Protocol of the Session on September 1, 2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zu dem Entwurf eines Fünften Medienrechtsänderungsgesetzes. Den Antrag der Fraktion DIE LINKE bitte ich in den zuständigen Ausschuss zu überweisen. Gern hätten wir diesen abgelehnt, aber wir befinden uns halt in einer Koalition, daher fügen wir uns den Wün

schen, die wir uns selbst auferlegt haben. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich glaube, der Kollege Gebhardt hat eine Frage.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Habe ich nicht!)

- Hat er nicht. - Wir haben folgendes Problem: Der Entschließungsantrag ist kein selbstständiger Antrag. Deswegen kann dieser nicht zeitgleich mit der endgültigen Beschlussfassung zu einem Gesetzentwurf an einen Ausschuss überwiesen werden. Offensichtlich war das den Koalitionsfraktionen, wenn ich das jetzt richtig mitbekommen habe, nicht bewusst, als diese das vereinbart haben. Ich habe sie damit darauf hingewiesen. Sie haben jetzt noch ein bisschen Zeit, die Dinge zu ventilieren.

Wir setzen nun die Debatte fort. Als Nächste hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abg. Frau Frederking das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Durch die Anhörung im Ausschuss wurde noch einmal bestätigt, dass das unter der Federführung von Sachsen-Anhalt zwischen den Bundesländern verhandelte Jugendprogramm bzw. junge Programm eine gute Sache ist.

Der Kinder- und Jugendring bekräftigte allerdings auch unser Bedauern, dass das Angebot ausschließlich online angeboten wird und junge Menschen durch das fehlende zielgruppenorientierte Fernsehprogramm quasi ein Stück weit abgehängt werden, gerade dort, wo es noch kein Breitbandinternet gibt.

Bezüglich der Jugendschutzprogramme wurde in der Anhörung auf die technischen Herausforderungen hingewiesen. Erforderlich sei ein einfach funktionierendes und universelles Altersklassifizierungsprogramm, das Sendungen, die erst ab einem bestimmten Alter angeschaut werden können, auf den Endgeräten steuert und das mit verschiedenen Betriebssystemen kompatibel sein muss. Die Entwicklung eines solchen Programms ist aufwendig und kostet viel Geld.

Schutzprogramme werden nun zwar zur Verfügung gestellt, die Sinnhaftigkeit bleibt jedoch fraglich, kann doch ein junger Mensch relativ einfach ein Endgerät ohne Schutzprogramm nutzen. Wir Grünen bleiben deshalb dabei: Prioritär muss die Förderung der Medienkompetenz sein, die auf

einen eigenverantwortlichen Medienumgang der Jugendlichen und Eltern abzielt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Bezüglich der Finanzierung sieht es insgesamt gut aus. Man geht von Beitragsmehreinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden € für die Jahre 2013 bis 2016 aus. Das eröffnet die erforderlichen Spielräume für Beitragsstabilität. Genau das ist unser Ziel. Dieses Ziel haben wir auch im Koalitionsvertrag verankert. Wir brauchen diese Stabilität, und zwar langfristig. Wir brauchen diese Stabilität für die Akzeptanz der Beiträge.

Deshalb und auch vor dem Hintergrund, dass nach dem Jahr 2019 mit einem Aufwuchs des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten gerechnet wird, müssen wir uns sehr genau überlegen, ob und gegebenenfalls wo weitere Spielräume für Beitragssenkungen infrage kommen sollten. DIE LINKE hat das mit ihrem Entschließungsantrag bereits angedeutet.

Mit der Gesetzesnovelle, die wir heute zu beschließen haben, werden schon jetzt Entlastungen vorgenommen. Privilegierte Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Einrichtungen für behinderte Menschen müssen in Zukunft nur noch ein Drittel des derzeitigen Rundfunkbeitrags zahlen.

Zum jetzigen Zeitpunkt auf die Beitragsbefreiung dieser Einrichtungen zu fokussieren halten wir für nicht sachgerecht, weil andere, wie zum Beispiel kleine und mittelständische Betriebe, auch weniger zahlen möchten, insbesondere für ihre betrieblich genutzten Pkw.

Im Ausschuss haben wir angesprochen, wie schwierig es ist, wenn neue Beitragsschlüssel vereinbart werden sollen. Herr Robra hat es bereits dargestellt: Wenn an einer Stellschraube gedreht wird, hat das Auswirkungen auf andere Beitragszahler.

Deshalb sollte besser abgewartet werden, bis die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten Ergebnisse ihrer Arbeit vorgelegt hat, damit diese wirklich gewürdigt werden können, um Beitragsstabilität oder eine Senkung für mehrere Gruppen von Beitragspflichtigen zu erreichen. Es muss ein wirklich gerechter Algorithmus zur Beitragserhebung gefunden werden.

Nichtsdestotrotz könnten wir uns frühzeitig vorbereiten und im Vorgriff auf künftige Verhandlungen die Möglichkeiten von Beitragssenkungen ein weiteres Mal im Ausschuss diskutieren. Derzeit wird geklärt, ob die Geschäftsordnung dies zulässt. Wenn wir das wollten, vor dem Hintergrund des Antrags der LINKEN, dann würden wir natürlich auch über die Abschaffung der Beiträge für privilegierte Einrichtungen reden.

Wir als Koalition haben auf jeden Fall das Ziel, dass es, falls es überhaupt weitere Spielräume geben sollte, zur Entlastung kleiner und mittelständischer Unternehmen kommt. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Frederking. - Als Nächster hat Abg. Herr Lieschke von der AfD-Fraktion das Wort. Bitte sehr.

Werter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Zunächst möchte ich sagen: Ich finde es schön, dass noch einige Abgeordnete der anderen Fraktionen anwesend sind.

Am 19. August 2016 stimmten sechs von zehn Abgeordneten des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien dem Entwurf eines Fünften Medienrechtsänderungsgesetzes zu. Dieses knappe Abstimmungsergebnis zeigt, dass es bei mehreren Punkten augenscheinlich Unstimmigkeiten gibt.

Positiv hervorheben möchten wir als AfD-Fraktion das Ziel, eine Verbesserung und Aktualisierung des Jugendangebots zu erreichen. Auf die hierfür notwendigen altersgerechten neuen Inhalte wird in dem Gesetzentwurf jedoch nicht weiter eingegangen.

Weiterhin bleibt unklar, wie realisiert werden soll, dass die Nutzer gemäß § 11 stetig die Möglichkeiten der interaktiven Nutzung und Gestaltung erhalten.

Ausdrücklich begrüßenswert finden wir den Punkt, welcher Werbung, Sponsoring und presseähnliche Angebote untersagt.

Die AfD-Fraktion fordert Beitragsfreiheit für Kindergärten, Schulen und Behinderteneinrichtungen. Erfahrungsgemäß ist jedoch davon auszugehen, dass der Staat Wege findet, die Gebühren anderweitig anzupassen.

Seit dem Jahr 2013 muss jeder Haushalt monatlich 17,89 € und seit dem Jahr 2015 17,50 € zahlen, egal ob er öffentlich-rechtliche Sender hört und anschaut oder auch nicht. Diese Kosten fallen für einige Personenkreise doppelt an. Unternehmer beispielsweise zahlen sowohl in ihrem Privathaushalt als auch im Unternehmen, wobei sich die Beitragshöhe nach der Anzahl der Betriebsstätten und der durchschnittlichen Anzahl der Beschäftigten richtet.

An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass sowohl der Arbeitgeber als auch seine Arbeitnehmer unabhängig davon, ob sie

ein Rundfunkgerät besitzen, verpflichtet sind, den Beitrag zu entrichten; also kassiert der Staat doppelt.

Selbiges betrifft auch Vermieter von Ferienwohnungen, Ferienhäusern oder Hotelzimmern. Weshalb müssen diese ebenfalls Beitrag zahlen? - Jeder Gast zahlt seinen Rundfunkbeitrag schon zu Hause. Eine Beitragsfreiheit würde diese Unternehmen entlasten.

(Beifall bei der AfD)

Anlässlich der Umstellung des Rundfunkbeitrages im Jahr 2013 glich der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio die Daten der Einwohnermeldeämter von volljährigen Bürgern ohne deren Einwilligung mit den Bestandsdaten des Beitragsservice ab.

Auf der Grundlage von § 4 Abs. 9 des 15. Rundfunkbeitragsstaatsvertrages war kein Widerspruch seitens unserer Bürger möglich. Diese Weitergabe personenbezogener Daten stellt einen klaren Angriff auf die Privatsphäre unserer Einwohner dar.

Oben genannte Missstände sind neben der Tatsache, dass das staatsfinanzierte Fernsehen alles andere als objektiv ist, der Grund für die vielen Rundfunkgebührenverweigerer.

Mittlerweile werden Vollstreckungsersuchen von den jeweiligen Landesrundfunkanstalten bei den zuständigen kommunalen Behörden gestellt. Für diese Flut an Mehrarbeit mussten einige Städte auf eigene Kosten zusätzliches Personal einstellen. Die hierfür aufgewendeten Gelder fehlen an anderer Stelle. Dadurch werden ganz klar Kosten für die Kommunen verursacht, die nicht mit ihrer eigentlichen Aufgabe zusammenpassen.

In den Augen der AfD-Fraktion ist der zwangsfinanzierte Rundfunk nichts anders als eine Steuer, weil sie voraussetzungslos geschuldet wird. Im Gegensatz zu einem Beitrag gibt es hier keine individuelle Gegenleistung, da jeder, unabhängig davon, ob er die Leistung in Anspruch nimmt oder nicht, den Rundfunkbeitrag zahlen muss.

Bis zum Ende des Jahres 2016 werden voraussichtlich Überschüsse in Höhe von rund 1,5 Milliarden € aus dem Rundfunkbeitrag erzielt. Dies führt jedoch nicht zu einer nennenswerten Senkung der Beiträge.

Darüber hinaus werden die Gelder höchst verschwenderisch eingesetzt. Sollten Sie der Zuschauergruppe dieser Sender angehören, achten Sie doch einmal auf die Beschriftung der Mikrofone bei Interviews. ARD, ZDF und die Dritten befinden sich oftmals gleichzeitig mit dem entsprechenden Equipment vor Ort und produzieren demnach die dreifachen Kosten. Wir, die

AfD-Fraktion, fordern die Abschaffung aller Gebühren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Damit sind wir noch nicht am Ende der Debatte angelangt, weil jetzt Herr Hövelmann für die SPDFraktion spricht.

Ich danke Ihnen, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich glaube, das, was wir im Ausschuss und auch in der Anhörung gehört haben, hat unter dem Strich jedenfalls für mich die Einschätzung gebracht, dass wir dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag guten Gewissens zustimmen können und dass die Regelungen, die darin enthalten sind, dazu führen, dass das öffentlichrechtliche Angebot besser werden kann und besser wird.

Ich will auch deutlich sagen, auch angesichts meines Vorredners, dass ich froh darüber bin, dass wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, und ich bin auch froh darüber, dass wir einen kritischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn wir zugunsten eines onlinebasierten Jugendangebotes zwei andere Angebote aufgeben, nämlich den ZDFkultur-Kanal und EinsPlus, dann ist das für nicht wenige Menschen in diesem Lande auch ein Verlust, weil uns das, was sie dort bisher an Qualität erhalten haben, verloren geht. Ich will ausdrücklich auch ganz persönlich sagen, dass es mich durchaus etwas schmerzt, dass diese beiden Angebote künftig nicht mehr vorhanden sein werden.

Was den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE anbelangt

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Entschlie- ßungsantrag!)

- den Entschließungsantrag, Entschuldigung -, hätte ich mir gewünscht, dass Sie im Ausschuss zur Sprache gebracht hätten, dass Sie so etwas möchten; dann hätte man vielleicht bereits im Ausschuss darüber diskutieren können. Der Entschließungsantrag kam zwei Tage nach der Ausschusssitzung. Schade, die Chance ist vertan.

Ich will aber auch gegenüber Kollegen Kurze sagen, wir werden jetzt - Herr Präsident, vielen Dank für den entsprechenden Hinweis auf die Geschäftsordnung, dass eine Überweisung nicht möglich ist - den Entschließungsantrag wahrscheinlich ablehnen.