Protocol of the Session on June 21, 2018

Solange wir uns hier nichts dazu einfallen lassen, wie wir die bestehenden Richtlinien so umsetzen, dass vor Ort die erste Verarbeitungsstufe überhaupt noch zu bezahlbaren Preisen verarbeiten kann, passiert auch nichts. Die Antwort müssen Sie bringen, wenn Sie sich hinter der EU verstecken.

Herr Roi, kommen Sie zum Schluss!

Diese Antwort haben Sie nicht gegeben. Aus dem Grund haben Sie wieder gezeigt, dass Sie nichts für das Land vorangebracht haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nachfragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Roi für die Ausführungen.

Wir kommen nun zum Abstimmungsverfahren. Einen Antrag auf Überweisung in den Ausschuss konnte ich nicht wahrnehmen. Das sehe ich nach wie vor nicht. Dann stimmen wir als Erstes über den Ursprungsantrag ab. Das ist der Antrag der Fraktion AfD in der Drs. 7/2981. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalition und die Fraktion DIE LINKE. Stimmenthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 7/3057. Wer für diesen Alternativantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Koalition. Wer stimmt dagegen? - Sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und Teile der AfD. Ich stelle fest, so, wie ich die Stimmen gesehen habe, hat dieser Antrag die Zustimmung des Parlamentes erhalten. Damit ist der Tagesordnungspunkt 23 erledigt.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 24

Beratung

Kirchenasyl nicht akzeptieren, ausreisepflichtige Personen abschieben, rechtswidrige Zustände beenden

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/2982

Einbringer ist der Abg. Herr Kohl. Herr Kohl, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Wir rufen das Thema „Kirchenasyl“ wieder auf, weil wir seit der letzten Befassung im Plenum im Mai 2017 eine Entwicklung feststellen müssen, die sowohl den Rechtsstaat als auch das Vertrauen der Bürger in diesen beschädigt.

Ich denke, es ist allgemein Konsens, dass Kirchenasyl kein in der geltenden Rechtsordnung anerkanntes Rechtsinstitut ist. In unserer Antragsbegründung legen wir ausführlich dar, dass der Staat die Grundrechte garantiert, auch soweit es das Asylverfahren betrifft, und daher das Kirchenasyl unzeitgemäß und als eine Demütigung des Rechtsstaates zu betrachten ist.

Im Jahr 2017 wurde in 108 Fällen bzw. wurde 119 in Sachsen-Anhalt registrierten ausreisepflichtigen Personen Kirchenasyl gewährt. Hierbei handelte es sich um sogenannte Dublin-III-Fälle bzw. Überstellungsfälle.

Dass diese Personen nicht nur in Kirchengemeinden Sachsen-Anhalts, sondern in Gemeinden bundesweit Asyl fanden, verwundert schon, weil man sich fragt, wie ein in Sachsen-Anhalt untergebrachter ausreisepflichtiger Ausländer, der in der Regel keine Kenntnisse über das Kirchenasyl und die Verfahrensweise besitzen dürfte, auf die Idee kommt, in einer Kirchengemeinde, wie zum Beispiel Altenhofen in Nordrhein-Westfalen oder in Urbach in Baden-Württemberg, in das Kirchenasyl zu gehen.

Da so etwas mit konstanter Regelmäßigkeit geschieht, ist von einem professionell arbeitenden Kirchenasylnetzwerk auszugehen. Die Kirchenasylaktivisten haben nicht den Rechtsstaat im Sinn, sondern das Bleiberecht für alle. Dabei sind sie ziemlich erfolgreich. Kirchenasylanten haben bis zu 100 % eine vorläufige Bleibeperspektive in Deutschland, entweder weil das BAMF vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch macht, oder das BAMF folgt dem Dossier nicht, dann verbleibt der ausreisepflichtige Ausländer einfach bis zum Ablauf der Überstellungsfrist im Kirchenasyl.

Die Folge ist in jedem Fall, dass Deutschland für das Asylverfahren zuständig wird. So ist die aktuelle Situation.

Im Jahr 2017 kam es in 46 Kirchenasylfällen und in diesem Jahr bereits in mindestens 15 Fällen zu Fristüberschreitungen. So etwas wurde von der Pro-Flüchtlinge-Szene als „Kirchenasyl erfolgreich beendet“ verkauft und dient als Ansporn und Vorlage für Nachahmungshandlungen.

Was die Dublin-III-Fälle nach einem erfolgreichen Kirchenasyl wohl über das deutsche Rechtssystem denken, dürfte klar sein, nämlich dass in Deutschland Recht und Gesetz etwas Unverbindliches ist, etwas, über das man sich mit ein wenig Renitenz ganz legal hinwegsetzen kann. Das ist die Erkenntnis, die ehemalige Kirchenasylanten daraus ziehen bzw. ziehen müssen.

Wenn also eine Erosion des Rechtsstaates festzustellen ist, hilft es nicht, darüber zu klagen, sondern man muss handeln. Aus diesem Grund ist dem Treiben der Rechtsfolgeverweigerer im kirchlichen Raum ein Ende zu setzen. Daher ist es notwendig, die Vereinbarung zwischen dem BAMF und den Amtskirchen vom Februar 2015 aufzukündigen.

Diese Vereinbarung hat dazu geführt, dass die Rücküberstellung von den betreffenden Dublin-IIIFällen in die zuständigen EU-Staaten ohne Not verkompliziert und letztlich gar nicht mehr durchgeführt wird.

Mindestens seit dem Jahr 2012 war der Bundesregierung bekannt, dass das BAMF ein Personalproblem auf verschiedenen Ebenen hat und mit steigenden Flüchtlingszahlen die Asylverfahren nicht mehr mit der zu erwartenden Gründlichkeit bearbeiten kann.

Mit der totalen Grenzöffnung im Sommer 2015 eskalierte die Situation vollends. Es kam zum Kontrollverlust, und die Bundesregierung hat das Ziel vorgegeben, die offizielle Zahl der zu bearbeitenden Asylanträge nach oben zu treiben. Offensichtlich haben die Verantwortlichen für dieses Ziel die Qualität der Bearbeitung so stark gesenkt, dass man am Ende gar nicht mehr von Bearbeitung sprechen kann.

Viele Entscheidungen des BAMF aus den letzten Jahren müssten also schleunigst überprüft werden. Aber es fehlt das Personal und trotz des Personalmangels leistet sich das BAMF den Luxus eines Kirchenasylverfahrens. Nach Meinung der Amtskirchen wird das Kirchenasyl heute aus einer christlichen Tradition heraus gewährt, um sogenannten Flüchtlingen Zuflucht zu gewähren, deren Leib und Leben durch die Abschiebung bedroht sei.

Schauen wir doch mal, wie viel christliche Tradition im heutigen Kirchenasyl steckt und wie die

Bedrohung von Leib und Leben aussieht. Ein Blick zurück. 1631: In Europa wütet der 30-jährige Krieg. Im Mai erstürmen katholisch-kaiserliche Truppen die Stadt Magdeburg, ziehen marodierend durch die Stadt, schänden und ermorden 20 000 Bürger, brennen fast alle Häuser nieder. Im Dom hatten 4 000 Menschen Zuflucht gesucht. Der Domprediger Bake bittet Tilly auf Knien, das Leben der im Dom befindlichen Menschen zu verschonen. Das wurde ihm gewährt. 4 000 Menschen überlebten Dank eines Kirchenasyls und dem mutigen und selbstlosen Einsatz von Domprediger Bake.

Der Kirchenasylgeber heute muss nichts Vergleichbares leisten. Er verfasst ein Dossier, schickt es ans BAMF und wartet, was passiert.

(Silke Schindler, SPD: Doch!)

Und der Kirchenasylant von heute ist kein Magdeburger, er ist kein Deutscher, er kommt noch nicht mal aus Europa. Der heutige Kirchenasylant kommt aus fernen Ländern, durchquert auf seiner Reise häufig sichere Drittstaaten, betritt in einem Land an der EU-Außengrenze den Geltungsbereich der Dublin-III-Verordnung, reist von dort ungehindert weiter und illegal in Deutschland ein, wird hier staatlich umsorgt, finanziell ausgehalten, und erst als ihm mitgeteilt wird, dass die Reise in den zuständigen EU-Staat zurückgeht, geht er in das Kirchenasyl. Er sucht also nicht Zuflucht vor Verfolgung und Mord, sondern er flieht vor dem Rechtsstaat.

(Beifall bei der AfD)

Vor diesem historischen Hintergrund fragt man sich natürlich, wo da eine christlich-humanitäre Tradition zu erkennen ist und woher dem heutigen Kirchenasylanten eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben droht.

Eine Vergleichbarkeit oder einen Bezug zwischen dem Kirchenasyl damals und heute gibt es nicht. Man mag es vielleicht heute Kirchenasyl nennen. Aber es basiert nicht auf der christlichen Tradition, sondern es basiert auf Gefühlschristentum.

Dass Kirchen und Kirchengemeinden viele Menschen vor der Abschiebung aus Deutschland schützen und zunehmend europäische rechtsstaatliche Verfahren aushebeln, kann nicht hingenommen werden. Auch ist die Vereinbarung zwischen dem BAMF und den Amtskirchen aufzuheben, weil hiermit faktisch ein neuer Rechtsbehelf geschaffen wurde, der nicht gesetzlich normiert ist, sondern lediglich auf einer Gesprächsnotiz gründet.

Gegen den Dublin-III-Bescheid kann Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden. Im Rahmen des Klageverfahrens überprüft das BAMF seine Entscheidung ohnehin. Wenn dann das Verwaltungsgericht zu der Entscheidung

kommt, stellt es einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip dar, wenn die Verwaltung das Dossier zum Kirchenasyl positiv bescheidet, obwohl ein Gericht die Klage schon abgewiesen hat. Damit wird praktisch und in unzulässiger Weise die Entscheidung eines Gerichtes von der Verwaltung revidiert.

Ich denke, in nachvollziehbarer Weise deutlich gemacht zu haben, dass die in unserem Antrag formulierten Forderungen begründet sind und einer umgehenden Umsetzung bedürfen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Nachfragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Kohl für die Ausführungen. - In der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Stahlknecht. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gilt das, was eigentlich in der Debatte im letzten Jahr schon von mir gesagt wurde. Zunächst einmal haben wir in schwierigen humanitären Fällen die Härtefallkommission, die das noch einmal überprüfen kann, die unter der Leitung von Monika Schwenke eine sehr gute Arbeit macht, sehr ausgewogene Entscheidungen trifft, sodass es jetzt schon Möglichkeiten gibt, dass man, ich sage einmal, in einem weiter zu dehnenden Rechtsrahmen ausgewogene Entscheidungen

treffen kann.

Das Kirchenasyl selber, das keine Rechtsgrundlage in unserem Staat hat, das weder in der Verfassung noch in unterschwelligen Gesetzen so vorgesehen ist, wird als eine Ultima Ratio toleriert und sie wird so lange toleriert, solange sie sich in einem vertretbaren Umfang hält. Für Sachsen-Anhalt ist das der Fall. Die katholische Kirche gewährt derzeit in keinem Fall ein Kirchenasyl und die evangelische Kirche eines in kleinerem Rahmen.

Was aber gilt und gelten muss, ist die neuere Vereinbarung, die mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge getroffen worden ist, dass es eine 18-monatige Überstellungsfrist gibt. Wenn Kirchenasyl gewährt wird, hat die Kirche dieses Verfahren ihrerseits mit den Behörden zu steuern und nach 18 Monaten denjenigen zu überstellen.

Für uns gilt dann: Wer sich in Kirchenasyl begibt, erklärt damit den Leistungsverzicht von Geldzahlungen durch den Staat. Die Kirche ist dann Gastgeber und der Gastgeber zahlt. Und der zahlt dann eben alles. Auch das gehört schlicht und ergreifend dazu.

Insofern kann man die Diskussion immer wieder neu führen. Wir sollten, solange sich das im Rahmen hält und sich die Kirchen an diese Vereinbarung halten, in einer starken Gesellschaft dieses, solange es sich nicht großartig ausdehnt, tolerieren, weil wir auf der anderen Seite auch Kirchen sehr viel zu verdanken haben in der Situation der Integration, in der ausgleichenden Handlung auch hier in Sachsen-Anhalt, was die Monate September ff. des Jahres 2015 angeht.

Von gewissen ethischen Ansprüchen her gesehen, Herr Kohl, muss eine Kirche nicht unsere politische Auffassung haben, sondern sie hat eine eigene Auffassung. Kirche kann auch für den politischen Diskurs und den gesellschaftlichen Diskurs sein; dann darf es auch mal Zumutung sein. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Nachfragen sehe ich nicht. Dann danke ich Minister Stahlknecht für die Ausführungen. - Für die SPD spricht Abg. Frau Schindler. Frau Schindler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann an das nahtlos anschließen, was der Minister gerade gesagt hat. Im letzten Jahr zu dieser Zeit haben wir schon einmal über einen ähnlich klingenden Antrag der AfD gesprochen. Die Koalitionsfraktionen haben keinen Anlass, von dem damals gefassten Alternativantrag abzuweichen. Wir werden deshalb auch Ihren Antrag heute ablehnen.

(Beifall bei der SPD)