Protocol of the Session on December 19, 2018

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der AfD und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Man kann natürlich die Blätter auch auf die Uhr legen. Dann sieht man nicht, dass die zehn Minuten um sind. Ich habe das wohl bemerkt. - Es gibt zwei Fragen, einmal vom Abg. Herrn Roi und dann vom Abg. Herrn Farle. Herr Roi, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Minister, Sie haben gerade in Ihren Ausführungen ganz richtig ein paar Dinge dargestellt, die wir in der Enquete-Kommission gegen den Linksextremismus auch schon beleuchtet haben. Sie sprachen am Ende Ihrer Rede von der fehlenden Abgrenzung demokratischer Kräfte vom Linksextremismus. Sie haben die Scharnierfunktion erwähnt und ausgeführt, dass es auch auf dieser Demonstration durchaus anschlussfähige Positionen gab, die in das demokratische Spektrum hineinreichen. Sie haben das mit den Worten einer „Erosion der Abgrenzung“ von Extremismus beschrieben. Ich sehe das ähnlich wie Sie.

Bei dieser Angelegenheit ist es so, dass jeder eine Verantwortung trägt, insbesondere auch die Parteien links der Mitte und die Minister. Deshalb frage ich Sie: Selbst wenn es ein Anliegen gibt, das löblich und gut ist, haben dann Parteien und Minister, die Aufrufe unterschreiben - seien sie auch noch so gut -, nicht immer die Verantwortung, einmal zu schauen, wer dort noch auf der Liste steht? Muss man nicht vielleicht auch darauf achten, sich eben nicht mit extremistischen Gruppierungen gemeinzumachen, indem man als Kabinettsmitglied in Sachsen-Anhalt einen Aufruf als Erstunterzeichner unterstützt, den gleichzeitig Gruppierungen unterzeichnen, die im Verfassungsschutzbericht erwähnt werden?

Hat man dafür als Minister - in dem Fall waren nicht Sie das; es waren Frau Grimm-Benne und Frau Dalbert - nicht eine Verantwortung? Wie bewerten Sie es, wenn solche Aufrufe unterzeichnet werden? Denn für mich ist das ganz klar eine „Erosion der Abgrenzung“. So macht man sich gemein mit diesen Positionen. Dazu hätte ich gern Ihre Meinung gehört.

(Zustimmung bei der AfD)

Herr Minister, bitte.

Ich beziehe mich jetzt nicht auf diesen konkreten Fall, den ich nicht kenne. Ich habe vorhin gesagt,

dass es unser aller Aufgabe ist - natürlich auch die der Minister -, dafür Sorge zu tragen, dass man durch sein Agieren die Linksextremisten auf der einen oder die Rechtsextremisten auf der anderen Seite nicht salonfähig macht. Insofern gehört eine Distanzierung dazu. Ich sage ganz deutlich: Wir haben in Köthen gemeinsam mit der Stadt gute Erfolge zu verzeichnen gehabt.

(André Poggenburg, AfD: Nicht eingehal- ten!)

Wir haben über diejenigen geredet, die mit den Rechtsextremisten marschiert sind. Wir haben aber auch zu wenig über die geredet, die mit den Linksextremisten marschiert sind. Denn es gilt für beide Seiten, dass sich das nicht gehört. Punkt.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, von Markus Kurze, CDU, und von Florian Phi- lipp, CDU)

Herr Farle, Sie haben das Wort. Bitte.

Das ist eine Kurzintervention. Mir ist klar, dass Sie sich nicht von Ihren Ministern oder Ministerinnen - mit Binnen-I und Sternchen - distanzieren.

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht)

Das ist völlig klar. Trotzdem halte ich es für absolut bedenklich, dass Mitglieder dieser Landesregierung einen solchen Aufruf unterzeichnen und damit dem Linksextremismus indirekt Vorschub leisten. Das muss man ganz klar feststellen.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich halte Ihre Ausführungen von der Substanz, vom realen Inhalt her für sehr gut und sehr richtig, aber in einem Punkt muss man etwas präzisieren. Sie haben bei der Beschreibung der rechten Seite diejenigen, die eine Grenzschließung fordern, mit extremistischen Kräften in einen Topf geschmissen.

Ich möchte Sie darauf hinweisen: Wer die Schließung unserer Grenzen fordert, um zu verhindern, dass unser Sozialstaat in Gefahr gerät, der steht voll und ganz auf dem Boden des Grundgesetzes und setzt sich für ein nachhaltiges Bestehen unserer Rechtsordnung ein. Man darf nicht den Fehler machen, es in ein negatives Licht zu rücken, wenn sich jemand im Land dafür einsetzt, dass unser Grundgesetz in seinem Kern - Artikel 20 GG - geschützt wird. Das tun wir.

(Beifall bei der AfD)

Sie können darauf selbstverständlich etwas erwidern, Herr Minister. Bitte.

Herr Farle, an dieser Stelle will ich mich mit Ihnen gar nicht streiten. Wir haben aber in dem rechtsextremen und rechtspopulistischen Bereich die Situation, dass durch verschiedene Bausteine, die man zusammengesetzt hat, ein Klima entstanden ist, das zumindest dazu beigetragen hat, dass Rassismus salonfähig geworden ist und dass es Übergriffe auf Migrantinnen und Migranten gibt.

Insofern besteht auch in diesem Bereich ein Risiko, wenn man das, was Sie jetzt juristisch vorgetragen haben, eben nicht abgegrenzt vorträgt, sondern in eine gesamte Gemengelage setzt und damit dazu beiträgt - ich meine jetzt nicht Sie -, dass es zu Übergriffen auf ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürgern kommt. Das ist am Ende genauso verurteilenswert wie auf der linken Seite Übergriffe auf den Staat, die Polizeibeamten oder die Repräsentanten des Staates.

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt eine weitere Frage von Frau von Angern. - Sie haben das Wort, Frau Abgeordnete.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, Sie haben fachlich unterschieden zwischen extremistisch vorgetragener Kritik, populistisch vorgetragener Kritik

Und sachlicher.

und sachlich vorgetragener Kritik. Darüber hinaus haben Sie vorgetragen, dass aus Ihrer Sicht populistische Kritik von links häufig der Türöffner für extremistische Kritik ist.

Von rechts auch.

Nun frage ich Sie: Die von links an Staat und Gesellschaft vorgetragene populistische Kritik, ist diese verfassungskonform oder ist sie es nicht?

Herr Minister.

Nein. Ich habe Ihnen ausgeführt, ab wann es verfassungsfeindlich wird, anhand der Anführungen.

Ich habe gesagt, dass auch das Bundesverfassungsgericht sehr deutlich festgestellt hat, dass auch Kritik an staatlichem Handeln zum Demokratiebildungsprozess gehört.

Populismus per se ist, jedenfalls in der allgemeinen Frage, noch lange nicht verfassungsfeindlich. Er kann aber dazu beitragen, Kräfte zu aktivieren, die verfassungsfeindlich werden. Das gilt im Übrigen nicht nur im linkspopulistischen Bereich, sondern das Gleiche gilt im rechtspopulistischen Bereich.

Populismus an sich ist noch lange nicht verfassungsfeindlich, aber es gibt eben die Differenzierung. Das ist der Punkt. Gerade wenn wir uns argumentativ austauschen und über die besten Lösungen streiten wollen, nicht nur in einem Parlament, sondern in einer Gesamtdemokratie, dann müssen wir zu einer sachlichen Argumentation, zu einem sachlichen Austausch zurückkehren und uns in der Auseinandersetzung von Populisten distanzieren. Denn der Populismus ist am Ende der Beschleuniger für den Extremismus. Das ist die Scharnierfunktion - auf beiden Seiten.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Dr. Grube. Sie haben das Wort, Herr Dr. Grube.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Hohes Haus! Lassen Sie mich meine Ausführungen mit einem Bekenntnis beginnen: Ich, meine SPD - wir sind stolz auf unsere Jusos.

(Zustimmung bei der SPD - André Poggen- burg, AfD, lacht)

Das sind junge Menschen in der SPD, die sich engagieren für eine bessere Gesellschaft,

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

für Frieden, für Solidarität, für Toleranz. Das sind junge Menschen, die sich den Grundwerten der Sozialdemokratie verschrieben haben.

(Zurufe von der AfD: Abtreibungen! - Han- nes Loth, AfD: Das kann wohl nicht sein! - Weitere Zurufe von der AfD)

Weil der Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie immer der Kampf für die gute Seite ist, sage ich an diesem Punkt: Macht weiter so! Wir sind stolz auf euch.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der AfD)

Das sage ich vor allem vor dem Hintergrund, dass anderen ihre Jugendorganisation offensichtlich peinlich ist.

(Zuruf von Mario Lehmann, AfD)

Die AfD musste Teile der Jungen Alternative auflösen, weil das Verfassungsfeinde sind und weil sie Angst hat, dass die Mutterpartei nun endgültig in den Fokus des Verfassungsschutzes gerückt wird. Dabei gehört die AfD längst unter Beobachtung, weil nämlich der Grund für die Auflösung, die Verstrickungen der Jungen Alternative mit der Identitären Bewegung, in Teilen der AfD längst Grundkonsens ist, gerade hier in Sachsen-Anhalt. Wir sind gespannt, wann sich die ersten Landesverbände der AfD auflösen.

(Robert Farle, AfD: Da können Sie warten, bis Sie grau sind! - Weitere Zurufe von der AfD)

Sie werden sich fragen, was das mit der Aktuellen Debatte zu tun hat. - Sehr viel; denn es geht um die Einordnung der Debatte. Mit dieser Aktuellen Debatte schwingen Sie sich wieder einmal zu selbst ernannten Anklägern auf. Dabei ist es schon relevant zu fragen, welches politisch-moralische Recht Sie dazu eigentlich haben.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Keines!)