Protocol of the Session on September 1, 2016

Wenn Sie diese Gründe schon nicht von Ihrem Tun abhalten können, so sind es vielleicht die Vorgaben des Grundgesetzes. Möglicherweise haben Sie die jüngsten Äußerungen von Bundesinnenminister de Maizière zum sogenannten Burka-Verbot vernommen, den ich für seine sachlichen und nüchternen Ausführungen zu diesem Thema ausdrücklich loben möchte.

Er wie auch zahlreiche Verfassungsrechtler vor ihm haben deutlich gemacht, dass unser Grundgesetz ein Verbot der Gesichtsverschleierung im öffentlichen Raum als generelles Verbot nicht zulässt. Das Tragen einer Burka wird grundgesetzlich vom Schutzbereich der Religionsfreiheit gemäß Artikel 4 des Grundgesetzes erfasst. Ein Verbot würde ein Eingriff in eben diese Religionsfreiheit darstellen, der sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen ließe und damit auch die besagte Vorschrift verletzen würde.

Ein solches Gesetz, wie von Ihnen vorgelegt, wäre mithin mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Aber ich fürchte - man hat das von Herrn Tillschneider schon in Ansätzen gehört -, diese Regelung im Grundgesetz wird Sie auch nicht allzu sehr beeindrucken. Es tummeln sich in Ihrem Umfeld genügend Leute, die meinen, das Deutsche Reich bestünde fort und das Grundgesetz gelte sowieso nicht.

(Robert Farle, AfD: Das ist ja lächerlich!)

Wir werden Ihren Gesetzentwurf folglich ablehnen. Das darf ich Ihnen heute ankündigen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Erben. - Herr Tillschneider, haben Sie eine Frage oder handelt es sich um eine Kurzintervention?

Eine Intervention, wenn es erlaubt ist.

Ja, bitte.

Und zwar haben Sie uns vorgeworfen, wir würden mit der Angst der Bürger ein politisches Geschäft machen. Das kann ich so nicht stehen lassen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist aber wahr!)

Unabhängig davon, ob man der Auffassung ist, dass der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, muss doch jeder eingestehen, dass es Bürger gibt, die der Auffassung sind, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Die Meinung dieser Bürger, die fand, bevor die AfD kam, keine Repräsentation in dieser Demokratie, weil es keine einzige etablierte Partei gab, die dieser Auffassung war. Wir geben diesen Bürgern eine Stimme und damit machen wir Demokratie wieder möglich.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Eine Stimme für die Angst!)

Das ist etwas völlig anderes, als mit der Angst ein Geschäft zu machen.

(Beifall bei der AfD)

Das war keine Frage, sondern, wie angekündigt, eine Kurzintervention. Wir fahren jetzt in der Debatte fort. Der nächste Debattenredner ist Herr Borgwardt für die CDU-Fraktion.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Was?)

- Herr Borchert, Entschuldigung.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ich mache al- les, wenn das nötig ist!)

- Ganz ruhig. - Herr Borchert, Sie haben das Wort.

Danke schön. - Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde schon vieles gesagt. Man kann verschiedene Meinungen haben. Die AfD hat ein Thema angesprochen, das aktuell ist, und hat mal wieder maßlos übertrieben. Ich habe schon einmal während einer anderen Rede gesagt, dass irgendwo die Sachlichkeit fehlt. Trotzdem muss man sachlich sagen, dass eine große Mehrheit aller Deutschen dafür ist, eine Vollverschleierung zu verbieten.

(Beifall bei der AfD)

Laut dem „DeutschlandTrend“ im ARD-Morgenmagazin sind es aktuell tatsächlich 81 %, die dafür sind, es zumindest in Teilen der Öffentlichkeit zu untersagen, beispielsweise in Kindergärten, an Schulen, an Hochschulen, in Behörden oder in Gerichten. Seit 1985 gibt es im öffentlichen Raum gemäß § 17a des Versammlungsgesetzes das Vermummungsverbot.

Wir reden in Deutschland, wenn wir über Burkas reden, etwa von 300 Frauen, die die Burka tragen sollen. Mir persönlich ist noch keine über den Weg gelaufen.

Es gibt bis zum heutigen Tag - das ist auch bekannt - in Deutschland kein gesetzliches Verbot der Vollverschleierung, und es ist meines Wissens

auch kein Fall bekannt, der beim Bundesverfassungsgericht gelandet ist.

Eine Regelung ist jedoch überfällig. Aber wir denken, ich denke, dass das eigentlich keine Sache der Länder ist, sondern eine Sache des Bundes sein müsste; denn es ist kaum vorstellbar, dass jedes Land ein eigenes Gesetz macht und man sich an der jeweiligen Ländergrenze gegebenenfalls umziehen müsste. Das ist heute nicht das Thema, aber es ist auf jeden Fall sinnvoll, das anzusprechen.

Es gibt Argumente dafür und es gibt Argumente dagegen. Meine Vorredner haben das sehr intensiv beleuchtet. Sie von der AfD haben es zu Beginn von der anderen Seite beleuchtet.

Was spricht für ein Burka-Verbot? - Dafür spricht, dass eine Gesichtsverschleierung verstörend und hinderlich bei der Integration ist, dass Menschen sich in freier Gesellschaft nicht auf Augenhöhe begegnen können, dass Frauenrechte beschnitten werden, weil eine Vollverschleierung für ein abwertendes Frauenbild stehen kann.

Es gibt Spielregeln in unserer Werteordnung, die beachtet werden müssen, beispielsweise dass man nicht vollverschleiert Auto fahren sollte oder dass man, wenn man eine Bank betritt, nicht vollverschleiert eintreten sollte, darf, kann und muss. Die Berufsausbildung ist oft unmöglich; das habe ich schon gesagt.

Was spricht dagegen? - Unter anderem - das wurde schon gesagt - das aus der Aufklärung gewonnene Recht, verfassungsrechtliche Bedenken, der mögliche Verstoß gegen das Neutralitätsgebot, die Einschränkung der Religionsfreiheit. Es gibt viele, viele Dinge, die man nennen muss, weil es verschiedene Seiten gibt.

Was passiert, wenn jemand diese Burka wirklich freiwillig trägt und es nicht als Unterdrückung sieht? - Dann würden wir ihn in seinen Grundrechten beschneiden, weil er - das wurde schon gesagt - zu Hause bleiben müsste, wenn er die Burka trägt.

Was ist richtig, was ist falsch? - Das Thema Sicherheit ist für mich kein Argument, weil wir von etwa 300 Frauen reden, die es in Deutschland gibt. Das ist nicht die Masse, die uns als Argument dienen sollte, um ein entsprechendes Gesetz zu erarbeiten.

Wir denken, dass ein Verbot in bestimmten Bereichen für die Umsetzung unserer Rechtsordnung notwendig ist. Wer sich bei uns integrieren möchte, hat natürlich auch unsere Normen und unsere Werte zu akzeptieren, und eine Vollverschleierung in Form einer Burka gehört nicht dazu.

(Zustimmung von Minister Holger Stahl- knecht)

Eine Diskussion in den entsprechenden Ausschüssen wird unumgänglich sein. Der Gesetzentwurf, so wie er vorliegt, ist natürlich nicht akzeptabel und umsetzbar. Aber, wie gesagt, darüber wird in den Ausschüssen beraten werden. Damit möchte ich meine Ausführungen beenden.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Borchert. Es gibt eine Wortmeldung. Sind Sie bereit eine Frage von Herrn Poggenburg zu beantworten? - Sie haben das Wort, Herr Poggenburg.

Sehr geehrter Herr Borchert, Sie haben gerade geäußert, die AfD übertreibe mal wieder maßlos in ihren Ausführungen. Diese Meinung kann man haben. Ich habe aber eine Frage an Sie: Was sagen Sie zu den Äußerungen beispielsweise von den Grünen, die vorhin klipp und klar gesagt haben, die AfD gehe im Grunde genommen nur mit den Ängsten der Menschen um und es gehe ihr nicht um wirkliche Anliegen, sie wolle quasi mit den Ängsten der Menschen Politik machen. So wurde es im Grunde genommen vorhin formuliert. Wie sehen Sie das? Ist das nicht auch mindestens eine maßlose Übertreibung? Was sagen Sie dazu?

Herr Borchert.

Ich möchte eine Antwort geben. Ich bin noch nicht lange im Parlament, aber ich habe gemerkt, dass wir in allen Parteien manchmal maßlos übertreiben.

(Zustimmung bei der AfD)

Wir kommen jetzt zu dem letzten Debattenredner, und zwar zu Herrn Kirchner von der Fraktion der AfD. Herr Kirchner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste auf den Tribünen! Hohes Haus! Mir fällt es jetzt zwar etwas schwer nach den Vorrednern der GRÜNEN, der LINKEN und SPD, deren Reden vor Halbwissen, so möchte ich es einmal sagen, nur so strotzten, zu reden, ich versuche es aber trotzdem.

(Birke Bull, DIE LINKE: Fragen Sie uns mal! - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Zunächst muss ich mit Bedauern feststellen, dass wir uns nach mehr als 25 Jahren nach der Wiedervereinigung in diesem Hohen Hause leider nicht mit blühenden Landschaften beschäftigen können, sondern uns vielmehr mit verschleierten Landschaften auseinandersetzen müssen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Wo sind die denn? - Unruhe bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

- Fahren Sie einmal an den Hasselbachplatz, dort können Sie sich das angucken, Herr Striegel. Sie können dann auch gleich Herrn Herbst besuchen, der wohnt dort. Das ist nicht so schlimm. - Das zeigt ganz deutlich, dass eine Islamisierung unseres Landes bereits in vollem Gange ist.

Wenn wir heute über unseren Antrag zum Verbot der Vollverschleierung diskutieren, dann lassen Sie mich bitte eines anmerken: Mir persönlich ist es auch sehr wichtig, Brücken für ein geordnetes Miteinander zu bauen. Ich lehne mich diesbezüglich auch etwas an ein Wahlplakat unseres Landtagsvizepräsidenten Herrn Gallert an, der darauf als Brückenbauer zu sehen war.

(Birke Bull, DIE LINKE: Och nee!)

Zu diesem Brückenbau gehört aber auch, dass die Menschen, die zu uns kommen, sich ohne Wenn und Aber bei uns integrieren. Sie müssen nicht ihre Kultur ablegen, aber sie müssen ganz eindeutig unsere Kultur tolerieren und akzeptieren und sie im besten Falle auch leben.