Protocol of the Session on November 23, 2018

Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. Es gibt eine Wortmeldung von der Abg. Frau Heiß. - Bitte.

Frau Dr. Späthe, ich wollte noch einmal fragen. Ich habe in meiner Rede schon gesagt, dass aus unserer Sicht schon früher angesetzt werden sollte oder auch parallel angesetzt werden sollte, nämlich bei dem Thema Beteiligung und Mitbestimmung. Wie stehen Sie denn zum Thema Heimräte, sodass quasi die Menschen, gerade die jungen Menschen, die dort sind, erst einmal über ihre Rechte informiert werden und sich danach selbst dafür einsetzen können, dass ihre Rechte eingehalten werden?

Positiv.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Positiv!)

Wir kommen nunmehr zur letzten Debattenrednerin. Für die Fraktion - - Die Fraktion der GRÜNEN signalisiert, sie verzichtet auf einen Redebeitrag.

Somit steigen wir in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/3604 ein. Ich habe vernommen, dass dieser Antrag in den Sozialausschuss überwiesen werden soll. Gibt es dafür Zustimmung. Wer stimmt zu, dass dieser Antrag überwiesen wird? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der AfD. - Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und ein fraktionsloses Mitglied. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.

Wir stimmen direkt über Antrag in der Drs. 7/3604 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE, die Fraktion der AfD und ein fraktionsloses Mitglied. Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

Beratung

Modellversuch zum „Begleiteten Fahren ab 16“: Ein Schritt in Richtung „Vision Zero“.

Antrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/3600

Der Einbringer wird hier der Abg. Herr Güssau sein. Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Antrag verfolgt drei konkrete Ziele: erstens mehr Verkehrssicherheit, zweitens weniger Unfälle, weniger Verletzte und weniger Tote im Straßenverkehr und drittens mehr Kompetenzen beim Autofahren für Fahranfänger. Allein diese drei Ziele sind es wert, hier in diesem Hohen Hause um Zustimmung zu dem Antrag zu streiten.

Zur Einführung in das Thema schildere ich Ihnen ein fiktives Szenario, dass sich so in vielen Orten des ländlichen Raumes zutragen könnte, zum Beispiel auch in der Altmark. Dieses Beispiel wird aufzeigen, dass wir unseren Jugendlichen im Straßenverkehr ruhig mehr zutrauen können; denn Kritiker dieses Modellversuches zielen immer schnell darauf ab, die viel zu jungen Jugendlichen bloß nicht zu früh den Gefahren des Straßenverkehrs auszusetzen.

Hier, meine lieben Kollegen, möchte ich Ihnen ein fiktives Beispiel geben. Sagen wir einmal, Eliza ist 16 Jahre alt. Sie will in Kürze eine Ausbildung in einem Agrarbetrieb in der Altmark beginnen. Auch ein Grund dafür ist die Tatsache, dass ihr Vater Bernhard ein erfolgreicher Landwirt ist, zusammen mit Mutti Gabi. Beide sind mit Leib und Seele in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb tätig. Elizas Tante Claudia hat mit Landwirtschaft nicht so viel am Hut, wohnt in der Stadt und hilft, wo sie kann.

Zu Elizas Aufgaben im elterlichen Betrieb gehört es, bei der Ernte kräftig mitzuhelfen. Das bedeutet unter anderem, bei der Getreideernte einen Traktor zu fahren; denn Eliza hat den Führerschein der Klasse T. Nach einer theoretischen Ausbildung mit einem Umfang von 18 Doppelstunden zu je 90 min und dem Bestehen einer theoretischen und praktischen Fahrprüfung darf Eliza nun Zugmaschinen mit Anhängern mit bis zu 40 km/h bewegen. Eliza bewegt einen 300-PS-Traktor mit zwei Anhängern und einem Gewicht von 40 t, und das alles ganz allein ohne Aufsicht auf allen Straßen.

Das ist nicht ganz ungefährlich. Die 16-Jährige trägt eine sehr große Verantwortung.

Nachdem sie ihre Arbeit beendet und den allein 12 t schweren Traktor abgestellt hat, gibt sie diese Verantwortung wieder ab. Sie wird nämlich von Tante Claudia mit einem Kleinwagen abgeholt und ist nur noch Beifahrerin.

Dieses Bild, dieses fiktive Beispiel macht eigentlich deutlich, dass wir zumindest über das begleitete Fahren mit 16 Jahren mit einem Pkw nachdenken sollten.

Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag orientieren sich die Koalitionsfraktionen an

den Beschlüssen der Landtage in SchleswigHolstein, Brandenburg und Niedersachsen. Wir wollen deren Vorhaben unterstützen und uns dafür einsetzen, einen Modellversuch des begleiteten Fahrens mit 16 Jahren auch in unserem Bundesland Sachsen-Anhalt umzusetzen.

Die dauerhafte bundesweite Einführung des begleiteten Fahrens ab 17 Jahren am 1. Januar 2011 hat zu einer spürbaren Verbesserung der Verkehrssicherheit insbesondere in der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen geführt.

So hat sich das Unfallrisiko von Fahranfängern bundesweit um rund 20 % verringert. Sogar der 51. Verkehrsgerichtstag plädierte deshalb schon im Jahr 2013 dafür, den Zeitraum für das begleitete Fahren auszuweiten, um den Erfahrungshorizont der Fahranfänger vor Ablauf der Begleitphase zu verbessern.

Zudem hat die Verkehrsministerkonferenz im April 2018 die Bereitschaft der Bundesregierung begrüßt, die EU-Kommission von der Notwendigkeit eines Modellversuchs für das begleitete Fahren mit 16 Jahren in Deutschland zu überzeugen. Die Altersgrenze von 17 Jahren ist in einer Führerscheinrichtlinie verankert. Deshalb ist für das Ganze ein gemeinsames Vorgehen auf europäischer, Landes- und Bundesebene notwendig. Wir wollen mit unserem Antrag die Landesregierung bitten, ihren Teil dazu beizutragen.

Konkret soll sich die Landesregierung gegenüber dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für die Durchführung eines Modellversuchs für das begleitete Fahren ab 16 Jahren mit einer Evaluierung durch die Bundesanstalt für Straßenwesen einsetzen. Des Weiteren sieht der Antrag die Bitte vor, über die Landesvertretung in Brüssel für eine Zustimmung des Europäischen Parlaments zu einer Anpassung der Führerscheinrichtlinie zu werben.

Unterschiedlichen Studien zufolge verschulden Jugendliche, die zunächst in Begleitung eines Erwachsenen mit dem Autofahren beginnen, zwischen 20 % und 30 % weniger Unfälle als andere Fahranfänger mit dem Führerschein ab 18 Jahren.

Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes sind im Jahr 2017 394 Menschen zwischen 18 und 25 Jahren bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen, 102 weniger als noch im Jahr 2014. Jeder Unfalltote ist einer zu viel. Deshalb muss es unser Ziel sein, alles zu unternehmen, um die Zahl der Unfalltoten weiter zu reduzieren.

(Zustimmung von Uwe Harms, CDU, von Chris Schulenburg, CDU, von Cornelia Lüddemann, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Dieses Ziel hat sich der Landtag bereits mit dem Bekenntnis zur Vision Zero auf die Fahnen geschrieben.

Meine Damen und Herren! Die Vision Zero hat ein anspruchsvolles Ziel: die Anzahl der Getöteten und Schwerverletzten im Straßenverkehr auf ein Minimum zu reduzieren.

Was uns ganz besonders wichtig ist: Bisher ist beim begleiteten Fahren ab 17 Jahren der Mopedführerschein bis 45 km/h eingeschlossen. Das soll es beim begleiteten Fahren mit 16 Jahren nicht geben. Wer den Autoführerschein mit 16 Jahren macht, der hat nicht gleichzeitig den Mopedführerschein in der Tasche. Dazu bedarf es weiterhin einer entsprechenden intensiven praktischen Ausbildung und Prüfung. Deshalb haben wir das in Punkt 2 unseres Antrags so festgelegt.

(Zustimmung von Uwe Harms, CDU, und von Chris Schulenburg, CDU)

Meine Damen und Herren! Ein wichtiger Hinweis: Das alleinige Fahren eines Autos der Klasse B soll weiterhin erst ab einem Alter von 18 Jahren möglich sein.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich Sie kurz auf das Szenario zu Beginn meiner Rede hinweisen. Sie erinnern sich vielleicht noch: Eliza; der Vater, Bauer Bernhard; Mutti Gabi; Tante Claudia. Jetzt schließt sich der Kreis. Eliza hat nämlich einen jüngeren Bruder, den Sebastian. Vielleicht ist dieser heutige Antrag der Grundstein dafür, dass künftig der kleine Sebastian bereits mit 16 Jahren einen Autoführerschein bekommen kann, damit er mehr Zeit hat, um in Begleitung mehr Kompetenzen beim Autofahren zu sammeln.

(Heiterkeit bei der CDU - Cornelia Lüdde- mann, GRÜNE: Wenn ich das vorher ge- wusst hätte!)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Antrag. - Vielen Dank.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Güssau. Ich sehe keine Fragen. - Die Landesregierung hat den Verzicht auf einen Redebeitrag angekündigt. Somit können wir in die Debatte der Fraktionen mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion einsteigen. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Büttner. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Vorschlag zur Erweiterung des existierenden Modellversuchs zum begleiteten

Fahren ab 17 Jahren um die Fahranfänger der 16Jährigen sieht die AfD-Fraktion positiv.

(Oliver Kirchner, AfD: Wieso das denn?)

Die Übertragung oder Anwendung von Methoden und Erkenntnissen aus dem Arbeitsschutz auf den Bereich des Straßenverkehrs ist keine Erfindung von Schweden. In beiden deutschen Staaten gab es lange vor dem Jahr 1989 Forschungen und erfolgreiche Maßnahmen auf dem Gebiet der Verkehrssicherheit durch Arbeitsschutzprinzipien und -regeln, durch umfangreiche Verkehrserziehung sowie durch bauliche bzw. technische Gestaltungsmaßnahmen an Fahrzeugen und Straßen.

Seit dem 1. Oktober 2005 ist das begleitete Fahren ab 17 Jahren möglich. Hiernach können 17jährige Jugendliche, die ihre Fahrprüfung der Klasse B oder BE bestanden haben, schon vor ihrem 18-jährigen Geburtstag zusammen mit einer Begleitperson innerhalb Deutschlands mit einem Auto am Straßenverkehr teilnehmen.

Auslösender Umstand für den laufenden Modellversuch war, dass noch im Jahr 2003 die Altersgruppe der 18- bis 24-jährigen Fahrzeugführer an ca. 22 % aller Unfälle mit Personenschäden beteiligt war. Dabei trug gerade die Gruppe der Fahranfänger, also der 18- bis 20-Jährigen, überdurchschnittlich häufig die Hauptschuld am Unfall; 69 % der an einem Unfall beteiligten Pkw-Fahrer in dieser Altersgruppe waren auch die Hauptverursacher des Unfalls. Diese Zahl war seit einigen Jahren annähernd unverändert.

Die Ergebnisse der Bundesanstalt für Straßenwesen belegen, dass das Modell „Begleitetes Fahren ab 17“ einen deutlichen Gewinn für die Verkehrssicherheit der jungen Fahranfänger brachte, weshalb es über die anfängliche Befristungsphase hinaus weitergeführt wurde und wird.

In der Landwirtschaft traut man schon seit vielen Jahrzehnten 16-Jährigen zu, mit der Führerscheinklasse T relativ schwere Traktoren mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 40 km/h ohne Begleitung zu fahren. Deshalb ist für uns kein Hinderungsgrund ersichtlich, warum die Einführung des begleiteten Fahrens ab 16 Jahren keinen Beitrag zur Senkung des Unfallrisikos leisten soll; denn der mäßigende Einfluss einer erfahrenen Begleitung dürfte auch für diese Altersklasse wirksam sein. Deshalb unterstützen wir diesen Vorschlag. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Büttner. Auch hierzu sehe ich keine Fragen. - Der nächste Debattenredner ist für die SPD-Fraktion der Abg. Herr Dr. Grube. Sie haben das Wort. Bitte, Herr Dr. Grube.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wenn Sie über die Straßen unseres schönen Bundeslandes fahren, dann fahren Sie immer wieder an den Kreuzen vorbei, den Kreuzen geschmückt mit Blumen, Bildern und oft auch Kerzen. Sie kennen diese Kreuze. Es sind viele, zu viele.

Jedes dieser Kreuze steht für einen Toten oder eine Tote, der oder die mit dem Auto verunglückt ist. Jeder dieser Toten ist einer zu viel. Wir haben uns als Landtag im März dieses Jahres dafür ausgesprochen, als Ziel der Verkehrspolitik dieser Koalition die Vision Zero zu verfolgen, also das Nötige dafür zu tun, dass es keine Verkehrstoten gibt. Das Ziel ist die Null. Wir finden, das ist ein ebenso ambitioniertes wie richtiges Ziel.