Protocol of the Session on November 22, 2018

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Dr. Tillschneider. Herr Dr. Tillschneider, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Artikel 6 Abs. 2 des Grundgesetzes lautet:

„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Die Wendung „zuvörderst ihnen“ heißt: nicht dem Staat. Der Staat sollte die Kinder nur insofern erziehen, als er ihnen Grundhaltungen beibringt, die für Funktion und Fortbestand des Staates selbst unerlässlich sind, wie etwa Patriotismus, Disziplin, Pflichtbewusstsein - das ja, aber nicht mehr.

(Zustimmung bei der AfD)

Und auch das ist nur eine Nebenaufgabe der staatlichen Schule. Ihre Hauptaufgabe liegt darin, unseren Kindern elementare Kulturtechniken zu vermitteln, also Lesen Schreiben und Rechnen.

Die Schulen würden gut daran tun, sich auf diese Hauptaufgabe zu konzentrieren, anstatt sich mit einer Fülle sozialpolitischer Aufgaben zu überfordern, was dann dazu führt, dass sie ihre eigentlichen Aufgaben immer schlechter erfüllen.

(Zustimmung bei der AfD)

Das Konzept der Ganztagsschule steht exemplarisch für diese Überforderung. Das Konzept der Ganztagsschule steht für eine Bildungspolitik, die sich als Fortsetzung der Sozialpolitik mit anderen Mitteln versteht und so zeigt, dass sie nicht verstanden hat, was Bildungspolitik und was Bildung bedeuten. Die Ganztagsschule dünnt die Kernunterrichtszeit am Vormittag aus und zerdehnt sie in den Nachmittag. Der Lerntag zerfasert, geht

fließend über in Phasen, die weder Freizeit noch Lernzeit sind, sondern irgendetwas dazwischen. Die klare Trennung zwischen Schulzeit und Freizeit, zwischen öffentlicher Sphäre und Privatsphäre, zwischen Staat und Familie geht verloren.

(Beifall bei der AfD)

Mir kann niemand erzählen, dass Kinder konzentrierter lernen, wenn sie von morgens früh bis abends spät in der Schule sind. Im Gegenteil: Es ist das Beste für ein Kind, wenn es nachmittags zu Hause Zeit zur freien Verführung hat, wenn es lernt, seine Zeit selbst einzuteilen, und in Ruhe die Hausaufgaben erledigt.

(Beifall bei der AfD)

Die Ganztagsschule verfährt nach dem Prinzip: Je länger unter staatlicher Aufsicht, desto besser. Dabei erfordert die Herausbildung von so etwas wie bürgerlichem Bewusstsein Privatheit und privates Familienleben, und zwar nicht nur am Wochenende. Auch das ist eine wichtige Voraussetzung für Demokratie.

Der mit dem Konzept der Ganztagsschule verbundenen zeitlichen Entgrenzung entspricht eine institutionelle Entgrenzung, indem der Hort, der eigentlich zur Kinderbetreuung und damit ins KiFöG gehört, nach dem Willen der LINKEN in das Schulgesetz aufgenommen werden soll.

Für den Fall, dass beide Elternteile arbeiten und das Kind deshalb den ganzen Tag in staatlicher Betreuung verbleiben muss, gibt es den Hort. Schule aber ist Schule und Hort ist Hort. Aufgabe der Schule ist nicht die Kinderbetreuung; sie ist Aufgabe des Hortes. Sie erklären den Hort zur Bildungsanstalt und erweitern die Schule um alle möglichen sozialen Aspekte, nehmen damit den Institutionen ihr Profil und beschädigen so unser Bildungswesen.

(Beifall bei der AfD)

Außerdem frisst die Integration des Hortes in die Schule und die Ausweitung des schulischen Bildungsanspruches auch auf die Hortzeiten wertvolle Stundenkapazitäten. In Zeiten des Lehrermangels können wir uns das nicht leisten.

Da die in den Haushaltsplan 2018 eingestellten Finanzmittel für die Ganztagsschulen nicht vollständig abgerufen worden sind, scheint das Konzept an Beliebtheit zu verlieren. DIE LINKE ist darüber aus ideologischen Gründen sehr besorgt und will die Ganztagsschule gegen diesen Trend mit Gewalt und Zwang erhalten, ja sogar ausbauen. Wir lehnen diesen Irrsinn ab. Die Ganztagsschule ist ein Auslaufmodell und das ist auch gut so.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Dr. Tillschneider für die Ausführungen. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Herr Aldag, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Lippmann, ich finde es erst einmal klasse, dass Sie wahrgenommen haben, dass wir als Koalition gemeinsam den Auftrag an das Bildungsministerium gegeben haben, zu prüfen, ob die Horte in das Schulgesetz aufgenommen werden können. Es ist auch nachvollziehbar, dass Sie sich mit dem Antrag an die Spitze der Diskussion stellen wollen.

Die Zuständigkeit des Hortes erneut in die Verantwortung des Ministeriums für Bildung zu geben, ist ein Schritt, der vieles nach sich zieht und den zu gehen für Eltern und Kinder nur gut ist, wenn er bis zum Ende durchdacht und ordentlich vorbereitet ist. Wenn wir das alle wollen, dann reden wir über Räumlichkeiten und Zuständigkeiten, über den Umgang mit den freien und öffentlichen Trägern, die derzeit das pädagogische Hortpersonal beschäftigen und über dieses die Dienstaufsicht haben. Wir reden über die Finanzierung der Horte und über vieles weitere mehr.

Es ist viel zu tun. Bevor wir vieles tun, müssen wir auch über Inhalte sprechen. Denn davon auszugehen, dass plötzlich alle Grundschulen zu Ganztagsschulen werden, wenn wir die Horte in das Schulgesetz rücküberführen, halte ich für einen Trugschluss.

Wenn wir über Hort und ganztägige Bildungsangebote an unseren Schulen sprechen, dann möchte ich zwei weitere Aspekte in den Fokus rücken. Zum einen eine längst überfällige Qualitätsdebatte zu Bildung und Betreuung in unseren Horten, zum anderen und insbesondere die Betreuungssituation in den fünften und sechsten Klassen.

In Magdeburg gibt es beispielsweise lediglich zwei weiterführende Schulen mit dem Angebot einer Hortbetreuung. Es kann nicht sein, dass Eltern in der Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung zu Einzelkämpfern werden. Denn dass der Bedarf für qualifizierte Bildungs- und Betreuungsangebote am Nachmittag vorhanden ist, können Ihnen der Stadtelternrat Magdeburg und bestimmt auch der Landeselternrat versichern.

An dieser Stelle müssen wir genau hinschauen und uns kümmern, und das, bevor wir über Landesdienst und Entgeltgruppen sprechen. Verschaffen wir uns also einen Überblick und dis

kutieren im Ausschuss für Bildung und Kultur sowie im Ausschuss für für Arbeit, Soziales und Integration darüber. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Aldag für die Ausführungen. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abg. Frau Gorr. Frau Gorr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Koalitionsfraktionen haben sich darauf verständigt, den vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung und Kultur und zur Mitberatung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales uns Integration zu überweisen.

Ich schicke das voraus; denn, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in diesen Ausschüssen sind auch die entsprechenden Rahmenbedingungen für dieses doch eher langfristige Projekt zu diskutieren, das, wie es die Fraktion DIE LINKE formuliert, gut vorbereitet sein will.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind unsere Schulen und Horte ein eingespieltes Team, das uns als Sachsen-Anhalt ein wenig als Vorbild dastehen lässt.

Bei allen Wünschen nach einer neuen gesetzlichen Verortung ist festzustellen, dass wir die Beteiligten im Land bei den angedachten Veränderungen mitnehmen müssen und dies natürlich auch wollen. Es geht um Eltern und ihre Kinder, um Arbeitsplätze, um kommunale und freie Träger, es geht um Veränderungen im gerade erst novellierten Schulgesetz und im KiFöG.

Lassen Sie uns also in den beiden genannten Ausschüssen die Problematik angehen und hoffen wir auf einen guten Abwägungsprozess im Sinne aller Beteiligten.

Hohes Haus! Unabhängig vom im Bund angekündigten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder im Grundschulalter werden unsere Strukturen in Sachsen-Anhalt erst einmal weiterhin für ein vorbildliches ganztägiges Betreuungsangebot für Schülerinnen und Schüler bis zum 14. Lebensjahr vorgehalten werden, von dem immerhin fast 90 % aller Eltern Gebrauch machen und mit dem wir auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestmöglich sicherstellen. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Gorr für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LIN

KE hat noch einmal Herr Lippmann das Wort. Herr Lippmann, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will im Zusammenhang mit der Frage der Rücküberführung der Horte darauf hinweisen, dass dies einmal Schulhorte waren, die im Jahr 2001 - ich sage es einmal so - in einer Nacht-und-Nebel-Aktion - daran will ich insbesondere diejenigen erinnern, die vielleicht schon so lange dabei sind - in das KiFöG und damit an die Kommunen übertragen worden sind. Also, die Aufgabe Hort wurde übertragen, das Personal nicht - das will und kann ich in den drei Minuten jetzt nicht vertiefen.

Aber weil wir durch diese Erfahrungen geprägt sind und weil das Thema Schulhorte natürlich eines ist, das dem Grunde nach bei vielen erst einmal positiv besetzt ist, ohne auf die Probleme zu schauen, die die fast 20 Jahre lange Entwicklung mit sich bringt, haben wir das Thema aufgegriffen.

Der Aufhänger ist aber auch, dass die Koalition selbst das Fass aufgemacht hat und wir uns natürlich gefragt haben: Was bedeutet denn das? Was bedeutet denn diese Prüfung? Was wird denn geprüft? Woran wird denn dabei gedacht? - So ist unser Antrag gestrickt.

Wenn man sich den Antrag anschaut, dann stellt man fest, Herr Daldrup, dass er von den Kindern her, von den Eltern her, von den Erzieherinnen her und von den Trägern her gedacht ist. Ich sage noch einmal: Ja, wir sehen die Probleme. Unser Ansinnen ist aber, sich hinzusetzen, Frau KolbJanssen, und gerade keinen Schnellschuss zu machen, selbstverständlich nicht. Das verbietet sich von selbst.

(Zuruf von Dr. Verena Späthe, SPD)

Deswegen ist es überhaupt nicht denkbar, die letzte Schulgesetznovelle oder die jetzige KiFöGNovelle dafür zu nutzen.

Wir gehen davon aus, dass in dieser Legislaturperiode noch etwas gemacht wird. Das ist ja Ihre Ansage, dazu in dieser Legislaturperiode noch etwas zu machen. Wir wissen, dass es noch andere Themen gibt, dass es noch einmal eine Novelle gibt, oder es findet halt in dieser Legislaturperiode nicht statt. Das ist das, was wir gesagt haben.

Nur, die Träger und die Eltern diskutieren ja schon darüber. Entweder muss man also sagen, das wird nichts mehr, oder man muss relativ zügig etwas auf den Tisch legen, unter dem man sich etwas vorstellen kann. - Das ist doch der Punkt.

Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht; denn wir haben uns hingesetzt und in dem Wissen, das wir von den Systemen haben, etwas auf den Tisch gelegt. Wir wollen zumindest für eine Ermunterung sorgen. Wir haben nicht gesagt, dass Gefahr im Verzug besteht und Not am Mann ist, sodass wir das machen müssen. Wir haben nur gesagt: Wenn ihr es macht, dann nicht ein Jahr vor dem Koalitionsende.

Wir haben vor allem gesagt, dieses und jenes muss bedacht werden. Es darf keine Mitnahmeeffekte geben. Die Synergien, die entstehen, müssen den Kindern und den Eltern zugutekommen und nicht der Staatskasse. Das ist zum Beispiel eine Ansage von uns,