Protocol of the Session on June 21, 2018

Nachfragen sehe ich nicht. Dann danke ich dem Minister Tullner für die Ausführungen. - Für die SPD spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind froh, dass der Bund nach vielen Jahren der Diskussion endlich erkannt hat, dass

es wichtig ist, in bessere Bildung zu investieren. Mittel in Höhe von 2 Milliarden € sollen für den Ausbau der Ganztagsschulbetreuungsangebote zur Verfügung gestellt werden. Dafür ist man sogar bereit, das Grundgesetz zu ändern, um das Kooperationsverbot aufzuheben. Für Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter soll es sogar einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung geben.

Bundesweit gewinnt das Thema Ganztagsschule also an Bedeutung. Und was tun wir in SachsenAnhalt? - Jedenfalls ist nach den Gesprächen mit dem Ganztagsschulverband dort der Eindruck entstanden, dass das, was in den letzten Jahren an Ganztagsschulangeboten entstanden ist, wieder eingeschränkt und abgebaut werden soll.

Im Moment gibt es in Sachsen-Anhalt drei verschiedene Formen von Ganztagsangeboten. Das sind zum Ersten die offene, zum Zweiten die teilweise gebundene und zum Dritten die gebundene Form. Dazu muss man wissen, dass die Entwicklung der heutigen erfolgreichen Konzepte, also der Schulen, die diesen Prozess durchlaufen haben, wirklich ein Prozess war.

Sie haben mit offenen Angeboten begonnen. Die Erfahrungen, die sie in diesem Prozess gemacht haben, zeigen, dass die Veränderungen im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung, aber auch die Methodik, was die pädagogische Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler betrifft, eben auch voraussetzen, dass man dieses pädagogische Konzept hat. Das setzt wiederum voraus, dass die Lehrerinnen und Lehrer nicht nur vormittags normalen Unterricht machen, sondern den Schülerinnen und Schüler eben nachmittags bei den anderen Angeboten auch in anderen Unterrichtsformen begegnen, ihre Stärken und Schwächen kennenlernen und sie entsprechend individuell fördern. Denn genau das ist als Ziel im Ganztagsschulerlass formuliert.

Der Bildungsminister will nun mithilfe eines Erlasses eine neue Form einführen, und zwar die Schule mit Ganztagsangebot, die sich ausschließlich externe Angebote einkauft, also nur Geld beantragen kann. Deshalb sagen wir als SPD-Fraktion: Das ist keine Ganztagsschule, das ist eine Mogelpackung. Es steht ein Begriff darauf, der nicht umgesetzt werden kann, weil es eben an den entsprechenden pädagogischen Konzepten fehlt.

Natürlich unterstützen wir den Minister immer, wenn er Geld in den Haushaltsplan einstellt, das er für Dinge braucht. Wenn ich aber sehe, dass bereits jetzt die Budgets für die Ganztagsschulen nicht abfließen, weil es entweder im ländlichen Bereich nicht die entsprechenden Angebote gibt oder weil es zu bürokratisch ist, die entsprechenden Abrechnungen vorzunehmen, dann funktio

niert es eben nicht über mehr Geld. Vielmehr brauchen wir an dieser Stelle tatsächlich kluge pädagogische Lösungen. Das setzt eben voraus, dass auch in Zukunft Lehrerinnen und Lehrer durch die Zuweisung von Lehrerwochenstunden Ganztagsschule anbieten können.

Deshalb wird es Sie nicht verwundern, dass meine Fraktion auch in Zukunft nicht nur für den Erhalt, sondern auch für den Ausbau von Ganztagsschulen kämpfen wird. Wir nehmen das ernst, und wir werden natürlich auch die Diskussion führen, gerade im Hinblick auf das berechtigte Argument: mehr Qualität. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nachfragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Dr. Tillschneider. Herr Dr. Tillschneider, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der LINKEN setzt bei dem Befund an, dass die Ganztagsschulen im Land weniger Geldmittel anfordern und weniger pädagogische Mitarbeiter beschäftigen, als ihnen zustehen. Die Ganztagsschulen schöpfen ihr Budget also nicht aus.

Und wo, bitte schön, ist das Problem? Ich würde sagen, es gibt keines. Ich gestehe aber voller Demut, dass ich von der hohen Kunst, Probleme zu sehen, wo keine sind, nur wenig verstehe, anders als die LINKEN, die es in dieser Kunst zur unangefochtenen Meisterschaft gebracht haben.

(Beifall bei der AfD)

Wenn ein Budget nicht ausgeschöpft wird, dann wird das Geld anscheinend nicht gebraucht und das Budget kann wieder reduziert werden. Das ist ein ganz normaler Vorgang in der Haushaltsplanung. Oder etwa nicht? Eben das zu verhindern, ist nun aber die Intention der LINKEN. Sie wollen ein Überangebot schaffen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, in der Hoffnung, dass es die entsprechende Nachfrage schon nach sich ziehen wird.

Getrieben von einem tiefen Misstrauen gegenüber den Familien wollen sie, dass die Kinder so früh wie möglich und so lange wie möglich von den Familien ferngehalten und an staatlichen Einrichtungen betreut werden, und das möglichst flächendeckend.

(Zuruf von der LINKEN)

Anstatt Ganztagsschulen auf Teufel komm raus weiter auszubauen und viel Geld in pädagogische

Mitarbeiter zu stecken, die sich um die nachmittägliche Bespaßung der Schüler kümmern, sollten wir besser dafür sorgen, dass in diesem Land kein Regelunterricht mehr ausfällt. Es ist doch ein Irrsinn, auf der einen Seite wertvolle Ressourcen in die außerunterrichtliche Betreuung der Schüler zu investieren, die aber gar nicht zu den Kernaufgaben der Schule gehört, wenn auf der anderen Seite mehr und mehr Unterricht ausfällt, der aber die Kernaufgabe der Schule ist.

Hier muss grundsätzlich umgedacht werden. Die Schule ist keine Anstalt zur ganztägigen Betreuung, sondern eine Lehranstalt, die guten und effizienten Unterricht zu bieten und Wissen zu vermitteln hat.

(Zurufe von der CDU)

Die von den Ganztagsschulen nicht beanspruchten Ressourcen sollten deshalb besser in die Verbesserung der Unterrichtsversorgung investiert werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nachfragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Dr. Tillschneider für die Ausführungen. - Für die GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Herr Aldag, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich vorwegsagen: Ganztagsschulen sind eine feine Sache.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Das Angebot der Ganztagsschulen reagiert auf den gesellschaftlichen Wandel in Familien und Erwerbstrukturen. Es unterstützt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und erhöht die Bildungschancen. Soziale Unterschiede können hierdurch besser ausgeglichen werden, und es eröffnet mehr Zeitfenster, in denen Lernsituationen und Bildungserfolge zustande kommen können.

Ganztagsschulen tragen zur ganzheitlichen Bildung bei. Der Umgang mit Heterogenität und die Herausforderungen der Inklusion werden hierdurch leichter. Ich sage daher: Ganztagsschulen gehören in unsere vielfältige Bildungslandschaft. Ich freue mich darüber, dass wir mittlerweile mehr als 100 Ganztagsschulen in unserem Land haben. Aus unserer Sicht dürfen es ruhig mehr werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wichtig ist uns GRÜNEN dabei aber nicht nur das, was draufsteht, sondern auch das, was drinsteckt. Qualitätsentwicklung und Sicherung im Hinblick auf die fachlichen und pädagogischen

Angebote sind für uns essenziell. Gleichzeitig wissen wir, dass wir auch im Bereich der Ganztagsschulen auf die angespannte Personalsituation reagieren müssen. Wichtig ist uns dabei, die Entwicklungs- und Änderungsvorhaben eng mit den beteiligten Akteuren, mit Praktikern und betroffenen Verbänden abzustimmen.

Herr Minister, Sie haben vorhin die Verbände genannt, die Sie einbeziehen wollen. Es wäre aber ganz gut, wenn Sie auch uns Abgeordnete im Vorfeld der Erarbeitung des Erlasses einbeziehen würden und sich auch einmal anhören würden, was wir dazu zu sagen haben.

(Minister Marco Tullner: Im Ausschuss!)

Um dauerhaft für eine hohe Qualität der Angebote sorgen zu können, brauchen wir zudem eine regelmäßige Evaluation dessen, was passiert. Wir haben gehört, dass der Minister ein waches Auge auf den Prozess haben wird.

(Minister Marco Tullner: Sehr gut!)

Gut, wir werden sehen.

Meine Damen und Herren! Bereits zu Beginn meiner Ausführung habe ich deutlich gemacht: Ganztagsschulen müssen vermehrt zum festen Bestandteil unserer vielfältigen Bildungslandschaft werden. Dementsprechend müssen wir die Inhalte, die Organisation und die Rahmenbedingungen festlegen. Wir sollten jetzt, im Vorfeld der Erarbeitung des Erlasses, über all das reden, um weitere Irritationen bei der Erarbeitung von Erlassen möglichst zu vermeiden. Wir haben das heute Morgen ausführlich behandelt.

Ich möchte aus diesem Grund darum bitten, den vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE in den zuständigen Ausschuss für Bildung und Kultur zu überweisen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nachfragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Aldag für die Ausführungen. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abg. Frau Gorr. Frau Gorr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Eigentlich müsste der Antrag zum Thema Ganztagsschulen folgendermaßen lauten: Der Landtag stellt fest, dass das Ministerium für Bildung derzeit unter Einbeziehung von Praktikern den Ganztagsschulerlass des damaligen Kultusministeriums überarbeitet.

Da wir als CDU-Fraktion natürlich auch ein großes Interesse an den zukünftigen Rahmenbedingungen für unsere Ganztagsschulen im Land und an

einer schulbezogenen Flexibilisierung bei der Ressourcenzuweisung haben, möchten wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE in den Ausschuss für Bildung und Kultur überweisen. Dort können wir mit dem Ministerium zum Stand der Bearbeitung ins Gespräch kommen und uns auch als Abgeordnete dieses Hohen Hauses einbringen. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Nachfragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Gorr für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE - - Frau Hohmann verzichtet auf einen abschließenden Redebeitrag.

Damit kommen wir zum Abstimmungsverfahren. Den Antrag auf Überweisung in einen Ausschuss konnte ich nicht vernehmen.

(Zurufe: Doch! - Zuruf von der LINKEN: Viermal! - Angela Gorr, CDU: In den Aus- schuss für Bildung und Kultur!)

- Gut, in den Bildungsausschuss. - Wer für die Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Bildung und Kultur ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das ist die AfD-Fraktion. Enthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist der Antrag in den genannten Ausschuss überwiesen worden. Der Tagesordnungspunkt 29 ist erledigt.

Wir kommen nunmehr zu