Protocol of the Session on April 5, 2019

Die Probleme mit Tiertransportern und deren Unfällen liegen doch ganz woanders. Kurz nachdem Tiere heute in spezialisierten Zuchtbetrieben zur Welt kommen, müssen sie ihre erste Reise antreten, nämlich in die Mastbetriebe. Ist dann der Zeitpunkt der Schlachtung gekommen, werden wieder Tiertransporte, zum Teil über riesige Strecken, zu den wenigen großen, zentral gelegenen Schlachthöfen nötig, ganz zu schweigen von der großen Zahl an Lebendexporten, bei denen die Tiere zum

Teil tage- oder wochenlang eingepfercht und unter teilweise katastrophalen Bedingungen auf überfüllten Autobahnen und Bundesstraßen unterwegs sind. Das sind Horrortrips für Fahrer und Tiere.

Dazu hat selbst die im Jahr 2007 in Kraft getretene Tierschutztransportverordnung zur Regelung der Transportbedingungen kaum Verbesserungen gebracht. Sie ist in Bezug auf die Anforderungen viel zu schwach und enthält viel zu viele Ausnahmetatbestände.

Die Profitinteressen, Wettbewerb und Preisdruck führen dazu, dass Spediteure zulasten der Sicherheit und der Arbeits- und Transportbedingungen von Fahrern und Tieren sparen. Das ist bekannt; dafür brauchen wir keine Statistik. Schlecht gewartete Lastkraftwagen sind an sich ein Sicherheitsrisiko. Lange Lenkzeiten, wenige Pausen, Stau, Zeitdruck beim Be- und Entladen führen zur Übermüdung der Fahrer und erhöhen das Unfallrisiko erheblich. Auch das ist bekannt.

Hinzu kommen Transporter, die überladen sind, mangelnde Wasserversorgung, falsche Anbindung der Tiere, Nichteinhaltung der Transportzeiten aufgrund von Staus. Auch dadurch wird das ohnehin hohe Risiko von Lastwagenunfällen weiter erhöht und die Fahrt wird für die Tiere zur Qual. Alles das ist nichts Neues.

Wir brauchen also nicht unbedingt genauere und bessere Statistiken, sondern kürzere Transportwege, gute Arbeitsbedingungen für die Fahrer, gute Transportbedingungen für die Tiere sowie bessere und häufigere Kontrollen, damit es nicht zu Unfällen mit Tiertransportern kommt und sowohl Mensch als auch Tier besser geschützt sind, und gleichzeitig braucht es spürbare rechtliche Konsequenzen bei Verstößen. Daran mangelt es durchaus mitunter. Im Übrigen wäre eine nachhaltige Haltung der Tiere, die man tatsächlich zur gesunden Ernährung und regionalen Versorgung braucht, ein wesentlicher Baustein.

Wir lehnen den Antrag ab. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Eisenreich, Herr Loth hat eine Nachfrage. - Herr Loth, Frau Eisenreich ist bereit.

Frau Eisenreich, vielen Dank für die tollen Ausführungen. - Eine Frage: Wie viele Tiere wurden in Sachsen-Anhalt 2018 transportiert? Wie viele Transporter wurden kontrolliert, und wie viele Verstöße wurden festgestellt? Ich frage dies, weil Sie gerade in den Raum geworfen haben, dies würde ständig passieren.

Ich habe nicht gesagt, dass es ständig passiert.

(Zurufe von der AfD)

Es ist aber der Alltag auf unseren Straßen, bundesweit. Ich führe keine Statistik.

(Hannes Loth, AfD: Ach, es gibt nichts an- deres! - Lydia Funke, AfD: Es gibt keine!)

- Ja, aber ich kann doch kontrollieren, und die Kontrollen sind das Problem, die im Moment nicht ausreichend durchgeführt werden. Das hat aber nichts mit der Unfallstatistik zu tun. Die brauchen wir dafür nicht.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der AfD)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Frau Eisenreich für den Redebeitrag. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Frederking. Frau Frederking, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit ihrem Antrag betreibt die AfD blanken Aktionismus

(Oliver Kirchner, AfD: Populismus!)

und entlarvt sich in ihrer Überschrift gleich selber.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Ihr ist gar nicht bekannt, ob Unfälle bei Tiertransporten ein besonderes Problem darstellen. Dennoch fordert sie eine umfangreich besetzte Arbeitsgruppe, die das erst einmal herausfinden soll.

Ja, Tiertransporte sind ein Problem, auch ohne Unfälle. Tiertransporte sind nämlich ein Problem für die Tiere. Die Tiere leiden bei den Transporten. Sie haben zu wenig Platz. Sie sind in ihrer Bewegung eingeschränkt. Sie haben Stress und Angst. Sie werden mangelhaft mit frischer Luft, Wasser und Futter versorgt, und sie erleben bei den Transporten auch Verletzungen, Prellungen, Abschürfungen, Knochenbrüche.

Wir wissen genau, was dringend getan werden muss, um die Bedingungen zu verbessern; denn die Standards müssen verbessert werden. Und wir brauchen weniger Transporte und möglichst kurze Transportwege, um die Situation unserer Mitgeschöpfe zu verbessern. Regionale Schlachthöfe wären dabei sicherlich hilfreich. Die Dauer von Tiertransporten muss drastisch reduziert werden. Die Dauer heute, nach dem Gesetz, nach den Grundlagen, beträgt in Deutschland acht Stunden, EU-weit je nach Tierart bis zu 24 Stun

den. Wir GRÜNEN fordern eine Reduzierung auf vier Stunden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen diese Begrenzung und wir glauben, dass sich mit dieser Begrenzung dann auch die Unfallgefahr reduzieren lässt.

Weiterhin müssen Mindesttierschutzstandards mit Nicht-EU-Staaten ebenfalls dringend angegangen werden. Ohne gesicherten Tierschutz dürfen Transporte lebender Tiere zu Zielen außerhalb der EU von den Veterinärbehörden nicht genehmigt werden. Es gibt Bestrebungen, diese Transporte gänzlich abzuschaffen. Bayern hat einen Exportstopp in 17 Zielländer verfügt. Hessen und Schleswig-Holstein haben auch schon Transporte in bestimmte Zielländer ausgeschlossen.

Tierschutz endet nicht an den Grenzen von Ställen. Tierschutz endet auch nicht an den Grenzen von Nationalstaaten. So ist es gut, dass bei der AMK in der nächsten Woche über Abkommen mit Drittstaaten zu Tierschutzstandards beraten wird.

Problematisch ist bei diesem ganzen System natürlich auch das System der industriellen Tierhaltung an sich. Beispiel Schweine: Diese werden an verschiedenen und oft weit entfernten Orten geboren, dann gemästet und zu den Schlachthöfen gebracht. Das führt zu den umfangreichen Transporten.

Der Antrag geht völlig am Thema vorbei. Wir lehnen ihn ab. Wir wissen längst, was den Tieren guttut, und hier müssen wir ansetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Frederking, Herr Loth hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Loth, Sie haben das Wort.

Frau Frederking, der Antrag kann ja gar nicht am Thema vorbeigehen, weil wir das Thema definiert und den Antrag dazu gestellt haben. Der Antrag lautet, Unfälle bei Tiertransporten statistisch zu erfassen und dazu noch die Feuerwehr zu schulen. Was war denn jetzt am Thema vorbei, bitte? - Nichts. - Danke schön.

Das kann ich beantworten. Sie wollen ja die Unfallzahl reduzieren,

(Hannes Loth, AfD: Erfassen! - Oliver Kirchner, AfD: Wir wollen sie erst mal wis- sen!)

und dafür wollen Sie eine Statistik erheben. Wir sagen, wir brauchen keine Statistik. Wir wissen,

was zu tun ist. Die Transporte müssen reduziert werden und die Transportdauer muss reduziert werden. Das reduziert automatisch die Unfälle.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Frederking für den Redebeitrag. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Schulenburg. Herr Schulenburg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, welche brennenden Themen in Sachsen-Anhalt gerade aktuell sind, sodass sich ein ganzes Parlament mit Ministern, mit Mitarbeitern, mit der Landtagsverwaltung an einem Freitagnachmittag mit Rudi beschäftigen muss. Ich habe durchaus Verständnis für das Tierwohl beim Transport von Nutztieren. Ich hätte auch Verständnis dafür gehabt, wenn Sie dieses Thema einmal im Rahmen eines Selbstbefassungsantrags im Landwirtschaftsausschuss gestellt oder hinterfragt hätten.

(Matthias Büttner, AfD: Der ist nicht öffent- lich!)

Denn der Export von Tieren in Nicht-EU-Länder - wir haben es gehört - ist gerade aktuell. Aber ein ganzes Parlament mit Statistik zu beschäftigen, zeigt nur, dass Ihnen langsam die Themen in Sachsen-Anhalt ausgehen.

(Oliver Kirchner, AfD: Das glaube ich nicht!)

Für den Transport - jetzt hören Sie mir mal zu! - von Tieren innerhalb der EU gibt es eine Verordnung, die unmittelbar bei uns gilt. Wenn Sie an dieser Verordnung etwas ändern wollen, wenn Sie zum Tierwohl beim Transport etwas beitragen wollen, müssen Sie einen Antrag im EU-Parlament stellen, aber nicht im Landtag von Sachsen-Anhalt.

(Zuruf von Lydia Funke, AfD)

Wenn Sie etwas an der statistischen Erfassung ändern wollen, müssen Sie einen Antrag im Bundestag stellen; denn das Ziel, das Verkehrsunfallstatistikgesetz zu ändern, erreichen Sie nur im Bundestag. Die Verkehrsexperten der Polizeien der Länder sind über den Arbeitskreis 2 vernetzt und treffen nach aktuellen Gesichtspunkten strategische Entscheidungen. Dort liegt auch die erforderliche Kompetenz, um bundesweit eine einheitliche Erfassung zu initiieren. Das werden sie selbstverständlich auch tun, wenn es einen Schwerpunkt gibt. Dafür brauchen sie aber keinen Antrag von Ihnen, werte AfD.

Zu guter Letzt ist an einem Verkehrsunfall mit einem Tiertransporter nicht Rudi schuld, sondern

hauptsächlich der Mensch als Unfallverursacher. Die Ursachen sind vielfältig, seien es Lenkzeiten, technische Mängel am Fahrzeug, Geschwindigkeitsüberschreitung und andere Ursachen, die es aber auch bei jedem anderen Lkw-Unfall gibt. Genau da ist auch der Ansatz. Um schwere Lkw-Unfälle mit oder ohne Tiere in Zukunft zu minimieren, sind intensive Kontrollen durchzuführen. Aber dafür brauchen wir Beamte auf der Straße und nicht in irgendwelchen sinnlosen Statistikarbeitsgruppen, werte AfD. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Schulenburg für den Redebeitrag. - Für die AfD hat das Wort Herr Roi. Herr Roi, Sie haben das Wort.