Protocol of the Session on September 1, 2016

Dieser Millionenvertrag erweckt den Anschein, dazu zu dienen, das Parlament zu umgehen, das Parlament auszutricksen. Mit dem Abschluss eines solchen Vertrages sind Dritte für die Vergabe verantwortlich; somit wird der Finanzausschuss einfach umgangen und die parlamentarischen Kontrollmechanismen greifen nicht mehr.

Im Übrigen war der Landeshaushalt zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beschlossen. Davon hat man sich aber nicht beeindrucken lassen. Also unterschrieb der damalige Finanzstaatssekretär Felgner diesen Vertrag trotz aller Warnungen. Bei der Diskussion zum Haushaltsbeschluss erwähnte man diesen unterschriebenen Vertrag einfach nicht und somit konnte die mit dem Vertrag autorisierte Investitionsbank nach dem Haushaltsbeschluss mit der europaweiten Ausschreibung beginnen. Das tat die IB auch sehr schnell, nämlich in sagenhaften drei Tagen. Und der Gewinner der Ausschreibung war - wer weiß es? -: das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung, ansässig in Halle. Wir erinnern uns.

(Zustimmung bei der AfD)

Wir haben dem damaligen Finanzstaatssekretär und jetzigen Wirtschaftsminister Jörg Felgner in einer der letzten Fraktionssitzungen die Möglichkeit eingeräumt, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen und Fragen der Abgeordneten zu beantworten, die er für viele Abgeordnete unserer Fraktion nur unbefriedigend beantworten konnte. Darum neigt die Mehrheit der Fraktion derzeit dazu, Herrn Felgner zum Rücktritt aufzufordern; denn ein solches intransparentes Verhalten ist

für das Amt des Wirtschaftsministers einfach nicht tragbar.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen das hier und heute noch einmal ganz ungeschönt: Unser Land ist kein Selbstbedienungsladen! Die Menschen haben ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihrem Geld passiert.

(Beifall bei der AfD)

Und dieses Recht fordern wir hier ein. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich frage jetzt einmal die Vertreter der AfD: Bei mir steht auf der Rednerliste noch Herr Farle. Möchte er gleich oder nachher im Anschluss sprechen? Herr Farle?

(Robert Farle, AfD: Ich muss ergänzen: Wenn überhaupt noch Zeit ist!)

- Zwei Minuten und 38 Sekunden.

(Robert Farle, AfD: Wie viel?)

- Zwei Minuten und 38 Sekunden.

(Robert Farle, AfD: Das ist viel Zeit! Das schaffe ich! - Heiterkeit und Zustimmung bei der AfD)

- Dann haben Sie das Wort.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Eigentlich müssen wir Ihnen das abziehen; denn Sie haben eben schon lange geredet!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Erstens. Es haben, glaube ich, schon alle Fraktionen mit der Akteneinsicht begonnen. Zweitens. Die Akteneinsicht hat schon einige Erkenntnisse erbracht.

Wir im Finanzausschuss wussten allerdings aus einer Vorlage schon vorher, dass dieser Beratervertrag, der mit der Investitionsbank geschlossen wurde, zwei große Komponenten an Leistungen beinhaltet hat, die nicht hinreichend präzisiert waren.

Diese nicht hinreichend präzisierten Leistungen, bei denen man noch nicht wusste, was es sein wird, wurden aber schon honoriert. Das muss uns dazu führen, dass wir gründlich nachschauen werden, was ist da in den zurückliegenden Jahren geschehen. Dann muss das getan werden, was der zuständige Minister im Ausschuss gesagt hat, der Finanzminister, dass man diesen Vertrag nicht einfach weiterführt, sondern genau überprüft, was davon realisiert wird.

Schließlich hat sich klipp und klar der Eindruck bestätigt - diese Akteneinsicht werde ich nächste Woche fortsetzen; der Eindruck ist aber schon jetzt ganz klar -, dass die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für die Tätigkeiten auf den Prüfstand muss. Es ist nicht hinnehmbar, dass Aufgaben, die das Ministerium hat, outgesourct werden. Wenn Aufgaben da sind, die die Ministerien selbst erledigen können, dann kann es nicht sein, dass dafür Beraterleistungen eingekauft werden, die zum Teil - auch das hat mir die Akteneinsicht schon gesagt - wesentlicher höher abgerechnet werden, als es vorher in der Ausschreibung oder in der Vereinbarung der Fall war.

Deswegen, meine Damen und Herren - es sind noch 30 Sekunden -, kann ich nur das unterstreichen, was bereits gesagt wurde. Wir werden dem heutigen Antrag der Kenia-Koalition zustimmen, dass diese Regelungen ergänzt werden, weil es richtig ist, was dort drinsteht; aber wir werden die Sache weiter prüfen auch im Hinblick auf eine mögliche strafrechtliche Relevanz.

Fünf Sekunden. Ich bin fertig. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Damit haben die beiden Redner der AfD gesprochen. Die Landesregierung sagt mir irgendwann einmal Bescheid, wann sie reden möchte. Sie können das jetzt tun oder später. Ich will nur darauf hinweisen, dass alle diejenigen, die vor der Landesregierung sprechen, danach auch in einer Aktuellen Debatte noch einmal die Möglichkeit haben, an das Mikro zu gehen.

(Minister André Schröder begibt sich zum Rednerpult)

- Herr Schröder, wollen Sie? Dann wäre jetzt die Landesregierung dran. Für die Landesregierung spricht Finanzminister Schröder.

Danke, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den vergangenen Wochen, ja Tagen ist in der Presse über die Vergabe von Beraterverträgen, vor allem über den mit der IB abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag „wissenschaftliche Begleitung“ kontrovers berichtet worden. Ausgangspunkt war die umfangreiche Prüfung entsprechender Beraterverträge durch den Landesrechnungshof. Ihr Anliegen - das möchte ich damit zum Ausdruck bringen -, heute darüber zu debattieren und so Informationen aus erster Hand zu erhalten, ist also sehr gut nachvollziehbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass der Landesrechnungshof als selbstständige oberste Landesbehörde ein berechtigtes Interesse dar

an hat, die Verfahren, wie es zu solchen Beraterverträgen kommt, auch zu prüfen. Uns, also den Landesrechnungshof und die Landesregierung, eint dabei das Interesse, solche Verfahren zu optimieren und Fehler auszumerzen. Das gilt natürlich auch für den in Rede stehenden Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Finanzministerium und der Landesinvestitionsbank aus dem Jahr 2013, der schon während seiner Entstehung nur unzureichend kommuniziert worden war.

Mir selbst liegt viel daran, dass wir all die Unklarheiten und Widersprüche in dieser Sache baldmöglichst ausräumen und hinter uns lassen können. Sie können mir glauben, wir haben gegenwärtig genügend aktuelle Herausforderungen zu bewältigen. Der ständige Blick zurück in die Vergangenheit bindet Kraft und Ressourcen, die wir sinnvoller an anderer Stelle einsetzen könnten.

So möchte ich konstatieren, dass bei solchen Verträgen mehr Transparenz erforderlich ist. Der Antrag, den die Koalitionsfraktionen unter dem Tagesordnungspunkt 5 b auf den Weg bringen, dient einer sinnvollen Klarstellung und ist auch zu unterstützen.

Der Diskussion in den vergangenen Wochen lag aber lediglich der Entwurf einer Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofes zum oben genannten Themenkomplex zugrunde. Vom Verfahren her wurde den Ressorts der Entwurf der Prüfungsmitteilung zunächst zugeleitet, um über die den Prüfungsfeststellungen zugrunde liegenden Sachverhalte Einvernehmen herzustellen. So kompliziert klingt die Sachverhaltsermittlung, die nach solchen vorläufigen Prüfungsmitteilungen an die Ressorts geht.

Wir haben uns darüber sehr ausführlich mit dem Landesrechnungshof unterhalten. Dabei wurde über etliche Punkte zwischen der Landesregierung und dem Landesrechnungshof Einvernehmen hergestellt.

Nun hat der Landesrechnungshof die fertige Prüfungsmitteilung erstellt. Sie ist am vorigen Freitag an mein Haus gegangen und im Übrigen auch an alle übrigen Ressorts; denn wir haben ja die Beraterverträge aller Ressorts in der Überprüfung.

Die Landesregierung wird nun erneut eine Stellungnahme hinsichtlich der getroffenen Bewertungen vornehmen. Dafür haben wir theoretisch wiederum drei Monate Zeit. Ich möchte Sie aber beruhigen: Wir haben nicht vor, die drei Monate auszukosten, sondern wir haben ein großes Interesse daran, sehr schnell für Aufklärung zu sorgen. Wir werden diese Frist also nicht ausschöpfen, sondern in wenigen Wochen unsere abschließende inhaltliche Bewertung als Landesregierung vornehmen.

Warum führe ich das so ausführlich aus? - Ich möchte Ihnen an dieser Stelle verdeutlichen, dass wir uns gerade erst am Beginn eines neuerlichen Stellungnahmeverfahrens befinden und unsere abschließende inhaltliche Bewertung über die nun vom Landesrechnungshof abgegebenen Schlussfolgerungen erneut zu einem späteren Zeitpunkt thematisiert wird.

Am Dienstag sind die Akten aus dem Finanzministerium zum Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Investitionsbank über die Staatskanzlei - so entspricht es dem Verfahren - an den Landtag gegangen - gemäß dem Aktenvorlageersuchen aus dem Finanzausschuss. Soweit mir bekannt ist, liegen die Akten seit gestern dem Landtag vor. Sie sind also von der Staatskanzlei auch entsprechend zeitig weitergegeben worden.

Wir haben hierbei im Übrigen das Gebot der Transparenz sehr ernst genommen. Im Aktenvorlagebegehren war lediglich der Wunsch geäußert worden, die Akten über die Vergabe von Beraterverträgen einzusehen. Ich weiß, wie das Begehren im Finanzausschuss zustande kam: sehr schnell.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Ich habe veranlasst, dass mein Haus die Akten vorlegt, die bis in die vergangene Woche reichen. Das heißt, es war mir wichtig, Ihnen diese Akten weit über das eingeforderte Zeitfenster hinaus vorzulegen. Vollständig, unverzüglich und, wie ich schon sagte, über den Prüfzeitraum des Landesrechnungshofes hinausgehend haben Sie Akten erhalten.

Ich verbinde damit eine Bitte an das Hohe Haus. Die Ihnen vorgelegten Akten sind umfangreich. Es sind fünf dicke Aktenordner mit insgesamt mehr als 1 500 Seiten. Ich bitte Sie, sich die nötige Zeit zu nehmen, sich wirklich durch diesen Aktenberg durchzuarbeiten und sich danach ein Urteil zu bilden.

(Zustimmung von Uwe Harms, CDU)

Ich glaube, es gehört sich einfach so, fachlich wie auch mit Blick auf die betroffenen Personen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich möchte hier im Hohen Haus klarstellen, wie die neue Hausleitung des Ministeriums mit der Sache des Geschäftsbesorgungsvertrages umgehen wird. Der umstrittene Rahmenvertrag wird gegenwärtig von meinem Haus unter meiner Führung einer umfassenden Neubewertung unterzogen. In der ursprünglich vorgesehenen Ausführung und auch in der ursprünglich vorgesehenen finanziellen Größenordnung wird der Geschäftsbesorgungsvertrag nicht fortgesetzt.

Weil ich aber die Partnerschaft zwischen der Landesregierung und der Investitionsbank schätze und fortsetzen möchte - die Kritik des Landesrechnungshofes richtet sich ja nur gegen die Art und Weise, wie der Vertrag zustande kam -, strebe ich darüber eine einvernehmliche Lösung mit der Investitionsbank noch im Laufe dieses Jahres an.

Zum damals gewählten Verfahren kann ich nur sagen: Ich selbst hätte es für richtig gehalten, einen derartigen Vertrag erst dann zu unterzeichnen, wenn im Parlament ein entsprechender Haushaltsbeschluss gefasst worden wäre

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und wenn der Vertrag auch selbst im Ausschuss behandelt worden wäre, nicht nur der Ausgabetitel mit einem kleinen Vermerk. Die Behandlung des Vertrages selbst im Finanzausschuss hätte ich für notwendig erachtet. Der Vertrag hätte es vielleicht sogar verdient gehabt, im Finanzausschuss ordentlich behandelt zu werden. Ich weiß, dass mein Kollege Jörg Felgner die Situation heute genauso einschätzt. Auch das will ich an dieser Stelle sagen.