Protocol of the Session on June 2, 2016

Dieser Koalitionsvertrag und diese Koalition sind vom gemeinsamen Wollen getragen. Ich glaube, das sieht man auch daran, dass es wahrscheinlich noch vor fünf Jahren relativ unvorstellbar gewesen wäre, dass die CDU sagt, ein Sofortprogramm Umweltschutz ist unbedingt notwendig, das ziehen wir vor die Klammer, das machen wir, und dass die GRÜNEN sagen, wir sehen im Interesse der Bürger im Land die Notwendigkeit, mehr Polizei vorzuhalten.

All diese Dinge stehen im Koalitionsvertrag, und sie zeigen, dass sich die politische Landschaft verändert hat. Sie zeigen, dass demokratische Parteien in der Gemeinsamkeit diese Veränderungen aufnehmen können. Ich glaube, dass es ein Zeichen ist, das in die bundespolitische Richtung ausstrahlen kann. Wir können in SachsenAnhalt den Beweis antreten, dass man umsteuern kann, dass man tatsächlich im Interesse der Menschen etwas bewegen kann.

(Zuruf von Mario Lehmann, AfD)

Die tatsächlichen grünen Projekte - damit könnte ich noch einmal die doppelte Redezeit füllen - können Sie im Koalitionsvertrag nachlesen, beispielsweise die Polizeikennzeichnung, das Kompetenzzentrum Kinder- und Jugendbeteiligung, der Landesaktionsplan „Pflege im Quartier“, Informationsfreiheitsgesetz, keine Gentechnik auf dem Acker, ein konkretes Klimaschutzziel etc.

Frau Lüddemann.

All diese Dinge werden Sie im Handeln der Regierung bemerken.

Wichtig ist mir, zum Abschluss zu sagen: SchwarzRot-Grün ist eine Chance für Sachsen-Anhalt. Ich bin stolz, dass sich meine Partei dafür entschieden hat, diese Chance zu ergreifen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert)

Danke, sehr geehrte Frau Kollegin Lüddemann. Sie haben fast eine Punktlandung hinbekommen. - Für die CDU spricht der Fraktionsvorsitzende Herr Abg. Borgwardt. Herr Borgwardt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass in diesem Hohen Hause eine Debattenkultur oder gelegentlich -unkultur auszuhalten ist. Trotzdem wäre es, glaube ich, ganz gut, wenn wir allgemein, und zwar alle, die

Würde dieses Hohen Hauses im Blick hätten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich beginne mit einer Reise in die Internetwelt und mache mit Ihnen Station auf einer sehr beliebten Seite: Wikipedia. Frau Lüddemann ist zum Schluss Ihrer Rede auch darauf eingegangen. Ich glaube, es wichtig, das zu erwähnen, weil auf dieser Seite sehr viele Menschen nachsehen.

Wenn man bei Wikipedia das Suchwort „Kenia“ eingibt, gibt es bislang nur einen Eintrag, der sich ausführlich mit einem Land im Osten Afrikas beschäftigt. Einen Artikel über eine Koalition gleichen Namens gibt es nicht. Dabei geht bei „Kenia“ inzwischen um die Bezeichnung für die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt, die bekanntermaßen aus CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN besteht.

Gut. Ob am Ende tatsächlich aller guten Dinge drei sind, ist erst in der Nachbetrachtung in fünf Jahren zu sagen. Aber dass wir in SachsenAnhalt Geschichte schreiben, ist wohl kein unbekanntes Phänomen mehr, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

So haben wir das auch mit der neuen Koalition „Kenia“ gemacht, die von vielen Keniakoalition genannt wird. Ich mache nochmals mit Nachdruck deutlich: Kenia in Sachsen-Anhalt ist kein exotisches Experiment. Unser Dreierbündnis ist angesichts des Wahlergebnisses eine Koalition der Vernunft.

Wir wünschen uns und unseren Koalitionspartnern, dass eine gute Zusammenarbeit über unsere Landesgrenzen hinaus bekannt wird und nach der kommenden Bundestagswahl - das sehe nicht nur überregionale Gazetten so, sondern auch viele, die mit uns sprechen - möglicherweise auch eine für Berlin darstellbare Option ist.

Aber jetzt dürfen wir erst einmal diese Koalition erproben. Viele haben geglaubt, dass wir nach der Wahl nicht über eine Sondierungsgesprächssituation hinauskommen. Die CDU-Fraktion hat von Beginn an für ihre Ziele und für das Zustandekommen der Koalition gekämpft. Annähernd 120 Stunden in der Woche haben wir miteinander verhandelt, gestritten und Kompromisse gefunden. Das Wagnis einer Dreierkoalition haben wir als Chance verstanden und stets versucht, die Gespräche ergebnisorientiert zu führen.

Den Hadernden sei versichert, dass wir einen farbigen Koalitionsvertrag haben, der - darauf dürfen wir als CDU-Fraktion stolz sein - mit sehr viel schwarzer Tinte geschrieben bzw. gedruckt wurde. Dafür bildet der Koalitionsvertrag eine solide,

erstmals dreifarbige Grundlage, auch wenn ich deutlich vernehmen konnte, dass einige - manche sagen, viele - Nuancen vonseiten der Oppositionsfraktionen heute noch nicht die angemessene Würdigung erfahren konnten.

Aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten und aus Ihren Reden, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat man sehr deutlich herausgehört, dass unser Land weiterhin Kontinuität und Weiterentwicklung in der Politik braucht. Deshalb sehe ich der Arbeit in der neu geschaffenen Koalition mit Spannung entgegen.

Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion steht für ein weltoffenes und tolerantes SachsenAnhalt, das allen hier lebenden Menschen eine Chance eröffnet. Wir werden Rassismus ebenso entgegentreten wie der Intoleranz und wir wollen die Abwanderung aus unserem Land nachhaltig stoppen.

Integration und Teilhabe sind selbstverständlich verbunden mit dem klaren Bekenntnis zu uns sowie zu unserer Geschichte und zu unserer Kultur. Integration erfordert von den zu uns Kommenden zumindest ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, egal ob sie als Studierende, als Gäste, als Fachkräfte oder als Flüchtlinge kommen.

Wir nehmen mit Blick auf die Zuwanderung auch die bestehenden Sorgen und Ängste von Teilen unserer Bevölkerung sehr ernst und wollen einen kontinuierlichen öffentlichen Diskussionsprozess, wie es der Ministerpräsident auch schon betonte, der fördern und fordern heißt und unsere gemeinsame Integrationsformel ist und bleibt.

Unsere Grundüberzeugung ist, dass die demokratische Staatsform am besten der Würde aller Menschen entspricht. Sie zu erhalten und, wie wir gelegentlich auch merken, auszuhalten, bedarf fortwährender Anstrengungen und weiterhin guter politischer Bildung als gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Für die Darstellung des politischen Geschehens in der Öffentlichkeit sind die Vertreterinnen und Vertreter der Medien wichtige Akteure, mit denen wir auch in Zukunft gemeinsam an der Verbesserung der medialen und interkulturellen Kompetenz der Menschen in unserem Land aktiv arbeiten werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten ist die nachhaltig positive Gestaltung der Zukunft des Landes Sachsen-Anhalt. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag auch verankert, dass wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern den wirtschaftlichen Aufholprozess in unserem Land weiter vorantreiben wollen.

Wir werden Zukunftschancen schaffen, die Sicherheit und den sozialen Zusammenhalt stärken, den Herausforderungen des Klimawandels begegnen, um den demografischen, den digitalen sowie den energetischen Wandel unserer Gesellschaft verantwortlich mitzugestalten.

Wir orientieren unser Regierungsprogramm an beiden Eckpunkten Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Wir wollen die Schöpfung bewahren und deshalb unsere Naturlandschaften und biologische Vielfalt erhalten. Entlang dieser Richtschnur werden wir in den kommenden Jahren wirtschaftliche Stärke, soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung zum Wohle der Menschen in unserem Land miteinander verbinden müssen.

Wir sichern die Fortführung der soliden und nachhaltigen Finanzpolitik unter Berücksichtigung der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, des Auslaufens des Solidarpaktes II, des Endes der EU-Strukturförderperiode sowie des Abschmelzens der Regionalisierungsmittel.

(Zustimmung bei der CDU)

Die CDU-Fraktion stützt die Landesregierung selbstverständlich auch bei der Einhaltung der Maßgabe, die Konsolidierungshilfen des Bundes nicht zu gefährden.

(Beifall bei der CDU)

Wir arbeiten akribisch an der im Koalitionsvertrag festgehaltenen Verbesserung der Finanzausstattung der Kommunen. Das wird heute Nachmittag noch Thema sein. So sollen noch in diesem Jahr - die Vorredner gingen schon darauf ein - 44 Millionen € in deren allgemeine Finanzausstattung fließen. Weitere Spielräume, die sich im Haushaltsvollzug auftun werden, sollen ebenfalls den Kommunen zugutekommen.

Unsere Kommunen sollen zudem in einem weiteren Schritt noch mehr Planungssicherheit und Verlässlichkeit bei ihrer Finanzierung durch das Land erhalten, übrigens - für diejenigen, denen es nicht aufgefallen ist - das erste Mal so konkret in Zahlen in einem Koalitionsvertrag verankert, wobei die Finanzausgleichsmasse für die Jahre 2017 bis 2021 weiterhin auf 1,6 Milliarden € festschrieben wird. Dies umfasst ebenfalls die Verstetigung der Investitionspauschale auf 150 Millionen €. Dies ist deshalb der Fall, weil wir uns einig sind, dass die Kommunen nicht nur besser planen, sondern auch weiterhin in ihre Infrastruktur investieren sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Finanzexperten bereiten derzeit die Aufstellung des Doppelhaushaltes 2017/2018 vor. Für das laufende Jahr können wir feststellen, dass der Etat ausgeglichen ist. Aber was erwartet uns mit

dem kommenden Doppelhaushalt? Kann auch in den kommenden beiden Jahren die Schuldentilgung noch ein Thema sein? - Wir meinen: Ja. Sie muss sogar weiterhin ein Thema bleiben. Die Schuldenbremse, die die Neuverschuldung untersagt, ist im Grundgesetz verankert.

Unser Ministerpräsident hat bereits ausgeführt, dass es zusätzliche Neueinstellungen von Lehrerinnen und Lehrern sowie von Polizistinnen und Polizisten geben wird. Daneben wird die Polizei auch in ihrer Ausstattung besser gestellt werden.

Schon im kommenden Jahr ist vorgesehen, die Erhöhung der Grundfinanzierung im Hochschulbereich - Frau Dr. Pähle und Frau Lüddemann gingen bereits darauf ein - um 15 Millionen € zu realisieren und in die Infrastrukturmaßnahmen umsetzen.

Die Eltern unserer Kinder wollen wir per Sofortprogramm vor stark steigenden Kita-Beiträgen bewahren.

Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass wir kleine und mittlere Unternehmen durch den überlegten Einsatz passgenauer Förderinstrumente unterstützen und damit den Gründergeist stärken werden. Wir wollen nicht mehr nur die verlängerte Werkbank von Unternehmen sein, sondern vielmehr unsere Hochschulen und Unternehmen als Ideengeber aus unserem Land motivieren. Das verlangt, dass gute Arbeitsbedingungen geschaffen und eine dynamische Einkommensentwicklung angeschoben wird. Ich kann Ihnen versichern: An den entsprechenden Initiativen wird bereits aktiv gearbeitet.

Ich möchte an dieser Stelle unseren Ministerpräsidenten zitieren. Er sagte: Was man sich leisten will, muss man erst mal erarbeiten. Darum werden wir als Ziel einer weiteren guten wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes fortlaufend daran festhalten, die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen zu fördern und zu fordern.

(Zustimmung bei der CDU)

Der weitere Ausbau der Infrastruktur - das muss ich jetzt bringen, weil das eines unserer Kerndinge ist, sehr geehrte Herr Knöchel - und der Breitbandnetze mit mindestens 50 Mbit/s ist für die Unternehmen im Land zunehmend eine unverzichtbare Grundlage ihrer Arbeit und Kommunikation.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: In den Städten auch!)

- Ja, wir machen das auch. - Gute Arbeit ist ein wichtiger Faktor, um die Menschen für den Standort Sachsen-Anhalt zu interessieren

(Swen Knöchel, DIE LINKE, und Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Halle auch!)

und sie idealerweise an unser Land zu binden.

(Beifall bei der CDU)