Protocol of the Session on February 1, 2019

Wenn sie ihren Dienst beginnen, werden sie auch nach Tarif bezahlt, ja. Nur ist die Ersteingruppierung jener, die einen zehnmonatigen Kurzlehrgang zur Lokführerausbildung zur Qualifikation nachweisen, schlechter als bei den konventionell Ausgebildeten. Betriebszugehörigkeitszeiten wären auch zu nennen. Letztlich zahlen sie also für den sogenannten freien Wettbewerb mit schlechterer Qualität. Auf ihrem Rücken sollen Gewinne eingefahren werden. Das gehört geändert.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bahnbetreiber haben den Markt falsch prognostiziert, sich beim Personal verspekuliert. Hier müssen nicht nur tarifliche, sondern künftig auch vergaberechtliche Flankierungen erfolgen, die derlei ausschließen. Ich weiß von den Kollegen der Nasa, dass man hier künftig nachbessert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein leistungsfähiger, zuverlässiger und sozial gerechter Schienenpersonennahverkehr und -fernverkehr ist unverzichtbar für den Klimaschutz. Während Luxemburg zum nächsten Jahr den fahrscheinlosen ÖPNV ankündigt, Oslo zur grünen Hauptstadt Europas gekürt wurde, Kopenhagen die autofreie Innenstadt schafft, Schweden den Verbrennungsmotor ins Aus stellen will und bei uns wie anderswo die Nachfrage nach Mobilität steigt, kann für Sachsen-Anhalt nur gelten: Wir brauchen einen ordentlichen Fahrplan für die Zukunft unseres Landes,

(Beifall bei der LINKEN)

weg vom steuerbegünstigten Mülltourismus per Lkw hin zu einem ausgebauten ÖPNV und SPNV mit attraktiven Arbeitsbedingungen, und das mit dem Zielbahnhof namens Ticketfreiheit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Friday for Future fordern Schüler ihre Zukunft ein. Zu Recht! Auch für sie gilt: Nur mit einem ausgebauten, nicht gewinnorientierten Verkehrssystem, das Mobilität sichert, die Umwelt wenig belastet und sozial gerecht ist, haben wir ein unverzichtbares Gestaltungselement zur Verfügung. Lassen Sie uns es in öffentlicher Hand für künftige Generationen sichern; denn ohne gute Eisenbahnen zur Daseinsvorsorge gibt es keine Zukunft. - Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Henke. Ich sehe keine Fragen. - Somit kann sich jetzt Minister Herr Webel für die Landesregierung äußern. Sie haben das Wort, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Landtag befasst sich heute mit einem wichtigen Thema, das viele Menschen in unserem Land zu Recht aufgeregt hat. Deshalb ist es heute besonders wichtig, hier keine Debatten zu führen, die eigentlich in Berlin geführt werden müssten, Herr Henke; denn dort wurde vor mehr als 25 Jahren die Bahnreform beschlossen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zugausfälle, die es zum Betriebsstart von Abellio im Dieselnetz Sachsen-Anhalts gegeben hat, sind bedauerlich, aber auch nicht hinnehmbar. Sie haben natürlich auch für Abellio erhebliche finanzielle Auswirkungen. Jeder Zugausfall ist einer zu viel. Aber nicht jeder Zugausfall sollte Anlass für eine Pauschalkritik am System geben.

(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU)

Ich finde es schon wichtig und richtig, dass wir in Sachsen-Anhalt darüber sprechen können, wie der Schienenpersonennahverkehr in unserem Land als Teil der Daseinsvorsorge ausgestaltet wird. Dass wir in Magdeburg diskutieren und auch entscheiden können und nicht nur mit Entscheidungen aus Berlin konfrontiert werden, wie es beim Fernverkehr, wie es bei der Infrastruktur der Fall ist, ist das Ergebnis der Bahnreform.

Über diese Reform kann man viel Kritisches sagen. Herr Henke hat dazu schon ausgeführt. Aber

ich kann auch sagen, dass wir nach dieser Bahnreform in Sachsen-Anhalt mehr Zugkilometer anbieten können und mehr Nutzer im Regionalverkehr haben als vor der Reform.

Wir haben als Land die Chance genutzt und mit der Nasa GmbH einen starken Dienstleister etabliert, um den uns viele Länder beneiden. Auch Herr Henke hat die Leistungen der Nasa anerkannt. Wir haben außerdem einen wesentlich besser vertakteten Nahverkehr auf der Schiene als früher. Ich denke auch an die Vertaktung mit dem Bahn-Bus-Landesnetz, von der Ausstattung der Züge ganz zu schweigen.

Das sind Fakten, die Sie alle zur Kenntnis nehmen sollten, wenn wir eine Diskussion im Interesse der vielen Zehntausend Menschen führen, die jeden Tag unsere Züge nutzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Fakt ist aber auch, dass die Zugausfälle beim Fahrplanwechsel Anfang Dezember für die betroffenen Bahnnutzer ein sehr großes Ärgernis dargestellt haben. Am Ende ist es den Nutzerinnen und Nutzern auch ziemlich egal, aus welchem Grund die Züge nicht fahren und welches Unternehmen oder - bei Streiks - welche Gewerkschaft dafür verantwortlich ist.

Sie erwarten völlig zu Recht und müssen sich darauf verlassen können, dass Züge planmäßig fahren. Wenn Züge unangekündigt ausfallen, dann untergräbt dies das Vertrauen in das System Schiene. Das wollen und werden wir als Land nicht akzeptieren.

Für die Nutzerinnen und Nutzer in Sachsen-Anhalt ist es auch keine befriedigende Erklärung, wenn in diesem Zusammenhang auf den allgemeinen Fachkräftemangel im Eisenbahnbereich verwiesen wird. Den gibt es seit Jahren, den gibt es in ganz Deutschland und damit haben auch viele kommunale Unternehmen in Sachsen-Anhalt zu kämpfen.

Deshalb ist es gerade nicht hinnehmbar, dass Abellio sowohl das Land als auch die Öffentlichkeit nicht rechtzeitig vor der Betriebsübernahme im Dieselnetz über die absehbaren Probleme informiert hat. Niemand kann im Nachhinein sagen, ob die Schwierigkeiten in den ersten Wochen bei einer frühzeitigen Information durch das Unternehmen hätten vermieden werden können. Aber es hätte zumindest die Möglichkeit gegeben, gegenzusteuern; denn die Nasa GmbH hat den Prozess der Betriebsaufnahme in einer langen Vorbereitungsphase zu jedem Zeitpunkt eng begleitet.

Selbstverständlich spielte dabei auch die Frage des verfügbaren Personals eine herausragende Rolle. Aber Abellio hat das tatsächliche Ausmaß des Personalmangels bis zum Betriebsstart

schlicht nicht kommuniziert. Das ist - das sage ich in aller Deutlichkeit - nicht akzeptabel und wurde von der Nasa GmbH mit einer Rüge geahndet. Zusätzlich hat das Unternehmen vertragsgemäß Strafzahlungen zu leisten. Jede ausgefallene Fahrt macht sich also in der Bilanz des Unternehmens bemerkbar.

Wir sehen deshalb auch, dass Abellio derzeit viele Maßnahmen ergreift, um auf die notwendige Personalstärke zu kommen. Diese Anstrengungen werden von der Nasa sehr eng überwacht und begleitet. Wir erwarten von Abellio, dass die noch ausstehenden Probleme schnellstmöglichst gelöst werden. Wir wissen auch, dass sie es können. Das haben sie bei der Übernahme des SaaleThüringen-Südharz-Netzes bewiesen.

Abellio ist ein etabliertes Eisenbahnunternehmen mit fast 1 000 Beschäftigten, das hier im Land seinen Sitz hat und sich in einer sehr komplexen Ausschreibung am Ende durchgesetzt hat. An dieser Stelle möchte ich noch etwas zum Ausschreibungsverfahren sagen.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Aha!)

Es wird oft der Hinweis gegeben, man hätte sich bei der Vergabe besser absichern müssen und nicht den billigsten Anbieter binden sollen.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Genau!)

Das ist völlig richtig. Deshalb verfährt das Land seit Langem nach dieser Maxime.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Ach so!)

Die Ausschreibungen beinhalten hohe Qualitätsvorgaben, sodass sich kein sich allein am Preis orientierendes Unternehmen beteiligen kann. Die Verkehrsverträge haben außerdem sehr weitreichende Regelungen für Vertragsstrafen, sodass jedes Unternehmen einen starken wirtschaftlichen Anreiz hat, diese zu vermeiden.

Ein Billiganbieter hat in diesem Wettbewerb überhaupt keine Chance. Mit ihrem Angebot müssen die Eisenbahnunternehmen bereits im Vergabeverfahren konkret darlegen, wie sie ihr Personal gewinnen wollen.

Der Zuschlag erfolgt keineswegs allein nach dem Preis. Er wird für das Angebot erteilt, das den besten Mix hinsichtlich der Qualität des eingereichten Konzeptes und des Preises bietet. Auch die fachliche Eignung eines Unternehmens wird geprüft. Diese steht bei Abellio völlig außer Frage, genauso wie bei DB Regio oder der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den unangekündigten Zugausfällen im Dezember 2018 hat die Nasa GmbH sofort auf ein geordnetes Betriebsgeschehen gedrängt. Dies wird seit dem 4. Januar 2019 umgesetzt.

Seit vier Wochen werden damit 97 % der bestellten Leistungen im Dieselnetz auch tatsächlich erbracht. Die verbleibenden 3 % betreffen den Verkehr der Unstrutbahn sowie zwei Fahrten zwischen Köthen und Dessau. Möglich wird dies mit der Unterstützung durch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen, unter anderem der DB Regio AG.

Eine kurzfristige Übernahme einer kompletten Linie durch ein anderes Unternehmen ist jedoch nicht möglich. Dafür gäbe es weder Personal noch Material. Dieses steht weder in SachsenAnhalt noch in Deutschland zur Verfügung.

(Zuruf von der LINKEN)

Abellio hat zugesichert, dass zum 4. März 2019 der Schienenersatzverkehr auf der Unstrutbahn bei den zwei Fahrten zwischen Köthen und Dessau beendet sein wird. An dieser Aussage werden wir das Unternehmen messen. Es ist und bleibt Aufgabe von Abellio, durch eine stabile Leistung im gesamten Netz verlorenes Vertrauen bei den Reisenden wiederzugewinnen.

Diesbezüglich gibt es beispielsweise aktuell mit Blick auf die Pünktlichkeit auch noch Luft nach oben. Das hat die Nasa GmbH im Blick. Sie wird, genau wie bei den anderen Eisenbahnunternehmen, sehr genau auf die Einhaltung des Verkehrsvertrages achten.

Es ist auch gut, dass der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr diesen Prozess weiter intensiv begleiten wird. Das Gleiche gilt sicherlich auch für den Nasa-Beirat, in dem alle Landtagsfraktionen vertreten sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Personalgewinnung wird ein Dauerbrenner bleiben. Ich halte es für sehr wichtig, dass sich alle Verkehrsunternehmen - private Eisenbahnunternehmen genauso wie kommunale Verkehrsbetriebe - mit gemeinsamen Anstrengungen noch intensiver als bisher um ausreichend Personal und attraktive Arbeitsbedingungen bemühen. Auch hierbei wird die Nasa GmbH unterstützend tätig werden.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die aktuellen Personalprobleme lösbar sind, aber bestimmt nicht durch einen kompletten Systemwechsel. Vielmehr sollte es uns allen darum gehen, den Nahverkehr im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer gemeinsam weiterzuentwickeln.

Ich richte deshalb auch ein herzliches Dankeschön an die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner. Ich bin mir darin sicher, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch in den privaten Eisenbahnunternehmen, dazu wie bisher ihren Beitrag leisten werden. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Webel. Es gibt zwei Fragen, vom Abg. Herrn Knöchel und vom Abg. Herrn Höppner. - Herr Knöchel, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, wenn ich auf dem Bahnsteig stehe, friere und erfahre, der Zug kommt nicht, dann ist es immer sehr beruhigend, wenn Herr Webel in die Welt ruft: Dafür zahlen die aber 250 000 €. Dafür zahlen die eine Million. Das nützt mir in dem Moment relativ wenig.

Deswegen würde mich interessieren: Was machen Sie denn mit dem Geld, das Sie dafür bekommen? Nutzen Sie es wenigstens dafür, um ein Wartehäuschen zu bauen, damit ich das nächste Mal nicht frierend auf dem zugigen Bahnsteig stehen muss?

Meine Erwartung ist - deswegen die Frage -: Was machen Sie mit dem Geld? Verwenden Sie es wenigstens dann auch dafür, die Infrastruktur gerade im Eisenbahnverkehr zu verbessern? Können Sie das bitte darstellen?

Herr Minister, bitte.

Ja, Herr Knöchel, wir verwenden viel Geld von den Regionalisierungsmitteln nicht nur für den schienengebundenen Personennahverkehr. Wir unterstützen - -