„Die Drohungen sind der untaugliche Versuch, linksextremistische Gefahren zu beschwören, die im konkreten Fall gar nicht existieren. Es ist schlicht absurd, über 9 000 Mitglieder, darunter auch Linke und Sozialdemokraten, unter Generalverdacht zu stellen.“
Nun die entscheidende Frage: Warum also jetzt diese Aktuelle Debatte? Dazu empfehle ich einen Blick auf die Seite des Heimatministeriums. Dort gibt es inzwischen 17 Verbote von Vereinen aus dem sogenannten Phänomenbereich rechts, nur einen aus dem Phänomenbereich links. Ich glaube, hier möchte Herr Seehofer einfach einen gewissen Ausgleich herbeiführen, der aus meiner Sicht aber ungerechtfertigt wäre.
Ich mache eine Kurzintervention daraus. - Sehr geehrte Frau Angern, Sie haben auf die Historie verwiesen und richtig klargestellt, dass der Verein im Jahr 1933 durch die Nazis verboten wurde. Aber jetzt stellt sich natürlich für alle die Frage, ob eine solche Geschichte immer ein Freibrief ist, eine Legitimation, ein Alibi dafür sein kann, dass Vereine und Organisationen heute beispielsweise gegen Gesetz oder Verfassung verstoßen und deshalb im Grunde geschützt sind. Das kann doch nicht sein. Diese Argumentation, mit der Geschichte zu kommen, ist doch sehr dünn. Es geht um das Jetzt und Hier und Heute. Da gibt es eben schwerste Bedenken gegen die Rote Hilfe. Die müssen deutlich gemacht werden und darum geht es uns. - Vielen Dank.
Nun können wir in der Debatte fortfahren. Bevor wir das aber tun, wollen wir zwei Besuchergruppen begrüßen, und zwar zum einen Damen und Herren von der Barmer Ersatzkasse Magdeburg. Herzlich willkommen!
Zum anderen begrüßen wir Damen und Herren des Kultur- und Schwimmbadvereins Glauzig. Ebenfalls herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Poggenburg, die Verfolgung durch die Nationalsozialisten ist kein Alibi, sondern etwas, das uns zu einer durchaus demütigen Haltung bringen und uns vor Augen führen sollte, wohin Entwicklungen führen können, wenn man mit Verboten sehr lasch umgeht.
Ja, meine Damen und Herren, der Rechtsstaat stellt zuweilen für jeden von uns eine Zumutung dar, ganz sicher - je nach politischem Standpunkt - auch an unterschiedlichsten Stellen; denn der Rechtsstaat schützt auch diejenigen, deren Taten
und Einstellungen wir nicht teilen. Er schützt sogar diejenigen, die den Rechtsstaat in seiner bestehenden Form ablehnen.
Auch wenn es eine stete Versuchung sein mag, bei subjektiv unliebsamen Gruppierungen nach einem Verbot zu rufen, handelt es sich bei der Vereinsfreiheit um ein verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht. Ein Vereinsverbot ist daher zu Recht - das wurde von den Vorrednerinnen und Vorrednern ausgeführt - an hohe rechtliche Hürden geknüpft. Ein Verein kann nur verboten werden, wenn seine Zwecksetzung oder Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft oder er sich in kämpferischer Art und Weise gegen die verfassungsgemäße Ordnung wendet. Zudem muss - wie immer bei Grundrechtseingriffen - der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.
Man muss die Position der Roten Hilfe nicht teilen. Ich fand, Eva von Angern hat hier sehr deutlich zwischen den unterschiedlichen Aspekten der Arbeit der Roten Hilfe unterschieden. Ihr Ansatz, solidarisch Rechtsschutz für diejenigen zu gewährleisten, die sich der Repression aufgrund vorgeworfener Straftaten ausgesetzt sehen, ist aber zunächst rechtsstaatlicher Normalfall und überhaupt kein Grund für ein Verbot.
Ich werbe für eine Position, die den Diskurs über die Repression setzt. Wenn es sich als allgemeine Position durchsetzt, politisch missliebigen Kräften mit Repression zu begegnen, dann ist es mit der Freiheit in Deutschland nicht mehr weit her. Dabei denke ich nicht nur an ein hier gefordertes Vereinsverbot. Auch das Infragestellen der Gemeinnützigkeit von Vereinen wie der Deutschen Umwelthilfe und damit der Versuch, einen solchen Verein politisch gewollt finanziell zu diskriminieren, wirken in ähnlicher Richtung. In beiden Fällen soll das Recht zum Schwert gegen politisch unliebsame Vereinigungen in Ansatz gebracht werden.
Ein solches Vorgehen lehnen wir GRÜNE ab. Der Rechtsstaat braucht Verteidiger, auch solche, deren Meinung ich oder Sie nicht teilen.
Danke. - Dann können wir in der Debatte fortfahren. Für die CDU-Fraktion spricht nun der Abg. Herr Schulenburg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede möchte ich deutlich machen, dass sich die CDU-Fraktion gegen jegliche Form von Gewalt und Extremismus aus
spricht, egal ob von rechts, von links oder religiös motiviert. Darin unterscheiden wir uns schon von Ihnen, von der AfD-Fraktion.
In meinen Augen gehören nicht nur Vereine wie die Rote Hilfe verboten, sondern auch jene Vereine, die im Bereich des Rechtsextremismus aktiv sind. Dabei denke ich zum Beispiel an die Identitäre Bewegung, zu der Sie gelegentlich eine gewisse Nähe haben. Ich freue mich schon auf Ihren Antrag, dass der Bundesinnenminister demnächst auch die IB verbieten soll.
Der Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt für das Jahr 2017 nennt beispielsweise als Grund für die Beobachtung der IB, dass sie die Auflösung der EU und die Bildung eines Europas der sogenannten identitären Nationalstaaten propagiert. Damit besteht eine Verbindung zur NPD, die ein Europa der Vaterländer fordert.
Die Rote Hilfe unterstützt Menschen, deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft, indem sie dem Spektrum derer, die generell zu linksextremistischen Straftaten bereit sind, Unterstützung zukommen lässt und Einstellungen weckt bzw. bestärkt, die begangenes Unrecht bagatellisieren und staatliches Handeln delegitimieren.
Für die freiheitliche demokratische Grundordnung stellt nicht nur die Rote Hilfe, sondern stellen vor allem auch rechtsextremistische Vereinigungen eine Gefahr dar. Die Statistik gibt mir recht: Bislang wurden laut Bundesinnenministerium 17 rechtsextremistische und eine linksextremistische Vereinigung verboten. Ich möchte keine Wertung vornehmen, was schlimmer ist, links- oder rechtsextrem. Ich finde beides völlig überflüssig.
Laut Auskunft des Bundesinnenministeriums wurden seitens des Bundes gegen 39 Vereine aus allen Phänomenbereichen Vereinsverbote ausgesprochen. Das heißt, wenn genügend Tatsachen für ein Verbot vorliegen, dann wird das Bundesinnenministerium auch selbständig tätig. Dafür braucht es nicht die Aufforderung oder den Antrag der AfD. Ich bitte um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.
mation - ich weiß nicht, ob Sie unseren Antrag gelesen oder ihn vielleicht nicht richtig gelesen haben -:
Wir haben zu keinem Zeitpunkt die Landesregierung aufgefordert, den Verein zu verbieten, sondern wir haben Sie aufgefordert, sich auf der Bundesebene dafür einzusetzen, dass er verboten wird.
Das ist zumindest in unseren Augen ein Unterschied. Aber daran, dass wir heute über linksradikale oder linksextreme Organisationen debattieren müssen, zeigt sich wieder einmal deutlich das Abdriften des Rechtsstaates in einen Linksstaat.
Von der SPD, die gerade dabei ist, sich selbst abzuschaffen, die krampfhaft versucht, ihren letzten anständigen Sozialdemokraten loszuwerden, und die in Mitteldeutschland - Gott sei Dank, sage ich - auf eine einstellige Prozentzahl zusteuert, von diesen Sozis kann der Verein Rote Hilfe e. V. breite Unterstützung erwarten. Denn die Jusos waren es, die Anfang Dezember auf ihrem Bundeskongress nicht nur die Legalisierung von Kindstötung im Mutterleib forderten, sondern die ganz nebenbei auch noch beschlossen - ich zitiere -:
„Wir solidarisieren uns mit der Roten Hilfe e. V. und sprechen uns gegen das Verbot der Roten Hilfe aus. Wir fordern die SPD auf, das angekündigte Verbot zu verhindern.“
Diese Begebenheit ist bezeichnend für die vielbeschworene politische Mitte unseres Landes und macht deutlich: Die Untersuchung der Verstrickung linksradikaler Strukturen mit der herrschenden politischen Klasse, die wir als AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt mit der Enquete-Kommission „Linksextremismus“, E 09, vorangetrieben haben, ist der einzig richtige Weg, der auch im Bund und in den anderen Ländern eingeschlagen werden muss.
Wer sich unter Berufung auf die Rechtsstaatlichkeit vor einen Zusammenschluss wie die Rote Hilfe stellt, die sich nach wie vor nicht von der RAF oder deren Taten distanziert, sondern sie eher noch verteidigt, der ist entweder dumm oder ein Überzeugungstäter.
Es geht der Roten Hilfe auch nicht darum, Opfer vor einer vermeintlichen Repression durch den Staat in Schutz zu nehmen. Nein, es geht ihr darum, Straftaten zu bagatellisieren, wenn diese unter dem Vorzeichen einer linken Gesinnung be
gangen werden. Denn wie ist es sonst zu erklären, dass von Tätern, die sich in die Obhut der Roten Hilfe begeben, verlangt wird, sich nicht von ihren Taten zu distanzieren und auf keinen Fall Reue zu zeigen? Das ist keine Hilfe in Strafsachen, sondern Unterstützung von Gewalttätern. Das ist nicht nur ein offener Aufruf zu Gewalt gegen Andersdenkende, gegen Polizisten oder fremdes Eigentum, es ist auch ein Aufruf zur Legitimierung dieser Gewalt.
Ein demokratischer Rechtsstaat, der einen solchen Verein allgemein oder als gemeinnützig anerkennt und ihn steuerlich begünstigt, ein Staat, der eine solche Organisation befürwortet oder zumindest duldet, ist am Ende, meine Damen und Herren. Herr Poggenburg zitierte vorhin schon: „den linken Rand nicht vergessen“ - so mahnte Ihr Obmann im Innenausschuss des Bundestags.
Liebe CDU, lassen Sie sich einmal seine und die Worte Ihres Bundesinnenministers durch den Kopf gehen und stimmen Sie einfach unserem Antrag statt Ihrem nichtssagenden Scheinalternativantrag zu. - Vielen Dank.