Thomas Keindorf

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Es ist eine Kurzintervention. - Um den Streit über den Ursprung dieser Sache zu beenden: Bereits im Jahr 2015 hat der Handwerkstag Sachsen-Anhalt mit einer Petition an den Landtag die Aufnahme der Kleinen Bauvorlageberechtigung in die Bauordnung beantragt.
Wenn überhaupt, dann ist eine Initiative des Handwerks von wem auch immer aufgenommen worden. Aber insgesamt möchte ich die Möglichkeit nutzen, mich im Namen des Handwerks für diese Sache entsprechend zu bedanken.
Herr Henke, Sie haben gerade die kleine Bauvorlageberechtigung kritisiert und geäußert, dass Sie eine Gefahr sehen, weil Bauplanung und -ausführung in einer Hand liegen. Habe ich Sie insoweit richtig verstanden?
Gut. - Im Jahr 2004 wurde die Handwerksordnung novelliert. Es war jedem Architekten oder Bauingenieur möglich, sich mit einem Bauunternehmen ohne weiteren Nachweis in die Handwerksrolle eintragen zu lassen. Seit 16 Jahren besteht also schon die Möglichkeit, dass Ausführung und Planung in einer Hand liegen. Das ist per Gesetz so geregelt worden. Warum habe ich 16 Jahre lang nicht Ihre Stimme gehört und wahrgenommen, dass Sie sich kritisch dagegen ausgesprochen haben?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst im August haben wir über die Verbesserung der Ausbildungsbedingungen für die mehr als 45 000 Berufsschüler gesprochen und dabei festgestellt, dass unser Bildungsminister seine Hausaufgaben bei der Überarbeitung der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen an auswärtig beschulte Auszubildende recht ordentlich gemacht hat.
Ich habe das extra noch einmal im Protokoll nachgelesen. Dass er dabei als verantwortungsvoller Kaufmann zuerst sehr zurückhaltend und vorsichtig kalkuliert hat, hat - das muss ich gestehen - auch mich nicht unbedingt glücklich gemacht, aber mein volles Verständnis, zumal durch das Verwaltungsgerichtsurteil aus Baden-Württemberg aus dem Jahr 2016 eine gewisse Unsicherheit und Handlungsdruck bestanden.
Die derzeitige Richtlinie trat am 1. Februar 2019 in Kraft, hat also noch kein Jahr Bestand. Ich denke, sie benötigt wie alle Programme eine gewisse Anlaufzeit. Ich gehe davon aus, dass die zahlreichen positiven Änderungen unter Umständen noch nicht vollständig zum Tragen kommen konnten, obwohl - Herr Aldag hat es schon gesagt - fast das Dreifache der Ausgaben in früheren Haushaltsjahren abgerufen wurde. Der derzeitige Mittelabfluss zeigt aber auch Luft nach oben.
Es gibt noch finanzielle Spielräume, die wir im Interesse der Auszubildenden nutzen müssen. Deshalb haben sich die Koalitionsfraktionen auf Initiative der CDU-Fraktion auf eine Reihe weitergehender Maßnahmen verständigt, die bereits bis zum Ende des Ausbildungsjahres 2019 geprüft werden. In jedem Fall muss auch in Zukunft ein einfaches Antragsverfahren gewährleistet sein.
Ich möchte noch drei Sätze zum Azubi-Ticket sagen. Die Wirtschaft fordert dieses Azubi-Ticket. Es erhöht die Attraktivität der dualen Ausbildung und kann zur Fachkräftegewinnung gerade in den strukturschwächeren Regionen unseres Landes beitragen. Wir als Wirtschaft sehen dieses Ticket als ideale Ergänzung zu dieser Richtlinie mit dem Titel „RabAz“. Wir schauen sehr gespannt, verhalten optimistisch auf die anstehenden Haushaltsberatungen, ob sich dafür doch noch eine Lösung finden lässt.
Heute geht es aber nicht um das Azubi-Ticket. Heute geht es um unsere Richtlinie. Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. - Herzlichen Dank.
Das habe ich mir fast gedacht.
Herr Steppuhn, der Glaube kann Berge versetzen.
Ich gehe einmal davon aus, wenn alle Beteiligten mit gewisser Ernsthaftigkeit an die Lösung dieses Problems herangehen, dann lässt sich auch irgendwie eine Lösung finden. Aber bitte nicht, wie bisher immer geschehen - Herr Minister Webel ist gerade nicht im Raum -, nur auf dieses Ministerium schielen, sondern andere Häuser sollten sich ebenfalls an der Finanzierung beteiligen.
Das mag durchaus sein. Die Verkehrsverbünde müssen aufeinander abgestimmt werden. Aber, wie gesagt, die Finanzierung obliegt nicht ihm allein.
Wir haben in der Fraktion schon mehrfach darüber diskutiert. Herr Heuer kommt aus der Wirtschaft.
Ich denke, vielleicht kann ich ihm die Sache heute Abend bei einem guten Glas Glühwein noch ein wenig näherbringen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verbesserung der Ausbildungsbedingungen für die mehr als 46 000 Berufsschüler in SachsenAnhalt, davon gut 26 000 in dualer Ausbildung, hat für die CDU-Fraktion oberste Priorität. Aus diesem Grund hat der Landtag auf Initiative der CDU-Fraktion hin vor genau zwei Jahren den Beschluss zur Stärkung der Berufsschulen als Motoren des dualen Systems gefasst.
Daher möchte ich die Gelegenheit nutzen und Bildungsminister Marco Tullner auch im Namen der Wirtschaft dieses Landes für die schrittweise Umsetzung der darin beschlossenen Punkte ausdrücklich danken.
Ich bleibe zuversichtlich, dass wir gemeinsam bisher noch offengebliebene Punkte zügig abarbeiten werden.
Die in diesem Zusammenhang von der Landesregierung vorgelegte und überarbeitete Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von auswärtig beschulten Auszubildenden stellt einen ersten wichtigen Meilenstein bei der besseren Unterstützung von Auszubildenden dar. Die Gründe hierfür möchte ich kurz erläutern.
Erstens. Im Zuge der Haushaltsberatungen haben wir die Mittel von 120 000 € auf 3 Millionen € aufgestockt.
Davon werden deutlich mehr Auszubildende als bisher profitieren. Herr Steppuhn - ich sehe ihn nicht -, Frau Hildebrandt, wir werden uns als Kammern auf die Fahnen schreiben, dass das Geld wirklich zur Auszahlung kommt. Das heißt, wir werden unsere Auszubildenden und unsere Ausbildungsbetriebe entsprechend informieren.
Zweitens hat die finanzielle Benachteiligung von Berufsschülern, die aufgrund der Schulstrukturen gezwungen sind, eine Schule in einem anderen Landkreis zu besuchen, gegenüber denen, die wohnortnah unterrichtet werden, ein Ende. Die tatsächlich anfallenden Kosten bei einer Unterbringung in einem Schulwohnheim werden besser berücksichtigt. Ich denke, damit folgt das Land Sachsen-Anhalt der Rechtsprechung in anderen Bundesländern.
Drittens werden zahlreiche bürokratische Hürden abgebaut. Das Antragsverfahren wurde vereinfacht. Der antragsberechtigte Personenkreis wurde erweitert. Die Beseitigung all dieser Beschränkungen und bürokratischen Hürden wird von der Wirtschaft als ein längst überfälliger erster Schritt bezeichnet.
Die von der Opposition beantragten Änderungswünsche sind nach der Ansicht der CDU-Fraktion derzeit nicht finanzierbar. Ich bin aber gern bereit, mit Ihnen im Ausschuss nach weiteren Lösungen im Interesse der Auszubildenden zu suchen. Daher beantrage ich die Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Bildung und Kultur.
Ein Wort zu meinem Kollegen Steppuhn. Nein, ich habe nichts zum Azubi-Ticket gesagt; denn es war nicht Bestandteil dieses Antrages.
Ja, wir als Wirtschaft fordern ein Azubi-Ticket als Ergänzung zu dieser Richtlinie. An dieser Stelle möchte ich Sie zitieren. In der Sitzung am 23. Mai haben Sie auf meine Nachfrage hin gesagt: „Ich sehe ein, dass das nicht aus einem Haushalt allein geschultert werden kann.“
Ich bin gespannt auf die Vorschläge zur Finanzierung, die in den Ausschüssen gemacht werden. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident, für die Möglichkeit. - Herr Steppuhn, ich muss gestehen, ich war schon ein bisschen neugierig, wie Sie auf diesen Antrag reagieren. Sie stimmen mir doch zu, wenn ich sage, dass die Stärkung der dualen Ausbildung und damit auch die Sicherung der Fachkräftebasis unserer Betriebe eigentlich nur eine Querschnittsaufgabe der gesamten Landesregierung sein kann und sein muss?
Gut. Dann frage ich, weil Sie sich bei den Fragen der Finanzierung immer nur nach links zu Minister Webel gewandt haben: Wie wollen und können Sie sich dafür einsetzen, dass auch die Finanzierung eine entsprechende Querschnittsaufgabe der gesamten Landesregierung sein wird und nicht nur eine Aufgabe eines Ministeriums?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine werten Kollegen! In der schon oft genannten Anhörung Mitte März in diesem Saal kam auch ein Zimmerermeister aus Osterwieck zu Wort. Auf die Frage, ob er mit der kleinen Bauvorlageberechtigung eine Erhöhung der Umsätze oder irgendwelche finanziellen Interessen verbindet, war seine ganz klare Antwort: nein. Er möchte es machen, weil er es gelernt hat und weil er es kann - und ich möchte hinzufügen: weil er es 5 km weiter westwärts darf und hier nicht.
Eigentlich möchte ich dem nichts weiter hinzufügen. Aber ich glaube, Sie wären enttäuscht, wenn ich mich wieder hinsetze. Deshalb noch einige Dinge zu dieser Anhörung. Wie üblich gab es Argumente pro und kontra. Auf die ProArgumente möchte ich nicht weiter eingehen. Der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion hat einiges aufgegriffen. Ich freue mich auf die Diskussion darüber im Ausschuss.
Aber die Kontra-Elemente möchte ich noch einmal beleuchten. Es war immer wieder und auch heute hier die Rede davon, es wäre schlecht für den Verbraucherschutz, wenn Bauen und Planen in einer Hand liegen, und das Thema fehlender Versicherungsschutz wurde immer wieder angesprochen. Ich möchte nur sagen, das Problem Bauen und Planen in einer Hand schaffen wir nicht, wenn wir die kleine Bauvorlageberechtigung für den Handwerksmeister in die Landesbauordnung aufnehmen.
Seit der Novelle der Handwerksordnung im Jahr 2004 dürfen Bauingenieure und Architekten ohne weitere Nachweise Baufirmen gründen. Mit Stand vom 31. März 2019 sind in Sachsen-Anhalt in den beiden Kammerbezirken Halle und Magdeburg rund 190 Baubetriebe in die Handwerksrolle eingetragen, in denen die Führungskraft kein Handwerksmeister, sondern Bauingenieur oder Architekt ist.
Das heißt, seit dem Jahr 2004 ist es durch Bundesrecht auf der Grundlage der Handwerksordnung erlaubt, dass der Planer auch bauen darf. Kein Mensch hat in den letzten 15 Jahren jemals darüber diskutiert. Deswegen kann das kein Grund sein, dem bauausführenden Handwerker im Jahr 2019 im Landesrecht zu untersagen zu planen, wenn er es gelernt hat und es sich zutraut.
Das Thema „fehlender Versicherungsschutz“ hat sich eigentlich auch erledigt.
Ich möchte abschließend noch Folgendes sagen. In einer Podiumsdiskussion im Handwerk wurde mir von meinen Handwerkskollegen Folgendes in mein - ich sage einmal - politisches Stammbuch geschrieben: „Wenn eure Politik“ - wen mein Kollege mit „eure Politik“ gemeint hat, kann sich jeder selbst ausmalen - „wieder mehr Akzeptanz beim Wähler finden soll, dann muss diese Politik transparent und glaubwürdig sein.“ Transparent heißt, wir müssen sagen, was wir tun. Glaubwürdig heißt, wir müssen auch tun, was wir sagen.
Wie oft haben wir in diesem Saal schon über die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung sowie über die Durchlässigkeit im Bildungssystem zwischen diesen beiden genannten Säulen debattiert. Der Deutsche Qualifikationsrahmen gibt das auch vor.
Ich möchte an die sechste Wahlperiode erinnern. Am 16. Oktober 2004 wurde in diesem Saal vom gesamten Parlament einstimmig der Beschluss für die Stärkung des Meisterbriefes als Garant für Ausbildung, Verbraucherschutz und wirtschaftliche Stabilität gefasst.
Diesen Worten von damals sollten wir gemeinsam die entsprechenden Taten folgen lassen.
Ich beantrage wie die anderen Fraktionen die Überweisung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr. Ich freue mich auf die dortige Diskussion und sage herzlichen Dank.
Vielen Dank für die Frage, Herr Lieschke. Ich weiß nicht, wer von den Anwesenden bei der Anhörung in diesem Saal mit dabei war; aber nach den Ausführungen der Dame vom Gesamtverband der deutschen Versicherer ging es mir so, dass ich hinterher eigentlich verunsicherter war als vorher.
Diese Ausführungen haben mich im Prinzip nicht richtig weitergebracht. Aus diesem Grund hat gestern Nachmittag in der Handwerkskammer Magdeburg ein Gespräch mit einem Versicherer aus Niedersachsen stattgefunden - Namen nenne ich nicht -, in dem wir diese Sache einfach einmal in eine richtige Richtung bringen wollten.
Dazu möchte ich noch kurz Folgendes sagen: Planende Architekten und Bauingenieure schließen eine sogenannte Berufshaftpflichtversicherung ab. Damit sind deren Planungsleistungen versichert. Sobald der Planer jedoch ein eigenes Ausführungsinteresse hat - auch wenn es noch so klein ist -, läuft diese Berufshaftpflichtversicherung ins Leere.
Ausführende Handwerker, die nicht planen, schließen eine sogenannte Betriebshaftpflichtversicherung ab. Damit sind Haftpflichtschäden versichert, die durch den laufenden Betrieb auftreten. Planungsleistungen sind nicht abgedeckt. Ebenso sind Baumängel an sich nicht gedeckt. Lediglich sich daraus ergebende Haftpflichtschäden sind versichert. Das ist aber bei jeder Bauversicherung so. Baumängel und Bauschäden sind sozusagen Vertragsgegenstand und werden
vertragsrechtlich entweder über BGB oder VOB geregelt. Dafür braucht der Handwerker keine Versicherung. Pfusch am Bau ist nicht versicherbar.
Für planende Handwerksmeister und bauende Architekten bietet die Versicherung einen zusätzlichen Baustein an: eine Betriebshaftpflichtversicherung plus erweiterte Planungsdeckung. Genau diese Möglichkeit - Originalton der Versicherung - hat sich in letzter Zeit ergeben, da immer mehr Architekten und Bauingenieure planen und bauen möchten. Diese Versicherung wird aber nicht nur Architekten und Ingenieuren angeboten, sondern ausdrücklich auch Maurern, Zimmerern, Dachdeckern und Betonbaumeistern.
Ich sage an dieser Stelle: Die Versicherung will uns diesbezüglich noch Zuarbeit leisten. Sobald uns diese vorliegt, werden wir sie den Ausschussmitgliedern zur Verfügung stellen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Punkt 1 enthält ja zwei Sachverhalte, das Ticket und die Mindestausbildungsvergütung. Dem Ticket stimme ich na
türlich zu. Die Mindestausbildungsvergütung lehne ich ab. Warum?
Ich sage ganz deutlich: Ich habe nichts gegen eine gute, angemessene Vergütung in der Ausbildung. Aber diese Vergütung muss die Leistungsfähigkeit des Gewerkes und die Wirtschaftskraft einer Region entsprechend widerspiegeln.
Es gibt eine Studie vom Bundesinstitut für berufliche Bildung zur Mindestausbildungsvergütung. Darin wird die dringende Empfehlung ausgesprochen, weitere empirische Analysen vorzuschalten, um über das Ob und die Höhe der Mindestausbildungsvergütung auf der Basis gesicherter Erkenntnisse zu entscheiden. Dort wird eindeutig auf regional unterschiedliche Auswirkungen hingewiesen.
Ich denke, das wäre für Sachsen-Anhalt ein guter externer Beratervertrag gewesen, um die Auswirkungen der Mindestausbildungsvergütung hier im Land Sachsen-Anhalt einmal zu evaluieren.
Wir haben 27 000 Handwerksbetriebe im Land Sachsen-Anhalt. Davon bilden keine 10 % mehr aus.
Wenn die von Herrn Steppuhn geforderten 635 € zum Tragen kämen - die Ministerin ist ja nur bei 504 € -, dann beträfe das 60 % dieser Ausbildungsbetriebe hier im Land. Meinen Sie wirklich, dass der kleine Handwerksbetrieb in der Altmark, im Mansfelder Raum oder im Burgenlandkreis, der vielleicht schon mehrere Jahre lang einen Auszubildenden sucht, plötzlich einen unendlichen Zulauf hat, wenn der Gesetzgeber diese 635 € in das Gesetz schreibt? - Ich glaube, das ist nicht der Fall.
Ich sage Ihnen, was passieren wird. Und das sage nicht nur ich, das habe ich auch als Feedback meiner Handwerksbetriebe. Die werden gar nicht mehr suchen. Die Zahl der ausbildungswilligen oder ausbildungsfähigen Betriebe in diesem Land wird leider weiter sinken. Das wird meines Erachtens zumeist die strukturschwächeren Regionen eher betreffen als unsere Städte Halle, Magdeburg und Dessau.
Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen. Dabei sehe ich auch Sie an, Herr Steppuhn. Wir haben uns vor etlichen Monaten einmal darüber unterhalten. Aber diese sehr ideologisch geführte Diskussion über die Mindestausbildungsvergütung erinnert mich stark an die Diskussion um die Novelle der Handwerksordnung im Jahr 2003.
Ich war damals in Berlin auf der Handwerksdemo. 15 000 Handwerker saßen im Tempodrom und haben Ihrem Superminister Wolfgang Clement lauschen dürfen. Ich fasse einmal seine 45-minütige Rede in drei Sätzen zusammen.
Er sagte zum Handwerk: Eure Argumente interessieren uns nicht. Ihr wollt euch nur abschotten. Wir ziehen das jetzt so durch, wie ich es beschlossen habe. Basta.
Heute, 15 Jahre später, weiß man, dass das ein Fehler war.
Ganze Gewerke haben irreparable Schäden genommen. Ich gucke Herrn Heuer an: das Fliesenlegerhandwerk - nur noch Kleinstbetriebe und keine Auszubildenden mehr.
Meine Befürchtung - diese teilt auch das Handwerk in der Bundesrepublik - ist die, dass wir uns kurz- oder mittelfristig vielleicht auch hier an dieser Stelle, über die negativen Auswirkungen einer eingeführten Mindestausbildungsvergütung unterhalten werden, zumindest in einigen Regionen dieses Landes. - Herzlichen Dank.
Gerecht oder ungerecht - das will ich gar nicht beurteilen. Diesen Ausbildungsvergütungen liegen ja in der Regel Tarifverträge zugrunde.
Ich weiß, dass Sie gesagt haben, dass Sie damals dem nicht zugestimmt haben. Es hat bloß nichts genutzt, Herr Steppuhn. Trotz Ihrer Ablehnung wurde das eingeführt. Aber diese Novelle der Handwerksordnung hat auch dazu geführt, dass in vielen Gewerken der Meister abgeschafft wurde. Dazu sage ich Ihnen: Ohne Meister haben wir keine Innung. Ohne Innung haben wir keine Landesinnungsverbände.
Und ohne Innungen - -
Aber ich muss ihm doch die Frage beantworten? - Und ohne Innungen und Innungsverbände fehlen eben leider auch viele Tarifpartner. Das ist ja das, was Sie immer bemängeln.
Das ist der falsche Weg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine undankbare Aufgabe, als letzter Redner in einer Debatte das Wort ergreifen zu müssen, weil die wesentlichen Argumente in der Regel schon ausgetauscht wurden. Ich möchte mich deshalb auch nicht länger auslassen als unbedingt nötig. Dennoch sei noch einmal darauf verwiesen, dass ausländische Schülerinnen und Schüler in Sachsen-Anhalt gemessen an der Gesamtschülerzahl von mehr als 220 000 einen verschwindend geringen Anteil ausmachen. Es sind insgesamt nicht einmal 5 %.
Der Minister hat auch die Zahl der Schulen genannt, an denen mehr als 25 % der Schüler ausländischer Herkunft sind. Diese Zahl ist ebenfalls äußerst gering.
Damit will ich natürlich nicht die Probleme kleinreden, die an einzelnen Schulen mit einem hohen Anteil ausländischer Schüler in der Tat existieren. Aus dieser Tatsache aber wiederum zu schließen, wie es die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag tut, wir brauchten 100 Migrationslehrer mehr, um der Not zu begegnen, ist aus meiner Sicht Aktionismus. Den Begriff des „Migrationslehrers“ kennt unser Schulgesetz nicht. Ich denke, wir sollten ihn auch gar nicht erst einführen.
Zustände wie in der Schule Kastanienallee - damit meine ich ausdrücklich nicht das, was heute in
einem Zeitungsartikel stand, sondern den überdurchschnittlich hohen Migrationsanteil von rund 70 % - sind zum Glück die Ausnahme und nicht die Regel. Ich teile die Einschätzung des Bildungsministers auch bei unserer Ausschussbefassung, der als eine erste mögliche Maßnahme die Verteilung von ausländischen Schülern an den Schulen im Stadtgebiet von Halle vorgeschlagen hat.
Machen wir uns eines bewusst: Die betroffenen Schulen benötigen schnelle, aber vor allem auch unbürokratische Hilfe, wenn Integration erfolgreich gelingen soll. Genau das liegt auch im Interesse der Wirtschaft unseres Landes, die auf Schulabgänger wartet, die ohne zusätzlichen Förderbedarf erfolgreich in eine duale Ausbildung geführt werden können.
Meine Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen, dass wir uns innerhalb der Koalition nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen konnten. Wir werden den Ursprungsantrag nun in den Ausschuss für Bildung und Kultur überweisen und dort eingehend beraten. - Herzlichen Dank.
Ich denke, die Frage stellt sich nicht. Ich will dazu jetzt auch keine Prozentzahl nennen. Herr Schmidt, ich weiß nicht, was ich Ihnen darauf antworten soll.
Wenn das die Meinung des Herrn Innenministers ist, dann ist das seine Meinung. Wir haben ja gesagt, dass wir dieses Thema im Ausschuss bera
ten wollen. Ich denke, es wäre angebracht, dort über dieses Thema entsprechend zu debattieren. - Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor vier Jahren haben wir uns an dieser Stelle letztmalig mit dem Berufsbildungsbericht der Landesregierung beschäftigt. Dabei liefert dieser Bericht wichtige Zahlen zu den aktuell knapp 48 000 Jugendlichen in einer Berufsausbildung, davon etwa 26 500 in dualer Ausbildung sowie geschätzt bis zu weiteren 20 000 jungen Menschen bis 27 Jahre, die Maßnahmen im Übergangssystem Schule/Beruf durchlaufen.
Mit dem nunmehr vorliegenden Antrag geben die Koalitionsfraktionen der Landesregierung die
Möglichkeit, aktuelle Zahlen zur Berufsausbildung und zum Ausbildungsmarkt sowie Maßnahmen zur Bewältigung der bekannten Herausforderung bei der Fachkräftesicherung vorzustellen.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie mit Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern in Ihrer Region sprechen, dann stellen Sie schnell fest, dass die Betriebe in SachsenAnhalt die sich schon seit Jahren verschärfende Fachkräfteproblematik als inzwischen wichtigstes Hemmnis für eine Weiterentwicklung und Fortführung des Unternehmens und - das möchte ich deutlich sagen - in der Konsequenz auch den Erhalt von Arbeitsplätzen nennen. Die Sorgen bei der Suche nach geeigneten qualifizierten Fachkräften und Auszubildenden werden, so zeigen es jedenfalls die Analysen der Wirtschaftskammern, inzwischen höher bewertet als die Steuer und Abgabenlast oder etwa bürokratische Hürden.
Aus der Sicht der CDU-Fraktion ist daher der seinerzeit zwischen der Landesregierung und den Anforderungen der Praxis gefundene Kompromiss, einen Bericht über immerhin bis zu 70 000 junge Menschen hier im Land nur alle zwei Jahre vorzulegen, nicht mehr zeitgemäß. Mit der Rückkehr zum jährlichen Monitoring können dagegen aktuelle Entwicklungen in der Berufsausbildung als Grundlage klugen politischen Handelns deutlich verbessert werden.
Eine Voraussetzung dabei ist jedoch, dass der Bericht so weiterentwickelt wird, dass eine ehrliche Betrachtung der Realität möglich wird.
Es ist wenig hilfreich, wenn Zahlen zu den Vertragsauflösungen von Ausbildungsverhältnissen - das Thema wurde schon genannt - auf einer fragwürdigen Berechnungsgrundlage erstellt werden. Darauf habe ich an dieser Stelle auch schon hingewiesen. Vertragsauflösungen infolge eines Ausbildungsplatzwechsels zwischen zwei Betrieben, eines Wechsels einer Fachrichtung im selben Unternehmen, eines Wechsels aufgrund einer Betriebsinsolvenz oder vor dem Hintergrund von Mehrfachbewerbungen von Jugendlichen bei Ausbildungsantritt dürfen eben nicht statistisch mit einem echten Ausbildungsabbruch gleichgesetzt werden.
Ich frage an dieser Stelle: Wie kann die Politik die Rahmenbedingungen der beruflichen Bildung richtig setzen, wenn bereits der Ist-Zustand zum Teil nicht korrekt erfasst wird? - Hier müssen wir jetzt zügig zu einheitlichen Standards kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem geschilderten und überaus ernsten Hintergrund haben Handwerkskammer sowie Industrie- und Handelskammer am Freitag, den 13. Juli - dieses Datum haben wir in diesem Zusammenhang bewusst ge
wählt -, einen Alarmruf zur Berufsausbildung gestartet. Auf zwei der zehn Punkte gehe ich kurz ein.
Es muss uns gemeinsam gelingen, erstens die praxisnahe Berufsorientierung an allen Schulformen und zweitens die Allgemeinbildung der Jugendlichen zu verbessern mit dem Ziel, dass möglichst wenig Jugendliche nach der Schule auf aus meiner Sicht nach wie vor viel zu viele AzubiFörderprogramme im Übergangssystem Schule/ Beruf angewiesen sind. Leider werden die mehr als 30 Programme und Maßnahmen mit Zahlen zu den Teilnehmern, zur Finanzierung und zur erfolgreichen Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bisher im Bericht nicht einzeln aufgeführt. Auch insoweit sollte sich etwas ändern.
Das Übergangssystem Schule/Beruf in seiner jetzigen Form ist in einer Zeit entstanden, als die hohe Nachfrage nach einem Ausbildungsplatz in den sogenannten Warteschleifen verwaltet wurde. Jetzt ist die Situation eine völlig andere. Ich bin fest davon überzeugt, dass durch eine Bündelung und Reduzierung auf einen geeigneten Maßnahmenpool im Übergangssystem Mittel freigesetzt werden können, die an anderer Stelle für die Attraktivität der beruflichen Bildung steigernde Maßnahmen eingesetzt werden können, zum Beispiel das Azubi-Ticket.
Meine Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Antrag. Zum Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE wird nachher der Kollege Steppuhn im Namen der Koalitionsfraktionen noch Stellung nehmen. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich bitte einmal für einen kurzen Augenblick vor, dass ich in diesem Moment nicht als Mitglied der CDU-Fraktion zu Ihnen spreche, sondern als Präsident der Handwerkskammer Halle.
Dann würde ich nach den Redebeiträgen das Fazit ziehen: Endlich sind die Hinweise aus der Wirtschaft im Parlament angekommen und werden erkennbar von allen Parteien auch entsprechend ernst genommen. Ich gehe sogar so weit, dies aus der Sicht der Wirtschaft oder des Handwerks als Sternstunde des Parlaments zu bezeichnen.
Das Problem ist erkannt und es wird ohne erkennbares parteipolitisches Taktieren gemeinsam nach Lösungen gesucht. Dies hat nur etwas lange gedauert.
Aus der Sicht der Wirtschaft ist es nicht fünf vor zwölf, sondern es ist Punkt zwölf. Wir müssen jetzt die Probleme gemeinsam anpacken, die zum Teil durch den demografischen Wandel und zum Teil durch Fehlanreize in der Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte entstanden sind. Dafür haben wir bereits im letzten Jahr im Landtag auf Initiative der CDU-Fraktion hin einen Beschluss zum Thema Berufsschule gefasst, der jetzt auf seine Umsetzung wartet.
Wenn ich aber an das Zustandekommen des damaligen Beschlusses denke, dann muss ich feststellen, dass es auch hierbei viel Zeitverzögerung gegeben hat, weil uns Formulierungsfragen immer wieder zurückgeworfen haben. Als wir endlich eine Formulierung gefunden hatten, stand uns in der entsprechenden Sitzung der Wolf im Wege und der Beschluss zu den Berufsschulen musste erneut vertagt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Flächenland wie Sachsen-Anhalt mit seinen vielfältigen ländlichen Regionen profitiert von der Stärkung der dualen Ausbildung mit den Lernorten Ausbildungsbetrieb und Berufsschule. Ohne attraktive Berufsschulangebote vor Ort fällt es den Unternehmern immer schwerer, Nachwuchs zu finden und an das Unternehmen zu binden. Das hätte schwerwiegende Konsequenzen. Seien wir uns dessen bewusst: Die Lehrlinge von heute sind morgen potenzielle Unternehmer und damit Ausbilder, Arbeitgeber und Steuerzahler. Ohne sie gehen Arbeitsplätze für immer verloren. Das betrifft in erster Linie den ländlichen Raum.
Leider, so sagen wir, ist das Kind an dieser Stelle bereits in den Brunnen gefallen; denn in den zurückliegenden Jahrzehnten hat die Bildungspolitik einseitig höhere Abiturienten- und Studentenzahlen propagiert. Dieser Irrweg erfolgte losgelöst vom tatsächlichen Fachkräftebedarf in der Wirtschaft.
Noch schwerer wiegt der Umstand, dass mit diesen Fehlanreizen ein Beitrag dazu geleistet wurde, junge Menschen aus den ländlichen Regionen zum Studium in die Oberzentren zu lenken. Daher braucht sich niemand über die massiv eingebrochenen Auszubildendenzahlen wundern. Die Lasten bekommen die Berufsschulen und der ländliche Raum heute zu spüren.
Nach einer ISW-Studie aus dem Jahr 2015 werden zum Beispiel allein in den vier südlichen Landkreisen 33 500 Fachkräfte bis zum Jahr 2021 benötigt, um den laufenden Bedarf zu decken. Je
der, der rechnen kann, weiß, dass diese Fachkräfte eigentlich in diesem Jahr damit beginnen müssten, in die Berufsschule zu gehen; aber sie sind nicht da.
Gegenwärtig geraten die Berufsschulen noch an anderer Stelle unter Druck; denn nach wie vor verlassen zu viele Schüler das Gymnasium vorzeitig ohne Abitur. Diese Schüler durchlaufen jedoch während der Schulzeit im Gegensatz zu den Sekundarschülern keine Berufsorientierung; hierdurch gehen der Wirtschaft wertvolle Potenziale an leistungsstärkeren Schülern verloren. Schüler auf dem Weg zum Abitur, die kurzfristig die Richtung ändern, durchkreuzen ebenfalls jede sorgfältige und langfristige Berufsschulnetzplanung.
Eine erfreuliche Nachricht - Sie haben es vielleicht am Samstag in der „Mitteldeutschen Zeitung“ gelesen -: Es entscheiden sich in diesen Tagen wieder mehr Schüler für die Sekundarschule. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese kleine Trendwende in den nächsten Jahren verstetigt. Aber wer nach der Grundschule in diesem Jahr auf die Sekundarschule wechselt, steht der Wirtschaft eben erst in neun bis zehn Jahren als Fachkraft zur Verfügung.
Meine Damen und Herren! In dem von mir bereits angesprochenen Landtagsbeschluss hat die Koalition die Weichen richtig gestellt.
Neben spür- und messbaren Investitionen in die Berufsschulen und der besseren Unterstützung von Auszubildenden bei den Fahrt- und Unterbringungskosten - hier sind, wie ich höre, die Haushaltsberatungen dank der CDU-Fraktion auf einem guten Weg -, zeichnet sich ein attraktives Berufsschulnetz durch möglichst kurze Wege für die Schüler aus. Oberste Priorität muss es daher sein, dass der Weg zur nächstgelegenen Berufsschule mit entsprechender Fachspezifik über Kreisgrenzen hinweg vom Ausnahme- zum Regelfall gemacht wird.
Nach unserer Ansicht, die von allen Wirtschaftskammern geteilt wird, hätte eine entsprechende Neuregelung von § 41 Abs. 5 des Schulgesetzes die notwendige Klarheit schaffen können. Wir haben eine Neufassung des Schulgesetzes zwar gestern schon beschlossen; aber nach dem Beschluss ist vor dem Beschluss. Ich habe deshalb gute Hoffnung, dass wir das Schulgesetz in dieser Legislaturperiode vielleicht noch ein zweites Mal anfassen; damit hätten wir die Chance, auch in diesem Punkt noch einmal tätig zu werden.
- Ich nehme dich beim Wort, Marco.
- Das war jetzt der Falsche, ja.
Die im vorliegenden ersten Teilbericht zum Berufsschulnetz enthaltene Behauptung, eine wohnortnahe Beschulung sei „nicht zielführend“, entspricht allerdings nicht den Tatsachen. Das können die vier Wirtschaftskammern auch mit Zahlen belegen. Ausgehend von diesen Zahlen haben die vier Kammern eine umfassende Analyse zum Berufsschulnetz in Auftrag gegeben. Bevor diese Ergebnisse nicht vorliegen und entsprechend ausgewertet sind, sollte die Politik auf Schnellschüsse verzichten. Diese Auswertung wird in den nächsten Wochen vorliegen.
Eines kann ich aber jetzt schon verraten: Aktuell müssen ca. 5 800 Schüler, also mehr als ein Viertel aller Schüler in dualer Ausbildung in Handwerk, Industrie und Handel - die Landwirte oder andere Berufsgruppen habe ich dabei noch nicht eingerechnet - mehr als 50 km je Fahrtstrecke zur Berufsschule zurücklegen; das sind also gute 100 km pro Tag. Wenn der Auszubildende die nächstgelegene Berufsschule besuchen dürfte, dann könnten etwa 1 000 Auszubildende ihren Schulweg verkürzen. Aber genau das lässt unser Schulgesetz momentan noch nicht zu.
Damit ich nicht missverstanden werde: Der Bildung von Landes- und Regionalfachklassen dort, wo es nachweisbar notwendig und sinnvoll erscheint, stellt sich niemand ernsthaft in den Weg. Das darf jedoch nicht dazu führen, dass bewährte Strukturen ohne Abstimmung mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern infrage gestellt werden.
Neben der Möglichkeit der Blockbeschulung und der Internatsunterbringung ist die Bildung von Mischklassen für eine qualitativ hochwertige Ausbildung in Sachsen-Anhalt unverzichtbar. Gerade Mischklassen sind oft das letzte Mittel, um eine Ausbildung vor Ort zu gewährleisten; hier werden Schüler in Berufsgruppen und Berufsbereichen während eines Teils der Ausbildung gemeinsam unterrichtet.
Sehr geehrter Herr Minister, lieber Marco! Im aktuell gültigen Erlass der Landesregierung zu den Mischklassen wird das Instrument auch völlig richtig begründet. Ich zitiere: „Ziel ist eine möglichst ausbildungs- und wohnortnahe Beschulung.“
Mir ist bewusst, dass bei der Ausgestaltung der Mischklassenbeschulung Optimierungsbedarf besteht. Darauf habe ich hier auch in der Vergangenheit bereits hingewiesen. Grundsätzlich darf dieses Instrument aber nicht infrage gestellt werden. Daher begrüße ich die Signale, die jetzt von der Landesregierung kommen. Das Gespräch am
Montag war sozusagen der erste Schritt in die richtige Richtung. Damit haben wir den Zug gemeinsam auf das richtige Gleis gestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Investitionen in die Zukunft gibt es nicht zum Nulltarif. Eine nachhaltige Investitionsoffensive an den Berufsschulen trägt ein Stück weit mit dazu bei, die Rahmenbedingungen für Auszubildende entsprechend zu verbessern. Dazu ist eine Politik aus einer Hand erforderlich. Nach meiner festen Überzeugung würde eine Koordinierung in der beruflichen Bildung unser Land ein Stück voranbringen. Klugerweise haben wir auch das im Koalitionsvertrag vereinbart. Denn leider erweist sich die Aufteilung von Zuständigkeiten in der beruflichen Bildung als unüberwindbare Hürde beim effizienten Einsatz begrenzter finanzieller Steuermittel.
Unser Land kann es sich einfach nicht leisten, dass Jugendliche im Übergangssystem Schule/Beruf auf irgendeine Art und Weise verlorengehen. Hierzu gibt es aus unserer Sicht unzählige Maßnahmen, bei denen zwar viele Geldmittel eingesetzt werden, aber nur zweifelhafte Erfolge zu verzeichnen sind. Auch dazu haben wir in der sechsten Legislaturperiode einen Beschluss gefasst. Ich appelliere an Sie, dass wir uns diesen Beschluss noch einmal ansehen und an die richtige Umsetzung dieses Beschlusses herangehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist zu tun?
Erstens. Koordinierung der beruflichen Bildung. Warum soll das, was bei der akademischen Bildung möglich ist, nicht auch bei der Berufsbildung möglich sein?
Zweitens. Vor lauter Arbeit am Schulgesetz dürfen die Berufsschulen nicht vergessen werden. Ich appelliere noch einmal dafür, den § 41 Abs. 5 des Schulgesetzes zur Gewährleistung kurzer Berufsschulwege zu ändern. Dabei sollen wir auch den Mut aufbringen, den sogenannten Schullastenausgleich einmal zu hinterfragen. Vielleicht sollten wir diesen Schullastenausgleich auch einfach einmal aussetzen. Vielleicht regelt sich damit manches, was wir hier und heute diskutieren, von allein.
Drittens. Mischklassen erhalten und so anpassen, dass unnötige Standortwechsel für die Schüler nach dem ersten Lehrjahr vermieden werden. Das Berufsschulnetz soll besser mit Wirtschaftsstrukturen gespiegelt werden. Neue Zielgruppen für das Lehramt an berufsbildenden Schulen sollten erschlossen werden. Auch hier mein Dank an das Bildungsministerium dafür, dass wir eine pädagogische Zusatzausbildung für Quereinsteiger auf
den Weg bringen wollen. Jeder von uns kennt noch das Wort Ingenieurpädagoge.
Mein letzter Satz. - Meine Damen und Herren! Wir müssen den Stein der Weisen gemeinsam finden und bei allen Herausforderungen auch in Zukunft ein leistungsstarkes und flächendeckendes Berufsschulnetz im Land vorhalten. Zur Erreichung dieser Ziele kann die Landesregierung auf die CDU-Fraktion und auf die Wirtschaft bauen. Aber ich bitte darum, alles gemeinsam auf den Weg zu bringen. - Herzlichen Dank.
Sicher zum Azubi-Ticket.
Das ist richtig. Alle Redner haben zum Thema Azubi-Ticket Stellung bezogen. Wenn ich aus der Sicht der Wirtschaft noch einmal spreche: Uns ist eine schnellstmögliche Lösung wichtig, um unsere Auszubildenden entsprechend zu entlasten. Ich schließe mich dem Kollegen Aldag darin an, dass wir diese Richtlinie schnellstmöglich aufbohren und erweitern müssen, damit wir die Fahrt- und Übernachtungskostenerstattung bei unseren Auszubildenden wiederfinden. Das Thema AzubiTicket muss man längerfristig angehen. Wir müssen einfach gucken, was dabei herauskommt.
Das kriegen wir hin, ja, denke ich.
Darin kann ich Ihnen zustimmen.
Es bestätigen auch meine Erfahrungen aus den letzten sieben Jahren, dass es dadurch etwas länger dauern könnte, was ich bedauere, wie ich hinzufügen möchte.
Danke, Frau Präsidentin! - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwischen Ihnen und der Mittagspause steht jetzt sozusagen noch das duale System mit seinen Berufsschulen. Ich hoffe, Sie verkraften es; denn ohne gute duale Ausbildung hätten wir auch keine Köche hier in diesem Haus.
Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung zum Thema. In den letzten Monaten und Jahren haben wir an dieser Stelle mehrfach über zwei Themen beraten, welches jedes für sich genommen Bedeutung für unser Land hat, speziell auch für die ländlich geprägten Regionen. Ich meine damit den Wolf und die berufliche Bildung.
Der Wolf wurde heute schon mehrfach zitiert. Aber während die Landesregierung dem Wolf auf der Fährte ist und die auf mehrere Behörden verteilten Zuständigkeiten für zwölf Rudel und ein Wolfspaar in einem Wolf-Kompetenzzentrum bündelt, warten aktuell mehr als 40 000 Berufsschüler - deren Bestand hat sich in den letzten 13 Jahren halbiert und ist aus der Sicht der Wirtschaft in einigen Arten gefährdet - auf die Koordinierung der auf die verschiedenen Ministerien aufgeteilten Zuständigkeiten.
Immerhin hat es die Koordinierung der beruflichen Bildung in den Koalitionsvertrag geschafft. Hier
setzen ich und die Wirtschaft auf die Landesregierung in dieser Legislaturperiode noch große Hoffnungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Land ist von vielen kleinen und mittelständischen Betrieben geprägt. Seine Zukunft hängt daher ganz wesentlich von der Sicherung des Fachkräftebedarfs der Wirtschaft ab. Schließlich sind es die vielen engagierten Betriebe und Unternehmer, die familienfreundliche Arbeitsplätze im Land erhalten, qualifizierte Fachkräfte in der Region ausbilden und dann auch beschäftigen und so auch ein Stück weit für ein lebenswertes Sachsen-Anhalt sorgen.
Genau das fällt der mittelständischen Wirtschaft aber immer schwerer. Neben der demografischen Entwicklung und der hohen Studierneigung junger Menschen besteht die eigentliche Herausforderung darin, die gesellschaftliche Akzeptanz der dualen Ausbildung als Kern der beruflichen Bildung weiter zu erhöhen. Leider ging in den zurückliegenden Jahren wertvolle Zeit verloren. Ich erinnere auch daran, dass Teile der Politik die akademische Bildung als den Königsweg propagieren. Es gibt entsprechende OECD-Berichte. Das ist Ihnen alles bekannt.
Aber genau diese Dinge haben dazu geführt, dass in der Folge in Sachsen-Anhalt die Auszubildendenzahlen um über 40 % gesunken sind. Während der Bund außerhalb der Zuständigkeit und oft ganz im Sinne der Bildungspolitik der Länder die akademische Lehre mit Rahmen des Hochschulpaktes mit über 20 Milliarden € in den nächsten Jahren fördert, lassen vergleichbare Investitionen in die berufliche Bildung bisher auf sich warten.
Die Bevorzugung der Hochschulen durch die Schulpolitik in vielen Bundesländern trägt maßgeblich mit zu den rückläufigen Auszubildendenzahlen bei. Daher - ich blicke auch hier zur Landesregierung - wird es der Landesregierung gut zu Gesicht stehen, neben der Anfang des Jahres gestarteten Hochschulkampagne in einem ersten Schritt weitere, ich sage einmal, 5 Millionen € für die Imagewerbung der beruflichen Bildung bereitzustellen; denn gerade die duale Ausbildung mit den Lernorten Betrieb und Berufsschule bringt jene qualifizierten Fachkräfte hervor, die von der Altmark bis nach Zeitz immer mehr benötigt. Und schließlich verfügt nicht jeder Unternehmer in Sachsen-Anhalt über eine Filiale an einem der Hochschulstandorte.
Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag nimmt die Koalition die Herausforderungen an und stellt die Weichen neu. Dabei muss es auch erlaubt sein, bestehende Strukturen kritisch zu hinterfragen. Ich bin Bildungsminister Tullner für sein Engagement ausdrücklich dankbar, ein
attraktives und zukunftsfähiges Berufsschulnetz in Sachsen-Anhalt weiter zu entwickeln.
Als Koalition werden wir diesen Prozess in gewohnt konstruktiver Art begleiten. So halten wir die bisherige Orientierung der Berufsschuleinzugsbereiche an Kreisgrenzen aber für überholt, da diese den heutigen Anforderungen kaum mehr gerecht wird. Aktuell werden in nicht wenigen Fällen Berufsschüler regelrecht durch das halbe Land gejagt - da sind wir wieder beim Wolf -, obwohl möglicherweise 20 km vom Wohnort entfernt ein Alternativstandort vorhanden ist.
Wer aus Zerbst nach Bitterfeld zur Schule fährt, steigt in Dessau um, wo es ebenfalls ein Berufsschulzentrum gibt, das aber zu einem anderen Land- bzw. Stadtkreis gehört. Und wer in Eisleben Anlagenmechaniker für Sanitär- Heizungs- und Klimatechnik werden will, soll neuerdings mit dem Beginn dieses Lehrjahres nach Zeitz, obwohl die nahe gelegene Stadt Halle eine Schule hat. Hier wollen wir mehr Flexibilität unter Beachtung der Schullastenausgleiches ermöglichen.
Dabei muss aber jedem im Land klar sein, dass auch aufgrund sinkender Schülerzahlen für Ausbildungsberufe mit vielen Spezialisierungsrichtungen eine Konzentration an einzelnen, regional gleichmäßig im Land verteilten Standorten nicht zu vermeiden ist. Das darf jedoch nicht dazu führen, dass bewährte Standorte infrage gestellt werden. Dies würde zwangsläufig zu einem Attraktivitätsverlust des jeweiligen Ausbildungsberufes führen.
Mit dem Angebot an Regionalfachklassen und Landesfachklassen, denke ich, sind wir auf einem guten Weg. Bei den Mischklassen an berufsbildenden Schulen sehe ich dagegen noch Optimierungsbedarf. Bisher konnte mir niemand plausibel erklären, warum in der Ausbildung befindliche Metallbauer der Fachrichtung Konstruktionstechnik ab dem zweiten Lehrjahr von den berufsbildenden Schulen Mansfeld-Südharz nach Leuna wechseln und angehende Konstruktionsmechaniker von der berufsbildenden Schule des Saalekreises in Leuna nach Sangerhausen pendeln müssen. Ich denke, hier ist mehr Flexibilität notwendig und auch möglich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eng verbunden mit der Frage nach der Optimierung von Berufsschulenwegen ist die Frage nach einer Anpassung der Unterstützung für Auszubildende. Die gegenwärtige Regelung, nach der in vielen Fällen lediglich ein Fünftel der nachgewiesenen Fahrtkosten erstattet wird, trägt nach meiner Auffassung nicht zu einer Attraktivitätssteigerung des dualen Systems und zur Absenkung der Lösungs
quoten bei Ausbildungsverträgen bei. Gerade junge Menschen, die eine auswärtige Berufsschule besuchen, werden hier überproportional belastet.
Wenn diese den eigenen Pkw nutzen, erhalten sie zehn Cent pro Kilometer ab einer Entfernung von 50 km. Hinzu kommen die Kosten für die Unterbringung im Wohnheim, von denen maximal 8 € pro Tag erstattet werden, wenn der Auszubildende einen Weg von mindestens drei Stunden zwischen Wohn- und Schulort zurücklegen müsste.
Für nicht wenige ist das ein K.-o.-Kriterium bei der Berufswahl oder nur noch ein kleiner Schritt bis zur Vertragsauflösung. Und für die vielen engagierten Ausbildungsbetriebe im Land stellt diese Praxis auf Dauer ein ernst zu nehmendes Hindernis für ihre wirtschaftliche Entwicklung dar.
Der Verwaltungsgerichtshof des Landes BadenWürttemberg hat in seinem Urteil vom 28. Juni 2016 die Unvereinbarkeit der anteiligen Kostenerstattung für die auswärtige Beschulung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes festgestellt. Die Koalition ist sich auch deshalb einig: Auszubildende, die in einer Landes- oder Regionalfachklasse oder in einer länderübergreifenden Fachklasse unterrichtet werden, dürfen gegenüber Schülern mit wohnortnaher Beschulung nicht schlechtergestellt werden.
Auf der Grundlage unseres Antrags kann die Fahrtkostenrichtlinie in Sachsen-Anhalt kurzfristig angepasst werden. Wichtig dabei ist, dass die Richtlinien nicht verkompliziert werden und die Antragsformulare für Auszubildende verständlich zu lesen sind. Die Sicherstellung der Berufswahlfreiheit, gerade auch für Jugendliche aus einkommensschwachen Familien, würde damit gewährleistet bleiben.
Mittelfristig ist auch die Einführung eines AzubiTickets denkbar. Dieses stärkt die Mobilität der Auszubildenden und wäre ein deutliches Zeichen bei der Anerkennung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung; denn hierbei kann das Semester-Ticket durchaus als Blaupause dienen.
An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich dem Landesausschuss für Berufsbildung und dem Landesbeirat Übergang Schule-Beruf für die Empfehlungen danken, die wir mit diesem Auftrag aufgreifen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Digitalisierung der Arbeitswelt, oder anders gesagt, wegen der Anforderungen für die Wirtschaft 4.0 verändern sich die Berufungsbilder deutlich schneller als in der Vergangenheit. Nehmen Sie zum Beispiel die Automobilbranche. Aus dem Autoschlosser wurde der Kraftfahrzeugmechaniker
und dann gemeinsam mit dem Kraftfahrzeugelektriker der Kraftfahrzeug-Mechatroniker.
Das sind nur scheinbar neue Namen. In Wahrheit gibt es aber immer komplexere Ausbildungsinhalte, mehr Technik, breitere Aufgabenbereiche und einen immer schnelleren Wandel. Wenn ich gerade an die Automobilbranche hier denke, dann schwebt mir vor, dass mit der E-Mobilität das Berufsbild durchaus noch anspruchsvoller werden wird.
Egal in welcher Branche - denken Sie an die Industrie oder an die Landwirtschaft und an die Forstwirtschaft -, die neuen Technologien erfassen immer mehr Bereiche der Fertigungsprozesse in den Unternehmen, und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Die Betriebe müssen schnell auf diese Veränderungen reagieren, um am Markt bestehen zu können. Und Berufsschulen und Bildungszentren der Wirtschaft müssen diesen Wandel mitgehen, um eine bestmögliche Ausbildung zu garantieren.
Genau das ist nicht immer leicht. Ich nenne hier das Stichwort Bürokratie. Da kann dann aus dem einen oder anderen Unternehmen der zum Glück seltene Vorwurf kommen, die Schulen oder die Bildungszentren sind museumsreif. Wir brauchen mehr Flexibilität bei der Finanzierung und mehr Eigenverantwortung in den Schulen, was Personal und Investitionen anbelangt. Genau das könnte hier Abhilfe schaffen; denn Investitionen in die technische Ausstattung und in das Personal an berufsbildenden Schulen und Bildungszentren sind für die Bewährung im digitalen Zeitalter unverzichtbar.
Solche Investitionen steigern die Attraktivität der dualen Berufsausbildung bei jungen Menschen, Eltern und Unternehmen. Nach der Auffassung der Koalition muss der Bund hierbei stärker in die Pflicht genommen werden und die Fördermöglichkeiten müssen auch entsprechend voll ausgeschöpft werden.
Herr Minister Willingmann, ich möchte mich an dieser Stelle bei Ihnen bedanken. Die Absicht, eine flächendeckende und lückenlose Versorgung aller Berufsschulen, Bildungszentren und Betriebe in Stadt und Land mit einem Breitband-Internetzugang zu garantieren, ist die zentrale Voraussetzung dafür, dass die Bildung 4.0 gelingen kann.
Dieser Prozess könnte aber durchaus noch etwas beschleunigt werden; denn es gibt da auf der Landkarte des Landes Sachsen-Anhalt noch einige weiße Flecken, mein eigenes Wahlkreisbüro mit inbegriffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
- Das ist meine Redezeit, die wegläuft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Themen Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung sowie Differenzierung im Bildungssystem und die Gewinnung von Leistungsstärkeren für eine Berufsausbildung haben wir hier an dieser Stelle bereits mehrfach gesprochen. Mit der Einführung einer verpflichtenden Berufs- und Studienorientierung an allen Schulformen in der zurückliegenden Legislaturperiode wurden dafür erste Grundlagen geschaffen.
Um die Attraktivität der Berufsausbildung weiter zu erhöhen, müssen in einem nächsten Schritt die Angebote an hochwertigen Ausbildungsgängen und Fortbildungen mit Abschlüssen oberhalb des DQR-5-Niveaus ausgebaut werden. Die Aufstiegsfortbildung und lebenslanges Lehren spielen hier sozusagen eine Rolle.
Die Vorteile der Berufsschulen als dualer Partner der betrieblichen Ausbildung sollten dabei noch stärker als bisher genutzt werden. Mit ihrem sich gegenseitig ergänzenden Bildungsangebot wirken die Berufsschulen bis tief in die ländliche Region hinein. Davon sind die Hochschulen ein Stück weit entfernt.
Zusätzliche Kooperationsbeziehungen zwischen Hochschulen und berufsbildenden Schulen eröffnen für die Jugendlichen neue Perspektiven nach der Schule. Dabei ist die Nähe der Wirtschaft zu den Berufsschulen kein Nachteil gegenüber den Hochschulen und Universitäten im Land, ganz im Gegenteil; denn Bildung und Wirtschaft sind nun einmal zwei Seiten ein und derselben Medaille, auch wenn das einige in der Opposition anders bewerten.
Berufsschulen besitzen im Übrigen auch ein Potenzial für die Wissensgesellschaft und für die Förderung von Karrieren in der Wissenschaft. Bisher fehlt es jedenfalls in der Wissensgesellschaft an dringend benötigten Impulsen für die Weiterentwicklung und Attraktivitätssteigerung
des dualen Systems. Mit dem Antrag ermutigen wir die Landesregierung, den Dialog zwischen der Forschung, den Hochschulen und den Berufsschulen sowie den Bildungszentren auszubauen.
Ich schaue jetzt auf die Zeit. Ein paar Minuten habe ich noch. Mein letzter Punkt, lieber Marco, betrifft das Personal an den Berufsschulen. Das ist ein Thema, dem du dich auch persönlich sehr stark angenommen hast und im Gegensatz zu früheren Amtsinhabern die Zahlen offen auf den Tisch legst. Lassen Sie uns gemeinsam Lösungen
auch für die Berufsschulen finden. Der Mangel an technikorientierten Fachlehrern könnte zum Beispiel auch mit qualifizierten Seiteneinsteigern behoben oder mit mehr Werbung für technikorientierte Studiengänge. Ich denke, auch bei dieser Frage sollte der Koalitionsvertrag motivierend wirken können.
Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich jetzt auf die Debatte.
Ich komme am Ende der Debatte noch einmal zu Wort. Ich würde die Nachfragen beantworten, wenn die Debatte vorbei ist.
Danke, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! In meiner Ausbildung im dualen System - übrigens Beruf mit Abitur im Metallberuf - habe ich einmal gelernt, dass es im Fach Oberflächenbearbeitung und Toleranzen einen Grundsatz gibt, der heißt: nicht so viel wie möglich, sondern nur so viel wie nötig. Diesen Grundsatz habe ich bei vielen meiner Entscheidungen in meinem beruflichen Leben angewendet.
Ich würde mir manchmal wünschen, dass er auch in der Politik Anwendung finden würde; denn der Vorschlag der Linksfraktion löst das eigentliche Problem - das Passungsproblem auf dem Ausbildungsmarkt - nicht. Sie können nicht auf der einen Seite immer mehr Studenten fordern und auf der anderen Seite sinkende Ausbildungszahlen beklagen. Hier liegt das eigentliche Problem, auf das ich eingangs hingewiesen habe.
Mir ist übrigens kein Student bekannt, den die fehlende Vergütung beim Studium abschreckt. Während Ihre Fraktion das kostenlose Studium für alle wie eine Monstranz vor sich herträgt - übrigens bezahlt von den Steuerzahlern und damit auch von den Betrieben mitfinanziert -, sollen jetzt die engagierten Ausbildungsbetriebe zusätzlich gegängelt werden.
Bitte verstehen Sie mich an der Stelle nicht falsch, eine angemessene Ausbildungsvergütung ist völlig richtig. Aus eigener Erfahrung weiß ich auch, was Ausbildung kostet. Ich habe momentan wieder einen Auszubildenden im dritten Lehrjahr in meinem Unternehmen.
Ihr Vorschlag würde nur dazu führen, dass wieder Ausbildungsgänge wegbrechen würden; denn während große Unternehmen die aus meiner Sicht falschen Eingriffe der Politik in die Tarifautonomie vielleicht noch stemmen können, werden sich die vielen kleinen und mittleren Betriebe im Land - und davon haben wir die überwiegende Anzahl hier in Sachsen-Anhalt - Ausbildung schlicht nicht mehr leisten können oder wollen.
Die Realität dazu ist auch eine andere. Die Vergütung der Ausbildung zum Gerüstbauer zum Beispiel ist vergleichsweise hoch. Sie liegt im dritten Lehrjahr im vierstelligen Bereich.
- Dachdecker auch. - Dennoch finden diese Gewerke niemanden, der bei ihnen eine Ausbildung beginnen will. Im Friseurhandwerk - das wird immer wieder gern zitiert - ist trotz dieser niedrigen Ausbildungsvergütung das Interesse vor allen Dingen der jungen Mädchen an einer Ausbildung sehr hoch.
Da der Friseur hier immer wieder angeführt wird: Ich könnte Ihnen eine halbe Stunde über die Situation des Friseurhandwerks, warum es dazu gekommen ist, einen Vortrag halten. Aber das wäre ein Tagesordnungspunkt in diesem Plenum, den man einmal insgesamt für sich behandeln könnte. Ich sage nur: Stichwort Barbiere, Stichwort Kleinunternehmerregelung und solche Dinge, die dieses Gewerk sehr stark beeinflussen.
Wie würden Sie es bei Ihrem Antrag eigentlich mit den Schülern, die sich für eine schulische Berufsausbildung entscheiden, handhaben?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Investitionen in die Berufsschulen und die Auszubildenden kosten Geld. Das habe ich eingangs gesagt. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf die Drs. 6/3598 lenken. Hier wurden in der letzten Legislaturperiode effiziente und transparente Strukturen im Übergangssystem gefordert. Meine Vorredner haben darauf hingewiesen.
Ich habe in den letzten Wochen und Monaten einige Anfragen zu dieser Thematik gestellt und bin darauf gekommen, dass im Jahr 2015 mehr als 43 Millionen € in Sachsen-Anhalt für diese Maßnahmen ausgegeben wurden. Allein die Ausgaben für das BVJ sind von 9 Millionen € im Jahr 2015 auf 14 Millionen € im Jahr 2016 gestiegen. Insgesamt wurden im Jahr 2016 55 Millio
nen € für alle Programme ausgegeben. Dieser Wert dürfte aber insgesamt noch etwas höher liegen, da mir nicht für alle Programme die Zahlen zur Verfügung standen.
Rümsa wurde schon genannt. Hier sollen mit einer Gesamtinvestition von zusätzlich 25 Millionen € Doppelstrukturen gerade im Übergangssystem abgebaut werden. Ich würde die Sozialministerin Frau Grimm-Benne ermutigen, dieses Ziel zu erreichen, auch wenn sie jetzt nicht hier ist.
Zum Änderungsantrag der AfD. Ich stehe hier vorn als Handwerksmeister und Kammerpräsident und muss Ihnen sagen, dass dieser Antrag mit dem Thema, das wir hier besprechen, überhaupt nichts zu tun hat, total am Thema vorbei ist.
Es wurde schon gesagt, wir haben den Deutschen Qualifikationsrahmen. Der Handwerksmeister ist dort auf der Niveaustufe 6 verortet. Das ist eine gute Verortung. Wir haben die Meistergründungsprämie in der Höhe, wie wir sie vor einigen Monaten beschlossen haben. Das ist einmalig in der Bundesrepublik Deutschland. Das gibt es in keinem anderen Bundesland. Für diese Unterstützung möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
Deshalb fällt es mir zwar schwer, aber den Antrag müssen wir ablehnen. Wenn Sie aber einmal eine Debatte zum Meistertitel insgesamt ins Leben rufen wollen, haben Sie mich auf Ihrer Seite. - Herzlichen Dank.
Frau Bull-Bischoff hat auch noch eine Frage gestellt. Soll ich diese erst einmal beantworten?
Wir haben im Handwerk - ich spreche jetzt nur von Sachsen-Anhalt - durchschnittlich 4,6 Beschäftigte in den Betrieben. Wir haben aber in den beiden Kammerbezirken rund 45 % Betriebe ohne Beschäftigte. Wir haben einige Unternehmen, speziell im Gebäudereinigungsbereich, die ganz schnell auf eine Beschäftigtenzahl von mehreren Hundert Leuten kommen. Sie können sich vor
stellen, dass der gesunde Handwerksbetrieb mit zehn, 15, 20, 30, 40 Beschäftigten leider in diesem Bundesland relativ rar ist. Die Struktur ist in allen neuen Bundesländern ähnlich.
Die größeren Betriebe haben durchaus Interesse, ingenieurtechnisches Potenzial in ihren eigenen Betrieben zu entwickeln. Ich kenne Betriebe, die schicken Auszubildende zum dualen Studium. Das ist alles kein Thema. Sie sichern ihnen auch eine Weiterbeschäftigung nach dem Studium zu. In den kleinen Betrieben ist das nur schwer zu realisieren.
Ich habe nicht umsonst vorhin an die Wissenschaftsseite appelliert, dass wir vielleicht gemeinsam einmal für akademische und berufliche Bildung Möglichkeiten der Fortbildungsprüfung erörtern, um im fachlichen Bereich weiter voranzukommen. Aber dass ein Handwerksbetrieb mit vier, fünf Leuten Interesse daran hat, einen seiner Mitarbeiter zum Studium zu schicken und anschließend zurückzuholen, kann ich mir gerade in den ländlichen Regionen wirklich schwer vorstellen. Lassen Sie uns hier gemeinsam Ansätze für die Zukunft finden.
Spontan fällt mir nur eine Variante ein. Ich habe die Betriebsstruktur genannt, 45 % Einzelunternehmen, denen Ausbildung, auch wenn sie es wollten, unendlich schwerfällt. Wir hatten vor einigen Jahren die Verbundausbildung. Das hing mit Angebot und Nachfrage zusammen. Ich könnte
mir vorstellen, wenn man über diese Möglichkeiten wieder einmal verstärkt nachdenkt, dass es da vielleicht einen ersten Ansatz gibt, die Kleinbetriebe in ihrem Bemühen, auszubilden, zu unterstützen.
Wenn das durch mehrere Unternehmen geht, lässt sich das auf breitere Schultern verteilen.
Darin stimme ich Ihnen doch zu. Ihr Änderungsantrag passt bloß nicht zu dem Antrag, den wir hier besprochen haben. Das war der Grund dafür, dass ich gesagt habe, wir lehnen ihn ab. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition hat eine aktuelle
Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu der vorzeitigen Lösung von Ausbildungsverträgen in Sachsen-Anhalt zum Anlass genommen, um über dieses Thema hier zu sprechen. Das ist gut. Der eingebrachte Antrag der Linksfraktion ist es aus meiner Sicht leider etwas weniger.
Denn dieser Antrag suggeriert, dass einzig und allein die Betriebe in unserem Land für die Abbrüche verantwortlich sein sollen.
Das halte ich für unredlich,
da zentrale Ursachen, die der Bericht nur zum Teil benennt, völlig ausgeblendet werden. Der Antrag ist aus meiner Sicht auch ein Beleg für veraltetes Denken, noch dazu in einer Zeit, in der sich Auszubildende das Unternehmen immer häufiger aussuchen können.