Protocol of the Session on September 28, 2018

Natürlich müssen wir dort helfen, wo die Herausforderungen besonders groß sind. Das ist doch völlig unbestritten.

Herr Minister, erlauben Sie mir die Bemerkung, es hilft auch nicht, die Zuständigkeiten, wie in Halle geschehen, hin und her zu schieben, sondern man muss schnell für Unterstützung sorgen.

(Minister Marco Tullner: Machen wir doch!)

Wir dürfen die zusätzlichen Bedarfe aber nicht allein am Anteil ausländischer Kinder an Schulen festmachen. Es gibt überall und aus unterschiedlichen Gründen Kinder und Jugendliche mit schwerem Gepäck. Wir können nicht vereinzelt ein bisschen beim Tragen helfen.

Wir müssen dort, wo der Bildungserfolg eine besondere Herausforderung darstellt, weil die Eltern nicht unterstützen können, weil das Umfeld schwierig ist oder weil die Sprachenkenntnisse fehlen, Bedingungen schaffen, die allen Kindern und Jugendlichen den Rücken stärken. Dafür brauchen wir Indikatoren, anhand deren sich besondere Bedarfe ablesen lassen, und profunde Überlegungen zu entsprechend angemessenen Personalzuweisungen.

Ob das letztlich heißt, dass wir 30, 80 oder 150 Lehrkräfte oder pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr brauchen, das wissen wir nach einer solchen Analyse und Bewertung.

Zweieinhalb Jahre lang stoisch einfach immer mehr Lehrer und mehr PM zu verlangen, hilft hierbei nicht weiter. Schließlich ist die Lehrkräftesituation bundesweit schwierig.

Meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass unsere Schulen bei der Personalgewinnung mehr mit ins Boot geholt werden müssen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Wir brauchen flexible und individuelle Strukturen. Das kann gezielt vor Ort helfen und die bestehende Frustration lindern.

Ich bin sicher, dass dazu gute Regelungen zwischen dem Landesschulamt, dem Ministerium und den Schulen getroffen werden können, Regelun

gen und Entscheidungen, die den Eltern zeigen, dass die Personalgewinnung im Land sowohl verantwortungsbewusst als auch flexibel und vor allen Dingen mit Hochdruck vorangetrieben wird.

Ich habe es vorhin mit Anerkennung wahrgenommen, dass Frau Staatssekretärin Feußner mit dem stellvertretenden Schulamtsleiter Herrn D. heute vor Ort war und schon die ersten Gespräche geführt hat. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen.

Meine Damen und Herren! Vergeuden wir nicht die Zeit und Kraft, immer wiederkehrende Anträge mit Personalforderungen zu schreiben und darüber ohne Ergebnis zu debattieren. Geben wir den Schulen selbst die Chance, eigenständiger zu handeln, um all unseren Kindern und Jugendlichen die bestmöglichen Bildungschancen zu geben. Packen wir es an und lösen wir die Probleme. Nichts anderes erwarten die Menschen draußen von uns. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE - Thomas Lippmann, DIE LINKE: Aber Sie wissen schon, dass Ihr Lösungsansatz null ist! Also Sie müssen es schon sagen!)

Für die Fraktion der CDU spricht der Abg. Herr Keindorf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine undankbare Aufgabe, als letzter Redner in einer Debatte das Wort ergreifen zu müssen, weil die wesentlichen Argumente in der Regel schon ausgetauscht wurden. Ich möchte mich deshalb auch nicht länger auslassen als unbedingt nötig. Dennoch sei noch einmal darauf verwiesen, dass ausländische Schülerinnen und Schüler in Sachsen-Anhalt gemessen an der Gesamtschülerzahl von mehr als 220 000 einen verschwindend geringen Anteil ausmachen. Es sind insgesamt nicht einmal 5 %.

Der Minister hat auch die Zahl der Schulen genannt, an denen mehr als 25 % der Schüler ausländischer Herkunft sind. Diese Zahl ist ebenfalls äußerst gering.

Damit will ich natürlich nicht die Probleme kleinreden, die an einzelnen Schulen mit einem hohen Anteil ausländischer Schüler in der Tat existieren. Aus dieser Tatsache aber wiederum zu schließen, wie es die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag tut, wir brauchten 100 Migrationslehrer mehr, um der Not zu begegnen, ist aus meiner Sicht Aktionismus. Den Begriff des „Migrationslehrers“ kennt unser Schulgesetz nicht. Ich denke, wir sollten ihn auch gar nicht erst einführen.

Zustände wie in der Schule Kastanienallee - damit meine ich ausdrücklich nicht das, was heute in

einem Zeitungsartikel stand, sondern den überdurchschnittlich hohen Migrationsanteil von rund 70 % - sind zum Glück die Ausnahme und nicht die Regel. Ich teile die Einschätzung des Bildungsministers auch bei unserer Ausschussbefassung, der als eine erste mögliche Maßnahme die Verteilung von ausländischen Schülern an den Schulen im Stadtgebiet von Halle vorgeschlagen hat.

(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU, und von Daniel Szarata, CDU)

Machen wir uns eines bewusst: Die betroffenen Schulen benötigen schnelle, aber vor allem auch unbürokratische Hilfe, wenn Integration erfolgreich gelingen soll. Genau das liegt auch im Interesse der Wirtschaft unseres Landes, die auf Schulabgänger wartet, die ohne zusätzlichen Förderbedarf erfolgreich in eine duale Ausbildung geführt werden können.

Meine Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen, dass wir uns innerhalb der Koalition nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen konnten. Wir werden den Ursprungsantrag nun in den Ausschuss für Bildung und Kultur überweisen und dort eingehend beraten. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt eine Frage. - Herr Schmidt, bitte.

Herr Keindorf, Sie haben gerade gesagt, dass der Ausländeranteil an unseren Schulen mit 5 % verschwindend gering ist. Mich würde interessieren - Sie stehen ja nun für die CDU -, wie viel mehr wir aus Ihrer Sicht an unseren Schulen denn noch verkraften könnten.

Ich denke, die Frage stellt sich nicht. Ich will dazu jetzt auch keine Prozentzahl nennen. Herr Schmidt, ich weiß nicht, was ich Ihnen darauf antworten soll.

Sie sind dazu nicht verpflichtet. Aber offensichtlich gibt es noch eine Nachfrage. - Herr Schmidt, Sie haben noch einmal das Wort.

Der Herr Innenminister hat einmal von 15 % gesprochen. Würden Sie dem folgen?

Wenn das die Meinung des Herrn Innenministers ist, dann ist das seine Meinung. Wir haben ja gesagt, dass wir dieses Thema im Ausschuss bera

ten wollen. Ich denke, es wäre angebracht, dort über dieses Thema entsprechend zu debattieren. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Keindorf, ich kann noch eine tröstliche Mitteilung machen. Sie waren gar nicht der Letzte auf der Rednerliste. Denn der Letzte auf der Rednerliste ist der Abg. Herr Lippmann. - Er hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Ich will mit meinem Schlusswort nur noch einmal auf zwei Redner eingehen, insbesondere auf den Bildungsminister. Herr Tullner, ich war ein bisschen irritiert, dass Sie sich in Ihrer Rede - sie war offensichtlich schon vorher geschrieben worden - mit einer gewissen Diktion sehr stark in einen Gegensatz zu mir gesetzt haben. Nicht bei allem, aber bei mehreren Dingen, die Sie gesagt haben, fand ich das gar nicht. Das, was Sie zurückzuweisen versucht haben, habe ich in meinem Vortrag und in unserem Antrag gar nicht zum Ausdruck gebracht. Ich habe ja nicht allgemein darüber gesprochen, wie wir Schülerinnen und Schülern ausländischer Herkunft begegnen, sondern es ging ausschließlich und, wie ich denke, ziemlich sachlich um diese Schulen.

Herr Aldag, selbstverständlich haben wir darüber gesprochen. Mir ging es aber schon darum, einen Begriff im Sinne einer Definition für unsere Debatte zu finden, damit wir nicht allgemein darüber sprechen. Ich hätte es auch immer umschreiben können mit „Schulen mit 25 % und mehr“. Das ist eher eine sprachliche Konstruktion. Darüber müssen wir uns jetzt nicht streiten.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

In der Debatte ist die Fokussierung auf diese beiden Personalgeschichten völlig untergegangen. Die eine ist wirklich eine Hürde, nämlich zu sagen: Ja, wir wollen 100 zusätzliche Schulsozialarbeiter, und zwar aus eigenen Mitteln. Das ist auch eine Begleitdiskussion zum ESF-Programm. Bei den anderen Lehrkräften ist es eine innere Definition. Dabei geht es ja nicht um on top, sondern wir sagen, ihr könnt die sowieso nicht besetzen. Wir müssen nächstes Jahr 1 300 Leute einstellen. Das schaffen wir sowieso nicht. Es geht wieder darum - wie im Übrigen in unserem Antrag „3 mal 200“ -, einfach einmal ein paar Überlegungen anzustellen, die mir hier komplett fehlen, damit ich mich nicht irgendwann nur auf das zurückziehe, was immer klar war: Das brauche ich gar nicht mehr auszuschreiben; das kriege ich sowieso nicht. Was wollt ihr von mir? Ich habe mich bemüht. Wir müssen vielmehr schauen, welche Auf

gabe von Schule - - Und das ist eine. Das ist einfach ein ganz konkretes Beispiel, wie wir auch in dem Bewerberpool darüber hinausgehen können.

Ich bitte im Interesse dieser Schulen darum, diese einfache Ebene, auf der wir bisher waren, zu verlassen und einmal ein paar Schritte gemeinsam zu gehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Schritt - das habe ich jetzt gehört -, der in unserem Antrag vorkommt, ist Folgender: Lasst uns doch diese guten Erfahrungen aus den Klassen „Produktives Lernen“ nutzen, natürlich aus einem anderen Hintergrundkontext, aber durchaus mit einer Schnittstelle, die nicht uninteressant ist. Das war zum Beispiel etwas, bei dem ich denke, dass wir gar nicht so weit auseinander sind. Auch was den Einsatz der Lamsa angeht, müssen wir in dem Bereich etwas tun. Die Kinder verschwinden nicht einfach wieder, auch wenn sich einige das wünschen. Ihr Anteil ist hoch.

Letzter Punkt. Ich bin ja auch erst darauf gekommen. Das gebe ich doch gern zu. Diesen Antrag habe ich nicht in petto gehabt. Er ist erst entstanden, nachdem ich angefangen habe, mich ausführlicher mit der Kastanienschule zu beschäftigen, nachdem ich mir das alles anschaut habe, nachdem ich mir die Statistiken des Landesamtes anschaut habe und nachdem ich auch mit Leuten aus dem Amt gesprochen habe.

Wir wissen, dass wir in Halle und auch in Magdeburg im Bereich der Sekundarschulen so gut wie keine Chance haben, durch Verschiebung oder Verteilung etwas zu ändern. Es ist doch das Eingangsstatement, erst einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass es diese Situation gibt und dass wir kurz- und auch mittelfristig daran nichts werden ändern können. Es gibt aber den Schulalltag in diesen Schulen. Die Kinder und Jugendlichen, die Lehrerinnen und Lehrer und die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen tagtäglich damit klarkommen. Dafür reichen die normalen Geschichten, die wir jetzt organisieren, nicht aus. Wir können nicht Wochen oder Monate warten, bis wir etwas machen.

Über das hinaus, was ich jetzt noch einmal positiv zu erwähnen versucht habe, habe ich hier jetzt nichts anderes gehört, was morgen oder übermorgen in dieser Schule irgendetwas ändert. Lasst uns also intensiv darüber reden. Wenn es das nicht ist, dann etwas anderes. Aber lasst uns nicht so ideenlos sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe, dass es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt. Deswegen können wir zum Abstimmungsverfahren kommen.

Ich habe den Antrag auf Überweisung in den Ausschuss für Bildung und Kultur vernommen. Gibt es weitere Überweisungsanträge? - Nein.

Dann stimmen wir jetzt darüber ab. Wer damit einverstanden ist, diesen Antrag in der Drs. 7/3363 in den Bildungsausschuss zu überweisen, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalition, die Fraktion DIE LINKE und ein fraktionsloser Abgeordneter. Wer ist dagegen? - Das ist die AfD-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? - Die gibt es nicht. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich in den Ausschuss überwiesen worden. Der Tagesordnungspunkt 15 ist somit erledigt.

Wir kommen nunmehr zum

Tagesordnungspunkt 16