Zum Schluss noch einmal ganz klar: Enercon hat jahrelang von aus Steuergeldern finanzierten Subventionen profitiert und ist nun in der Pflicht, eine sozialverträgliche Lösung herbeizuführen. Die AfD-Fraktion steht selbstverständlich auf der Seite der Mitarbeiter und wird diese in ihrem Kampf um die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze unterstützen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abg. Rausch. Es gibt keine Fragen. - Somit kommen wir zur nächsten Rednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Frederking. Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Anders als es eben postuliert wurde, möchte ich an die Ende 2017 entlassenen 140 Beschäftigten der Rotorblattfirma Roma erinnern. Es war ein exklusiver Zulieferer von Enercon. Nun sollen ein weiteres Mal 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Enercon-Tochterfirma, nämlich der WEC Turmbau GmbH, entlassen werden. Ein schwerer Schlag für die Menschen.
Die Windenergiebranche, die von uns GRÜNEN immer als zukunftsfähiger Jobmotor gesehen wurde, ist aktuell aufgrund der politischen Rahmenbedingungen und der damit verbundenen drastischen Auftragsrückgänge im Inland erheblich bedroht. Doch diese Erkenntnis kann kein Grund zum Aufgeben sein - im Gegenteil. Den aktuell von der Kündigung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möchten wir GRÜNEN unsere
Solidarität aussprechen. Wir meinen, dass alles getan werden muss, um ihnen weiterhin Arbeitsplatzmöglichkeiten zu geben.
Jetzt brauchen wir nicht zu beschönigen, dass Enercon sicherlich kein Vorzeigeunternehmen für Gewerkschaften ist. Die Diskussion um die Kündigung des damaligen Betriebsratsvorsitzenden war bereits Inhalt einer Aktuellen Debatte hier im Hohen Haus.
Natürlich ist es zu kritisieren, wenn ein Unternehmen, das in nicht unerheblichem Maße Landesförderung bekommen hat, bei Anzeichen einer Marktschwäche zur Ultima Ratio greift und Kündigungen ausspricht. Wir appellieren an die unternehmerische Verantwortung von Enercon und erwarten zumindest Gespräche mit den Betroffenen, den Gewerkschaften und der Landesregierung. Entsprechend den Medienberichten fanden diese bisher nicht statt.
Die Enercon GmbH darf sich nicht aus der Affäre ziehen. Das Signal dieser Debatte und das Handeln der Landesregierung müssen klar darauf zielen, Enercon an den Verhandlungstisch zu bringen, um Lösungen jenseits von Massenentlassungen zu entwickeln.
Kurzarbeit, Übernahme bei anderen Tochterunternehmen oder bei Enercon selbst - all das muss überlegt werden; denn noch ist die Windenergiebranche in Sachsen-Anhalt stark. Ebenso wäre die Einrichtung einer Transfergesellschaft als Notlösung zu erwägen, falls sich die Kündigungen nicht abwenden lassen sollten.
Ideen, dass Windanlagenhersteller auch in erforderliche Speichertechnik einsteigen, hören sich gut an. Wir sind zwar keine Unternehmensberatung, aber die breitere Aufstellung im Rahmen der Energiewende könnte durchaus ein Weg für positive Arbeitsplatzentwicklungen sein.
Auch wenn Enercon in der Verantwortung steht, sozialverträglich zu agieren und nicht nur einseitig Unternehmensinteressen durchzusetzen, so
agiert das Unternehmen doch unter den Bedingungen, die andere setzen, zuvorderst die Bundesregierung.
Die Bundesregierungen haben nach dem Ende der grünen Regierungsbeteiligung zunächst die heimische Solarbranche plattgemacht. Wären die Vorschläge von uns GRÜNEN umgesetzt worden, hätte Bitterfeld eine echte Chance gehabt, heute ein Industrieschwerpunkt grüner Technologien zu sein. Denn global steigt die Nachfrage nach erneuerbaren Energien massiv. Da nahezu alle Länder der Erde den Pariser Klimavertrag unterschrieben haben, ist diese Entwicklung folgerichtig.
Was aber macht der Klimasünder Bundesregierung? - Jetzt geht es der nächsten Erfolgsbranche an den Kragen.
Der Wechsel zu den Ausschreibungen und die handwerklich schlecht gemachte Förderung von Bürgerenergiegesellschaften haben zu einem Einbruch vor allem im Onshore-Bereich geführt. Nun haben wir viele Projekte mit Zuschlag ohne BImSchG-Genehmigung, von denen wir nicht wissen, ob sie überhaupt realisiert werden, während fertige Projekte ohne Zuschlag in der Schublade versauern.
Die Geschichte, dass bestimmte Organisationen eine solche BImSchG-Genehmigung nicht brauchten, ist zwar inzwischen korrigiert worden, aber das löst das Problem nicht; denn von der Förderung der Bürgerenergie kann nun nicht mehr die Rede sein. Übrig ist nur noch das bürgerfeindliche Ausschreibungsmodell, welches durch seinen viel zu eng bemessenen Ausbaudeckel die Branche unter Druck setzt.
Die Zahlen der AG Erneuerbare-Energien-Statistik sind besorgniserregend; sie zeigen einen Einbruch beim Windenergieausbau. Im ersten Halbjahr 2018 wurden nur 1 633 MW netto neu installierter Leistung gemeldet. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2017 mit 2 243 MW netto entspricht das einer Senkung um 30 %. Es ist nicht wirklich überraschend, dass dieser Rückgang auch auf die Arbeitsplätze durchschlägt.
Die Beschäftigten sind leider die Leidtragenden einer verantwortungslosen Energiepolitik der Bundesregierung.
Herr Borgwardt, ich habe jetzt gleich die Lösung oder zumindest einen Lösungsvorschlag zum Nachsteuern parat.
Der Vorschlag ist, dass zunächst unser Wirtschaftsminister und auch unser Ministerpräsident sich in Berlin für eine starke Windenergiebranche einsetzen müssen. Unsere Energieministerin Frau Dalbert hat das bei der letzten EEG-Novelle im Jahr 2006 getan. Das Allermindeste wäre, jetzt die Sonderausschreibungen mit 4 GW für Solar- und Windenergie durchzusetzen, wie es im Koalitionsvertrag auf der Bundesebene beschlossen worden ist.
Das ist das Erste. Bisher gibt es leider nur vage Ankündigungen, dass das im Herbst gemacht werden soll. Dieser Zeitplan ist aber ein Witz. Es muss jetzt schnell etwas passieren.
Nächster Vorschlag: Der Ausbaudeckel von derzeit 2 800 MW pro Jahr für Deutschland muss massiv angehoben oder gänzlich aufgehoben werden. Das Beste für Sachsen-Anhalt wäre, vom bremsenden Ausschreibungsmodell zur Einspeisevergütung ohne Ausbaudeckel zurückzukehren. Das würde dem Windmarkt wieder mehr Dynamik geben. Denn mit dieser Programmatik würden in Sachsen-Anhalt mehr Arbeitsplätze entstehen, anstatt abgebaut zu werden.
In Sachsen-Anhalt brauchen wir zudem Klarheit für einen konfliktarmen Windenergieausbau im Spannungsfeld zum Naturschutz. Die regionalen Entwicklungspläne müssen ausreichend Fläche zur Windenergienutzung ausweisen, damit sie in Kraft gesetzt werden können und nicht mehr beklagt werden. Der Leitfaden Windenergie sollte Kompass für diese Ausweisungen sein.
Mit allen diesen politischen Instrumenten wäre die Windenergie zukunftsfähig zu gestalten und wären grüne Jobs zu erhalten und auszubauen. Wenn sich die Bundespolitik zu diesem Nachsteuern bekennen würde, dann würden Massenentlassungen sicherlich weitaus leichter aus dem Weg geräumt werden können.
Ich möchte mit einem Appell an den Landtag und die Landesregierung enden: Wir sollten geschlossen für den Windenergiestandort Sachsen-Anhalt streiten - gegenüber dem Bund und gegenüber dem Unternehmen. Schließlich hat Sachsen-Anhalt, bezogen auf die Einwohnerzahl, die meisten Jobs in den erneuerbaren Energien. Im Jahr 2017 waren es 23 000 Arbeitsplätze, davon 13 000 in der Windenergiebranche. Es ist also eine energie- und wirtschaftspolitische Aufgabe, diese Branche im Land zu halten und den von der Entlassung bedrohten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine echte Perspektive zu geben. - Vielen Dank.
Danke. - Bei all den Punkten, die das Unternehmen und die Mitarbeiter betreffen, haben wir überhaupt keinen Dissens. Der Dissens entsteht, wenn Sie Ideologie ins Spiel bringen, Frau Frederking.
Ich sage Ihnen hier eines: Die Landesregierung, auch Ihre Ministerin, hat das mit großer Verantwortung gemacht, keine Frage, auch in den Jahren davor. Denn ansonsten wären die Fördermittel, die nämlich über das Land gelaufen sind, gar nicht ausgereicht worden. Das ist gar nicht das Thema.
Das Thema ist, dass Sie jetzt verlangen, weitere Mittel zu geben, die aber das Grundübel dieser Firma nicht bekämpfen. Die Mittel haben nur Mitnahmeeffekte gehabt, aber sie haben nicht den Strukturwandel gestaltet.
Das ist keine Lösung, das ist ein Sterben auf Raten. Das ist ein riesiges Problem, was Sie den Leuten dort oben erzählen. Dahin kann es nicht gehen. Es muss ein Strukturwandel vorgenommen werden.
Ich frage Sie gar nicht - das wäre möglicherweise ironisch -, ob Sie dieselben Mittel auch für die Kohle wollten. Denn dort - das will ich nur einmal sagen - haben wir noch mehr Arbeitsplätze als jetzt bei Enercon. Aber diese Frage stelle ich nicht.
Ich möchte einfach auf den Gedanken hinweisen: Wir helfen den Menschen, indem wir solidarisch sind - deswegen haben wir auch einen Brief an den Betriebsrat der Kollegen unterstützt -, aber wir können ihnen nicht erzählen: Die Politik in Berlin ist schuld; die müsste nur mehr Geld in das System pumpen, dann bleibt alles, wie es ist. Das ist falsch.
Ich habe vorgetragen, dass energiepolitisch und wirtschaftspolitisch auch auf der Bundesebene nachgesteuert werden muss. Denn dieses Ausschreibungsmodell mit dem festen Ausbaudeckel, der eine Begrenzung vorsieht - in Deutschland