Protocol of the Session on March 1, 2019

Herr Abg. Schumann, Sie haben jetzt die Möglichkeit dazu.

Ich habe nur eine kurze Frage, weil wir jetzt über bundespolitische Themen sprechen. Es ist klar: Der Wahlkampf steht vor der Tür, wir machen jetzt hier auch Bundespolitik, aber egal.

Ich habe eine prinzipielle Frage: Wie steht denn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Berlin dazu, dass die doch teilweise ungerechte Besteuerung der Renten, auch mittlerer Renten, vielleicht einmal ins Visier genommen wird? - Danke schön.

Frau Lüddemann.

Die Renten sind ein Teil des Steuersystems. Darüber diskutieren wir sehr viel und sind insgesamt der Meinung, dass das Steuersystem in Deutschland reformbedürftig ist; dabei ist für uns ganz klar

auch die ökologische Komponente zu sehen. Auch eine unterschiedliche Rentenbesteuerung ist da in den Blick nehmen. Aber wir sind darüber noch mitten in der Diskussion.

(Alexander Raue, AfD: Sie haben wohl auch kein Konzept!)

Vielen Dank. - Sie hatten jetzt aber keine Frage gestellt, Herr Raue; vielmehr haben wir eine weitere Wortmeldung von Herrn Steppuhn. - Herr Steppuhn.

(Alexander Raue, AfD: Doch, ich habe Fra- gen! - Weitere Zurufe von der AfD - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten jetzt keine Zwiegespräche führen. Wenn Sie eine Wortmeldung haben, dann melden Sie sich zu Wort. Ansonsten lassen Sie den Wortmeldern erst einmal die Möglichkeit, ihre Fragen zu stellen. - Herr Steppuhn.

Sehr geehrte Kollegin Lüddemann, zunächst folgende Frage, da Sie jetzt auch die Sozialpolitik der Vergangenheit sehr kritisch beleuchtet haben: Ist Ihnen bekannt, wer seinerzeit Vizekanzler unter Gerhard Schröder war und wer damals mitregiert hat?

Dann habe ich noch eine weitere Frage: Sie haben von einem Grundeinkommen gesprochen, haben dies aber nicht näher beschrieben. Sind Sie eher für ein bedingungsloses Grundeinkommen, oder treten Sie eher dem Gedanken näher, wie es die Sozialdemokraten diskutieren, dass wir zu einem solidarischen Grundeinkommen in Deutschland kommen?

Frau Lüddemann, bitte.

Die Frage nach dem Vizekanzler nehme ich jetzt einmal als rhetorische Frage.

(Lachen bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Ich sage aber ganz klar Folgendes: Ich nehme für meine Partei in Anspruch, deutlich früher als die Sozialdemokratie gesehen zu haben, dass die Entscheidung zu Hartz IV keine richtige Entscheidung war und dass wir als erste Konzepte vorgelegt haben, wie man das revidieren kann. Deswegen habe ich in meiner Rede ausdrücklich gesagt, dass ich mich freue, dass jetzt auch die SPD diesen Weg geht, dass ich viele Parallelen sehe und

dass ich davon ausgehe, dass wir dann, wenn es wieder andere Mehrheiten gibt, in einer neuen Gemeinsamkeit wieder deutlich weiter gehen können.

Zum Grundeinkommen: Ich habe versucht zu sagen, dass es nach unserem Projekt - - Natürlich haben wir ein Rentenkonzept; dazu kann ich Ihnen auch gerne die Parteitagsbeschlüsse zuschicken, wenn Sie es wollen. Sie können es auch googeln; das ist wahrscheinlich einfacher. Natürlich haben wir das alles.

Dieses Rentenkonzept sieht einen Sockel vor und das ist tatsächlich ein bedingungsloses Grundeinkommen, weil wir davon ausgehen, dass jeder Mensch das Anrecht haben muss, nach einem humanistischen Menschenbild in dieser Gesellschaft zu leben. Deswegen wollen wir die Kindergrundsicherung und eine einkommensunabhängige Rente. Das ist der Grundstock. Alles darüber hinaus muss dann natürlich an eine Bedürftigkeitsprüfung gekoppelt sein.

Aber wir sehen einen großen Grundstock vor, der, egal in welchem Lebenszusammenhang die Menschen leben, jedem zustehen sollte, weil nur dies wirklich freie Entfaltung ermöglicht, weil nur dies tatsächlich ermöglicht, dass sich jeder an unserem Gemeinwesen beteiligen kann. Das ist ein hoher Stellenwert, den wir setzen.

Angesichts dessen, wie sich Arbeit in Zukunft entwickeln wird, glauben wir, dass wir dies für immer mehr Menschen brauchen werden. Sie sehen das selber: Bestimmte Tätigkeiten sind jetzt schon vom Arbeitsmarkt verschwunden. Wir haben in der letzten Plenardebatte über Zukunft von Mobilität gesprochen. Ganz viele Berufe werden sich nicht nur verändern, sondern werden sogar wegfallen. Wir brauchen mehr Freiheit für die Menschen, damit sie die Zeit, die sie haben, nutzen können, um sich in Bereiche einzubringen, aus denen eben nicht per se von sich heraus Entgelte gezahlt werden können. Es geht also um einen großen Sockel, den es ohne Prüfung des Bedarfs geben soll, und darüber hinausgehend soll geprüft werden.

(Andreas Steppuhn, SPD: Ich glaube, wir führen die Diskussion im Ausschuss wei- ter!)

- Das ist auch eine lange Diskussion. Es ist auf jeden Fall wichtig und richtig, dass wir diese führen, klar, gerne.

Vielen Dank, Frau Lüddemann. - Jetzt habe ich zumindest schon einmal vernommen, dass doch eine Überweisung kommen sollte, was ich bisher noch nicht gehört hatte.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Nein!)

Aber das werden wir zum Schluss hören.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Er meinte das Grundeinkommen, und das steht ja in einem Antrag!)

Wir haben aber noch weitere Wortmeldungen. - Herr Tobias Rausch, Sie haben das Wort, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Lüddemann, Sie haben gerade ausgeführt, was Sie mit Ihrem Sockelbetrag alles wollen. Dazu ist meine erste Frage: Wie hoch soll der denn in Euro sein, was haben Sie sich da vorgestellt?

Die zweite Frage: Sie haben gerade eingeräumt, dass nicht Sie, aber die GRÜNEN im Bund zusammen mit der SPD bei der Rentenreform 2004 einen Fehler gemacht haben, dass das alles nicht so ordentlich gelaufen ist. Wie haben Sie es denn bewertet oder wie bewerten Sie es immer noch, dass die SPD und die GRÜNEN es waren, die das Rentenniveau von 67 % auf 43 % bis 2030 absenken wollten und dies auch beschlossen haben? Wie bewerten Sie das persönlich, und wie hoch soll der Betrag sein, den Sie sich einmal als Sockelbetrag für die Rentner vorstellen? Wie hoch soll dann der Betrag sein, den Sie sich als Grundeinkommen vorstellen, was Sie jetzt auch schon einmal angeschnitten haben?

Frau Lüddemann, bitte.

Zum Grundeinkommen werde ich Ihnen jetzt keine Zahl sagen. Das ist ein Konzept, und das bemisst sich immer an der Höhe des Normaleinkommens und der Grundrente. Wir haben ja gesagt, es muss immer 30 % über dem Mindestanspruch sein.

Außerdem fragten Sie nach den alten Konzepten. Da kann ich mich nur wiederholen: Da sind im Zusammenhang mit der Einführung von Hartz IV Fehler gemacht worden. Wir haben uns damit beschäftigt, wir haben jetzt neue Konzepte, und wenn wir in Verantwortung kommen, werden wir das korrigieren. Das war im Übrigen auch ein wesentlicher Verhandlungspunkt, als wir versucht haben, eine andere Bundesregierung auf den Weg zu bringen.

Vielen Dank, Frau Lüddemann.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

- Wenn Sie eine Nachfrage haben, dann gehen Sie bitte ans Mikrofon.

Ach so, noch zur Rentenhöhe, zum Sockelbetrag: im Moment 850 €.

(Tobias Rausch, AfD: Okay!)

Wir haben eine weitere Wortmeldung von dem Abg. Herrn Raue. Herr Raue, ich weise darauf hin, sich kurz zu fassen; ansonsten muss ich unterbrechen. - Bitte.

Frau Lüddemann, wie wollen Sie denn unser Rentensystem einnahmeseitig stabilisieren, wenn Sie ausgabenseitig dafür sorgen, zum Beispiel durch Ihre Blockade, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer zu klassifizieren,

(Widerspruch bei der LINKEN)

dass viele Menschen, die sich jetzt in Deutschland befinden und illegal in Deutschland sind, nicht arbeiten und auch gar keine Lust haben zu arbeiten, irgendwann bei uns ins Rentensystem eintreten werden?

Ich habe die Frage verstanden.

Wie wollen Sie das stabilisieren?

Frau Lüddemann.

Ich weiß, dass Sie über meine Antwort nicht glücklich sein werden - das ist nicht das Ziel -, aber ich kann Ihnen immer nur die gleiche Antwort geben; denn wir führen hier ja alle halbe Jahre eine Rentendebatte: Wir wollen, dass alle, also auch Selbstständige und Beamte etc., in die Rentenkasse einzahlen, um es ganz platt zu sagen.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Dadurch gibt es erst einmal eine Erweiterung der Bezugsgruppe. Zudem wollen wir, dass viel mehr Migrantinnen und Migranten hier in diesem Land arbeiten dürfen. Das würde nämlich auch noch mal die Bezugsgruppe erweitern und das würde sehr viel mehr für den sozialen Frieden tun; aber diese Debatte führe ich jetzt nicht mit Ihnen.

Grundsätzlich - der Kollege Gallert hat die Frage vorhin angesprochen - werden wir unser Rentensystem nicht auf Dauer aufrechterhalten können. Wir werden auch unser Erwerbssystem auf Dauer

nicht aufrechterhalten können, wir werden überhaupt das Leben, wie wir es kennen, nicht aufrechterhalten können, wenn wir nicht endlich dazu kommen, dass wir unseren Arbeitsmarkt freigeben - so könnte man jetzt platt sagen -, dass wir eine andere Einwanderungspolitik machen, dass wir ein Einwanderungsgesetz in Deutschland haben und dann sozusagen als sekundäre Erscheinung auch die Bezugsgruppe derjenigen erweitern, die in die Rentenkasse einzahlen.

(Alexander Raue, AfD: Frau Lüddemann - -)