Protocol of the Session on February 1, 2019

In letzter Konsequenz muss Ihnen dabei aber klar sein, dass Sie eine Mitverantwortung dafür tragen, sollte der nächste gewaltsame Antifa-Übergriff nicht so glimpflich vonstattengehen.

In der „Welt“ heißt es weiter: „Und während Tyrannenmord ein moralisches Gebot sein mag, ist es der Sprengstoffanschlag auf ein AfD-Wahlkreisbüro oder das Krankenhausreifschlagen eines Abgeordneten eben nicht.“

Schlussendlich ist festzustellen: Wer je zwischen konservativen Aufrufen zum friedlichen Widerstand gegen die Politik der vergangenen Jahre und gewaltsamen Übergriffen auf Asylanten einen Zusammenhang konstruierte, muss hier nichts mehr konstruieren. Hier haben wir ihn tatsächlich, den besorgniserregenden Schulterschluss zwischen Schreibtisch- und Straßentäter.

Vielmehr sollten wir alle hier überlegen, was uns der freie friedliche politische Austausch wirklich noch wert ist, bevor es demnächst ein Todesopfer zu beklagen gibt. - Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kirchner. Ich sehe keine Nachfragen. - Damit kann der Minister schon nach vorn kommen. Er wird die Gelegenheit erhalten, einen zehnminütigen Vortrag zu halten. Herr Stahlknecht, Sie haben das Wort. - Ich wollte Ihnen zunächst Gelegenheit geben, das Rednerpult erst

hochzufahren, damit Sie die zehn Minuten Redezeit voll ausschöpfen können. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meinungsfreiheit gewährleisten - liebe Kolleginnen und Kollegen, in unserer Verfassung sind diese Freiheitsrechte für uns alle postuliert. Und diese Freiheitsrechte sind von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes auch aufgrund der historischen Erfahrung als Abwehrrechte gegen den Staat entworfen und niedergeschrieben worden in den Artikeln unseres Grundgesetzes.

Diese Freiheitsrechte sind unabhängig davon, ob es sich um Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und weitere Freiheitsrechte handelt, der Konsens unseres freiheitlichen Zusammenlebens in einer Demokratie. Zur Meinungsfreiheit gehört, dass man eben seine Meinung sagen darf und dass niemand auch nur den Ansatz unternehmen darf zu versuchen, diese Meinungsfreiheit einzuschränken.

Das haben wir in ganz unterschiedlichen Situationen in den letzten drei Jahren erlebt. Es gab in der Flüchtlingskrise warnende Stimmen von Bürgern. Es gab Besorgnis, dass Integration nicht funktionieren könnte. Es gab die Besorgnis, dass Straftaten zunehmen könnten. Ich habe diese Diskussion selbst sehr leibhaftig erlebt, als ich mich in die Kirchen gestellt habe im Herbst 2015 und dann noch mal in Stendal und in Quedlinburg, als es um die Einrichtung von Landeserstaufnahmeeinrichtungen ging.

Dann kam immer etwas die Tenorierung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, wer auch nur eine Besorgnis äußere, sei ein Nazi und rechts außen. Das haben übrigens sehr viele in unserem Land als Beschneidung ihrer Meinungsfreiheit empfunden. Denn dadurch, dass sie Sorgen äußerten, vielleicht nicht immer in der richtigen Diktion, im richtigen Duktus, wurden sie in die rechte Ecke gestellt und hatten das Gefühl, es wäre an sich wieder wie vor 1989, weil jetzt zwar nicht die Staatssicherheit komme, wenn man sich nicht staatskonform äußere, man am Ende aber stigmatisiert und in eine Ecke gestellt werde, in die die Bürgerinnen und Bürger sich eigentlich nicht stellen lassen wollten.

(Zustimmung bei der AfD)

Insofern sage ich auch deutlich: Diese Auseinandersetzung in dieser Art und Weise war auch falsch, weil es nämlich zur Meinungsfreiheit gehört, nicht nur darauf Wert zu legen, dass man seine eigene Meinung sagen kann, sondern auch andere Meinungen auszuhalten und zu akzeptieren, dass nicht jeder in geschliffenen Worten

sprechen kann. Weiterhin gehört dazu, dass ich mich mit den anderen argumentativ auseinandersetze und akzeptiere, dass auch derjenige, der eine andere Auffassung vertritt, eine Würde hat.

Dazu gehört aber auch, meine Damen und Herren von der AfD, dass das, was ich sage, und das, was ich tue, meine eigene Würde nicht infrage stellt. Diese Verantwortung für die Würde haben gerade die Politik und dieses Parlament, weil wir eine Vorbildfunktion haben.

Wenn Sie von einer Verrohung der politischen Auseinandersetzung sprechen, dann müssen Sie sich zumindest vorhalten lassen, dass Sie in nicht unerheblicher Weise, Ihre Partei in Gänze betrachtet, zu der Verrohung der politischen Auseinandersetzung beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn Sie stellen nämlich, genauso wie in dem anderen formulierten Beispiel, andere zumindest in ihrer Würde infrage, diejenigen, die zu uns kommen und Schutz suchen, selbst wenn sie keine Bleibeperspektive haben.

(Unruhe bei der AfD - Zuruf von der AfD: Lassen Sie uns unsere Meinung sagen!)

- Da fangen Sie schon wieder an. Auch für diese gilt nach Artikel 1 GG: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Genau das haben Sie eben niemals versucht zu akzeptieren. Sie haben in Ihren eigenen Äußerungen, die wir hier in diesem Hohen Hause erleben durften - -

(Zuruf von André Poggenburg, fraktionslos)

- Sie, Herr Poggenburg, waren einer derjenigen in dieser Bundesrepublik Deutschland, der ganz erheblich zu der Verrohung der Debattenkultur beigetragen hat.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD und von André Poggenburg, fraktionslos)

Sie haben damit in der Bundesrepublik Deutschland auch den Nährboden dafür geschaffen, dass es eine Polarisierung an den rechten und rechtsextremen Rändern genauso wie an den linken und linksextremen Rändern gegeben hat.

(Zuruf von André Poggenburg, fraktionslos)

Und es sind natürlich - da gebe ich Ihnen recht - sowohl die Linksextremen als auch die Rechtsextremen, die relativ deutlich versuchen, diesen Staat lustvoll zu destabilisieren, sei es durch Demonstrationen, sei es durch Übergriffe.

(Beifall bei der CDU)

Es sind nicht nur die Rechtsextremen, nein, es sind auch die Linksextremen.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Natürlich gehört zu einer politischen Auseinandersetzung niemals Gewalt. Es gehört auch nicht der Übergriff auf einen Politiker dazu. Aber es gehört erst recht nicht der Übergriff auf irgendeinen Menschen dazu. Es geht ja nicht nur um uns, sondern es geht um den Menschen an sich.

Unsere Aufgabe ist es, uns zumindest in unserer Funktion so zu verhalten, dass wir würdevoll mit anderen umgehen, dass wir andere Meinungen akzeptieren, dass wir uns aber auch selbst so verhalten, dass nicht der Eindruck entsteht, dass gewählte Volksvertreter würdelos seien. Denn dieses Würdelos-Sein führt auch zu einem Achtungsverlust derjenigen, die politische Verantwortung tragen. Zu diesem Achtungsverlust haben bedauerlicherweise einige von Ihnen durch würdeloses Verhalten in nicht unerheblicher Weise beigetragen; das müssen Sie akzeptieren.

Und was Angriffe angeht: Die meisten Angriffe auf Parteibüros hat meine Partei aushalten müssen. Ich könnte Ihnen die Zahlen nennen. Wir haben mehr Angriffe auf unsere Parteibüros ertragen müssen als Sie; so einen habe ich hier.

(Alexander Raue, AfD: In welchem Zeit- raum? - Weitere Zurufe von der AfD)

Nur, am Ende geht es nicht darum, Unrecht gegeneinander aufzuwiegen, sondern am Ende geht es darum, das Unrecht zu addieren. Insofern sind auch Angriffe auf Ihre Wahlkreisbüros oder auf Sie, sei es durch Taten oder Worte, zu verurteilen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Über die Debattenkultur haben wir im letzten Jahr auf einen Antrag der LINKEN hin in einer Aktuellen Debatte sehr ausführlich und, ich glaube, auch sehr emotional debattiert.

Ich kann Sie nur herzlich bitten - so manche Äußerungen von Links „Es lebe die Antifa!“, die uns hier auch nicht immer erfreuen -, sich so zu verhalten, dass wir unserer Verantwortung gerecht werden und dieses Land in der Mitte und in der Waage halten. Das würde ich mir von jedem von Ihnen und auch von denen wünschen, die diesen Antrag heute gestellt haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt zwei Nachfragen,

einmal vom fraktionslosen Mitglied Herrn Poggenburg und einmal vom Abg. Herrn Raue. Herr Poggenburg, bitte.

Sehr geehrter Herr Innenminister, Sie haben gerade geäußert, dass der Staat durch Demonstrationen destabilisiert werden könnte oder würde. Dazu muss ich sagen: Das weise ich als bekennender Demonstrationsgänger wirklich weit von mir. Denn die Demonstration, die Meinungsbekundung auf offener Straße ist ein Grundrecht. Wenn wir genauer hinschauen, müssten wir einsehen, dass höchstens gewaltbereite linke Gegendemonstranten die Demokratie destabilisieren. Dann sollten wir es aber auch genau so sagen. - Danke sehr.

(Zustimmung)

Herr Minister, das war zwar keine Frage, aber Sie können natürlich darauf erwidern. Bitte.

Zu den Freiheitsrechten gehört auch das Recht auf Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes. Ich habe dieses Recht in meiner Rede mit Sicherheit niemals infrage gestellt. Und selbstverständlich gehört in einem freien Staat auch dazu, zu demonstrieren und zu kritisieren.

(André Poggenburg, fraktionslos: Bitte schauen Sie ins Protokoll!)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

Wenn es um - -