Protocol of the Session on April 4, 2019

Gebildet wurde der Pensionsfonds für Bedienstete, die ab dem Jahr 2007 eingestellt wurden. Legt man eine Beschäftigungszeit von 35 Jahren zugrunde, dann wird die erste Auszahlung aus dem Fonds im Jahr 2042 haushaltswirksam. Aber heute soll es nicht um Sinn oder Unsinn des Pensionsfonds gehen, sondern um die Frage, was das Land Sachsen-Anhalt mit den mehr als 1 Milliarde € macht, die nunmehr im Pensionsfonds gehortet sind.

Regelungen, wenn auch nur sparsame, finden wir in § 5 Abs. 6 des Pensionsfondsgesetzes. Danach sollen die dem Sondervermögen zugeordneten Mittel und Erträge angelegt werden. Als Anlagegrundsätze sind Sicherheit, Liquidität und Rendite genannt.

Im Ergebnis dessen trägt der Finanzminister das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Monat für Monat an die Börse. Die jährliche Durchschnittsrendite, die er dabei erzielte, betrug nach Angabe des Finanzministeriums von 2007 bis August 2018 3,57 %. Angelegt wird das Geld ausschließlich am Kapitalmarkt in Anleihen, in Aktien und in Fonds. Allen Erfahrungen zum Trotz konzentriert die Landesregierung das komplette Risiko des Landesvermögens am Kapitalmarkt. Man muss nicht Linker sein, um den Irrsinn zu erkennen. Jeder seriöse Vermögensberater spricht von Risikostreuung, spricht von einem Vermögensmix, zu dem eben auch Grundvermögen gehört.

Auf meine Kleine Anfrage zum Boden als nachhaltige Anlageform, Drs. 7/3668, antwortete das Finanzministerium - übrigens ungefragt, aber zwischen den Zeilen -, dass es die Anlageform Grund und Boden nicht in Betracht ziehe, weil das Geld am Finanzmarkt ihrer Meinung nach die Anlagengrundsätze Sicherheit, Liquidität und

Rendite in vollem Umfang erfülle.

Das Umweltministerium wiederum antwortete auf die Kleine Anfrage zu Landverkäufen in SachsenAnhalt, Drs. 7/4099, dass in den vergangenen zehn Jahren zur Deckung des Haushalts land- und forstwirtschaftliche Grundstücke mit einer Fläche von 9 500 ha verkauft worden seien.

Während also das Finanzministerium Geld für Pensionen an die Börse trug, verkauften die Landwirtschaftsministerin und ihr Vorgänger Landesvermögen; insgesamt eine Umschichtung des Landesvermögens, weg vom Grundvermögen, hin

zu Finanzanlagen. Das ist Irrsinn, meine Damen, meine Herren.

Das Finanzministerium ist also der Meinung, die Anlage von Landesmitteln im Grundvermögen, in landwirtschaftlichen Flächen erfüllt nicht die Voraussetzung von Sicherheit, Liquidität und Rendite. Das verstehe, wer will, ich nicht. Warum, bitte, soll die Anlage in Grund und Boden unsicherer sein als die von Ihnen aufgenommenen türkischen Staatsanleihen? - Nach meiner Kenntnis unterliegt Grund und Boden kaum einem Wertverlust aus Inflation. Auch dass Grund und Boden abhanden kommt, ist höchst selten. Diese Aussage kann man nicht auf jeden Staat und auf jede seiner Anleihen anwenden.

Liquidität ist eine weitere Voraussetzung. Ja, Grundstücke schwanken gelegentlich in ihrem Wert, im Moment schlägt das Pendel etwas nach oben. Ein Normalisierungsprozess bleibt zu erhoffen. Aber dass unsere Ackerflächen unverkäuflich werden, halte ich für ein Gerücht.

Die Frage der Liquidität stellt sich auch bei 50-jährigen Staatsanleihen. Klar können Sie diese, solange der Handel nicht ausgesetzt wird, immer verkaufen. Die Wertschwankungen jedoch entziehen sich gänzlich der Einflussmöglichkeit des Landes Sachsen-Anhalt.

Auch im Punkt Rendite ist der Grund und Boden solide. Ja, Renditeerwartungen jenseits eines seriösen Ertrages können Sie nicht erwarten. Aber wollen Sie das? - In meiner Kleinen Anfrage zum Boden als nachhaltiger Anlageform hat das Finanzministerium jedenfalls Landkreis für Landkreis aufgelistet und ausgeführt, dass Pachtzinsen eine sichere und keinesfalls zu verachtende Rendite darstellen.

Ich erinnere daran, dass in der zehnjährigen Durchschnittsrendite des Pensionsfonds 3,57 % zustande kamen und das auch nur unter Einbeziehung der nicht realisierten Gewinne aus Kurssteigerungen.

Es macht daher Sinn, im Vermögensportfolio des Landes auch Grundvermögen, auch land- und forstwirtschaftliche Grundstücke zu haben. Das schlagen wir Ihnen mit unserem Gesetzentwurf vor. So wäre es künftig möglich, statt Flächen zu verkaufen, diese in den Pensionsfonds umzuschichten und die Pachtzinsen dort zu verbuchen. Es wäre möglich, die zum Verkauf anstehenden BVVG-Flächen zu erwerben und die Pachteinnahmen als Rendite zu vereinnahmen. Es wäre dem Land damit möglich, Vermögen aufzubauen und Agrarstrukturpolitik zu betreiben.

Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, und Sie können damit ein Stück weit verhindern, dass Hedgefonds aus aller Welt mit Sachsen-Anhalts

Landwirtschaft spekulieren. Dem Ausverkauf des Bodens können damit Grenzen gesetzt werden.

Bewusst verzichtet haben wir auf eine Quote im Portfolio und haben stattdessen einen angemessenen Anteil formuliert. Das ermöglicht dem Finanzministerium, die Anlageentscheidung nach Marktlage und Angebot zu treffen.

Mit unserem Vorschlag, bei der Anlage der Steuergelder Kriterien der Nachhaltigkeit ökologischer, sozialer und ethischer Belange zu berücksichtigen, greifen wir eine Diskussion aus dem Jahr 2016 wieder auf. Das Finanzministerium hat sich seitdem auf den Weg gemacht, diese Punkte in die Anlagestrategie einzubeziehen.

Wir finden, es ist an der Zeit, diesen Kriterien gleichwertig neben Sicherheit, Liquidität und Rendite zu stellen. Die Beratungen zu unserem damaligen Antrag haben klargemacht, dass das eine das andere nicht ausschließt. Bitte kommen Sie mir in der folgenden Debatte nicht damit, dass es sich bei den Kriterien um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt. Wenn Sie diesbezüglich Unsicherheiten haben, hilft ein Blick in unsere Landesverfassung, die in den Artikeln 34 bis 40 genau das als Staatsziel formuliert.

Ökologische Kriterien sind im Lichte des Artikels 35 zu interpretieren, in dem es heißt:

„Das Land und die Kommunen schützen und pflegen die natürlichen Grundlagen jetzigen und künftigen Lebens. Sie wirken darauf hin, dass mit Rohstoffen sparsam umgegangen und Abfall vermieden wird.“

Es ist also im Licht unserer Landesverfassung nicht schwer, ökologische Kriterien für Geldanlagen zu formulieren, im Gegenteil: Die Verfassung verpflichtet das Finanzministerium schon jetzt dazu. Die Konkretisierung im Pensionsfondsgesetz ist somit ein Erinnerungsposten.

Auch das Sozialstaatsgebot, das Verbot von Kinderarbeit, das Verbot von Menschenhandel - kurzum das, was unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung formuliert - müssen sich auf die Fiskalverwaltung durchschlagen. Nach unserer Auffassung reichen die Bemühungen des Finanzministeriums nicht aus. Das gefundene Dialogverfahren ist ein teures Trostpflaster für das schlechte Gewissen.

Mit Firmen, die gegen ethische Grundsätze verstoßen, soll von einer Agentur für teures Geld geredet werden. Reden Sie einmal mit dem Bergbaukonzern Vale, verantwortlich für die Dammbrüche an Eisenerzminen in Brasilien mit mehreren hundert Toten und für die Umweltzerstörung schrecklichen Ausmaßes. Wir verdienen kräftig mit am Geschäftsmodell dieses rücksichtslosen

Konzerns. Oder wollen wir mit denen im Dialogverfahren reden?

Oder sprechen Sie einmal mit British Aerospace, dem zweitgrößten Waffenkonzern der Welt, der 95 % des Jahresumsatzes mit Waffen erzielt. Das Land Sachsen-Anhalt verdient kräftig mit. Oder wollen wir mit denen im Dialogverfahren reden, dass sie künftig Wasserspritzpistolen statt tötender Waffen bauen? Was soll hierbei ein Dialogverfahren bringen?

Skurril sind auch die Anlagestrategien des Landes für seine Stiftungen. So hat „Correktiv“ 2016 recherchiert: Das Stiftungsvermögen der SUNK, also der Stiftung Umwelt, Natur und Klimaschutz, ist in Airlines und Flughäfen investiert. Hauptsache Rendite, ohne Rücksicht auf Natur und Umwelt.

Die Investitionsstrategie des Landes ist an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten. Sie wird auch nicht glaubhaft dadurch, dass wir jemanden engagieren, der gegebenenfalls mal mit Ryanair oder den Flughafenbetreibern spricht. Hier wäre ein Ausschluss das Richtige. Dialog lässt sich mit allen anderen führen, aber nicht mit denen, die den meisten Dreck am Stecken haben.

Nein, wir finden, hier muss das Finanzministerium seine Hausaufgaben machen und im Vorfeld überlegen, wo das Geld unseres Landes angelegt wird. Das schlagen wir in unserem Gesetzentwurf vor.

Ich wiederhole: Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, dass die Anlagen künftig nach ökologischen, sozialen und ethischen Kriterien erfolgen sollen. Das erscheint uns eine Selbstverständlichkeit. Wir schlagen ferner vor, nicht alles Geld an die Börse zu tragen, sondern es im Land Sachsen-Anhalt in Grund und Boden zu investieren.

Wir erbitten die Beratung des Gesetzentwurfes im Ausschuss für Finanzen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke. Ich habe keine Fragen dazu gesehen. - Dann können wir in die Dreiminutendebatte einsteigen. Für die Landesregierung beginnt Herr Minister Schröder. Herr Schröder, Sie haben das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE behandelt zwei Themen: erstens das Thema Nachhaltigkeit der Geldanlage, die möglichst gesetzlich festzuschreiben ist, und zweitens das Thema, Investitionen des Pensionsfonds in das Grundvermögen möglichst fortzuschreiben mit all der Öffnung, die

dabei möglich ist. Aber letztendlich geht es darum, strukturpolitische Steuerungsinstrumente einzuführen.

Was das Thema der Nachhaltigkeit anbetrifft, ist diese bereits heute im Pensionsfondsgesetz verankert. Man könnte etwas vereinfacht sagen: Ohne Nachhaltigkeit keine optimale Rendite. Die Notwendigkeit einer Änderung aus diesem Grund allein erschließt sich daher nicht.

Die Frage ist, welche Motivation der Antrag hat. DIE LINKE will letztlich einen Nachhaltigkeitsstandard setzen. Allein die Diskussionen, die wir dazu im Jahr 2017 im Kapitalmarktausschuss hatten - ich erinnere an dieser Stelle daran -, hat gezeigt, dass eine einheitliche, fraktionsübergreifende Festlegung von Standards eben nicht so einfach zu erreichen ist. Dazu reicht auch eine Gesetzesbegründung letztlich nicht aus.

Deswegen möchte ich an dieser Stelle im Landtag dafür werben, dass wir den Weg einer nachhaltigen Geldanlage, wie von der Landesregierung vorgeschlagen und übrigens fraktionsübergreifend im Finanzausschuss des Landtages ohne Gegenstimmen zur Kenntnis genommen, weitergehen sollten, und zwar ohne gesetzliche und ohne inhaltliche Fixierung in Gesetzesbegründungen. Nachhaltigkeit in der Geldanlage wird auch ohne eine Regelung weiter verfolgt, wie sie DIE LINKE vorgeschlagen hat.

Das andere Thema betrifft Investitionen in das Grundvermögen. Anders als ein bisschen in der Einbringungsrede suggeriert, gibt es keinen geplanten oder vorsätzlich vorgenommenen Weg, Investitionen in Grundvermögen nicht vorzusehen. Vielmehr ist es so, dass das Pensionsfondsgesetz keine konkreten Vorgaben dazu enthält, in welchen Anlagenklassen wir investieren. Das sollte aus unserer Sicht auch so bleiben. Man kann natürlich immer in den Rückspiegel schauen und zurückblickend sagen, was in der zurückliegenden Zeit gute Renditen ausgewiesen hat; das kann man dann gesetzlich fortschreiben. Das halte ich nicht für den richtigen Weg. Dann müssten wir gegenwärtig festschreiben, dass wir massiv in Zink und Palladium investieren.

(Zustimmung von Daniel Szarata, CDU)

Ich glaube nicht, dass das eine wirklich gute Motivation für Festlegungen in einem Gesetz ist.

Nein, der eigentliche Grund ist, wie ich es eingangs schon vermutet habe, strukturpolitische Steuerungsinstrumente in ein Pensionsfondsgesetz einzuführen. Und genau das widerspricht unseren Anlagegrundsätzen. Deswegen möchte ich dafür werben, dass es bei den jetzigen Regelungen bleibt. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Schröder. Es gibt eine Nachfrage von dem Abg. Herrn Knöchel. Die kann er jetzt stellen. Es gibt zwar auch noch eine Frage von Frau Heiß. Diese kann sie aber nicht mehr stellen, weil in einer Dreiminutendebatte nur eine Frage pro Fraktion zulässig ist. - Bitte, Herr Knöchel.

Wenn ich mir den jetzigen Anlagemarkt angucke, Herr Finanzminister, dann stelle ich fest, dass die Investitionen in Boden der große Renner bei allen Hedgefonds sind, und zwar bei all denen, die nach Renditen rufen.

Das Land Sachsen-Anhalt, so sagen Sie, braucht keine Vorschriften, wie es seine Anlagestrategie ausrichtet. Aber dass Sie in den letzten zehn Jahren gar nichts in Grund und Boden investiert haben trotz sogar steigender Rendite, müssten Sie mir bitte einmal erklären. Denn obwohl nicht festgeschrieben ist, dass Sie nicht in Grund und Boden investieren können, tun Sie es einfach schlicht nicht, obwohl es wirtschaftlicher gewesen wäre. Im Gegenteil: Das Land Sachsen-Anhalt verkauft Grund und Boden und legt die erzielten Einahmen in unsicheren Geldanlagen ein.

(Zustimmung von Daniel Roi, AfD)

Sie haben das Wort, Herr Schröder.

Diese Dinge sind gesetzlich fixiert - das wissen Sie ja -, zum Beispiel, wie mit nicht benötigtem Vermögen zu verfahren ist. Ich wiederhole: Es gibt keinen Ausschluss von Anlageklassen. Das heißt nicht, dass es auf Dauer so festgeschrieben ist, wie Sie es jetzt im Rückblick unterstellen.

Wir haben Anlagegrundsätze. Die Aussage, es müsste nichts geregelt werden, stimmt nicht; wir haben Anlagegrundsätze.

Zu Ihren Steuerungsinstrumenten, die den Anlagegrundsätzen, die wir ja haben, im Pensionsfondsgesetz zuwiderlaufen, haben wir einen anderen Weg vorgeschlagen. Wir haben das auch im Kapitalmarktausschuss und im Finanzausschuss sehr ausführlich erörtert, beim Thema Nachhaltigkeit auf positive Entwicklungen zu setzen und das mit einem Engagement-Mandat - so heißt das, also einem Engagement-Manager im Bereich der Anlagen - entsprechend zu überprüfen und harten Kriterien zu unterziehen. Auf diesen Prozess hatten wir uns geeinigt.