Protocol of the Session on May 24, 2018

Alternierende Telearbeit ist nichts Neues. Wir setzen sie in meinem Geschäftsbereich seit über zehn Jahren erfolgreich ein. Wir haben 2010 dazu eine Dienstvereinbarung abgeschlossen und

kommen dadurch den spezifischen Bedürfnislagen der Bediensteten weit entgegen. Häufig stehen dabei familiäre Belange im Vordergrund, aber auch lange Anfahrtswege. Übrigens ist die Verteilung zwischen Männern und Frauen im Innenministerium in etwa ausgeglichen. Telearbeitsverhältnisse werden in aller Regel verlängert. Das spricht dafür, dass es sich um ein erfolgreiches Instrument handelt.

(Oh! bei der LINKEN)

Wir leisten mit dem Angebot alternierender Telearbeit einen wichtigen Beitrag zur Arbeitszufriedenheit, und wir merken derzeit, dass wir unser Angebot wahrscheinlich nochmals werden flexibilisieren müssen. Damit müssen sich alle Ressorts erst noch auseinandersetzen. Vor diesem Hintergrund ist der Ausbau der Telearbeit für jedes Ressort in der Landesregierung ein wichtiges Anliegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit künftig eine noch effektivere Nutzung der Telearbeit ge

lingt, sollte auch geprüft werden, ob und inwieweit die jetzigen Rahmenbedingungen einer Anpassung bedürfen.

(Zustimmung bei der CDU)

Dies gilt insbesondere für das derzeitige Landesrecht. Anpassungsbedarf könnte insbesondere in den Bereichen Arbeitsrecht, Beamtenrecht, Dienstrecht, Tarifrecht und Personalvertretungsrecht bestehen. Gleiches könnte für die Bestimmungen gelten, die die Arbeitszeit, den Arbeitsschutz und die Integration betreffen.

Des Weiteren sollten wir uns Gedanken über die zukünftigen Strukturen machen. In Zeiten, in denen der Digitalisierung ein besonders hoher Stellenwert eingeräumt wird, bietet sich die Schaffung landesweit einheitlicher technischer Voraussetzungen an.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Ah!)

Daneben müssen bei der Telearbeit Datensicherheit und Datenschutz gewährleistet werden. Hierbei spielt insbesondere die ab dem morgigen Tag geltende EU-Datenschutzgrundverordnung eine erhebliche Rolle. Landesbehörden und Einrichtungen des Landes müssen in Zusammenarbeit mit ihren bzw. ihrer behördlichen Datenschutzbeauftragten in jedem Einzelfall die konkret erforderlichen datenschutzrechtlichen Maßnahmen festlegen und umsetzen.

Ich jedenfalls bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam die Möglichkeiten der Telearbeit in der unmittelbaren Landesverwaltung ausbauen können. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt keine Anfragen. - Wir steigen somit in die Fünfminutendebatte der Fraktionen ein. Der erste Debattenredner wird für die AfD-Fraktion der Abg. Herr Kohl sein. Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Natürlich ist Telearbeit Bestandteil der modernen Arbeitswelt und kann unter Umständen helfen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber von bestimmten Erschwernissen zu entlasten. Die Vorteile der Telearbeit sind in der Antragsbegründung umfangreich dargelegt, unstrittig und bedürfen keiner Wiederholung.

So wünschenswert die Förderung der Telearbeit sein mag, ist die Umsetzung aufgrund verschiedener Faktoren in der Praxis jedoch nur eingeschränkt möglich; denn allein entscheidend ist, dass im Einzelfall nicht nur die persönliche Eig

nung des Bediensteten gegeben sein muss, sondern auch die dienstlichen Belange oder die Funktionsfähigkeit der Verwaltung durch den Wegfall der Anwesenheit des Bediensteten in der Behörde nicht beeinträchtigt werden. Das ist einzig und allein - ungeachtet der vielen positiven Nebeneffekte der Telearbeit - das ausschlaggebende Kriterium für deren Gewährung.

Auf einen funktionierenden Staat hat der Bürger und Steuerzahler einen grundsätzlich verbrieften Anspruch, den es zu erfüllen gilt. Die Landesregierung soll laut Antrag ein Konzept zur Umsetzung der Förderung von Telearbeit für alle Landesbehörden und Einrichtungen der unmittelbaren Landesverwaltung arbeiten. Ich meine, dass der Begriff „Konzept“ hier Erwartungen weckt, die er einfach nicht erfüllen kann und auch nicht erfüllen will; denn unter einem Konzept versteht man für gewöhnlich einen Plan oder Handlungsvorgaben, um ein vorgegebenes Ziel oder bestimmte Absichten zu erreichen.

Liest man den Antrag in Gänze durch, wird klar, worum es den Antragstellern geht: Es geht um Datenerhebungen, Statistiken, Einschätzungen und um die Telearbeit. Das würde ich aber nicht als Konzept, sondern als Bestandsaufnahme bezeichnen. Aus dieser Bestandsaufnahme heraus hoffen die Antragsteller verschiedenste Einschätzungen vornehmen zu können bis hin zur Nutzung von Personal im Ausland. Mir fehlt, ehrlich gesagt, die Fantasie, um mir einen solchen praktischen Anwendungsfall vorstellen zu können.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich bezweifle, dass die unter Antragspunkt 1 vorgegebenen Konzeptinhalte überhaupt die gewünschten Erkenntnisse bringen, um die diversen Einschätzungen vornehmen zu können. Insofern stellt sich für mich die Frage, ob man das Thema Telearbeit zunächst nicht besser in einer Anfrage angefasst hätte. Eine vorherige Selbstbefassung in einem der gewünschten Ausschüsse wäre sicherlich ebenfalls hilfreich gewesen. Konkrete und wichtige Fragen, zum Beispiel zur Arbeitszeitregelung oder zur kostenfreien Bereitstellung von IT-Technik, werden nicht gestellt und bleiben somit offen.

Wenn man sich mit einem solchen Thema mit Hilfe eines Antrags an die Landesregierung wendet, dann verwundert es schon, dass man offensichtlich das Innenministerium hauptverantwortlich für dieses Thema hält. Wenn man sich die vorgegebenen Konzeptinhalte anschaut, findet man keinen Punkt, der dem fachlichen Kompetenzbereich des Innenministeriums originär zuzuordnen wäre. Auch wenn andere Ministerien zuarbeiten, wird man nicht ohne externe Fachkompetenz auskommen. Dieses Konzept müsste

aufgrund der geforderten Fachexpertise richtigerweise federführend vom Finanzministerium oder besser vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung erstellt werden. Das Justizministerium erstellt ja auch die Berichte über die Umsetzung des Frauenfördergesetzes, in denen die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Telearbeit ohnehin bereits einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden.

Wir halten das Thema Telearbeit für wichtig, aber der vorliegende Antrag ist aus unserer Sicht unausgereift oder zu allgemein formuliert. Hierbei wäre mit einer entsprechenden Vorarbeit mehr möglich gewesen. Mit dem Änderungsantrag der LINKEN kommen zumindest ein paar belastbare Zahlen in das Konzept. Daher werden wir dem Änderungsantrag zustimmen, uns aber bei der Abstimmung über den Antrag der regierungstragenden Fraktionen der Stimme enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Kohl. Es gibt auch hierzu keine Nachfragen. - Der nächste Debattenredner wird für die SPD-Fraktion der Abg. Herr Dr. Schmidt sein. Sie haben das Wort, Herr Dr. Schmidt.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kohl hätte es jetzt kürzer machen können, um zu sagen, dass er eigentlich auch nicht richtig weiß, warum er diesen Antrag schlecht finden soll, und dass er ihn im Prinzip für eine gute Idee hält. Ich weiß, Opposition muss ja immer irgendwie ein wenig herumkritteln. Das hätte nicht ganz so viel Zeit gebraucht. Ich versuche einmal, weniger als fünf Minuten zu brauchen, indem ich nicht nochmals aufzähle, was Herr Schulenburg bereits über die Vorteile für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesagt hat.

Ich ergänze an dieser Stelle: Auch für den Arbeitgeber hat Telearbeit dort, wo sie möglich ist, Vorteile. Man kann davon ausgehen, dass unter diesen Bedingungen die Fehlzeiten abnehmen. Der Raumbedarf sinkt, weil Desksharing möglich wird. Und wir wissen, dass in einer Welt, in der wir mit einer ganzen Reihe von Dienstbereichen auch zur Miete leben - das Hermes-Areal in Halle mit 9 € Miete pro Quadratmeter ist ein solches Beispiel -, für den Landeshaushalt kostenmäßig auch etwas drin ist.

Wir wissen - damit spreche ich eine Schwierigkeit an, die alle mit der Telearbeit haben und

die dazu führt, dass sich die Begeisterungsstürme in den Personalreferaten und bei den Zentralabteilungsleiterinnen und -leitern in Grenzen halten -, dass das mit einer bestimmten Gewohnheit in Bezug auf die Arbeitsorganisation bricht, nämlich: Alle sind da und der Chef kann zur Tür hereinkommen und gucken, ob jemand noch lebt und ob er etwas tut - all diese Fragen.

Nun ist der Bruch mit dieser Arbeitsorganisation keineswegs eine schlechte Sache - nicht nur im Sinne des Arbeitnehmers, sondern auch im Sinne des Arbeitgebers -; denn die Idee, die im Takt der Industrie geborene Leistungsbemessung durch Arbeitszeit mit der Stechuhr auf Verwaltungen zu übertragen, war auch schon vor 100 Jahren nicht besonders gut und kein besonders gutes Mittel zur Leistungsbemessung. Das ist sie auch heute nicht.

Es ist viel interessanter, die Leistungsbemessung an der Erledigung der Aufgabe, am Werkstück zu orientieren. Die Zahl der Stellen, bei denen das weiter in den Vordergrund tritt, bei denen das Konzeptionelle eine größere Rolle spielt, nimmt zu.

Das bedeutet auch, darüber nachzudenken, warum das vielleicht gar nicht so gut ist, auch für den Arbeitgeber nicht, und dazu eine Alternative zu schaffen. Das lohnt sich. Dieser Überlegung nachzugehen, kann vielleicht auch auf den Bänken der Regierung für ein bisschen mehr Begeisterung für dieses Thema sorgen, das natürlich nicht einfach ist und das auch nicht bei allen Bediensteten funktioniert.

Gerade in der Steigerung der inneren Selbstverantwortung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern liegt auch ein Stück weit Potenzial, sowohl für die Mitarbeiterzufriedenheit als auch für den Arbeitgeber. In den Verwaltungen werden oft Kostengründe als Gegenargument angeführt, zum Beispiel weil die entsprechende Technik beschafft werden müsste. Das halte ich überwiegend nicht für ein Problem. Ich glaube, das überwiegende Problem ist das Mentale, dass man Schwierigkeiten damit hat, sich auf eine neue Form der Organisation von Arbeit einzulassen.

Ein Problem existiert: Am Wohnort brauchen dann auch jeder und jede schnelles Internet. Das erledigt sich nicht mit einem Konzept zur Telearbeit. Da ist noch Arbeit zu leisten. Aber die Aussicht, dass damit eine direkte Wirkung für den Landesdienst und den Landeshaushalt erzielt werden kann, sollte uns motivieren, dieses Thema - das hat in dieser Legislaturperiode neuen Schwung bekommen - mit neuem Schwung weiterhin anzugehen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Dr. Schmidt. - Der nächste Debattenredner wird der Abg. Herr Knöchel von der Fraktion DIE LINKE sein. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen, meine Herren! Als ich den Antrag zum ersten Mal las, fühlte ich mich in meine frühe Kindheit zurückversetzt. Da kam im Westfernsehen die Sendung „Telespiele“ mit Thomas Gottschalk. Jetzt wollen Sie also Telespiele für alle.

(Minister Marco Tullner: Gab es da schon Farbfernsehen? - Zurufe von der AfD)

Die Koalitionsfraktionen haben erkannt, dass es so etwas wie Arbeit vor einem Bildschirm gibt und dass man das möglicherweise auch zu Hause tun kann. Moderne Technik setzt sich durch. Und jetzt tragen sie ihre Regierung sozusagen zum Jagen und sagen: Führt endlich moderne Technik ein!

Der Herr Innenminister hat es ganz kurz erklärt. Es gibt tatsächlich schon Ansätze von Telearbeit,

(Zurufe von der AfD)

allerdings offensichtlich noch kein Konzept; denn sonst hätten Sie gesagt, der Antrag ist erledigt. Es wird in der Tat seit vielen Jahren experimentiert. Herr Stahlknecht schilderte, dass das seit zehn Jahren im Innenministerium geschieht. Ich glaube, ich war vor 15 Jahren einer der ersten Glücklichen, die ihren Dienst auch von zu Hause abwickeln konnten. Allerdings erfolgte tatsächlich alles auf der Ebene einer Betriebsvereinbarung und von Ähnlichem.

Dann kommt in der Begründung von der Koalition auch gleich noch der Satz, dass sie hoffen, dass sie damit Geld sparen. - Hm.

Meine Damen, meine Herren! Willkommen in der modernen Arbeitswelt! Telearbeit, die heutzutage wahrscheinlich auch gar nicht mehr so heißt, also die Erledigung der Arbeit von zu Hause aus, findet überall in der Bundesrepublik statt.

Ich lobe Sie dafür, dass Sie sagen, das soll auch in Sachsen-Anhalt ankommen. Aber man muss sich dann auch das Umfeld dazu ansehen. Einsparen werden Sie damit nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben Probleme im öffentlichen Dienst. Wir müssen die Arbeit für die Beschäftigten attraktiver machen. Wir müssen den Erfordernissen des öffentlichen Dienstes Rechnung tragen. Das heißt nun einmal, die Bediensteten treffen Entscheidungen, sie treffen Entscheidungen zum Teil nicht allein, sondern kollektiv. Das heißt also, es gibt

besondere Anforderungen. Und Sie sollten nicht denken, Sie können einen Arbeitsplatz dadurch einsparen, dass sie jemanden zu Hause arbeiten lassen. Der muss nach wie vor in seiner Behörde Sprechzeiten absichern.

Es war übrigens eine der großen Schwierigkeiten, als ich diese Heimarbeit in Anspruch nahm, dass Kollegen zu mir sagten: Na, dann hast du heute wohl wieder Haushaltstag. Diese Unterstellung, zu Hause passiere nichts, kommt noch hinzu. Es stellt sich also die Frage, wie man innerhalb einer Behörde für ein vernünftiges Klima sorgen kann. Denn es gibt immer Menschen, die Sprechzeiten absichern müssen und die mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen müssen. Dann ist es ganz schwierig, wenn die einen dürfen und die anderen nicht dürfen. Insoweit ist tatsächlich ein Konzept erforderlich.

Allerdings muss auch das Umfeld gestaltet werden. Es wurde hier schon angesprochen: Ja, schnelles Internet muss in Sachsen-Anhalt ankommen, wenn Bildschirme zum Arbeiten zu Hause ankommen sollen - Telearbeit. Dann ist das zwingend erforderlich.