Protocol of the Session on May 23, 2019

deutschlandweit weiterzuentwickeln. Lassen Sie uns dafür unsere Kräfte bündeln. Es lohnt sich zum Erhalt der Artenvielfalt. Und es lohnt sich, damit auch unsere Enkel am Grünen Band erfahren können, dass eine friedliche Überwindung des Todesstreifens möglich war, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Ministerin für die Stellungnahmen der Landesregierung. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren des Bundesfreiwilligendienstes der Stadt Zahna-Elster in unserem Hohen Hause begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die AfD spricht jetzt die Abg. Frau Funke. Frau Funke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir sollen/wollen heute über einen Weckruf für Sachsen-Anhalt aufgrund des internationalen Artensterbens reden, aber eigentlich reicht ein Ruf hier für SachsenAnhalt nicht mehr aus, denn es müsste ein Schrei oder ein Alarm sein.

Josef Settele, Leitautor einer globalen Studie zum Artensterben des Weltbiodiversitätsrates, wird mit dem Satz zitiert: Es kann keiner mehr sagen, wir haben es nicht gewusst. Und trotzdem machen alle weiter so. - Trotzdem, werte Frau Ministerin, haben wir den perfekten Einstieg für den Anteil Sachsen-Anhalts am ebenfalls - Zitat - niederschmetternden Ergebnis der globalen Studie.

Die mangelhafte Beantwortung von Fragen jeder Art im Bereich Landwirtschaft, Umwelt und Energie war schon immer ein Streitthema zwischen unserem Arbeitskreis und Ihrem Ministerium. Aber die Informationen, die wir über die Verantwortungsarten des Landes Sachsen-Anhalt aktuell erhalten haben - sprich: gestern -, sind die Offenbarung einer mittleren Katastrophe.

Einige Arten hatten wir über Große und Kleine Anfragen und über Selbstbefassungen bereits thematisiert und 13 Arten nun aktuell. Den Stängellosen Tragant hatten wir dabei außen vor gelassen, denn Ihre Lieblingspflanzenart haben Sie uns regelmäßig als Beispiel benannt.

Was haben wir aber nun über spezielle Arten erfahren? - Das Land Sachsen-Anhalt bzw. die Ehrenamtlichen und Verbände nehmen nach Ihrer Kenntnis nicht an Artenschutzprojekten zur Wildkatze teil, auch nicht am Projekt „Feldhamsterland“ der Deutschen Wildtier Stiftung. Der Bauernbund weiß das besser.

Der Feuersalamander ist nur in Sachsen-Anhalt nicht durch Pilzerkrankungen bedroht. In anderen Bundesländern werden bereits einzelne Tiere als Genreserve sichergestellt.

Den Iltis haben Sie wohl doch vergessen. Denn nach zehn Jahren Monitoring geht die Projektleiterin davon aus, dass wir den Iltis wohl verlieren werden, auch weil sich keiner für diese Art interessiert.

Der Rotmilan hat nur noch fragmentarische Dichtezentren im Land Sachsen-Anhalt. Laut Leitlinie „Artenschutz an Windkraftanlagen“ bei der letzten Erfassung im Jahr 2000 sind diese noch zusammenhängend. Nun stehen ja Windparke dazwischen.

Wann findet nun endlich die geplante aktuelle Erhebung der Brutpaare zum Rotmilan statt? Wann und wo kommt das zweite Großtrappenschutzgebiet? - Die Fragen sind immer noch offen.

Der Rotmilan ist nun ein exemplarisches Beispiel dafür, welche Auswirkungen das Aneinanderreihen von Windparken wie an einer Perlenschnur in unserer Kulturlandschaft hat, und das alles, meine Damen und Herren, im Namen von CO2Neutralität und grüner Energie. Ein aktuelles Beispiel gibt es in Sangerhausen, wo Bäume illegal gefällt wurden, um dort einen Solarpark aufzustellen. Das passiert eben auch alles im Namen von CO2-Neutralität und grüner Energie.

Da bleibt wohl nicht mehr viel für den Artenschutz und die Biodiversität, vor allem dann nicht, wenn wir nur darüber reden und nichts tun.

Gezielte Artenschutzmaßnahmen wie Telemetrie, individuelle Markierung, Beringung, Nachweis von DNA einzelner Individuen, Parasitenerfassung, Krankheitserreger, Samenbanken für Pflanzen, Anzucht und Vermehrung in Baumschulen, Wildkameras, Lockstäbe, DDR-Brutvogelmonitoring sind offenbar alles Artenschutzmaßnahmen, die im Land Sachsen-Anhalt außerhalb der Kenntnis des Umweltministeriums laufen oder nicht zur Kenntnis genommen werden.

Für alle 13 Tier- und Pflanzenarten gibt es eine Standardantwort in diesen Kleinen Anfragen, nämlich - ich zitiere -:

„Maßnahmen des Naturschutzes sind in aller Regel nicht auf die Ansprüche von einzelnen elitären Arten ausgerichtet.“

Das ist seltsam, denn für den Wolf und den Biber gibt‘s die ja schließlich auch. - Und weiter: … dass man konkret begrenzt Nist- und Fledermauskästen aufhängen, aber letztendlich nur über Projekte zum Lebensraum in verschiedenen Förderungen den Artenschutz umsetzen kann.

Merkwürdigerweise kann man für alle Arten detaillierte Informationen zum gezielten Artenschutz und Management auf den Seiten des Bundesnaturschutzamtes nachlesen, die natürlich auf Bestandszahlen basieren, die aber für alle 13 nachgefragten Verantwortungsarten im Land SachsenAnhalt seit dem Jahr 2014 nicht darstellbar sind.

Was meldet Sachsen-Anhalt da eigentlich an das Bundesministerium und an die EU für Zahlen? - Die Wildkatze wird zum Beispiel in ähnlicher gesichteter, standardisierter Nachweismethode einzelner Katzen in Planquadraten erfasst, wie das beim Wolf passiert. Die letzten Berichte zur Bestandssituation in Landesbroschüren stammen aber von 2014.

Auch die Natura-2000-Landesverordnung oder weitere Landesnaturschutzgroßprojekte werden uns nicht helfen; das hat die gestrige Umweltausschusssitzung in Steckby gezeigt.

Das, was seit Jahrzehnten als stilles Abkommen zwischen der Bevölkerung und den Behörden vor Ort im Sinne des Artenschutzes in Eigenregie funktionierte, wurde jetzt durch Verwaltungsakte und Verbote aufgehoben und damit die Akzeptanz der Bevölkerung erschüttert.

Und, werter Herr Barth, unsere Kritik an den Landesverordnungen in Gänze ist berechtigt. Sie sollten ausgiebig die Erfahrungswerte der anderen Bundesländer, die per Gesetz regeln, studieren; denn hier werden Managementpläne für die Schutzgebiete von allen Betroffenen vor Ort aufgestellt und jährlich evaluiert. Natürlich gibt es auch dabei Probleme und Differenzen, aber keine Proteststürme der Bevölkerung, wie wir es hier zu Natura 2000 und auch gestern wieder erlebt haben. Wo sind unsere Managementpläne für alle Schutzgebiete bitte nachzulesen und veröffentlicht?

Wie Hermann Hesse bekanntlich einmal ausführte: „Die Natur hat zehntausend Farben, und wir haben uns in den Kopf gesetzt, die Skala auf zwanzig zu reduzieren.“ - Offenbar wollen wir das hier genauso umsetzen; denn was ich nicht kenne, kann nicht schützen, was ich nicht weiß, kann ich nicht beeinflussen.

Dieser Debattenweckruf kommt viel zu spät und hätte längst erfolgen müssen. Wir werden uns noch in dieser Legislaturperiode von weiteren Arten in Sachsen-Anhalt verabschieden. Bei fünf Jahren fehlender Bestandsdarstellung aufgrund von unzureichender Datenlage kann man davon ausgehen, dass es einige Arten hier möglicherweise nicht mehr gibt. Es graust davor, die Neuausgaben der Roten Listen des Landes zu studieren, wenn sie in diesem Jahr neu erscheinen.

Das Thema ist für die AfD nicht abgeschlossen. Anträge werden folgen. Nur reden wir nicht nur, sondern handeln eben auch. Die Bäume vor der eigenen Haustür sagen es aus. - Vielen Dank.

(Beifall bei den AfD)

Frau Funke, Herr Striegel hat sich zu Wort gemeldet.

Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Frau Funke, Sie haben die Antworten der Landesregierung auf Kleine Anfragen - ich nehme an, auf Kleine Fragen, die Sie zur Fragestunde gestellt haben - hier angesprochen. Ich wollte Sie fragen, ob Sie es für ein parlamentarisch sinnvolles Vorgehen halten, in einer so kurzen Frist - ich habe nachgezählt, ich glaube, es sind zwölf Anfragen an ein Ministerium - so viele Kleine Anfragen für die Fragestunde zu stellen und zu erwarten, dass dann umfassend und vollumfänglich in so kurzer Frist geantwortet werden kann.

Ich meine, dass es dafür ein anderes parlamentarisches Instrument gibt, nämlich das der normalen, standardmäßigen Kleinen Anfragen. Dann hat die Landesregierung einen Monat lang Zeit. Dann kann auch umfassend geantwortet werden. Also, ist es ein geeignetes Instrument für Sie, solche komplexen fachlichen Anfragen in der Fragestunde für mündliche Anfragen zu stellen, und dann noch in dieser Menge?

Frau Funke, Sie haben jetzt die Möglichkeit, darauf zu antworten.

Wir sehen es definitiv so, dass es möglich ist. Wenn man die Daten hätte, dann hätte man in der Datenbank einfach nur einen Klick machen müssen und hätte dann Ausführungen machen können. Es werden keine Grafiken angehängt, nichts. Es sind auch immer nur zwei Fragen, die gestellt werden.

Unsere anderen Kleinen Anfragen, die wir stellen, haben einen weitaus größeren Umfang. Auch diese werden völlig unzureichend beantwortet. Dazu sind wir schon oft mit dem Umweltministerium im Gespräch gewesen, weil Antworten einfach unzureichend waren.

(Beifall bei der AfD)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Funke für den Redebeitrag. - Für die CDUFraktion spricht der Abg. Herr Borchert.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Herr Borchert, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Der Globale Bericht des Weltbiodiversitätsrats soll also auch ein Weckruf für uns in Sachsen-Anhalt sein und ist es. Wir wissen, dass der Bundestag bereits vor 13 Tagen

ebenfalls eine Debatte über eben diesen Bericht geführt hat.

Wir sind ein Sechzehntel der Bundesrepublik Deutschland, 5,7 % der Gesamtfläche der Bundesrepublik. Können wir auf 20 452 km² die gesamte Artenvielfalt retten?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Nein! Aber wir müssen unseren Teil tun!)

Dass wir alle diese rhetorische Frage mit einem klaren Nein beantworten, ist mir und Ihnen auch klar - danke schön -, aber wir können auch im Kleinen etwas für die Artenvielfalt tun.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Genau! - Zu- ruf von Eva von Angern, DIE LINKE)

- Lassen Sie mich doch ausreden. Dann sage ich Ihnen schon, was dort steht.

(Guido Heuer, CDU: Lass dich nicht ins Bockshorn jagen!)

In den letzten 540 Millionen Jahren gab es mindestens fünf große Wellen des Artensterbens, die fast immer durch Auswirkungen aus dem Weltall entstanden sind. Möglicherweise finden die Geologen in den Klimaarchiven noch weitere. An der sechsten Welle, die uns jetzt bevorsteht, sind wir alle beteiligt. Das lässt sich definitiv nicht leugnen.

Jede achte Art ist in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Es ist in der Tat an der Zeit, diesem Artensterben gemeinsam und global entgegenzusteuern. Allerdings muss dieses Entgegensteuern auf die Ursachen ausgerichtet sein und nicht auf Ideologien.