pflanzen eingesetzt werden, aufgemeißelt werden muss. Früher reichte dafür ein kleiner Pflug.

In dieser Aktuellen Debatte wird nach der Systemrelevanz gefragt. Ja, Wälder sind enorm relevant für intakte Ökosysteme und sind entscheidende CO2-Senken. Mit ihren Nutz-, Schutz-, Klima- und Erholungsfunktionen sind sie wahre Alleskönner und tragen zur wirtschaftlichen Leistung im ländlichen Raum bei. Ja, Wälder sind systemrelevant. Es gilt, sie zu erhalten und zu mehren. Dafür verdienen die Waldeigentümer nicht nur Anerkennung, sondern auch die bestmögliche Unterstützung.

Der Wald ist in seiner Existenz gefährdet. Das wurde uns von einem Experten im letzten November bei einer öffentlichen Anhörung im Aus

schuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitgeteilt. Im Dürrejahr 2018 sind Millionen von Setzlingen aus drei Jahrgängen vertrocknet und eine ganze Waldgeneration ist verdorrt. Zudem sind auch Wälder verbrannt. Die Situation ist erschütternd. Die Waldeigentümer dürfen mit den Schäden und den Herausforderungen des Klimawandels nicht allein gelassen werden. Ihr Ruf nach Hilfe ist berechtigt, aber ihr Schimpfen nicht.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Cornelia Lüddemann, GRÜ- NE)

Vor einem Jahr habe ich bei unserem Waldbesuch in Rottleberode gesagt, dass Ministerin Dalbert einige Maßnahmen zur Unterstützung der Forstwirtschaft bei der Schadenbewältigung auf den Weg gebracht hatte: die Lockerung des Kabotageverbotes, Steuererleichterungen, die Zurverfügungstellung von Luftbildern, die Einrichtung von Nasslagern und die Freigabe von Saatgutreserven.

Ich hatte damals aber auch zum Ausdruck gebracht, dass fortlaufend alle Maßnahmen auf den Prüfstand müssen, damit erforderliche Verbesserungen initiiert werden können.

Für eine bessere Unterstützung durch das Land sind inzwischen einige Nachsteuerungen erfolgt. Nennen möchte ich die Vereinfachung der Waldumbaurichtlinie und eine neue Förderrichtlinie, mit der private Waldbesitzer bei Schäden finanzielle Hilfe bekommen, zum Beispiel Zuschüsse zur Beräumung.

Auch die Steigerung der regionalen Wertschöpfung ist sinnvoll. Die Idee ist ja, dass im Rahmen des Strukturwandels, der Strukturwandelfördermittel, die auch im Landkreis Mansfeld-Südharz ausgereicht werden sollen, ein „Innovationshub Zukunft Holz“ errichtet wird. Dabei wird es um vielfältige Aufgaben gehen, auch darum, dass innovative Lösungen gefunden werden, wie Holz noch genutzt werden kann.

Wir hatten hier im Landtag die Debatte „Holz als ökologischen Baustoff stärker einsetzen“. Gegebenenfalls sind dabei auch Änderungen an der Bauordnung erforderlich. Falls das so sein sollte, würden wir uns als GRÜNE natürlich auf Ihre Unterstützung freuen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Inzwischen hat das MULE mit Anregungen und auf Bitte des Landesbeirats Holz eine umfangreiche Auflistung aller Maßnahmen als Aktionsplan „Wald und Forstwirtschaft 2025“ zusammengestellt.

Diese systematische Vorgehensweise ist ganz genau richtig. Von allen Seiten müssen Wissen,

Einschätzungen und Vorschläge zusammengetragen und sachlich-fachlich diskutiert werden, um am Ende Lösungsansätze zu bekommen. Wir brauchen einen sach- und lösungsorientierten Umgang miteinander.

Ich hoffe auch, dass der Verkehrsminister bald einer Einladung zum Landesbeirat Holz folgt, um die Vorschläge zum Kabotageverbot und zur Holzlogistik zu diskutieren.

Zu diesen Fragen und Lösungsvorschlägen kommen wir leider viel zu selten. Zu häufig werden nur Schuldzuweisungen betrieben. Das wird unseren Wäldern nicht gerecht. Aber nach der heutigen sachlichen Debatte - ich habe es vorhin schon gesagt - bin ich guter Hoffnung, dass sich das ändern wird.