Protocol of the Session on June 20, 2018

Ja. - Herr Minister, die Schulverbände sind wirklich ein guter Schritt in diese Richtung, wie Sie es auch begründet haben. Aber dadurch werden sicher viele Grundschullehrer fahren müssen, wie es jetzt bereits der Fall ist, wenn sie abgeordnet werden. Meine Frage dazu - -

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Das sieht man doch bei den Schulen! Mein Gott! Die fahren heute auch schon!)

- Ich weiß gar nicht, warum Sie diesen Zwischenruf machen. Jetzt bin ich doch dran.

Kollege Lippmann, Sie verlängern jetzt das Prozedere. Lassen Sie zunächst den Kollegen Kurze die Frage stellen.

Nun komme ich auf den Punkt, der sicher auch Herrn Lippmann interessieren wird: Viele Schulen haben im neuen Schuljahr wieder Stundenkürzungen bekommen. Wie stellen Sie sicher, dass die Schulen trotz der Stundenkürzungen und trotz der Abordnung einiger Kollegen weiterhin die Qualität halten können? Nicht, dass es dort noch einen Einbruch gibt.

Herr Minister, bitte.

Die effizienzsteigernden Maßnahmen, die die Opposition als bedarfsmindernd bezeichnet hat, haben wir in Vorbereitung des letzten Schuljahres gemacht. Da gab es genau diese Faktoren. Ich sage heute rückblickend, es war notwendig, das zu tun. Das hat in den Schulen keine La-OlaWellen der Begeisterung hervorgerufen, aber es hat dazu geführt, dass wir in diesem Schuljahr ein wenig stabiler als im letzten gelaufen sind, ohne dass es besonders gut war. Da müssen wir uns auch nichts vormachen. Die Probleme gab es nach wie vor.

Im neuen Schuljahr wird es diese Faktorveränderungen nicht geben. Das heißt, die Rahmenbedingungen bleiben an der Stelle stabil, sodass ich diese Befürchtung zerstreuen kann. Dass wir am Ende den Lehrereinsatz so gestalten müssen, dass Kolleginnen und Kollegen auch fahren müssen, gehört auch heute schon zur Wirklichkeit. Das wird keine große Veränderung herbeiführen, weil das gelebte Praxis ist.

Dann sehe ich keine weiteren Nachfragen. Wir kommen nun zur Debatte der Fraktionen. Wir hatten ursprünglich eine Fünfminutendebatte vereinbart. Ich stelle eine Redezeitüberschreitung des Ministers von drei Minuten fest. Somit haben alle Fraktionen die Möglichkeit, acht Minuten dazu zu reden. Wir beginnen mit der SPD-Fraktion. Die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen hat das Wort.

Entschuldigen Sie bitte noch ganz kurz. Damit es keine Verwunderung gibt, möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir die Uhr nur auf sieben Minuten umschalten können. Dazu gibt es dann noch eine Minute. - Jetzt haben Sie das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident, für die großzügige Einräumung zusätzlicher Redezeit. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nach langen und wirklich intensiven Diskussionen beschließen wir heute das neue Schulgesetz für Sachsen-Anhalt. Ich weiß, die Erwartungen waren groß, dass wir die Probleme, die es an vielen Stellen im Schulbereich, im Bildungssystem gibt, mit diesem Gesetz lösen. Lassen Sie es mich vorwegnehmen und mit einiger Ernüchterung sagen: Der erwartete große Wurf ist dieses Gesetz nicht geworden. Es wird einiges besser, vor allem wird es nicht schlechter.

Das neue Schulgesetz bietet einige Lösungsansätze für die drängendsten Probleme. Zum einen wird es ab dem kommenden Schuljahr möglich sein, Seiten- und Quereinsteiger zum Referendariat zuzulassen und ihnen damit quasi gleichberechtigt mit den ausgebildeten Lehramtsanwärtern den Zugang zum Schuldienst zu ermöglichen. Aber wenn man sich die Entwicklung in anderen Ländern anschaut, werden wir wahrscheinlich in einigen Jahren an dieser Stelle stehen und feststellen, dass das, was wir jetzt an Voraussetzungen festgelegt haben, die betreffenden Bewerber weder ausreichend motiviert hat noch ausreicht, um die offenen Lehrerstellen tatsächlich mit geeigneten Bewerbern zu besetzen.

Richtig ist, wenn der Minister sagt, wir sind in einer Situation, in der wir auf der einen Seite den Lehrermangel berücksichtigen müssen, auf der anderen Seite aber auch bestimmte Qualifikationserfordernisse. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir machen Qualifikation immer an bestimmten Abschlüssen fest. Ich würde mir wünschen, dass es in Zukunft flexiblere Möglichkeiten gibt, die tatsächlich erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse zu bewerten. Auch dafür gibt es in anderen europäischen Ländern Beispiele, die gut funktionieren und die zeigen, dass das nicht mit Qualitätseinbußen verbunden sein wird.

Andere Länder, wie beispielsweise Berlin, verzichten schon heute auf das zweite Fach, weil sie festgestellt haben, dass es schwierig ist, mit den starren Bedingungen diejenigen zu finden, die man braucht, um ausreichend Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen zu haben.

Der Minister hat es gesagt: Stabilität war eines seiner Leitmerkmale. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit den Grundschulverbünden jetzt eine Möglichkeit haben, den Kommunen Flexibilität zu ge

ben, ihre Bildungslandschaften so zu ordnen, dass die regionalen Gegebenheiten stärker berücksichtigt werden, dass man vielleicht, auch was die Ressourcenfrage betrifft, den Schulen ein Stück weit mehr Eigenverantwortung gibt.

Meiner Fraktion war wichtig, dass wir die vielen Schulträger, die Kommunen, die Kollegen, die sich auf den Weg gemacht und bereits Konzepte entwickelt haben, nicht enttäuschen, sondern dass wir die Rahmenbedingungen möglichst weit setzen. So bin ich froh, dass es nicht nur Schulverbünde in den dünn besiedelten Regionen geben wird, sondern in allen Gemeinden außerhalb der drei großen kreisfreien Städte.

(Zustimmung bei der SPD)

Stolz ist die SPD auch auf eine Weiterentwicklung, die der Minister hier nicht erwähnt hat. Uns war es wichtig, dass das Thema Schulsozialarbeit gesetzlich verankert und im Schulgesetz verortet ist, nunmehr in § 1. Das ist auf der einen Seite ein Stück weit Anerkennung für die tagtägliche Arbeit der Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, ist von unserer Seite her aber auch ein wichtiges Signal an die Schulen, die mittlerweile zu schätzen wissen, was Schulsozialarbeit leistet, dass es auch nach 2020 weitergeht und dass sich das Land hier entsprechend finanziell engagieren wird.

Bei den freien Schulen ist unserer Fraktion und den Koalitionspartnern wichtig gewesen, dass wir nicht erst auf das externe Expertengutachten warten, sondern dass wir die Not sehen und sagen, es soll eine finanzielle Verbesserung bereits zum neuen Schuljahr geben. Das ist uns gelungen.

Schüler gehören in die Schule und nicht in den Arrest. Diese Forderung - Frau von Angern hat eben noch einmal nachgefragt - steht schon lange nicht nur in Koalitionsverträgen, sondern das haben wir uns in der praktischen Arbeit auch wirklich vorgenommen. Es gab zwar keine Mehrheit dafür, das entsprechende Bußgeld abzuschaffen. Ich bin dennoch optimistisch, dass wir mit der Lösung, die wir jetzt mit der Einführung des Zwangsgeldes gefunden haben, unserem Ziel näherkommen, dass keine Schülerinnen und Schüler mehr im Schularrest landen.

Wir haben uns mit dieser Regelung an das Brandenburger Modell, also die entsprechenden Erfahrungen in Brandenburg, angelehnt, wo mit diesem Zwangsgeld gute Erfahrungen gemacht worden sind. Wenn Sie sich die entsprechenden Zahlen anschauen, stellen Sie fest: In Brandenburg landet kein Schüler mehr im Schularrest, weil er die Schule geschwänzt hat, sondern dort gibt es funktionierende Netzwerke, die frühzeitig mit allen Beteiligten reden und entsprechende Angebote prä

ventiver Arbeit schaffen, um die Schülerinnen und Schüler wieder zu motivieren, in die Schule zu gehen.

Das ist genau das, was wir wollen. Wir haben ein breites Bündel an sozialpädagogischen Maßnahmen. Das wirkt aber oftmals zu spät. Durch das Zwangsgeld kommt man früher an die Familien heran und kann gezielter wirken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegt ein weiterer Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor. Hier geht mein Dank an die beiden beteiligten Ministerien, sowohl an das Sozialministerium als auch an das Bildungsministerium, weil wir sozusagen in letzter Minute die Formulierung abgestimmt haben. Uns geht es um die Sicherung der Pflegeversorgung. Pflegenotstand ist heute bereits ein gängiger Begriff, der vielen Bürgerinnen und Bürgern Angst macht.

Wir wissen um die schwierigen Arbeitsbedingungen. Deshalb will Sachsen-Anhalt die Bedingungen so gestalten, dass jede und jeder möglichst gute Möglichkeiten hat, die Ausbildung zu absolvieren. Da das Bundespflegeberufsreformgesetz, das auf den Weg gebracht wurde, eine Schulgeldfreiheit erst ab 2020 vorsieht, hatten wir die Sorge, dass das viele - es sind insbesondere junge Frauen, die sich für diese Ausbildung entscheiden - davon abhält, in den nächsten beiden Jahren die Ausbildung zu beginnen.

Deshalb schaffen wir mit der in dem Änderungsantrag vorgesehenen Regelung schon vorzeitig - also bereits zum neuen Schuljahr - die Voraussetzung für die Schulgeldfreiheit. Wir werden den freien Trägern diese Verluste aus dem Landeshaushalt ausgleichen und so 615 Auszubildende besserstellen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Kultur und zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Nachfragen. Deshalb können wir in der Debatte fortfahren. - Herr Roi, hatten Sie sich noch gemeldet? - Okay, Frau Kolb-Janssen, dann müssen Sie entscheiden. - Herr Roi, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Meine Nachfrage dreht sich um etwas, das Sie gerade sagten. Sie haben gesagt, der Grundschulverbund wird außerhalb der drei

kreisfreien Städte möglich sein. Das sind die Oberzentren. Jetzt steht aber in dem Dokument - deshalb will ich wissen, was gilt - in § 4 Abs. 7: Eine Grundschule außerhalb von Oberzentren oder Mittelzentren im Sinne § 5 Abs. 3 des Landesentwicklungsgesetzes. Ist jetzt das Mittelzentrum, was den Schulverbund angeht, drin oder nicht? - Das ist meine Frage. Es hat sich ja im Laufe der Diskussion geändert. Ich will aber wissen, worüber wir heute abstimmen.

Es ist richtig, wir stimmen darüber ab, dass außerhalb der Ober- und Mittelzentren Schulverbünde möglich sind. In den Mittelzentren haben wir in der Regel Größenordnungen von Grundschulen, die nicht in Gefahr sind, dass der Standort aufgehoben wird. Der Minister hat dargestellt, dass es uns mit dieser Regelung insbesondere darum ging, dass in den ländlichen Gebieten keine Schulstandorte mehr geschlossen werden müssen.

Dann können wir jetzt fortfahren. Herr Lippmann hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass ich die großzügige Redezeitverlängerung nicht vollständig brauche; denn die Grundeinschätzung ist schnell gemacht.

Das Gesetz ist aus dem Bildungsausschuss mit der Empfehlung im Wesentlichen bis auf eine Ausnahme so substanzlos wieder herausgekommen, wie es in den Ausschuss hineingegangen ist. Für alle, die sich außerhalb der Koalition um die Beschlussfassung und die Diskussion des Schulgesetzes bemüht haben und sich Gedanken gemacht haben, ist dies eine vollständige Enttäuschung. Das betrifft in erster Linie natürlich auch uns.

Wir haben an vielen Stellen immer wieder versucht - auch heute unternehmen wir einen letzten Versuch -, diesem Schulgesetz noch ein wenig Leben einzuhauchen. Ich werde nachher kurz auf die einzelnen Sachen eingehen. Aber auch den über 20 Verbänden und Organisationen, die in einer dreistündigen Anhörung ihre Sichtweise vorgetragen haben, wird es genauso gehen; denn weder von unseren Vorschlägen noch von dem, was dort vorgetragen wurde, hat irgendetwas bei der Koalition den Weg in das Schulgesetz gefunden.

Die eine Ausnahme, die ich erwähnt habe, ist das, was die Koalition dem Minister hinterhergetragen

hat; denn im ursprünglichen Entwurf war es nicht enthalten. Das ist die Übergangsregelung für die Finanzierung der freien Schulen. Es kommt noch die halbe Geschichte von heute hinzu, die auch hinterhergetragen wird, nämlich die Schulgeldfreiheit in den Altenpflegeschulen. Damit ist man im Prinzip mit dem Gesetz, was seine Substanz betrifft, durch.

Es ist von Anfang an deutlich gemacht worden, dass der Gesetzentwurf aus der Sicht des Bildungsministeriums im Prinzip zwei Schwerpunkte hat. Das sind die Schulverbünde und die Öffnung des Vorbereitungsdienstes für Seiteneinsteiger.

Für die Schulverbundsgeschichte hätte man die Schulgesetznovelle nicht gebraucht. Das hätte man auch in der Verordnung zur mittelfristigen Schulentwicklungsplanung regeln können; denn es ist nichts anderes als eine qualifizierte Außenstellenregelung, die noch dazu so unattraktiv gemacht worden ist wie die zweite auch, sodass sie nach außen relativ wirkungslos bleiben wird.

Die Schulen verlieren, wenn sie sich zum Schulverbund zusammenfinden, Zuweisungsvolumen in den Lehrerstundenzuweisungen. Deshalb werden wir sehr gespannt sein, wenn wir in einem oder zwei Jahren einmal nachschauen, ob die Anzahl der Schulverbünde den einstelligen Bereich oder die Nulllinie verlassen hat.

Im Übrigen, Herr Kurze, habe ich deshalb so reagiert, weil ich das schon seit vier, fünf Jahren aus der CDU höre. Bei den Schulverbünden geht es im Wesentlichen darum - wenn man jetzt nicht der Überlegung folgt, die Herrn Roi bewegt, dass neue Standorte aufgemacht werden; das kann man auch verfolgen -, bestehende Standorte irgendwie durch einen Schulverbund zu erhalten.

Bestehende Standorte heißt aber: Die gibt es schon; dort gibt es schon die Schüler, dort gibt es schon die Lehrer, und die fahren dort schon hin und werden schon abgeordnet. Da gibt es überhaupt nichts Neues. Diese alte These, wir wollen die Lehrer zu den Kindern und nicht die Kinder zu den Lehrern bringen, ist vor Ort einfach Quatsch. Das findet alles statt. Diese Veränderungen gibt es überhaupt nicht.

Bei dem zweiten Schwerpunkt mit dem Vorbereitungsdienst haben wir in den Beratungen darauf aufmerksam gemacht, dass das Problem darin besteht, dass die meisten Seiteneinsteiger keine zwei Fächer haben. Die allermeisten von ihnen haben keine zwei Fächer, sodass sie zu dem berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst auch

nicht zugelassen werden.

Unter dem Strich wird niemand bis auf die freien Schulen, die natürlich von den Finanzierungsregelungen etwas merken werden, draußen im Lande

in den Schulen von dieser Schulgesetznovelle irgendetwas merken.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit Blick auf das, was wir jetzt auf den Tisch gelegt haben, verstehe ich die Koalition und auch das Bildungsministerium nicht. Wir gehen jetzt mit einer Schulgesetznovelle hinaus, auf die auch andere gucken, und bleiben in Bezug auf die UNBehindertenrechtskonvention bei den Regelungen, die darin schon seit zehn, 15 Jahren enthalten sind und die damit nicht mehr kompatibel sind.