Protocol of the Session on June 21, 2018

Herr Minister, Herr Lehmann hat noch eine Wortmeldung. - Bitte, Herr Lehmann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Der Herr Minister hat vorhin angeführt, dass es ein Phänomen der linksextremen Kräfte sei, sich gegen den Staat zu wenden und gegen diesen vorzugehen. Das deckt sich auch mit unseren Erfahrungen aus den Siebziger- und Achtzigerjahren, wonach dann, wenn

es von staatlicher Seite Veranstaltungen gegeben hat oder ein Bundeskanzler auftrat, linke Gegendemonstrationen zu verzeichnen waren.

Mir fällt mittlerweile auf, dass dann, wenn sich Kräfte wie die AfD gegen die Politik der Kanzlerin, des Staates, wenden, wie das auch eine Opposition anderer Couleur macht, diejenige Oppositionskraft, die auf der Straße ist, von der Antifa - die doch eigentlich sonst Oppositionskräfte unterstützt - bekämpft und angegriffen wird.

Ja, Herr Minister, darauf antworten Sie jetzt mal, wenn Sie möchten. Nein, Sie müssen. - Entschuldigung!

Ich muss und ich kann auch.

(Rüdiger Erben, SPD: Das ist nicht so ein- fach!)

Wenn ich es richtig verstanden habe, tragen Sie vor, dass Sie dann, wenn Sie demonstrieren, durch linksextreme Kräfte im Demonstrationsgeschehen behindert, beleidigt oder sonst etwas werden. Ist das richtig?

Dazu sage ich ganz eindeutig: Das geht nicht; denn selbst dann, wenn Sie parteipolitisch eine Meinung vertreten, die nicht jeder teilt, haben wir in einer Gesellschaft auch diese Meinung, die Sie vertreten, auszuhalten und haben uns dem Diskurs zu stellen. Übergriffe gegen Kolleginnen und Kollegen Ihrer Partei sind durch nichts zu tolerieren; weil es auch eine Frage des demokratischen Anstandes ist, dass man Sie in Ihrem Geschehen handeln lässt und nicht mit Methoden der Gewalt oder mit krimineller Energie vorgeht. Dazu habe ich eine ganz eindeutige Meinung.

(Beifall bei der AfD)

Dann können wir in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Für die SPD-Fraktion hat der Abg. Herr Erben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Antragsteller von der AfD, Ihr Antrag steckt voller falscher Behauptungen.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Robert Farle, AfD: Aha!)

In typischer Manier - einfach mal rausballern - schreiben Sie darin Dinge auf wie diese: Die Landesregierung sei untätig gegen linkspolitisch motivierte Gewaltanwendung. Das stimmt nicht!

Genauso ist die Behauptung falsch, dass die Landesregierung gegen linksextreme Gewalt nicht in gleicher Weise vorgehen würde wie gegen rechtsextreme Gewalt. Es ist auch nicht zutreffend, dass die Landesregierung, die Polizei, die Justiz in Sachsen-Anhalt rechtsfreie Räume dulden würden. Es trifft auch nicht zu, dass gegen - wie Sie es schreiben - „Ansätze linksradikaler terroristischer Strukturen“ in Sachsen-Anhalt nicht vorgegangen würde.

Es gehört - der Kollege Jürgen Barth hat es eben vorgetragen - zu Ihrer Manier, erst einmal etwas zu behaupten. Es wird erst einmal etwas in den Raum gestellt wie: linke Medien berichteten nicht über Dinge, die ihnen unliebsam seien. Ein einfacher Blick in den Pressespiegel des Landtags hätte wahrscheinlich dazu geführt, dass Sie eines Besseren belehrt worden wären. Sie behaupten das aber trotzdem.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Und, meine Herren, zum Sachverhalt Salzwedel: Jürgen Barth und ich haben uns am letzten Freitag zu diesem Thema informiert. In keinem ländlichen Raum Sachsen-Anhalts wäre man in der Lage gewesen, zugereisten Demonstranten, die in einer Stadt mit 25 000 Einwohnern plötzlich eine Demo organisieren, in gleicher Zahl Polizeibeamte gegenüberzustellen.

(Minister Holger Stahlknecht: So ist es!)

Das wäre nirgendwo leistbar gewesen. Dazu hätte nämlich das gesamte Revier von Salzwedel im Dienst sein müssen und auch noch alle im Landkreis Salzwedel, damit man das hätte durchführen können. Das hätte keine Polizei irgendwo in Deutschland oder anderswo bewältigen können. Die Beamten sind tatsächlich etwas überrollt worden.

Ich möchte an dieser Stelle auch klarstellen: So wie wir strikt dagegen sind, dass rechte Demonstranten vor das Haus des Bürgermeisters in Tröglitz ziehen, so sind wir auch strikt dagegen, dass Demonstranten vor die Wohnung von Rechten oder vermeintlich Rechten ziehen und diese kennzeichnen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Frank Bommersbach, CDU)

Gegen so etwas sind wir in gleicher Weise.

(Zuruf von der AfD: Oder von LINKEN!)

Aber was bedeutet das, was Sie hier zum wiederholten Male vortragen, eigentlich? - Sie unterstellen den Kolleginnen und Kollegen in Polizei und

Justiz, dass sie sich zu Handlangern einer politisch motivierten Unterdrückung des Rechts machen würden. Das ist nicht nur absurd, das ist eine Unverschämtheit gegenüber denjenigen, die für den Rechtsstaat jeden Tag ihren Kopf hinhalten.

(Zustimmung bei der SPD und von Sebas- tian Striegel, GRÜNE)

Ihr Problem ist, dass Sie nicht wahrhaben wollen, welche Gefahr vom Rechtsextremismus in unserem Land ausgeht. Deshalb benutzen Sie immer wieder die Schutzbehauptung, dass der Staat Straftaten von Linksextremisten nicht verfolgen würde. Das ist Quatsch und das wissen Sie ganz genau.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bei allem, was Ihnen nicht in den Kram passt - das machen Sie zu Ihrem Grundsatz - versuchen Sie, das demokratische Staatswesen in Misskredit zu bringen. Denn Sie sprechen immer nur dann über Opfer, wenn es Ihnen in den Kram passt. Zu Ihrer Methode gehört es zum Beispiel, dass Sie sich für Vergewaltigungen und deren Opfer nur interessieren, wenn die Tatverdächtigen einen Migrationshintergrund haben. Das ist Ihre Methode.

(Robert Farle, AfD: Falsch!)

- Doch! Da können Sie dreimal „Falsch!“ rufen. Das ist Ihre Methode und das ist letztendlich Ihr Denken.

(Robert Farle, AfD: Das ist falsch!)

Denn der Staat, die Landesregierung, die Polizei und die Justiz in Sachsen-Anhalt sind nicht auf dem linken Auge blind. Deshalb werbe ich für die ausdrückliche Feststellung in unserem Alternativantrag, mit der wir klar zum Ausdruck bringen, dass wir jegliche Form von Extremismus, Gewalt und Rassismus in Sachsen-Anhalt ablehnen. Ich werbe dafür, dass wir das auf diese Weise noch einmal ausdrücklich dokumentieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der AfD: Da haben Sie eine AfD- Position übernommen!)

Ich sehe keine Nachfragen. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der heute vorliegende Antrag der AfD leidet - wieder einmal, muss man sagen - an einer

gewissen Sehschwäche. „Auf dem linken Auge blind“ lautet die Überschrift. Eine klare Zuordnung, wem diese Zuschreibung gilt, gelingt aus den vier Wortfragmenten Ihrer Antragsüberschrift leider nicht. Ich fürchte, das muss auf die AfD selbst bezogen werden; denn klar sehen Sie nun wirklich nicht mehr.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Ihre Fantasmen und Lügen von einer um sich greifenden linken Gewalt sind von der Realität zwischen Arendsee und Zeitz meilenweit entfernt. Sie behaupten die Untätigkeit der Landesregierung - der Kollege hat es gesagt - wider besseres Wissen. Und Ihr Vorwurf des Linksextremismus, mit dem Sie offenbar alle links von Horst Seehofer überziehen, ist nichts anderes als ein Diffamierungsinstrument.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Das Thema politisch motivierte Gewalt ist aber zu ernst, um Ihnen einfach nur Ihren grottenschlechten Antrag um die Ohren zu hauen. Nur so viel: Es wäre sicherlich besser gewesen, wenn Ihr Sprecher für Extremismus vor der Antragstellung die bereits geplante Sitzung seiner eigenen Enquete-Kommission mit dem polizeilichen Staatsschutz und dem Verfassungsschutz abgewartet hätte.

(Sebastian Striegel, GRÜNE, hält ein Dia- gramm hoch)

Widmen wir uns also der Frage: Wie steht es um linke Gewalt in Sachsen-Anhalt?

(Mario Lehmann, AfD: Ganz schlecht!)

Dazu sollten wir zunächst ergründen, wie viele gewaltbereite Linksextremisten es in diesem Bundesland gibt. Gesetzliche Zählinstanz für gewaltbereite Linksextremisten ist der Verfassungsschutz. Dieser registriert seit Jahren stabil 230 gewaltbereite Linksextremisten - kein Ausschlag nach oben, kein Ausschlag nach unten,

(Zurufe von der AfD)

und schon gar keine ständig zunehmende Zahl, wie sie sich aus Ihren apokalyptischen Visionen ergäbe. Machen Sie ruhig einmal alle die Augen auf, dann können Sie das hier auch noch einmal im Verlauf sehen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE, hält ein weite- res Diagramm hoch)

Lassen Sie uns einen zweiten Blick auf die Statistik werfen. Betrachten wir die linken Gewalttaten. Zuständig für deren Erfassung ist die Polizei. Öffnen Sie jetzt bitte Ihre sehschwachen Augen ein zweites Mal, damit ich Ihnen die amtliche Statistik zur politisch motivierten Gewaltkriminalität von links vorhalten kann. Sie werden bemerken: Im