Protocol of the Session on June 2, 2016

Gesetzentwurfs gibt es keine Veranlassung. Im Hinblick auf den weiteren Reformbedarf ist ein passender Zeitpunkt abzuwarten. Jetzt Aktionismus zu entfalten, würde die erreichten Zwischenziele unnötig gefährden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und von Gabriele Brakebusch, CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es ist eine Fünfminutendebatte verabredet worden. Für die CDU-Fraktion beginnt Herr Abg. Bönisch. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Felgner, es ist löblich, dass Sie uns jetzt schneller zum Sommerfest bringen wollten, indem Sie die Rede gekürzt haben.

Ich habe mich, ehrlich gesagt, darauf verlassen, dass Sie etwas ausführlicher auf einzelne Inhalte eingehen. Aber gut, ich werde es jetzt trotzdem nicht nachholen und ich werde trotzdem mein Konzept jetzt nicht verändern, in dem ich eigentlich auch beim Grundsätzlichen bleiben und nicht so sehr auf die Einzelheiten eingehen wollte. Zumal das auch wenig fruchtbar erscheint mit dem ganzen Duktus, den Sie eingeschlagen haben.

Frau Hohmann, ich habe mich beim Lesen des Antrags schon ein wenig geärgert, und Ihre Einbringung hat meinen Eindruck verschärft, dass es Ihnen letztendlich nicht unbedingt nur um die Sache alleine geht, dass nämlich einzelne Veränderungen herbeigeführt werden, die auch in Ihrem Sinne begrüßenswert wären.

Das ist im gegebenen Gesetzentwurf bzw. im aktuellen Stand in vielen Fällen der Fall, da hat Herr Felgner noch einiges aufgeführt. Das wollen Sie ignorieren und sagen: Wir sollen den ganzen Gesetzentwurf ablehnen und uns darauf konzentrieren, nach in Ihrem Duktus aufgestellten Grundsätzen noch einmal etwas Neues auf den Weg zu bringen.

Ich halte das weder in der Sache für förderlich noch für besonders redlich. Denn immerhin sind die Verbesserungen, die, denke ich, jetzt unstrittig im Gesetzentwurf enthalten sind, dann auch wieder auf die lange Bank geschoben. Denn Sie können nicht erwarten, dass ein Gesetzentwurf, der jetzt abgelehnt würde, in einer Neuerarbeitung relativ schnell wieder fertig würde.

Natürlich ist es so, dass wir auch nicht mit jeder Regelung zufrieden sind. Das ist aber wahrscheinlich nicht nur auf Partei- und Fraktionsebene gleich, sondern das wird auch nach jeder

manns persönlichem Geschmack sicher ein bisschen mehr in diese und ein bisschen mehr in jene Richtung tendieren.

Aber vor diesem Hintergrund hätte ich es im Prinzip für akzeptabel gehalten, wenn Sie noch einzelne Punkte aufgeführt hätten und gesagt hätten: Es sind zwar schon viele Änderungsanträge diskutiert worden, auch eingeflossen in den Gesetzentwurf, aber wir haben noch etwas zu ergänzen, nämlich dieses und jenes. Aber nein, die Ablehnung des gesamten Gesetzentwurfs lässt eher den Eindruck entstehen, dass Ihr Ziel nicht wirklich wünschenswert und nicht wirklich redlich ist.

Denn es entsteht der Eindruck, dass es weniger darum geht, in der Sache Verbesserungen herbeizuführen, als vielmehr darum, Stimmung zu machen. Dieses Stimmungmachen kommt schon in der Formulierung der Überschrift zum Ausdruck, wo Sie schreiben: „Grundsicherung menschenwürdig reformieren.“ Was in meinen Augen ganz klar impliziert, dass die jetzigen Regelungen im SGB II menschenunwürdig seien oder vielleicht die Regelungen, die herbeigeführt werden, die Veränderungen menschenunwürdig seien. Das ist schon starker Tobak.

Klar, das SGB II ist ein so komplexes Thema, dass seine Regelungen nicht allen Vorstellungen und Wünschen in gleicher Weise gerecht werden können, und es wird auch immer wieder Handlungsbedarf geben, weil neue Erkenntnisse reifen. Deshalb - ich glaube, nur deshalb - werden wir Ihren Antrag nicht einfach ablehnen, sondern wir haben den Alternativantrag formuliert, für den ich um Zustimmung bitte. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke, Herr Abg. Bönisch. - Frau Hohmann, haben Sie sich gemeldet? Das war jetzt etwas unübersichtlich. Sie wollen eine Frage stellen?

Ich wollte eine Frage stellen.

Herr Bönisch, sind Sie bereit, eine Frage zu beantworten?

Nein, es macht wenig Sinn, hier auf Einzelheiten einzugehen!

Das macht wenig Sinn, Frau Hohmann.

Dann mache ich das in meiner Erwiderung.

Machen Sie es in Ihrer Erwiderung. Bitte, gerne.

Danke, Herr Abg. Bönisch. - Für die Fraktion der AfD spricht der Abg. Herr Siegmund. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorab etwas Positives. Wir von der AfD, wir sind sehr positiv überrascht, dass DIE LINKE neben allen Forderungen heute gegen Rechtsextremismus, für höhere Asylbewerberleistungen auch noch Kraft und Ressourcen hat, sich für die Belange der eigenen und bedürftigen Bevölkerung einzusetzen. Das ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der AfD)

Das freut uns natürlich. Inhaltlich spricht der Antrag vorbehaltlich einer später aufgeführten speziellen Differenzierung der AfD sozialpolitisch ebenfalls aus dem Herzen. Dass die Konstruktion von Bedarfsgemeinschaften zugunsten von Individualansprüchen beendet wird, das ist definitiv gut und richtig. Denn gerade in sozialen Härtefällen führt an einer Einzelfallentscheidung unserer Meinung nach kein Weg vorbei.

Wie sinnvoll ist es denn bitte schön, dass beispielsweise für einen Ehepartner, der jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, dann aber arbeitslos wird, sein arbeitender Ehepartner haften muss? Das ist nicht im Sinne einer sozialverträglichen Politik. Wir stimmen hier vollkommen überein, dass die Individualentscheidung ein Weg zu einem faireren und entsprechend würdevolleren Umgang miteinander ist.

(Beifall bei der AfD)

Auch die Anpassung der Regelsätze von Kindern und Jugendlichen an den tatsächlichen Bedarf ist rein sachlogisch und entsprechend zu unterstützen. Die fehlende Kindergrundsicherung führt gerade in strukturschwachen Regionen - natürlich auch insbesondere hier bei uns in Sachsen-Anhalt - nicht selten zu einer unverschuldeten Kinderarmut. Kinder sind die Zukunft dieses Landes und daher sollte ihnen unabhängig vom Einkommen der Eltern ein lebenswürdiger Betrag zugesichert sein.

Der Punkt der Zwangsverrentung bedarf unserer Meinung nach keiner weiteren Debatte. Es ist eigentlich nur traurig, das beispielsweise nur eine Unbilligkeit vor der Zwangsinanspruchnahme

eines vorzeitigen Renteneintritts schützt. 2014 waren bereits 65 000 Menschen von der Zwangsverrentung bedroht, und alleine aus demografischen Gründen ist es absehbar, dass dies erst der Anfang war.

(Ein Abgeordneter niest)

- Gesundheit! - Wenn die Rente erst ab 67 greift, bedeutet dies eine Kürzung von bis zu 14,4 % des Rentenanspruchs infolge einer Zwangsverrentung. Diese ist entsprechend unstrittig und, wie von den LINKEN korrekt gefordert, zu beenden.

Völlig unklar für uns - das geht jetzt auch an den Alternativantrag der CDU - ist allerdings die Positionierung gegenüber der Sanktionsabmilderung bzw. der vollständigen Abschaffung von Sanktionen bei sozialwidrigem Verhalten.

Wie, bitte, wollen Sie eine derartige Respektlosigkeit gegenüber der Gebergesellschaft argumentativ fundieren? - Die Erfüllung der Ersatzpflichten nach § 34 SGB II, insbesondere aber die Sanktionierungen in Absatz 3 desselbigen, sind zwar in ihrem Ausmaß von bis zu drei Jahren, was definitiv zu viel ist, diskussionsfähig, niemals jedoch die komplette Aussetzung dieser Sanktionierungen.

Es kann nicht im Sinne unserer Sozialpolitik sein, dass die generelle Ablehnung eines vermittelten Jobs, beispielsweise weil die Arbeit einfach keinen Spaß gemacht hat, vollkommen sanktionsfrei bleibt.

Denn wer erwirtschaftet denn die Mittel, die genau für solche Fälle bereitgestellt werden? - Das ist die wertschöpfende Gesellschaft und allem voran unser Mittelstand.

(Zustimmung bei der AfD)

Das wollen wir denen gegenüber einfach nicht verantworten. Eine solche Forderung ist diesen gegenüber entsprechend nicht erklärbar und abzulehnen.

(Zustimmung von Lydia Funke, AfD)

Wir bitten um eine Differenzierung, was die Belange dieser Umstände angeht. Beispielsweise gibt es auch Menschen, die das nicht machen konnten aufgrund von Mobbing oder einer Krankheit; das ist natürlich vollkommen außer Frage.

Abschließend ist der Antrag in drei von vier Punkten nahezu unstrittig, da würden wir vollkommen mitgehen. Ein Mehrwert für eine gerechtere Sozialpolitik aufgrund der unverhältnismäßigen Forderungen allerdings nach der nahezu kompletten Sanktionsfreiheit bei sozialwidrigem Verhalten ist für uns nicht erkennbar und diese daher nicht akzeptierbar. Wir werden uns bei beiden Anträgen entsprechend der Stimme enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Abg. Siegmund. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Frau Abg. Lüddemann. Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Über allen einfachgesetzlichen Regelungen und Verordnungen einer Grundsicherung muss meines Erachtens der Leitwert stehen: Das Existenzminimum ist unantastbar.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert)

So verstehe ich das Sozialstaatsgebot in Verbindung mit dem viel zitierten Artikel 1 des Grundgesetzes.

Dass ich so meine Schwierigkeiten mit dem Entwurf des SGB-II-Vereinfachungsgesetzes habe, habe ich gestern schon zur Kenntnis gegeben. Aber - das ist die gute Nachricht - es ist noch Bewegung in der Sache.

Als reichlich skurrilen Vorgang in diesem Zusammenhang darf ich auf das offizielle Bundestagsdokument mit Drucksachennummer verweisen, das gleichzeitig Formulierungshilfen für Änderungsanträge enthält, erstellt vom Bundesministerium für Soziales, gesandt an die Bundestagsfraktionen.

Das ist vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung ein interessanter Vorgang, aber Formulierungshilfen sind auch manchmal sehr hilfreich und wurden auch von den Rednerinnen und Rednern im Deutschen Bundestag entsprechend aufgegriffen. Insofern kann man sich auch ernsthaft und mit Zielstellung noch bemühen, an dem Gesetzentwurf Änderungen vorzunehmen. Insofern bin ich dankbar, dass DIE LINKE dieses Thema aufgeworfen hat.

Beim Einsatz der Landesregierung ist es das Mindeste - so steht es auch in dem Änderungsantrag -, die Sonderregelung für Sanktionen für die unter 25-Jährigen, die Sanktionsmöglichkeiten im Leistungsbereich Unterkunft und Heizung und eine maximale Sanktionierungsquote von 30 % zu prüfen.

Sicher, meine Fraktion und ich persönlich hätten uns da noch mehr gewünscht, aber auch das zählt zu Aushandlungsprozessen, zu Ergebnissen von Aushandlungsprozessen, und wir können an der Stelle mit der gefundenen Lösung gut leben. Es zeigt, dass wir eine hohe Diskussionsbereitschaft, eine hohe Einigungsbereitschaft in der Koalition haben. Unter anderen Umständen wäre