Protocol of the Session on November 22, 2018

(Unruhe)

Es gibt keine weiteren Fragen. - Wir kommen nunmehr zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Gebhardt. Herr Gebhardt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich will zu dem Antrag nur ganz kurz zwei Dinge sagen. Zum einen gab es in dieser Woche einen interessanten Tweet des Abg. Poggenburg. Als er gefragt wurde, warum er in seinem Twitter-Profil die deutschen Farben nicht trägt, antwortete er: Tja, welche denn? - Also meine Herren von der AfD, werden Sie sich doch vielleicht erst einmal innerhalb der Fraktion einig, welche deutschen Farben Sie grundsätzlich meinen und wie Ihr Verständnis diesbezüglich ist.

Das Zweite ist - dabei bin ich ganz bei meiner Vorrednerin, Frau Kolb-Janssen -: Ich möchte daran erinnern, dass am 4. November 1989 im Zuge der friedlichen Revolution in der DDR auf dem Alexanderplatz eine Demonstration stattgefunden hat, auf der die Volksschauspielerin Steffie Spira unter dem Jubel von einer Million Menschen verkündet hat: „Nie wieder Fahnenappelle!“ Dem ist nichts hinzuzufügen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sehe an dieser Stelle keine Fragen. Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Im Jahr 2016 kam die CDU in Hamburg als Erste mit der Idee um die Ecke, danach

die AfD in Brandenburg, nun sind zwei Jahre später auch die Bildungsexperten der hiesigen AfDFraktion an einem der wichtigsten Bildungsthemen dran, der Beflaggung unserer Schulen mit Fahnen und dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne.

Warum alle Schülerinnen und Schüler dazu genötigt werden sollen, erklärt die AfD damit, dass - ich zitiere - „die Erziehung unserer Kinder zu mündigen Staatsbürgern ein positives Bekenntnis zur eigenen Nation voraussetzt“.

(Zustimmung bei der AfD - Volker Olenicak, AfD: Ja! - Ulrich Siegmund, AfD: Richtig!)

Schülerinnen und Schüler sind nicht mündig, wenn sie unsere Gesellschaft, unsere Weltordnung, unsere Geschichte hinterfragen, wenn sie zweifeln, wenn sie eine ambivalente Haltung zur deutschen Nation haben? - Meine Damen und Herren! Das ist entlarvend. Es ist eine Denklogik, die wir aus Diktaturen und autoritären Regimen kennen. Das hat nichts mit demokratischen Werten gemein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Selbst wenn sich andere Gründe finden lassen, um an unseren Schulen Fahnen zu hissen und die Nationalhymne zu singen, es ist und bleibt nach Ihrem Antrag mit einem Zwang verbunden. Es bringt Schülerinnen und Schüler in die Lage, sich zur deutschen Nation positiv bekennen zu müssen. Das hat mit Bildung und Meinungsfreiheit nichts zu tun.

Gut also, dass unser Schulgesetz etwas anderes vorsieht und seinen Erziehungs- und Bildungsauftrag in § 1 entsprechend deutlich formuliert.

Gut, dass engagierte Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen Wissen vermitteln und sich dafür einbringen, dieses mit unseren Schülerinnen und Schülern reflektiert in Anwendung zu bringen.

Gut auch, dass unsere Schulen dafür Raum geben, um Ansichten kontrovers zu diskutieren, damit der Wert unserer Gesetzgebung und Verfassung greifbar wird und damit sich junge Menschen eine eigene Meinung und Haltung zur Nationalität, zu unserem Rechtsstaat und zu unserem Gesellschaftssystem bilden können.

Wenn ich noch eines dazu sagen darf: Wenn es dazu kommen sollte, dass wir irgendwann unsere Schulen beflaggen sollten, dann hätte ich auch gern die Europaflagge und die Regenbogenflagge. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Lydia Funke, AfD: Ja, klar! Das musste ja so kommen!)

Herr Kollege Aldag, es gibt eine Nachfrage vom Abg. Herrn Kohl.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Es kamen bis- her keine richtigen Nachfragen! Deswegen verzichte ich darauf!)

Sie haben das verstanden. Es gibt keine Antworten auf Fragen.

Gut. Dann mache ich jetzt eine Kurzintervention. - Also, ich finde es befremdlich, wie man auf den Gedanken kommen kann, dass man unsere Kinder mit der Nationalflagge nötigen kann. Das ist völlig absurd. Ich frage mich, ob das wirklich Ihre innere Geisteshaltung ist. Ich halte es jedenfalls für abwegig.

Ich finde es auch erstaunlich, dass Sie solch einen Anstoß an der deutschen Nationalflagge nehmen, wo Sie doch am liebsten jedem Ihre Regenbogenfahne, sage ich einmal, aufdrücken und aufnötigen wollen, wo es nur geht.

Ich muss sagen, ein Stück weit schäme ich mich auch dafür.

(Jürgen Barth, SPD: Ja! Wir schämen uns auch dafür! - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Wir haben eine zweite Wortmeldung. Sie haben verstanden, Herr Raue, dass eine Frage nicht beantwortet werden wird. Wollen Sie trotzdem dabei bleiben?

Ich wollte Herrn Aldag nur sagen: Herr Aldag, Sie haben gerade eine wunderbare Argumentation für alle diejenigen geliefert, die sich an unseren Schulen überhaupt nicht integrieren wollen. Sie werden sich auch nicht integrieren, weil sich niemand in ein schwaches Volk integriert, in ein Volk, das sich selbst hasst,

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

in ein Volk, das in einer Art und Weise mit seinen nationalen Symbolen umgeht, wie wir es eben machen. Sie werden damit keine Integration durchsetzen und fördern können.

Eine Frage, die ich auch noch an Sie richte, aber Sie wollen sie ja nicht beantworten: Griechenland ist dann offenbar in Ihren Augen auch keine Demokratie

(Thomas Höse, AfD: Die Bundeswehr!)

und die Amerikaner sind keine Demokratie. Die hissen ihre Flaggen. Die haben ein völlig unverkrampftes Verhältnis zu ihren nationalen Symbolen. Die singen regelmäßig ihre Lieder und sind glücklich dabei. Warum wollen Sie das den deutschen Kindern verwehren?

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Warum wollen Sie das aufzwingen!)

Wer gibt Ihnen überhaupt das Recht dazu, Herr Aldag? - Vielleicht haben unsere Kinder wirklich Lust, das zu tun. Vielleicht wollen sie sich bekennen. Nur weil Sie es nicht wollen, machen wir es nicht, oder was? - Also, ganz ehrlich, das ist ein starkes Stück von Ihnen.

Wir fordern Einzelabstimmung der Punkte und, wenn möglich, namentliche Abstimmung.

(Lachen bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Katja Pähle, SPD: Das ist doch nicht wahr!)

Derzeit sind wir aber noch in der Debatte. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Thomas.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist das ein wichtiges Thema, über das wir gerade debattieren. Worüber reden wir? - Wir reden über Bestandteile des Grundgesetzes. Wir reden über Bestandteile unserer Identität, unserer Nationalität. Wir reden über unsere Fahne und wir reden über unsere Nationalhymne.

Wir reden nicht über Fahnenappelle. Wir reden nicht über irgendwelche Kundgebungen,

(Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

sondern wir reden über das, was in anderen Ländern auf der Welt vollkommen normal und an der Tagesordnung ist.

Meine Damen und Herren! Auch ich gehöre zu denjenigen, die in der DDR sozialisiert wurden. Auch ich bin an vielen Fahnen, Statuen und Büsten vorbeigelaufen. Auch ich habe eine Hymne gekannt, die ich nicht mitsingen durfte. Ich bin trotzdem kein guter DDR-Bürger gewesen, zumindest im Jahr 1989 nicht, als ich mit dafür demonstriert habe, dass wir genau den Text singen dürfen, den wir heute singen, nämlich „Einigkeit und Recht und Freiheit“.

Ich glaube, es ist auch unsere Verantwortung, heute zu erklären, warum diese Worte so stehen, wie sie stehen, meine Damen und Herren.

Wir können nicht genügend darüber aufklären. Wir können gern darüber diskutieren, wie wir das

machen, aber dass wir das tun müssen, ich denke, das sollte auch in diesem Haus eine selbstverständliche Einstellung sein.

(Zustimmung von Frank Scheurell, CDU, von Chris Schulenburg CDU, von Lydia Funke, AfD, von Hagen Kohl, AfD, und von Andreas Gehlmann, AfD)

Deswegen, verehrte Kollegen von der AfD, hat der Antrag schon etwas Sinn, aber aus der Sicht meiner Fraktion sind Sie damit viel zu kurz gesprungen.

Wenn wir über die Beflaggung an Schulen reden, dann reden wir nicht nur über die Deutschlandfahne, dann reden wir über die drei Fahnen, die links von mir stehen.

(Ulrich Thomas, CDU, zeigt auf die Fahnen im Plenarsaal)

Wir reden über die Sachsen-Anhalt-Fahne genauso wie über die Europafahne.