Protocol of the Session on June 22, 2018

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Herr Thomas, ich habe noch eine Wortmeldung gesehen. Ich wollte aber, dass erst einmal ganz kurz etwas Ruhe in die Debatte kommt. Herr Abg. Tobias Rausch möchte eine Frage stellen. - Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Thomas, ich habe Ihrer Rede gelauscht. Wir bewerten das sehr positiv, was Sie gesagt haben, weil wir ähnliche Probleme festgestellt haben.

Nun frage ich mich im Kontext der Debatte, die wir hier heute zu E-Sport gehört haben - ich weiß nicht, wie viele von denen, die dazu gesprochen haben, tatsächlich Sport betreiben - - Wenn wir über Breitbandausbau für das Internet sprechen und Sie Fußball spielen und Ihre Spielberichte ins DFB-Netz eintragen müssen, ist es schon so, dass in den lizenzierten Ligen - - Zum Beispiel bei uns im Salzlandkreis gibt es Ortschaften wie Gerbitz, da gibt es kein Internet, aber wir führen hier im Landtag eine Debatte über E-Sport, obwohl quasi die Grundversorgung für mobiles Internet gar nicht gegeben ist.

Da würde ich gern von Ihnen wissen wollen, wie Sie das bewerten, ob wir nicht erst einmal wichtigere Probleme haben, bevor wir solche Sachen angehen.

Herr Abg. Thomas, bitte.

Nun, Kollege Rausch, ich versuche es mal mit einem Vergleich. Die Automobilindustrie forscht am autonomen Fahren, Level 4 bis 5, obwohl wir noch gar nicht die Struktur haben.

Also, denke ich, ist es doch sinnvoll - auch wenn wir noch nicht überall die Möglichkeiten haben -, an der Initiative und der Stoßrichtung - wenn auch erstmal nur partiell - festzuhalten.

Wenn wir immer warten würden, bis eine Infrastruktur steht, und wir dann anfangen, Produkte zu entwickeln, würden wir weltweit ein Stück weit den Anschluss verlieren, wie wir ihn bei vielen anderen Technologien auch schon verloren haben. Deswegen widerspricht sich das aus meiner Sicht nicht, sondern ist ein richtiges Verfahren.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Bevor Minister Dr. Willingmann für die Landesregierung spricht, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, die zweite Gruppe der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums aus Bernburg recht herzlich bei uns im Hohen Hause begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Minister Prof. Dr. Willingmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich vermute, nicht nur im Hohen Hause, sondern auch in der Landesregierung gibt es Zustimmung für das, was der Abg. Thomas gerade ausgeführt hat.

Die Diagnose ist klar: Die Mobilfunkversorgung gerade im ländlichen Raum auch in SachsenAnhalt ist immer noch unzureichend. Funklöcher, Verbindungsabbrüche, langsames Internet kennen wir alle nicht nur, aber vor allem auch entlang wichtiger Verkehrsachsen. Als bekennender Harzer weiß ich, wovon wir reden. Man muss nicht die Autobahn entlangfahren. Auch die B 6n reicht schon, um verschiedene Funklöcher zu erleben.

Nun, wenn wir diese Diagnose haben, schauen wir uns die Therapieansätze an. Natürlich kann man bestehende Standorte ertüchtigen, von UMTS auf LTE aufrüsten. Neue Standorte müssen errichtet werden.

Hierbei macht uns die Telekom in Gesprächen bei uns im Hause durchaus berechtigte Hoffnung. Sie will in den nächsten Jahren weitere 20 Millionen € in Sachsen-Anhalt investieren und etwa 150 neue Standorte in Betrieb nehmen. Gleiches gilt, wenn auch im geringeren Umfang, für Vodafone und O2.

Bestehende Liegenschaften kann man nutzen, geeignete Landesliegenschaften ebenso wie kommunale Gebäude. Hohe Gebäude mit Antennen sind ebenso hilfreich wie neue Masten; das wurde bereits erwähnt. Natürlich muss der Glasfaserausbau in der Fläche vorangetrieben werden, um weitere Standorte günstig anschließen zu können.

Beim Bau der A 14 in der Altmark soll gemeinsam mit dem Bund Glasfaser gleichsam auf Vorrat verlegt werden. Das ermöglicht später auch neue Mobilfunkstandorte entlang der Autobahn.

Bei der Versteigerung weiterer Frequenzen für den Mobilfunkausbau steht Anfang 2019 an, sich natürlich mit Auflagen gegenüber denen, die ersteigern, für weiteren Fortschritt und Ausbaufortschritt einzusetzen.

Die Bundesregierung wird noch im nächsten Monat einen Mobilfunkgipfel einberufen, bei dem die Netzanbieter auch zu ihren Ausbauplänen befragt und zu weiteren Investitionen animiert werden sollen.

Gewiss haben wir bei den Genehmigungsverfahren noch Luft nach oben. Hier ist ein guter Vorschlag unterbreitet worden. Man muss in diesem Zusammenhang schneller und auch effektiver werden. Die kommunalen Bauämter sind gefragt, Standortgenehmigungen sehr viel leichter zu erteilen. Insoweit ist das Fachreferat meines Hauses in engem Kontakt mit dem MLV, um Verfahren zu straffen.

Das sind Bausteine, wie man ein Problem, das wir alle kennen, angehen kann. Ein weiterer wichtiger Baustein ist - ohne Frage - auch das nationale Roaming. Der Grundgedanke ist überaus sinnvoll. Die Netzbetreiber kooperieren. Der Kunde profitiert: immer im besten Netz, ohne dass er es merkt. Dies haben auch die Koalitionspartner auf Bundesebene in ihrem Vertrag verankert. Ich darf daraus zitieren:

„Um den Ausbau in bisher unterversorgten Gebieten wirtschaftlicher zu machen, wollen wir den Mobilfunkanbietern für ein na

tionales Roaming durch entsprechende Änderungen im Telekommunikations- und Kartellrecht Absprachen erlauben.“

Das ist ein guter Ansatz. Der wichtige Unterschied zum Antrag der Koalitionsfraktionen ist: Der Bund geht von freiwilligen Kooperationen der Netzbetreiber aus. Er will Absprachen erlauben. Die Koalitionsfraktionen hier wollen nationales Roaming dagegen für unterversorgte Gebiete gesetzlich verpflichtend regeln.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist ein rundum vernünftiger Ansatz. Die Bundesnetzagentur bezieht sich im Moment beim nationalen Roaming noch auf die freiwilligen Absprachen. Da kann man ein bisschen Druck machen. Natürlich gibt es schon Flankenschutz dafür.

Ich vermute, lieber Herr Thomas, Sie kennen das Roland-Berger-Gutachten zu der Frage verpflichtender nationaler Roaming-Regelungen. Das ist doch schon mal etwas. Dazu wurde vernünftig ausgeführt.

Also wollen wir als Sachsen-Anhalt über das Anliegen des Bundes hinausgehen. Das ist mutig, das ist der Zukunft zugewandt. Und: Wir wollen Partner für eine entsprechende Bundesratsinitiative gewinnen. Gewiss werden die Anbieter an dieser Stelle etwas spröde reagieren.

Nun ist es allerdings nicht unser Auftrag, den Bedürfnissen der Netzbetreiber zu entsprechen. Unser Auftrag ist vielmehr, eine möglichst flächendeckende Mobilfunkversorgung zu erreichen. Darauf wollen auch wir abzielen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zugleich müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass es nicht alles und sofort geben wird. Natürlich besteht die Gefahr, dass man bei derart verpflichtenden Regelungen möglicherweise in geplante Investitionsvorhaben eingreift. Man wird hier also möglichst umfassend und möglichst schnell verhandeln müssen. Ich halte es für sehr hilfreich, dass Sie uns insoweit auch Ihre Rückendeckung bereits zugesagt haben.

Nationales Roaming ist also ein Teil der Lösung für unsere Mobilfunkunterversorgung. Gewiss müssen wir uns auch darüber klar sein: Dort, wo noch gar keine Abdeckung da ist, hilft uns auch Roaming nicht, da muss weiter an den Lösungen gearbeitet werden, die ich Ihnen vorhin schon vorgestellt habe.

Es ist durchaus richtig, auf dem Weg für unterversorgte Gebiete nationales Roaming künftig gesetzlich verpflichtend zu regeln. Ich bitte daher

um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit können wir in die Fünfminutendebatte der Fraktionen einsteigen. Der erste Debattenredner ist für die AfD-Fraktion der Abg. Herr Lieschke. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Werte Präsidentin! Werte Abgeordnete! „Nationales Roaming ermöglichen“, genau das ist die Forderung der Koalitionsfraktionen. Wir alle kennen die Probleme bei der mobilen Erreichbarkeit in unserem Land. Ich schließe einen Mobilfunkvertrag ab und muss später zu Hause feststellen, dass ich an meinem Heimatort keine gute Verbindung habe und Gespräche nicht in vernünftiger Qualität führen kann. Oder die Internetverbindung ist einfach viel zu langsam.

Wenn ich dann Glück habe, kann ich mich an den Netzbetreiber wenden, der ein zweites Netz zur Verfügung hat und bei dem man mittels Hotline nach zwei bis drei Wochen Wartezeit einen Netzwechsel durchführen kann. Das ist stressig, entspricht nicht den heutigen Anforderungen und ist absolut nicht zeitgemäß.

Der eine oder andere erinnert sich noch an das O2-Netz, wo so etwas schon gemacht wurde. Herr Thomas hat es schon erwähnt. Da wurde das E-Plus-Netz mit dem O2-Netz verbunden und die Kunden konnten sich in das jeweils bessere Netz einwählen. Wir wissen also, dass nationales Roaming funktioniert.

Auch die Bundesnetzagentur sagte am 9. Februar 2018 - ich zitiere -:

„‚Grundsätzlich ist eine Einigung der drei Mobilfunknetzbetreiber zur Versorgung der ländlichen Räume durch National Roaming auf freiwilliger Basis denkbar. Mit Blick auf eine Verpflichtung zum National Roaming ist aber zu berücksichtigen, dass dies einen erheblichen Eingriff in die Rechte der bestehenden Wettbewerber darstellen würde.‘ Die Bundesnetzagentur begrüße jedoch grundsätzlich Kooperationen der Mobilfunknetzbetreiber beim Ausbau der Netze.“

Richtigerweise weist die Bundesnetzagentur auf einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Wettbewerber hin. Aber ganz ehrlich: Wenn die drei großen Anbieter es bis heute nicht geschafft haben, flächendeckend für eine gute Versorgung zu

sorgen, dann glaube ich persönlich nicht daran, dass dies noch geschieht. Schließlich ist der Ausbau mit Sendemasten gerade im ländlichen Raum, je Kunde gerechnet, sehr, sehr teuer.

Aber ich möchte noch einen anderen Aspekt einbringen. Die heutige Bundesnetzagentur versteigerte im August 2000 Mobilfunkfrequenzen im Gesamtwert von 50,8 Milliarden €. Dabei wurde folgende Regel aufgestellt: Es ist dafür zu sorgen, dass 50 % der Bevölkerung das Angebot nutzen können. 50 %! Das mag in Ballungszentren funktioniert haben, aber im ländlichen Raum nicht.

Hier wurde bereits im Jahr 2000 dafür gesorgt, wo wir heute stehen. Die Mobilfunkanbieter zahlten Milliarden von Euro, die sie eigentlich in den Netzausbau hätten stecken können. Was macht der Staat? - Er stopfte mit den eingenommenen Geldern Löcher im Haushalt.

Ich glaube, dass wir mit den damaligen Einnahmen und weiteren Verbesserungen schon jetzt ein hervorragendes Mobilfunknetz, welches alle Anbieter nutzen dürfen, gehabt hätten. Wahrscheinlich hätte es auch für den Glasfaserausbau gereicht. Aber das ist die Geschichte der Altparteien und deren Handeln. - Vielen Dank, SPD, vielen Dank, GRÜNE.

Dabei machen es uns gerade die kleinen Länder wie Estland und Lettland vor. Dort schaffen es die Mobilfunkanbieter, auf eigene Kosten komplett flächendeckend auszubauen. Herr Thomas hat es ebenfalls schon erwähnt. Das übrigens mit monatlichen Preisen, die weit unter den hier marktüblichen Kundenpreisen liegen.

In Finnland liegt bereits ein 5G-Netz an, am 6GNetz wird bereits gearbeitet - unvorstellbar für uns Deutsche, die ja sonst für Innovation und Ingenieurtum bekannt sind. Wir sind definitiv ein Entwicklungsland in diesem Bereich.

Wird der deutsche Kunde per Gewinnoptimierung einfach nur abgezockt? - Denn viel bezahlen für wenig Leistung, kann es wohl nicht sein. Wir werden dem Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen.