Protocol of the Session on April 5, 2019

Gerade mit Blick auf den Glasfaserausbau in kommunaler Eigenregie in der Altmark und der Börde ist es uns besonders wichtig, dass der geförderte Ausbau im Land gleichrangig die Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke und die Förderung von Betreibermodellen ermöglicht.

Beim Betreibermodell verlegen Kommunen Glasfaserleitungen oder Leerrohre selbst und verpachten diese an einen Netzbetreiber. Die Investitionen in die Infrastruktur fließen durch die Verpachtung wieder zurück. Die Zuschüsse gehen somit nicht verloren und die Finanzierung muss nur einmal erbracht werden.

Wir GRÜNE können diesem Fördermodell einiges abgewinnen. Kommunen oder Zweckverbände bauen die Netzinfrastruktur selbst auf und verpachten sie. Die Netzinfrastruktur ist damit ein praktischer Teil der Daseinsvorsorge und eine öffentliche Aufgabe im kommunalen Eigentum.

Das Wirtschaftslückenmodell basiert hingegen auf dem Ausbau und dem Betrieb von Netzen durch private Wirtschaftsunternehmen. Dies sind bei uns in Sachsen-Anhalt meist die bekannten Telekommunikationsunternehmen.

Die Förderung deckt die Lücke zwischen den Ausbaukosten und der erwartbaren Amortisierung durch die Anschlüsse bei den Endkunden. Private Netzbetreiber betrachten die unterschiedlich

große Lücke natürlich als unwirtschaftlich. Zum Zug kommt im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung dann das Unternehmen, das für eine festgelegte Zeit am wenigsten Geld für den Lückenschluss verlangt.

Die entstandene Infrastruktur verbleibt aber letztlich - das ist ein Problem - im Eigentum des Unternehmens. Zukünftige Gewinne werden nicht zwingend in das vorhandene Glasfasernetz reinvestiert, sondern privatisiert.

Beide Fördermodelle sollen zukünftig möglich sein. Je nach konkreter Lage vor Ort führen dann auch unterschiedliche Wege zum Ziel; denn die Kommunen entscheiden nunmehr eigenständig über ihre Umsetzungspraxis beim zukünftigen Glasfaserausbau. Das halten wir in unserem heutigen Beschlusstext explizit fest. Der leidige Fokus auf dem Ausgleich der Wirtschaftlichkeitslücke ist also endlich nicht mehr die präferierte Förderung im Land.

Im Rahmen des Fachgespräches unserer Fraktion zur Gigabit-Strategie für Sachsen-Anhalt war aus der Altmark zu hören, dass das Land dort bisher eher als Bremser anstatt als Motor der Entwicklung gesehen wird. Es wurde gefordert, den ländlichen Raum durch eine konsequente Förderung von Glasfaser bis zur Wohnungstür zukunftsfähig zu machen. Aus der Sicht des nördlichen Sachsen-Anhalts sei dies auch ein Beitrag zur Lösung der Probleme in den Ballungsgebieten.

In der Börde hat man das Heft des Handelns bereits selbst in die Hand genommen; dort wird die Breitbandversorgung in Eigenregie aufgebaut. Nach eigener Einschätzung heißt es dort: Wir haben nur Zukunft vor uns; denn wir sind bei null.

Diesem Ausbau in Eigenregie soll das Land zukünftig als Motor dienen. Daher betrachten wir die Gleichrangigkeit der Fördermöglichkeiten und die eigene Entscheidung der Kommunen als besonders wichtig und haben diese gestärkt. Der Maßstab Glasfaser mit Up- und Downloadraten von mehr als 100 Mbit/s soll es im Übrigen auch dem Magenta-Riesen erschweren, solchen Projekten nachträglich das Leben mit Vectoring schwer zu machen.

Gerade bei so viel Zukunftsmusik ist uns aber die tatsächliche Lage und die Unterversorgung im Land schmerzhaft bewusst. Die aktuellen Daten halten fest, dass in Sachsen-Anhalt 59,5 % aller Haushalte mit 50 Mbit/s im Download surfen. Das reicht für E-Mails und Onlinebestellungen und für wenig mehr. Die Hälfte des Landes ist unterversorgt.

Mit der bisherigen Breitbandförderung aus dem Wirtschaftsministerium ist das Ziel des Koalitionsvertrages von 50 Mbit/s für Privathaushalte im Download und 100 Mbit/s symmetrisch für Unternehmen in den Gewerbegebieten noch nicht erfüllt. Die genehmigten Förderungen und die in der Umsetzung befindlichen Ausbauprojekte lassen hoffen, dass dieses Ziel zumindest flächendeckend bis zum Jahr 2020 erreicht wird. Wir

Koalitionspartner haben hierzu eine klare Erwartungshaltung an das zuständige Ministerium.

Aktuell ist ein Anteil von gerade einmal 1 % der Anschlüsse im Land als Glasfaseranschlüsse ausgelegt. Das müssen wir mit dem Netz der Zukunft anpacken. Deswegen brauchen wir eine Glasfaserstrategie für Gigabit-Netze im Land.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Deswegen müssen wir auch weg von den technologisch regelmäßig überholten Breitbandzielen. Wir GRÜNE haben deshalb vorgeschlagen, Infrastrukturzielen künftig den Vorrang zu geben. Das Ziel soll also nicht mehr 50 Mbit/s bis zum Jahr 2020 lauten, sondern: 80 % aller Haushalte und Unternehmen im Land sollen bis zum Jahr 2025 mit Glasfaser angeschlossen sein.

Gerade mit Blick auf den aktuell schlechten Stand der Breitbandversorgung gilt es beim Ausbau Prioritäten zu setzen, um wirklich voranzukommen. Neben der bereits vorhandenen Priorisierung des Anschlusses von Schulen an das Glasfasernetz sollen über die Hochschulen und Forschungsinstitute hinaus auch weitere Bildungsstandorte bedacht werden.

Die im Landeshaushalt mit jährlich 10 Millionen € verankerte Glasfaseranbindung aller Schulen im Land bis zum Jahr 2020 ist schon heute wegweisend - für die Schülerinnen und Schüler wie auch für die Lehrenden, vor allem aber für die Anlieger; denn liegt erst einmal Glasfaser, ist die weitere Anbindung von Unternehmen, öffentlichen Institutionen und Privathaushalten auch ohne Förderung einfacher, billiger und damit auch wahrscheinlicher.

Bei dem prioritären Glasfaserausbau werden wir nicht wie bisher nur Gewerbe-, sondern auch Mischgebiete berücksichtigen. Die meisten Unternehmen, etwa 90 %, sitzen in Sachsen-Anhalt in Mischgebieten. Die weiteren Bedarfsträger wie potenzielle Coworking Spaces und Dorfgemeinschaftshäuser im Vorrang des geförderten Glasfaserausbaus sollen ebenfalls Glasfaserschneisen ins Land ziehen, an die andere einfacher ankoppeln können. Deren unmittelbares Umfeld kann über WLAN-Hotspots praktisch sofort profitieren.

Die Notwendigkeit, Dorfgemeinschaftshäuser als Ort der Zusammenkunft, Sitz der Ortsverwaltung und mehr zu versorgen, erklärt sich von selbst. Coworking Spaces sind für uns GRÜNE Zukunftsmodelle für Arbeitsplätze im ländlichen Raum, die es den Menschen ermöglichen sollen, ortsungebunden zu arbeiten. Das funktioniert, wenn die Internetversorgung schnell und stabil genug ist.

Unsere Landtagsinitiative zum flächendeckenden Glasfaserausbau in Sachsen-Anhalt will die Breit

bandstrategie des Landes endlich als GigabitStrategie für die Zukunft fortschreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sachsen-Anhalts digitale Infrastruktur soll zukunftsfest ausgebaut werden. Um dem dabei wachsenden Breitbandbedarf Rechnung zu tragen, sind ausschließlich Glasfaseranschlüsse notwendig, die Gigabit und zukünftig noch höhere Kapazitäten transportieren können. Sie bilden die Grundlage einer als Daseinsvorsorge zu verstehenden digitalen Versorgung von Stadt und Land im ganzen Land.

Mit Blick auf die bisher abgerufenen Fördermittel besteht ein wesentliches Problem der bisherigen Breitbandförderung nicht primär in der Zurverfügungstellung von Budget, sondern in der Ausgestaltung der Förderbedingungen. Eine kluge und effiziente Gestaltung des Förderprogramms im Zusammenspiel von Bundes- und Landesmitteln ist nötig.

Abweichend von dem aktuellen Vorgehen wird daher zur Vermeidung von Doppelstrukturen die Fördermittelbeantragung verschlankt. Das Land

schließt sich dafür der Beantragung der Bundesförderung quasi an und ergänzt diese, ohne zusätzliche Hürden hinzuzufügen.

Aktuell bestehen in Sachsen-Anhalt Engpässe im Breitbandausbau bei den Telekommunikationsdienstleistern. Das ist auch über Sachsen-Anhalt hinaus der Fall; denn derzeit laufen in ganz Deutschland viele Ausschreibungen nach der Wirtschaftlichkeitslücke. Bekannt ist auch, dass Tiefbaufirmen ausgelastet sind und dass die Preise zurzeit stetig steigen, weil gegenwärtig viel Geld in den Straßenausbau fließt. Die Einflussmöglichkeiten des Landes auf diese äußeren Bedingungen sind begrenzt. Wir wollen mit einer vollständig digitalisierten Antragsbearbeitung den Arbeitsaufwand auf allen Seiten senken und ein sehr schlankes Antragsverfahren anbieten.

Zu den wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre zählt die Integration des Glasfaserausbaus bei Bauprojekten aller Art. Die Umsetzung des Bundesgesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze, das sogenannte DigiNetz-Gesetz, sieht dafür in Neubaugebieten eine Glasfasermitverlegung bei Straßenausbau- und -baumaßnahmen und erleichterte Verlegetechniken vor.

Insbesondere das Trenching - das ist die Verlegung von Rohren für Glasfaserleitungen mittels Frästechnik, bei der ganz schmale Gräben und Schlitze in geringer Bodentiefe in den Asphalt eingebracht werden können - kann in ländlichen Gebieten eine kostengünstige Verlegung ermöglichen. Das Ministerium für Landesentwicklung

und Verkehr ist gefordert, diese Mitverlegung bei entsprechenden Straßenausbau- und -baumaßnahmen zu integrieren. Wenn wir jetzt bei Baumaßnahmen Platz für die Internet-GlasfaserInfrastruktur schaffen, dann müssen wir die Erde später nicht kostenintensiv wieder aufreißen.

Besonders wichtig ist es uns darüber hinaus, die Anpassung gesetzlicher Vorschriften und Verordnungen im Land zügig umzusetzen. Im Zweifelsfall muss dafür das eine oder andere Straßenbauprojekt zurückstehen. Die Daten-Highways sind deutlich wichtiger. Eine Vereinfachung der Förderlandschaft sowie eine damit verbundene Konzentration der Förderung von Glasfaser bis ins Haus soll zukünftig den Ausbau nachhaltig voranbringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ist das denn nötig? - Schnelles Internet in der Stadt und Ruckelvideos auf dem Land sind nicht nur eine Frage des Medienkonsums, sondern vor allem eine Gerechtigkeitslücke, die wir als GRÜNE nicht zu akzeptieren bereit sind. Wir werden zukünftig auch immer mehr praktische Anwendungen vorfinden, die einen entsprechenden Datenbedarf nach sich ziehen. Ein Ruckelvideo ist nicht schön, aber ein Datenruckeln bei Robotikanwendungen in Realtime wird teuer und gefährlich; bei telemedizinischer Anwendung der Robotik ist gar noch Schlimmeres zu befürchten.

Schon im Jahr 2025 werden drei Viertel der Bevölkerung einen Bandbreitenbedarf von

500 Mbit/s und mehr haben, prognostiziert das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, WIK - kein Sprachrohr der Internetgemeinde oder der Telekommunikationsindustrie, sondern ein Forschungsinstitut des Bundeswirtschaftsministeriums.

Diese Bandbreiten sind perspektivisch nur mit Glasfasertechnologie zu bewältigen. Der Glasfaserausbau dient also zugleich zur Deckung der bestehenden Nachfrage, wie er auch als Zukunftstechnologie zu verstehen ist. Dort, wo hochrangige Bandbreiten angeboten werden, werden diese auch nachgefragt. Das hat das eben erwähnte WIK wissenschaftlich valide festgestellt. Fragen Sie einen Nutzer, ob er vom superschnellen Glasfaseranschluss auf 50 Mbit/s zurückgehen würde - Sie werden nur sehr wenige finden, die dazu bereit sind.

Der Bedarf an Highspeed-Internetzugängen wird im ganzen Land weiter steigen. Die Unterscheidung zwischen privaten Anwendungen und gewerblicher Nutzung wird dabei immer fließender. Bei einem modernen Verständnis der Daseinsvorsorge ist eine solche Unterscheidung letztlich unerheblich, da es um Lebensqualität in Stadt und Land geht.

Wirtschaftsförderung ist eine zeitgemäße Breitbandanbindung via Glasfaser ganz sicher - egal ob die Designerin im Homeoffice die Breitbandanbindung nutzt, ob es cloudbasierte KI-Anwendungen oder die Konstruktionspläne eines Handwerksunternehmens im Netz sind.

Lassen Sie mich zum Ende meiner Rede noch auf den Strukturwandel zu sprechen kommen. Gestern hat die Landesregierung die ersten Vorschläge präsentiert. In Sachen Zukunft scheint mir eine Menge Luft nach oben zu sein, aber es gibt Lichtblicke, auch in Sachen Glasfaser. Wir werden die Sonderförderung des Bundes zur Strukturanpassung im mitteldeutschen Braunkohlerevier infolge des Kohleausstiegs für einen beschleunigten Glasfaser- und 5G-Ausbau vor Ort nutzen. Als Merseburger bin ich natürlich besonders froh, dass unter anderem meine Heimatstadt dabei im Fokus steht. Damit können wir den Grundstein für eine zukunftsfähige Entwicklung der Region legen.

Wir sollten also nicht zuvörderst an den Straßenbau denken, sondern an Glasfaser. Wir GRÜNE glauben, dass die Zukunft auch von der Länge der jetzt verlegten Glasfaserkabel abhängt. Ganz Sachsen-Anhalt, insbesondere unsere ländlichen Regionen, benötigt breitbandige Auffahrten zur Highspeed-Autobahn. So schaffen wir ein zukunftsfestes Sachsen-Anhalt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert)

Es gibt eine Nachfrage dazu, und zwar von dem Abg. Herrn Lange.

Herr Striegel, Sie haben gerade gesagt, dass Sie das Ziel verfolgen, 80 % der Haushalte in Sachsen-Anhalt sollen einen Glasfaseranschluss bekommen. Jetzt lese ich in Ihrem Antrag: verbindlich festzuschreiben ist der Glasfasergebäudeanschluss. Danach hantieren Sie mit Abkürzungen wie FTTH, Fibre to the Home, und FTTB, Fibre to the Building. Was ist denn nun Ihr Förderziel? Wollen Sie, dass die Glasfaseranschlüsse in Mehrfamilienhäusern bis zur Wohnung gefördert werden, oder geht es Ihnen tatsächlich nur um die Glasfaserhausanschlüsse?

Bitte.

Wir wollen tatsächlich, dass wir bis zum Endnutzer kommen. Wir wollen es schaffen, den Glasfa

seranschluss bis zum Endnutzer zu realisieren. Nur dann wird es funktionieren und Akzeptanz finden.

Kurze Nachfrage?

Hm, und das gefördert zu 100 %?

Wenn es denn einer zusätzlichen Förderung bedarf, auch das. Ja.