Protocol of the Session on June 2, 2016

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Das geht dem Kollegen Ramelow genauso!)

Ansonsten ist vieles in rosaroter Watte verborgen - wohlklingend, aber unverbindlich.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das macht ihr völlig anders!)

Die vielleicht gewollte öffentliche Ermutigung bleibt dadurch aus. Wer soll und kann sich daran orientieren, eine Motivation für eigene Anstrengungen finden. Vor uns liegen fünf Jahre, die wir miteinander gestalten. Lassen Sie uns gemeinsam, unsere Ideen für Sachsen-Anhalt zusammenfassen. DIE LINKE ist bereit, diese Regierung in kritischer Opposition zu begleiten.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Und sie zu unterstützen!)

- Ja, sie auch zu unterstützen. Wie Sie an unseren Anträgen zu dieser Sitzungsperiode sehen, auch manchmal voranzutreiben. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke. Es gibt eine Nachfrage, nämlich von dem sehr geehrten Abg. Herr Mrosek von der AfD. Herr Abg. Knöchel, möchten Sie eine Frage beantworten?

Selbstverständlich.

Dann kommen Sie bitte wieder an das Pult. - Herr Abg. Mrosek, Sie haben das Wort.

Sie sprachen das Thema Bildung an. Dies ist ein wichtiges Thema, bei dem wir mitgehen können. Was halten Sie von einem einheitlichen Bildungssystem in ganz Deutschland?

Kennen Sie unser deutsches Bildungssystem? Kennen Sie die Schulverwaltung in Sachsen-Anhalt?

(Birke Bull, DIE LINKE: Welches Problem soll damit gelöst werden?)

Was wollen Sie damit erreichen? - DIE LINKE steht für Standards, die bundesweit gelten sollen. Ja, es soll bundesweit formuliert werden, welche Ziele es in der jeweiligen Klassenstufe gibt. Wir stehen für Autonomie bei ihrer Umsetzung. Deswegen geht diese Diskussion über bundeseinheitliche Standards eigentlich an der ganzen Frage vorbei.

Wir müssen über Bildungsinhalte sprechen. Wir müssen über die Frage sprechen, wo Kinder hin sollen. Übrigens stellt sich immer die Frage, ob wir die Kinder zu einem marktfähigen, erwerbsfähigen Wesen machen. Ist das besonders innovativ? - Ich sage: Nein.

Wenn wir sie alle auf die Bedürfnisse des heutigen Arbeitsmarktes vorbereiten, dann müssen wir konstatieren, dass wir vergessen haben, sie auf das, was morgen passiert, vorzubereiten. An dieser Stelle müssen wir mehr tun.

Bildung ist mehr als einheitliche Lehrpläne. Bildung ist die Betrachtung von Kindern. Sie beinhaltet die Frage: Wie soll sich Zukunft gestalten? - Die Antworten darauf können Sie nicht von Bayern bis an die Nordsee einheitlich geben. Wir müssen einen gemeinsamen Bildungskanon bestimmen. Wir müssen Stufen bestimmen. Aber ein bundeseinheitliches Bildungssystem ist nicht Sache meiner Partei. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Abg. Knöchel. Es gibt keine weiteren Nachfragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Begrüßen Sie auf der Zuschauertribüne recht herz

lich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stephaneum in Aschersleben.

(Beifall im ganzen Hause)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Fraktionsvorsitzende Frau Abg. Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! „Kenia liegt in Sachsen-Anhalt und seine Hauptstadt ist Magdeburg“, so titelte eine für Kinder ausgerichtete Sendung zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen.

Sie werden von mir ganz selten den Begriff „Kenia“ hören, weil ich finde, er verniedlicht etwas zu Unrecht. Was wir hier tun - Schwarz-Rot-Grün -, ist echte, ernsthafte Politik in der Ausrichtung, in der Neuausrichtung der Zukunft unseres Landes. Das sind nicht nur Phrasen, wie wir sie von der AfD gehört haben, sondern es sind ganz konkrete Projekte, die auch ganz konkret im Koalitionsvertrag stehen, liebe Kollegen von der Fraktion DIE LINKE.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Diese Politik ist verlässlich, gerecht und nachhaltig. Wir GRÜNE finden uns unter all diesen Stichworten wieder, auch wenn wir zugegebenermaßen ein besonderes Augenmerk auf den Aspekt der Nachhaltigkeit gelegt haben.

Für uns ist ein Leitmotiv, warum wir diese Koalition eingegangen sind, dass wir es für notwendig erachten, an dieser Stelle ein Zeichen dahingehend zu setzen, dass demokratische Parteien zusammenarbeiten können und dass wir durchaus die Demokratie in Sachsen-Anhalt verteidigen wollen und müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und von der Re- gierungsbank - Mario Lehmann, AfD: Und gegen wen verteidigen?)

Der Weg dorthin - das will ich nicht verhehlen - war anstrengend, arbeitsintensiv und ein Prozess fortwährender Aushandlungen. Dieser Prozess des fortwährenden Aushandelns wird sich fortsetzen. Das ist für uns kein Zeichen von Unvermögen. Es ist auch nicht schlimm, wenn davon etwas an die Öffentlichkeit dringt. Dies ist eine lebendige Arbeitsbeziehung. Vermutlich kennt das die AfD nicht, weil sie es so herausgehoben hat. Es wird eben nichts durchdekliniert, sondern es wird gemeinsam zwischen drei unterschiedlichen Partnern diskutiert und dann entschieden.

(Beifall bei den GRÜNEN und von der Re- gierungsbank)

Wir haben uns - das habe ich eben schon erwähnt - den Weg in Richtung Kenia - jetzt verwende ich das Wort einmal - nicht leicht gemacht. Deswegen haben wir als GRÜNE darauf gedrungen - so ist es dann auch gekommen -, längere fachliche Sondierungen durchzuführen, um wirklich - das ist das, was grüne Politik auszeichnet - anhand von belastbaren Fakten zu entscheiden, ob wir diesen Weg weitergehen wollen.

(Zuruf von Mario Lehmann, AfD)

Wir haben tatsächlich das eingebracht, Herr Poggenburg, was Sie uns als Vorwurf gemacht haben. Natürlich sind wir links im Herzen und wir sind radikal in den Positionen, die wir uns erarbeitet haben, wenn wir sie durchsetzen wollen. Dazu stehe ich an der Stelle.

(Lachen und lebhafter Beifall bei der AfD - André Poggenburg, AfD: Linksradikal!)

Dieser lange, fachliche Sondierungsprozess war zum einen nötig, um nach innen klar zu machen: Ja, wir haben die große Koalition, die zehn Jahrein Sachsen-Anhalt gewirkt hat, kritisiert. Aber wir haben jetzt entschieden, nachdem wir lange sondiert haben, dass es zwischen diesen drei unterschiedlichen Partnern - das ist Ausfluss des Koalitionsvertrages, den der Herr Ministerpräsident heute sehr genau dargestellt hat - große fachliche Überschneidungen gibt. Das ist genau das, was das Arbeitsprogramm für die nächsten fünf Jahre in diesem Hohen Hause sein wird.

Ich finde es richtig, dass wir mit Schwarz-RotGrün Koalitionen wieder auf das zurückgeführt haben, was sie eigentlich sind. Koalitionen sind Zweckbündnisse - das ist nichts Schlechtes, wenn der Zweck gut ist -, Koalitionen sind Arbeitsbeziehungen auf Zeit.

Wir haben uns Projekte vorgenommen, die konkret im Koalitionsvertrag stehen. Wir haben in allen Arbeitsfeldern - das hat Kollege Knöchel richtig beschrieben - Visionen aufgeschrieben. Wir haben in jedem Fachbereich ganz genau gesagt: Wo soll die Politik hingehen? Wie soll sich das Land entwickeln? - Dass das durch Arbeitsprogramme zu untersetzen ist und dass das mit dem Haushalt in Einklang zu bringen ist, ist doch völlig klar. Aber wir wollten in diesem bundesweit neuen, einmaligen Projekt zeigen, wofür wir stehen und welche Inhalte wir uns vorstellen können.

Ich finde, das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Nichts umsonst wurde dem Koalitionsvertrag auf unserem Parteitag mit 98,4 % zugestimmt. Wer grüne Parteitage kennt, der weiß, dies ist etwas außerordentlich Bemerkenswertes.

Ich habe mich mehrfach selbst als Landesvorsitzende zur Wahl gestellt. Wenn ich dabei eine so hohe Zustimmung erreicht hätte, hätte ich mich vielleicht gefragt, was passiert ist.

Ich will aber an dieser Stelle neben der ganzen Fachlichkeit, die ich eben herausgestellt habe, ganz deutlich sagen, dass ein wichtiger Beweggrund für uns als GRÜNE war, in diese Koalition einzutreten und sie auch nachhaltig zu unterstützen, den Dammbruch nach rechts in diesem Land zu verhindern.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und von der Regierungsbank)

Alles, was ich bisher in diesem Hohen Hause von Vertretern der AfD gehört habe, bestärkt mich darin, dass dieser Schritt richtig und nötig war; denn unser Demokratieverständnis gilt allen Menschen, und es ist nötig, das in Sachsen-Anhalt neu zu beschreiben, so wie es der Koalitionsvertrag vorsieht und wie es der Ministerpräsident ausgeführt hat, und nach außen zu tragen.

Jetzt - ich habe leider nicht so viel Zeit wie die Kollegen - will ich noch ein wenig zu dem grünen Anteil im Koalitionsvertrag sagen. Darin steht ganz oben und zuallererst: Die neue Art Politik zu machen, so wie wir als GRÜNE intern arbeiten - das haben wir in den Koalitionsverhandlungen bewiesen und das werden wir im weiteren Regierungshandeln nach außen tragen -, nämlich Politik mit den Menschen, mit den Betroffenen, mit Fachleuten.

Sie finden im Koalitionsvertrag, wie ich finde, sehr häufig - das ist neu in Sachsen-Anhalt - die Worte „diskursiv“, „im dialoghaften Verfahren“, „unter Einbeziehung von“, und dann werden die Fachleute aus dem jeweiligen Feld genannt.

Wir wollen evaluieren. Wir wollen überprüfen. Wir wollen zeigen, Politik muss korrekturfähig sein. Ein Beispiel dafür haben wir mit dem KAG auf den Weg gebracht.

Es ist uns wichtig zu sagen. Wir haben verstanden. Es kommt nicht darauf an, bei allem guten Willen, was die Politik in Gesetze schreibt, sondern es kommt immer darauf an, welche Wirkung für die Menschen vor Ort spürbar ist. An dieser Stelle werden Sie jetzt deutliche Veränderungen erleben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben in der Opposition kritisiert. Dies ist die Aufgabe der Opposition, wenn sie konstruktiv ist und wenn sie eigene inhaltliche Vorstellungen gegen das Regierungshandeln setzen kann. Wir haben den Koalitionsvertrag neu geschrieben, und wir werden in den nächsten fünf Jahren den Beweis antreten, dass das auch umsetzbar ist.

(Zuruf von Hannes Loth, AfD)

Dieser Koalitionsvertrag und diese Koalition sind vom gemeinsamen Wollen getragen. Ich glaube, das sieht man auch daran, dass es wahrscheinlich noch vor fünf Jahren relativ unvorstellbar gewesen wäre, dass die CDU sagt, ein Sofortprogramm Umweltschutz ist unbedingt notwendig, das ziehen wir vor die Klammer, das machen wir, und dass die GRÜNEN sagen, wir sehen im Interesse der Bürger im Land die Notwendigkeit, mehr Polizei vorzuhalten.