Zweitens denke ich nicht, im Unterschied offenbar zu den Kollegen der CDU, dass ein verpflichtender Dienst tatsächlich den gewünschten Erfolg bringt, dass wir tatsächlich genügend Plätze für junge Menschen haben, die völlig unvorbereitet auf den Arbeitsmarkt kommen. Wir haben auch gar nicht die nötige Betreuung. Wir haben jetzt gerade - das ist ja auch angefragt und ausgeführt worden - im Bundesfreiwilligendienst gesehen, dass nur die Zurverfügungstellung eines Platzes, gerade in diesem Bereich, weder für die Träger noch für die jungen Menschen oder auch für die älteren im Bundesfreiwilligendienst hilfreich ist.
Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Frau Lüddemann für die Ausführungen. - Für die SPD spricht der Abg. Herr Erben. Herr Erben, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gegensätzlicher können zwei Anträge nicht sein. Die AfD will einen Pflichtdienst für alle, die LINKE will einen Pflichtdienst für niemanden.
Doch der Reihe nach. Zuerst der AfD-Antrag. Herr Höse hat eben berichtet, dass er vor über einem Jahr einen ähnlichen Antrag hier eingebracht hat. Ich sage dazu: und einen richtigen Rohrkrepierer produziert hat. Sie standen damals als Drückebergertruppe da, die vollmundig andere zum Pflichtdienst schicken will, deren eigener Diensteifer für das Vaterland aber nur sehr gering ausgeprägt ist.
Jetzt kommen Sie mit eben diesem Thema wieder um die Ecke. Heute will ich mich - ich will es gleich ankündigen - auf die erste Sitzreihe der AfD-Fraktion, die Führungsriege, beschränken. Herr Farle, Sie haben ja heute früh schon von der Einheit von Wort und Tat, die bei Ihnen sehr ausgeprägt sei, wie Sie behaupteten, schwadroniert. Da will ich mal fragen, meine Herren Kirchner, Farle, Siegmund und Rausch: Wer von Ihnen hat denn Wehr-, Ersatz- oder Zivildienst geleistet?
Herr Farle hat ja vor 14 Monaten beim letzten Mal in einer längeren Rede hier vorgetragen, dass er dafür keine Zeit hatte. Ich weiß nicht, ob er da
Wenn Sie Ihre biografischen Angaben alle richtig gemacht haben, dann hat keiner von Ihnen aus der Führungsriege Wehr-, Wehrersatz- oder Zivildienst geleistet.
Ich sage Ihnen mal etwas: Sie machen sich einfach nur lächerlich mit dem, was Sie hier erzählen und beantragen.
Soll ich Ihnen mal sagen, was Sie wirklich wollen? Sie wollen den Kollegen der CDU mal wieder das berühmte Stöckchen hinhalten, nachdem Frau Kramp-Karrenbauer im Sommer mit der Idee einer allgemeinen Dienstpflicht unterwegs war.
Nun laben Sie sich wahrscheinlich daran, dass es innerhalb der CDU und auch der Koalition unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema gibt. Wenn es Ihre Freude bestätigt und zu Ihrer Freude beiträgt: Auch in der SPD gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen zu einer wie auch immer gearteten Dienstpflicht und auch zu Freiwilligendiensten.
Ich war immer ein Befürworter der Wehrpflicht. Ich halte deren Aussetzung durch CDU/CSU und FDP in den Jahren 2010/2011 noch heute für einen fatalen Fehler. Der Bundeswehr, dem Zivilschutz und dem sozialen Bereich wurde dadurch ein wichtiges Standbein weggeschlagen. Bis heute heute sind die Folgen dieser Entscheidung aus meiner Sicht nicht überwunden.
Aber das Rad lässt sich nicht zurückdrehen. Man kann die Wehrpflicht nicht einfach wieder scharfschalten; denn das würde kein einziges Problem der Bundeswehr heute lösen. Eine kaputtgesparte Bundeswehr würde stattdessen vor neue, noch viel größere Probleme gestellt, wenn sie jetzt plötzlich wieder Wehrpflichtige aufnehmen, ausrüsten und ausbilden müsste.
Eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen lässt unser Grundgesetz zurzeit nicht zu. Eine Grundgesetzänderung ist - so schätze ich die politische Lage in Deutschland ein - zurzeit eher unrealistisch. Was wir stattdessen brauchen, das ist eine Diskussion darüber, wie junge Leute, die in einem sehr wohlhabenden Land aufgewachsen sind und die diesem Land sehr viel zu bedanken haben, der Gesellschaft etwas zurückgeben können. Welche Maßnahmen müssen wir
Dazu gehören freiwilliger Wehrdienst genauso wie Bundesfreiwilligendienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr. Das schaffen wir nur, wenn die Arbeitsfelder attraktiv sind, die jungen Leute fair besoldet werden und es eine Hebung des Ansehens junger Leute, die freiwillig Dienst geleistet haben, in ihrer späteren beruflichen Laufbahn gibt.
Wenn die Antwort „Ja“ auf die Frage „Haben Sie denn eigentlich gedient?“ in Ausbildung, Studium oder Beruf karrierefördernd ist, dann wäre das zweifelsohne ein wichtiger Anreiz für die jungen Leute.
Meine Damen, meine Herren! In den letzten Tagen wurde viel darüber diskutiert, ob es denn nicht auch eine Dienstpflicht für Flüchtlinge geben solle. Ich breche das einmal auf den Freiwilligendienst herunter. Diese Erwartung habe ich natürlich; denn auch Flüchtlinge haben in diesem Land viel zu erwarten. Deswegen halte ich es für falsch, wenn die Bundesregierung den Bufdi-Dienst für die Flüchtlinge zum Jahresende auslaufen lässt. Das muss vielmehr verlängert werden.
Sie sehen, das Thema ist vielgestaltig und durchaus diskussionsbedürftig. Dafür sind die Ausschüsse des Landtages der richtige Ort. Wir werden deshalb die Ausschussüberweisung beantragen, zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport, zur Mitberatung in die Ausschüsse für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien und für Arbeit, Soziales und Integration. - Herzlichen Dank.
Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Erben für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Lehmann. Herr Lehmann, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident. Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Das, was ich die ganze Zeit verfolgt habe, erinnert mich immer wieder an den Werbeslogan einer bekannten Schweizer Hustendropsfirma, die da sagte: Wer hat´s erfunden?
vorgeschlagen und beantragt hatten. Ich habe spaßeshalber zur Vorbereitung auf das heutige Plenum in das alte Protokoll geschaut. Dort lese ich hämische Bemerkungen aus den Reihen der CDU wie Oh! und Ah! zum Pflichtdienst der AfD. Ich kann mich auch noch daran erinnern, wer das war. Der Antrag der AfD wurde abgelehnt.
schreibt eine Bundesgeneralsekretärin der CDU, Frau Kramp-Karrenbauer, dass der Pflichtdienst - hier heißt er Gesellschaftsjahr - für alle etwas was ganz Tolles sei. Man fragt sich, ob Frau KrampKarrenbauer, oder wie Sie auch immer heißen mag, bei der AfD abgeschrieben hat. Plötzlich findet es die Bundesgeneralsekretärin total toll, was die AfD vor einem Jahr eingereicht hat.
Nachdem es die Bundesgeneralsekretärin der CDU im Sommer toll fand, fand im August - am 6. August stand es in der „Mitteldeutschen Zeitung“ - auch der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt Herr Dr. Haseloff einen solchen Pflichtdienst ganz toll. Danach fand es auch Herr Stahlknecht in einem Interview ganz toll. Der Finanzminister Schröder fand es ganz toll. Und auch Herr Webel, wie vorhin bereits erwähnt, fand es auch ganz toll.
Das ist verwunderlich. Plötzlich findet man etwas gut, was die AfD im Sommer 2017 eingereicht hat. Man lehnt es zunächst ab. Man lässt es ein Jahr lang liegen nach dem Motto: Der Wähler hat ein Kurzzeitgedächtnis. Dann mopst man das von der AfD, obwohl man die Begriffe damals noch als populistisch dargestellt hat. Selber übernimmt man das aber jetzt. Bis auf den Begriff „Heimat“ - wir hatten den Begriff „Heimatdienst“ verwendet - traut man sich, das Ganze inhaltlich komplett zu übernehmen. Deswegen beanspruchen wir die geistige Urheberschaft für diesen Antrag.
Herr Krull, da Sie das vorhin eingebracht und gesagt haben, dass das Thema schon lange diskutiert wird, sage ich, dass es schlimm genug ist, wenn das schon lange diskutiert wird. Wir wollen es nicht nur diskutieren, sondern wir wollen es auch lösen. Das muss man sagen, wenn das noch immer offen ist.
Um zu prüfen, ob die CDU zum Blenden und zum Täuschen der Wähler nicht nur einen Heißluftballon parlamentarisch steigen und aufsteigen lässt, sind wir gespannt auf das Abstimmungsverhalten; die AfD beantragt nämlich eine nament
liche Abstimmung. Dann kann man sagen, man findet einen solchen Heimatdienst oder ein Gesellschaftsjahr gut, oder man findet es nicht gut, anstatt dieses Thema in die Ausschüsse zu überweisen und den Antrag dort klamm und heimlich verhungern zu lassen, weil man dieses Thema im Sommer populistisch im Wahlkampf zur Gewinnung der AfD-Wähler für sich auf solche hanebüchene Art und Weise verwenden will.
Deshalb beantragen wir eine namentliche Abstimmung zu diesem Heimat- bzw. Gesellschaftsjahrdienst: Wer ist dafür, wer ist dagegen? - Ganz klare Kiste.
Auf die Probleme der LINKEN will ich gar nicht weiter eingehen. Sie sind gegen ein Pflichtdienst an der Heimat. Ich muss aber auf Folgendes verweisen: Als ich ein junger Mensch war und mein Abitur bestanden hatte, hatte ich eine FünfPfennig-Postkarte bei mir im Briefkasten, wie viele andere meiner Freunde auch. Darauf stand: Sie treten dann und dann Ihren Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee an. Dann und dann melden Sie sich früh um 6 Uhr am Standort, ansonsten erfolgt die Zuführung durch die Deutsche Volkspolizei. - Eine Partei, die damals junge Leute einkassiert hat, egal ob sie das wollten oder nicht, und sie in zeltgrauer Uniform in die Kaserne gesteckt hat, muss mir heute nicht damit kommen, dass Freiwilligkeit das oberste aller Kriterien ist.
Ich erinnere nur an die Zahl 133, die jeder Soldat der NVA auf seinem Maßband hatte. Das war nämlich die Postleitzahl vom Armeeknast in Schwedt, in den Sie die Leute gesteckt haben, die nicht dienen wollten. Also seien Sie mal ganz still hier.
Wer damals nicht gesellschaftskonform sein Studium machen wollte, musste drei Jahre lang dienen und nicht bloß 18 Monate. Seien Sie also ganz still auf dem linken Flügel dort drüben.
Das ist absolut lächerlich. Dann kommen Sie noch mit Ihrem Argument, 700 000 deutsche junge Männer oder Frauen kriegen wir nicht hin. Aber 2,5 Millionen Flüchtlinge unterzubringen ist gesellschaftlich keine logistische Frage. Das lasse ich auch nicht gelten.