Protocol of the Session on October 24, 2018

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen die Koalitionsfraktionen in Bezug auf die Herstellungsbeiträge einen Punkt des Koalitionsvertrages abarbeiten. Waren die Aufgabenträger bisher verpflichtet, Beiträge zur Herstellung, Anschaffung usw. von öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen zu erheben, soll dies ab jetzt in ihrem

eigenen Ermessen liegen. Sie können es also tun oder auch nicht.

Was auf den ersten Blick als Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung daherkommt, entpuppt sich jedoch bei genauerem Betrachten der finanziellen Situation der Kommunen als Falle; denn praktisch werden Kommunen in Haushaltskonsolidierung weiterhin verpflichtet sein, solche Beiträge zu erheben.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu werden sie von den Kommunalaussichten aufgefordert, da nach § 99 des Kommunalverfassungsgesetzes des Landes die Grundsätze zur Finanzmittelbeschaffung gelten. Das Gleiche gilt übrigens für die Einführung des Gästebeitrages. Auch dieser kann künftig erhoben werden.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Alles gut!)

Aber auch hierbei werden Kommunalaufsichten die Grundsätze zur Finanzmittelbeschaffung geltend machen und eine Entscheidung nach dem Ermessen von Kommunen ist faktisch kaum umsetzbar.

So sinnvoll diese Änderungen auf den ersten Blick auch scheinen - auf kommunaler Ebene werden sie neue Ungerechtigkeiten schaffen. Kommunen, denen es ohnehin gut geht, können es sich leisten, auf diese Beiträge zu verzichten; aber jene, die nicht so gut dastehen, haben keine Wahl. Sie müssen es tun.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, in Ihrem Kommunalbrief vom 28. September dieses Jahres lehnen Sie - ich zitiere - „einen Flickenteppich aus Gemeinden mit und ohne Beitragserhebung“ ab. Auch wenn Sie sich dort auf die Straßenausbaubeiträge beziehen - für die Herstellungs- und Tourismusbeiträge schaffen Sie gerade mit diesem Gesetzentwurf genau einen solchen Flickenteppich. Das sehen wir kritisch.

(Zurufe von Silke Schindler, SPD, und von Siegfried Borgwardt, CDU)

Hinsichtlich der Straßenausbaubeiträge mussten wir uns dann schon sehr verwundert die Augen reiben: Sie befürworten zwar in der Öffentlichkeit - so auch in Ihrem bereits zitierten Kommunalbrief - eine Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen, aber in diesem Gesetzentwurf ist davon leider nichts zu finden.

Nun gut, wir wissen, dieses Thema ist komplex, und es bleibt auch immer noch die Frage nach der Finanzierung. Allerdings bleiben wir dabei auch sehr skeptisch. Ob die angekündigten Mehrausgaben die erhofften Effekte für die Finanzierung der Kommunen im nächsten Jahr erbringen werden, ist noch nicht so klar, da der Investitionsstau

in allen Bereichen der kommunalen Ebene inzwischen erheblich ist.

Wir sind aber gern bereit, mit Ihnen über den Gesetzentwurf auf der fachlichen Ebene zu diskutieren, und stimmen einer Ausschussüberweisung zu. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Eisenreich. Ich sehe keine Fragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Sie haben das Wort, Herr Abg. Meister.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem heutigen Gesetzentwurf setzt die Koalition einen weiteren Teil des Koalitionsvertrages um. Die Regelung bezüglich der Beitragserhebung der Kommunen für leitungsgebundene Anlagen wird von „muss“ auf „kann“ verändert, also die Beitragspflicht wird aufgehoben. So war es im Koalitionsvertrag vereinbart und so steht es nun im Gesetzentwurf.

Diese insbesondere vom grünen Koalitionspartner gewünschte gesetzestechnisch eher kleine Veränderung hat zur Folge, dass die kommunalen Träger statt der Abrechnung für häufig größere einmalige Beiträge eine Abrechnung über Benutzungsgebühren durchführen können. Die Kommunen haben damit im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung ein Instrument in der Hand, um die Finanzierung der Anlagen und damit auch die Belastung der Angeschlossenen zu steuern und Entlastungen zu ermöglichen.

Die weiteren Regelungen des Gesetzentwurfes betreffen einen gänzlich anderen Bereich, nämlich die Frage, wie die Kommunen ihr Tourismusengagement finanzieren. Ein grüner Wunsch war dabei die Ablösung der bisherigen Kurtaxe für Kurorte durch einen Gästebeitrag, der von allen Kommunen, nicht nur von Kurorten, zweckgebunden erhoben werden kann - so sie es denn wollen.

Auch hiermit stärken wir die kommunale Selbstverwaltung und eröffnen eine Möglichkeit zur Finanzierung und damit auch zur Stärkung des Tourismus in unserem Land. Über die Zweckbindung hoffen wir, Begehrlichkeiten der Kommunalaufsicht einzudämmen; denn tatsächlich können die Mittel nur für den Tourismus genutzt werden.

Konsequenterweise hätte man auch eine Ausweitung auf die betriebliche Tourismusabgabe einführen sollen, wie es in einigen anderen Ländern praktiziert wird und selbst von der IHK gefordert

wurde; denn die IHK hat ja die Sorge bezüglich der Bettensteuer und dass man es irgendwie im Gesetz kanalisiert.

Wir GRÜNEN sind dabei Seite an Seite mit der IHK marschiert, jedoch am Koalitionspartner gescheitert, der dies nicht bezahlen wollte. Insofern konnten wir uns dabei nicht durchsetzen. Allerdings bleibt es halbwegs beim bisherigen Status quo. Für den Großteil der Kommunen bleibt somit die Option der Erhebung dieser Tourismusabgabe auch weiterhin verschlossen.

Wieso man der kommunalen Selbstverwaltung kein Vertrauen zum ordnungsgemäßen Umgang mit diesem Instrument entgegenbringt, ist etwas rätselhaft. Bisher gab es keine unangemessene Entscheidung. Die Möglichkeit einer Ausgestaltung als Steuer steht den Kommunen ohnehin weiterhin offen.

Insgesamt haben wir hier aber eine gute Weiterentwicklung des KAG, die der kommunalen Selbstverwaltung neue Spielräume eröffnet, Möglichkeiten zur Entlastung der Bürger schafft und eine verbesserte Finanzierung von Tourismusaufgaben ermöglicht.

Wir beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Innenausschuss sowie zur Mitberatung in den Wirtschafts- und den Finanzausschuss. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Meister. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Es spricht der Abg. Herr Roi für die - - Er ist nicht da?

(Robert Farle, AfD, begibt sich zum Red- nerpult)

- Herr Farle spricht. Das haben Sie nicht angezeigt.

(Robert Farle, AfD: Er musste zum Kreis- tag! Er hat mich gebeten!)

- Es ist unerheblich, wo er ist. Er ist nicht im Raum und Sie werden jetzt für Herrn Roi sprechen. Bitte.

(Markus Kurze, CDU: Ich wollte nur sagen, der Kreistag ist morgen! - Robert Farle, AfD: Ich weiß nicht, wo er jetzt ist!)

- Ich würde Sie bitten, jetzt keine Diskussion aufzumachen. Das interessiert uns an dieser Stelle überhaupt nicht; denn heute ist Landtag. Da sollten eigentlich alle Abgeordneten ihrer Pflicht nachkommen und im Landtag sein.

(Zustimmung - Unruhe)

Herr Farle, Sie haben jetzt das Wort.

(Zurufe von der CDU - André Poggenburg, AfD: Gerade Sie! - Robert Farle, AfD: Er kämpft heute …! - Unruhe)

- Ich bitte, hier keine anderen Diskussionen aufzumachen. - Herr Farle hat jetzt das Wort zu diesem Tagesordnungspunkt. Bitte.

Frau Präsidentin, ich bedanke mich für das Wort und richte es an das Publikum, nein, an den Landtag. - Hohes Haus! Ich fand die Ausführungen, die Herr Meister gerade gemacht hat, richtig meisterlich, übernehme sie in meinen Redebeitrag und füge hinzu: Die AfD-Fraktion wird sich dem Vorschlag anschließen, die Frage in den genannten Ausschüssen weiter zu behandeln.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und trinke noch einen Schluck Wasser. - Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Farle. Es gibt keine Fragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Mitglieder des Hohen Hauses! Der Ihnen heute vorliegende Gesetzentwurf greift einige aktuelle Entwicklungen und Diskussionen sowie unseren Koalitionsvertrag inhaltlich auf.

Als Erstes geht es um die Möglichkeit, dass Gemeinden für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung von öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen Beiträge erheben können. Das Wesentliche ist die Einführung der Kannbestimmung. Somit besteht zukünftig die Möglichkeit, dass Gemeinden die ihnen entstehenden Aufwendungen, soweit keine privatrechtlichen Entgelte erhoben werden, durch Beiträge oder alternativ ganz oder teilweise durch Gebühren finanzieren.

Es obliegt also jetzt der Kommune zu entscheiden, ob sie diejenigen, die einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Inanspruchnahme der entsprechenden Einrichtung haben, durch einmalige Beiträge oder durch regelmäßige Gebühren an der Finanzierung der Investitionskosten beteiligt. Auch Mischfinanzierungen sind selbstverständlich möglich.

Ganz kurz zum Thema Straßenausbaubeiträge: Wir haben dazu ein Fachgespräch im Ausschuss

für Inneres und Sport vereinbart, in dem wir alle Fragestellungen, die an dieser Stelle noch zur Debatte stehen, erläutern werden: angefangen von der Gegenfinanzierung über die Gerechtigkeit für jene, die bisher bezahlt haben, bis zur Frage, wie wir mit Gemeinden umgehen, die wiederkehrende Beiträge haben.

Mit der geplanten Neuregelung zum Thema Gästebeitrag reagieren wir auf die positive Entwicklung des Tourismus in unserem Bundesland. So konnte Sachsen-Anhalt im ersten Halbjahr 2018 1,58 Millionen Gäste begrüßen - eine Steigerung um 1,2 % gegenüber dem Jahr 2017, welches wir wohl alle als das Lutherjahr im Gedächtnis behalten werden. Die Zahl der Übernachtungen stieg gegenüber dem Vorjahr um 0,9 % auf knapp 3,76 Millionen.

Mit dem Gästebeitrag sollen die Gemeinden die Möglichkeit erhalten, ihre Gäste an der Finanzierung der Aufwendungen, die für die Einrichtungen anfallen, die dem Tourismus dienen, zu beteiligen. Gleiches gilt für die Finanzierung von Veranstaltungen auf diesem Gebiet, aber auch für die Bereitstellung kostenloser ÖPNV-Leistungen. Letztgenanntes ist nicht nur eine Serviceleistung, die viele von uns bereits aus anderen Ländern kennen, sondern auch eine ökonomisch und ökologisch vorteilhafte Lösung.

Außerdem wird geregelt, dass anerkannte Kur- und Erholungsorte den Gästebeitrag erheben können. Aber auch Gemeinden, die diesen Status nicht haben, können per Satzung festlegen, wo der Gästebeitrag in ihrem Gemeindegebiet fällig wird - natürlich nur, wenn sie auch tatsächlich touristische Leistungen anbieten.

Die Möglichkeit der Gemeinden, einen Tourismusbeitrag von selbständigen Personen und Unternehmen zu erheben, denen durch den Tourismus unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile entstehen, soll auf staatlich anerkannte Kur- und Erholungsorte beschränkt werden. Dabei liegt es weiterhin im Ermessen der betroffenen Gemeinden, den Tourismusbeitrag zu erheben; denn es kann nicht sein, dass die kommunalen Aufsichtsbehörden sowohl den Gäste- als auch den Tourismusbeitrag dafür nutzen, um Defizite in den kommunalen Haushalten auszugleichen.